Das Geburtsrecht, Gott zu sein

I

Wir sind alle Kinder Gottes. Gott ist Licht und wir sind auch Licht, wir sind Kinder des Lichts. Doch unser Licht ist umgeben von vielen Umhüllungen und wir haben uns so sehr mit diesen Umhüllungen identifiziert, dass wir uns selbst vergessen haben. Die Ursache für diese Identifikation ist, dass die Aufmerksamkeit, welche der Ausdruck unserer Seele ist, durch die nach außen gerichteten Sinne in der äußeren Welt zerstreut ist.

Als Mensch haben wir diesen menschlichen Körper – ein wunderbares Haus, um darin zu wohnen. Der menschliche Körper wird als höchste Form in der Schöpfung angesehen. Alle Meister preisen ihn. Sie sagten, dass er Gott am nächsten sei. Wir sind von Göttlicher Natur. Wir sind der Geist (oder das Leben) im Menschen. Da der Geist ewig ist, sind auch wir ewig. Warum fürchten wir, dass wir sterben werden? Wir haben unsere eigene Größe, die uns eingeboren ist, vergessen.

Daher sagen alle Meister:

Verwirklicht die Göttlichkeit, die bereits in euch ist.

Es muss euch nichts von außen dazu gegeben werden. Wenn ein Meister mit euch in Verbindung kommt, gibt Er euch nichts von außen. Wir müssen nur unsere Aufmerksamkeit von außen zurückziehen, um sie wieder zu ihrer Quelle zurückzuführen. Diese Quelle ist unsere Seele. Sie befindet sich hinter den Augen – dort, wo sie beim Tod vom Körper zurückgezogen wird und ihn verlässt. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit zurückziehen können, erkennen wir, dass wir nichts anderes sind als Gott.

Wenn die Meister kommen, sagen Sie uns:

Wir befinden uns in einem bedauernswerten Zustand. Wir wohnen in einem Haus, in dem so viele nach außen gerichtete Sinne wirken. Sie waren dazu gedacht, uns zu dienen, doch statt unsere Diener zu sein, haben sie uns zum Sklaven gemacht. Sie üben solche Macht auf uns aus, dass wir ihnen blind gehorchen.

Nehmt das nach außen gerichtete Sehvermögen: Von dem Tag an, als wir geboren wurden, bis heute, ist unsere Aufmerksamkeit durch die Augen auf äußere Dinge gerichtet. Durch die Augen haben wir so viele Eindrücke erhalten: man schätzt, dass es achtzig Prozent sind. Von den Eindrücken, die durch die anderen Sinne in uns eindringen, sind die durch das Hörvermögen am häufigsten; wir nehmen vierzehn Prozent der Eindrücke durch die Ohren auf. Die restlichen sechs Prozent erreichen uns durch die anderen drei nach außen gerichteten Sinne.

Was geschieht nun? Wenn wir etwas sehen, werden wir sofort davon angezogen. Wir erhalten so viele Eindrücke durch die Augen, Ohren und die anderen Sinne, dass unser unterbewusstes Reservoir von all den Eindrücken, die wir unser ganzes Leben lang aufgenommen haben, überfließt. Selbst wenn wir träumen, wirken sich diese Eindrücke aus.

Wenn wir wissen, wie wir uns zurückziehen können – das heißt, wie wir uns selbst von den Sinnen befreien können – dann besteht Hoffung. Doch unsere Seele wird vom Gemüt beherrscht. Seele und Gemüt sind eins geworden und werden in dieser Verbindung „jiva“ genannt. Die Seele ist ewig, wie ich euch eben schon sagte, denn sie besteht nur aus einer Substanz: Bewusstsein. Doch dadurch, dass sie mit dem Gemüt in Verbindung kam, wurde sie zum Handelnden. Durch diese Verbindung miteinander werden Seele und Geist mittels der Sinne zu den äußeren Dingen hingezogen. Wir haben uns so sehr mit ihnen identifiziert, dass wir jetzt keine Vorstellung mehr von unserem eigentlichen Selbst haben.

Wir sind Seelen und nicht das Gemüt.

Nehmt das Beispiel des Wassers: Es besteht aus zwei Gasen, Sauerstoff und Wasserstoff. Sauerstoff ist lebensspendend, wie ihr wisst. Wenn jemand schwer krank ist, gibt man ihm eine Sauerstoffmaske. Wasserstoff dagegen würgt uns in der Kehle. Wenn sich diese beiden unterschiedlichen Gase jedoch miteinander verbinden, entsteht Wasser, dessen Eigenschaft (völlig) verschieden ist von den beiden (Ausgangssubstanzen). Ähnlich ist es mit uns: Wir sind Ewiger Geist im Menschen. In Verbindung mit dem Gemüt wurden wir zum Handelnden, und „was immer wir säen, das werden wir ernten.“ So sagen die Meister: „Werdet still!“ Was meinen sie damit? Körper und Intellekt zur Ruhe zu bringen, denn dann werden wir wissen, dass niemand anderes als Gott in uns ist.

Das ist also der Zustand, in dem wir leben. Wir wissen nicht, wie wir uns befreien können. Die nach außen gerichteten Sinne sind so stark, dass wir es nicht fertig bringen, obwohl wir es wollen. Wir werden hilflos und beginnen zu weinen, und was geschieht dann? Wie ich euch sagte, sind wir Seelen, Kinder Gottes. Gott ist unser Wahrer Vater und Er sieht: „Mein Kind ist unglücklich, es schafft es nicht allein, sich zu mir zu erheben, es kann sich nicht befreien.“ Wenn ein Mensch an Händen und Füßen gefesselt ist, wie kann er sich von diesen Fesseln befreien? Das muss ein anderer tun, der nicht gefesselt ist. Ein Gefesselter kann keinen anderen befreien.

Ihr werdet also feststellen, dass man die Hilfe von jemandem braucht, Der Sich Selbst befreit hat: Er hat seine Aufmerksamkeit von äußeren Dingen und von der Bindung, welche die nach außen gehenden Sinne daran haben, zurückgezogen, Sich davon befreit und vom Gemüt getrennt. Ein Mensch, der das tut, weiß, dass Er Göttlichkeit in Sich hat.

Die Aufmerksamkeit ist noch von vielen Hüllen und Bedeckungen umgeben, nämlich von der physischen, astralen, kausalen und überkausalen. Solange wir nicht von all diesen Dingen befreit sind, können wir offen gesagt nichts über unser eigenes Selbst wissen. Erst wenn wir uns von außen zurückziehen und uns über den eisernen Vorhang des physischen Körpers erheben, erkennen wir, dass wir nicht der Körper sind. Dann beginnen wir, uns der Göttlichkeit in uns bewusst zu werden. Wenn wir weiter fortschreiten, befreien wir uns von der astralen und kausalen Umhüllung. Wir werden uns mehr und mehr der Göttlichkeit bewusst, bis wir Eins werden damit; denn wir sind Licht, und wenn man das Licht von allem anderen trennt, wird dieses Licht von selbst Eins mit dem größeren Licht.

Nehmt das Beispiel einer Kerze. Wenn man eine brennende Kerze gerade hält, geht die Flamme nach oben. Doch selbst wenn ihr die Kerze nach unten haltet, geht die Flamme noch nach oben. So versuchen unsere Seelen, die Licht sind, immer zur großen Quelle des Lichtes zu gelangen. Diese Quelle wird Gott genannt – jener Gott, Der Sich zum Ausdruck brachte. Alle Schriften berichten uns, dass Gott wünschte, es werde Licht, und es wurde Licht. Wir sind ein Funke dieses Lichts.