Beschützer und Schutz

VI

Ich möchte euch von einer anderen Begebenheit erzählen.

In Amerika lebte ein Mann namens Walter Kirel. Als ich ihn initiierte, hatte er eine sehr gute Erfahrung, aber nach einiger Zeit wurde er krank. Wenn sich ein Mensch in einem hilflosen Zustand befindet, wird er ruhelos und besorgt. Er schrieb und sagte mir, dass ihn die Ärzte drängen würden, Fleisch zu essen und Wein zu trinken. Jedes Mal, wenn er schrieb, versuchte ich ihm klarzumachen, dass die nichtvegetarische Ernährung ihm nicht helfen würde und er bei der vegetarischen Kost bleiben solle. Nach ein paar Monaten schrieb er, dass er nicht mehr kämpfen könne, dass er hilflos geworden sei, nicht imstande zu atmen und dass die Ärzte auf einer Fleischnahrung bestünden. Ich antwortete: Nun, tue, was immer du willst.

Als ich Amerika besuchte und in Santa Barbara ankam, hatten die Ärzte jede Hoffnung für ihn aufgegeben, und er stand an der Schwelle des Todes. Violet Gilbert, eine der Schwestern des Krankenhauses, war ein Satsangi; sie kam zu mir und erzählte mir von Walter Kirel, der im Krankenhaus im Sterben liege: Er weint sehr viel und sagt immer wieder, dass er seinem Guru nicht gehorcht habe, Der gerade in Amerika sei, aber sein Gesicht nicht sehen wolle. Meint Ihr, Ihr könntet ihn besuchen, Meister? Ich stimmte zu: Natürlich will ich.

Als ich sein Zimmer betrat, sagte Schwester Gilbert zu ihm: Der Meister ist gekommen. Er öffnete seine Augen und sah mich, und Tränen begannen ihm über die Wangen zu fließen. Ich legte meine Hand auf seine Stirn und erklärte: Sorge dicht nicht – was immer geschehen ist, ist geschehen und nun vorüber. Hörst du den Ton? Er sagte: Nein. – Siehst du das Licht? Wieder sagte er: Nein. Ich legte meine Hand auf seinen Kopf und sagte ihm, er solle seine Augen schließen und alle äußeren Dinge vergessen. Als er das tat, kam nicht nur das Licht, sondern auch die Strahlende Form des Meisters. Seine Ohren wurden ihm geschlossen, und er hörte deutlich den Ton. Ich sagte zu ihm: Nun geh freudig. Seine Frau war dabei – eine Nichtinitiierte. Sie sagte: Meister, ich weiß, dass ihm vergeben wurde und er gerettet ist, aber ich möchte, dass er zu mir spricht, bevor er geht. Ich legte wieder meine Hand auf seinen Kopf und sagte: Deine Frau möchte, dass du etwas zu ihr sagst, ehe du gehst. Er öffnete seine Augen und sagte: Gut, und indem er sich seiner Frau zuwandte, lächelte er und fügte hinzu: Ich gehe jetzt. Das ist es, was man Schutz nennt; es ist keine Geschichte, sondern eine wahre Begebenheit.

Ich bedaure jene, die diese kostbare Gabe erhalten haben und nicht danach leben.

Nanak sagt:

Wer dem Satguru begegnete, dessen Schicksal ist erfüllt, was immer darin geschrieben steht.

Es ist wahr, dass der Meister das Karma abwickelt, aber nicht nur das – Er passt es an, um die Heranbildung des Schülers zum Menschen zu fördern. Er nimmt die Kinder in Seine Obhut; Er will etwas von Wert aus ihnen machen, ehe Er sie nach Hause bringt. Es ist Seine Pflicht, sie zuerst zu reinigen; niemand packt schmutzige Wäsche in den Schrank.

Wenn die Leute initiiert werden, freuen sie sich und sagen:

Wir haben nun einen Meister – wir haben die Erlösung erlangt.

Wenn ihr einen Satguru findet, werdet ihr erlöst, wenn ihr auf Seine Worte hört.

Der Satguru schneidet die Bindungen des Schülers entzwei, wenn dieser sich unrechter Taten enthält.

Seid dem Meister gehorsam. Wie ich vorher sagte, kann schmutzige Wäsche nicht in den Schrank gelegt werden, und keiner will sie schmutzig tragen. Der Vater möchte euch in die Arme schließen – wenn ihr saubere Kleidung tragt. Aber diese Art von Sauberkeit heißt, keinen anderen Gedanken als den an Ihn zu haben.

Reinigt das Innerste eures Herzens für Ihn, Der kommt – lasst die Gedanken an andere beiseite, damit Er dort sein kann.

Das ist mit Sauberkeit gemeint. Gelegentlich versuchen wir mit dem Meister Geschäfte zu machen und sagen: 'Nur wenn unsere Wünsche erfüllt werden, betrachten wir Ihn als Guru, sonst nicht. Wenn der Meister uns Liebe und Zuneigung zeigt, ist es in Ordnung, aber wenn nicht, dann ist Er kein Meister.' Das ist die traurige Lage, in der wir uns befinden. Ein Guru ist ein Guru, und Er wird euch niemals verlassen – auch wenn ihr Ihn verlasst. Es ist ein wunderbarer Schutz und ein Großer, Großer Segen. Die Bände des Lobpreises für den Guru, die in den Ved Shastras1 niedergeschrieben sind, wurden nicht umsonst geschrieben. Sie erklären auch, dass der Guru größer als Gott ist. Im Guru wirkt Gott Selbst, und es gibt keinen Unterschied zwischen Beiden. Hier ist zum Beispiel meine Uhr. Das, was die Uhr hält, ist meine Hand, und wenn die Hand sehen und denken könnte, würde sie glauben, dies sei nur eine Hand; aber wer ist in der Hand? Ich. Gott wirkt durch den Menschlichen Pol, und der Pol sagt: Nicht ich bin es, der handelt, sondern Er, Der in mir ist. Gott wirkt aus dem Innern des Gurus, und Sie sind Ein und Derselbe.

Zunächst ist das Wirken des Gurus gleich dem eines Lehrers. Er zeigt Mitgefühl und erlaubt sogar, dass Tränen für euch aus Seinen Augen fließen – manchmal rügt Er uns und manchmal zeigt Er Liebe. Tatsächlich tut Er alles.

Dann sagt Er:

Ich bin nicht der Körper und auch ihr nicht; kommt, erheben wir uns.

Er tut alles, um den Schüler zu lehren, seine äußeren Bindungen abzubrechen und sich innerlich zu konzentrieren; Er hat kein anderes Motiv. Er hat kein Verlangen nach der Liebe des Menschen. Seine eigene Liebe ist mit Gott und Seinem Guru verbunden; da ist kein Platz für irgendeinen anderen. Darum werdet empfänglich für Ihn, und werdet durch Empfänglichkeit zu Seinem Abbild. Ein Kind wächst mit Milch heran; und den Guru zu lieben und für Ihn empfänglich zu sein ist lebenswichtige Nahrung für die Seele.

Ein Meister hat gesagt, dass die Zunge, obwohl dreißig oder mehr Zähne im Mund sind, nicht von ihnen verletzt wird. Ähnlich beschützt der Meister den Schüler vor allen Gefahren der Welt, die ihn umgeben.

Wenn schwere Zeiten kommen, hilft keiner – Feinde wie Freunde sagen sich los – alle Hoffnung schwindet – das Leben wird aussichtslos, aber wenn Gott im Herzen ist, spürt man die Flammen des Elends nicht.

Wenn ein Mensch entmutigt ist und er aus keiner Richtung eine Möglichkeit der Hoffnung sieht, kommt der Satguru und bringt ihn über alle Widerwärtigkeiten hinweg. Er wartet zuerst geduldig, bis wir den ganzen Verstand, die Sorgen, Bindungen und jegliche Ichsucht von unserem Weg entfernt haben, und wenn wir dann völlig auf Ihn vertrauen kommen wir unter Seinen vollständigen Schutz. Wenn der Schüler fällt wird ihn der Guru aufheben, denn wer in dieser Welt hat keine Schwierigkeiten? Man wird keinen einzigen Menschen finden, dessen Leben ohne Probleme ist. Hat einer aber einen Vollendeten Meister, ist er selbst angesichts von Feinden furchtlos.

Kabir Sahib sagt:

Wer in ständigem Gedenken seines Meisters lebt und Seine Worte hält, der wird in allen drei Welten ohne Furcht sein.

Warum sollte er sich vor irgendetwas ängstigen? Schließlich ist sein Meister nicht lediglich ein Mensch. Versteht auch Folgendes: Es geschieht oft, dass ein Schüler entsprechend den karmischen Rückwirkungen aus der Vergangenheit schwer zu leiden hat, aber durch den Schutz des Gurus kann dies unter Umständen zu einem leichten Dornenstich vermindert werden.

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Erläuterung: 1) Alte Hindu-Schriften.