Das Geburtsrecht, Gott zu sein

IV

Was tut der Meister, wenn jemand zu Ihm kommt? Alle zehn Diener – die nach außen gerichteten Sinne – müssen unter Kontrolle sein: das Hören, Sehen, Riechen, Schmecken und Berühren, die durch die Sinnesorgane der Ohren, Augen, Nase, Zunge und Haut wirken. Wenn sie unter Kontrolle sind, wird das Haus in Ordnung sein. Jeder Diener wird seine Aufgabe erfüllen: „Du putzt die Zimmer! Du stellst die Stühle gerade! Du zündest das Licht an!“ Alles wird in Ordnung sein. Das ist das erste, was zu tun ist. Wer an äußere Freuden und Vergnügungen verhaftet ist – seien sie gut, oder schlecht – kann sich nicht über das Körperbewusstsein erheben.

Lord Krishna sagte:

Gute Taten und schlechte Taten sind beide bindend, wie Ketten aus Eisen oder Ketten aus Gold!

Das ist also das erste Praktische, was wir erhalten, wenn wir zu Füßen des Meisters kommen. Er zeigt euch den Weg, wie man sich von außen zurückzieht und sich für eine Weile über das Körperbewusstsein erhebt. Einen akademischen Abschluss kann man nicht an einem Tag machen. Auch Rom wurde nicht an einem Tag erbaut. Doch wenn ihr einmal etwas bekommt, es dann regelmäßig übt und Seinen Anweisungen gehorcht, werdet ihr fortschreiten. Einer, der heute in der Abschlussklasse ist, war auch einmal im ersten Schuljahr. Wenn denen, die jetzt im ersten Schuljahr sind, dieselbe Hilfe und Führung zuteil wird, können auch sie die Abschlussklasse erreichen.

Deswegen heißt es:

Jeder Heilige hat eine Vergangenheit und jeder Sünder eine Zukunft!

Der Mensch kann sich wandeln. Selbst Räuber können Heilige werden: Valmiki war ein Räuber und wurde zu einem Heiligen. Er berichtete die Geschichte des Ramayana, achtzehntausend Jahre bevor sie tatsächlich geschah.

Was ich sagen will, ist:

Es gibt Hoffnung für jeden. Es gibt nichts, weshalb man entmutigt sein müsste. Doch wir müssen die Erfahrung, die uns gegeben wurde, entwickeln, ohne dass die nach außen gehenden Sinne oder der Intellekt dazwischenkommen.

Das heißt nicht, dass man den Intellekt nicht gebrauchen sollte.

Wenn ihr eine Sache verstanden habt, dann tut sie.

Lasst nicht zu, dass das Gemüt sich einmischt. Denn wenn das Gemüt (während der Meditation) an etwas festhält, hierhin und dorthin schaut und Schlüsse zieht, wirkt der Intellekt. Solange ihr nicht intellektuell still seid, könnt ihr keinen Schritt weitergehen. Das ist das erste, was wir tun müssen. Um das zu erreichen, werdet ihr angewiesen, ein Tagebuch zur Selbstprüfung zu führen. Erkennt ihr jetzt die Notwendigkeit des Tagebuchs? Doch wie viele von euch führen das tägliche Tagebuch? Ich fürchte, es sind nicht einmal zehn Prozent. Das ist der Grund, dass wir nicht voranschreiten, obwohl wir etwas erhalten haben. Wir müssen voranschreiten, das ist das erste, was wir zu den Füßen des Meisters lernen.

Was ist der Unterschied zwischen einem Meister und einem gewöhnlichen Menschen? Er ist ein Mensch wie wir. Es ist wie bei einem Arzt, der durch das Studium der Anatomie weiß, wie das Körpersystem arbeitet, wie Krankheiten entstehen und wie man sie heilen kann. In ähnlicher Weise leiden auch wir an einer Krankheit. Der, Der erfahren und kompetent ist, Der Selber über diese Gebundenheit hinaus geht und anderen helfen kann, sich darüber zu erheben, wird Meister genannt.

Das heißt:

Es ist Gott in Ihm, Der wirkt. Wisst ihr, wer euch eine Verbindung mit Gott geben kann? Ein Menschensohn kann es nicht – es ist allein der Absolute Gott, Der Sich zum Ausdruck brachte. Als Er (auf diese Ebene) herab kam, lehrte Er den Höchsten Weg. Er kennt den Weg und auch im menschlichen Körper ist Er Sich dessen bewusst.

Das ist der Unterschied zwischen einem Menschen und einem Meister. Wenn ihr zu einem solchen Meister kommt, ist das also das Erste, was zu tun ist. Und hierin liegt der Mangel, sage ich euch. Uns wurde eine Erfahrung gegeben, doch wir leben nicht entsprechend. Wir werden von den äußeren Vergnügungen weggezogen, obwohl wir wissen, dass Gott in uns ist – das kostbare Juwel, die Perle von unschätzbarem Wert – können wir die wertlosen äußeren Dinge nicht lassen.

Tagore, ein Dichter von internationaler Bekanntheit, sagt:

O Gott, ich sehe, in Dir liegt ein großer Schatz. Warum kann ich den Schmutz und die wertlosen Dinge dieses Körpers nicht wegwerfen?

Wir wissen es sehr wohl, intellektuell erkennen wir die Wahrheit. Was sagen die Meister?

Gott zuerst und dann die Welt!

Und was sagen wir? „Erst die Welt und dann vielleicht Gott!“ Ehrlich gesagt sind wir nicht nach Gott aus, sondern nach der Welt. Wir beten zu Gott. Warum? Die meisten von uns bitten um weltliche Dinge. Läge es nicht in der Macht Gottes, ihnen diese Dinge zu gewähren, würde keiner je an Gott denken. Ein Schwacher betet zu einem Starken. Was auch immer aus unserem tiefsten Herzen kommt, das hört Er, denn Er ist bereits dort. Er beobachtet alle unsere Handlungen.

Bittet, so wird euch gegeben!

Das sagten alle Meister. Das ist das erste; ich habe sehr viel Nachdruck auf diesen Punkt gelegt, ich habe euch gebeten und euch dazu angewiesen, ich habe darum gebettelt in meinen Rundbriefen und Gesprächen – und wenn ihr es immer noch nicht tut? Wir sollten es jetzt wirklich tun! Das ist das erste. Wenn ihr es tut, was wird dann geschehen? Obwohl ihr die Augen offen habt, werdet ihr soviel Kontrolle über eure Wahrnehmung haben, dass ihr mit offenen Augen nicht seht. Das können wir entwickeln. Newton saß in einem Zimmer, das zur Straße hinausging, und löste mathematische Probleme. Er war so darin vertieft, dass er eine Musikkapelle, die an ihm vorüberzog, nicht hörte. Warum? Wenn die Aufmerksamkeit, die der Ausdruck unserer Seele ist, nicht bei den nach außen gerichteten Sinnen ist, funktionieren sie nicht. Jemand kam und fragte Newton: „Ist hier eine Musikkapelle vorübergekommen?“ – „Nein“, sagte er, „Ich habe nichts bemerkt!“

Vielleicht habt ihr in eurem eigenen Leben einmal die Erfahrung gemacht, dass ihr ganz in Gedanken vertieft ward und ihr es nicht gehört habt, als euch jemand rief. Wenn jemand kommt und sich neben euch setzt, während ihr so vertieft seid, merkt ihr es nicht. Ihr wisst nicht, wer kommt und geht.

Das ist das Training der Aufmerksamkeit, es wird „Surat Yoga“ genannt.

Wenn die Aufmerksamkeit (Surat) konzentriert ist, könnt ihr unter hundert Leuten sitzen und seid doch ganz allein. Das sagt auch Emerson. Wenn er ganz allein sein wollte, ging er in ein Gasthaus, wo Hunderte kommen und gehen. Das war so, weil er mit niemandem etwas zu tun hatte. Er war in seine eigenen Gedanken versunken. Ihr denkt vielleicht, dass ihr die Welt verlassen und euch in die Wildnis zurückziehen solltet, doch auch dort gibt es Tiere und Bäume, und eure Aufmerksamkeit wird nach außen gezogen.

Alle nach außen gerichteten Sinne zu kontrollieren, ist das Einzige, was notwendig ist.

Wie man das macht, könnt ihr von denen lernen, Die es gemacht haben, indem ihr Ihren Anweisungen folgt. Vielleicht habt ihr in eurem eigenen Leben erfahren, dass ihr eine Art Ruhe und Frieden spürt, wenn ihr euch völlig von außen zurückzieht; nicht jeden Tag, aber manchmal. Wenn ihr euch ganz vertieft und von außen abgeschnitten seid, empfindet ihr ein Gefühl von Zufriedenheit, Ruhe, Glück und Frieden. Was geschieht dann? Wir möchten dieses Gefühl länger empfinden. Natürlich möchten wir das.

Wir sind Kinder des Lichts, wie ich euch sagte. Unser Ursprung ist oben, wie bei einer Kerzenflamme. Jeder Mensch möchte sich nach oben erheben. Selbst wenn man eine Kerze umgekehrt hält, zeigt die Flamme nach oben.

Unsere Seele ist von Gott, sie ist Licht.

Sie ist durch die nach außen gerichteten Sinne an den Körper gebunden. Wenn sie befreit wird, erhebt sie sich nach oben; das ist ganz natürlich. Und dann kommt ganz von selbst wahre Ruhe. Wie geschieht es? – Wenn wir unsere Aufmerksamkeit von außen zurückziehen und das Laboratorium des menschlichen Körpers betreten. Wie angenehm fühlt ihr euch, wenn ihr in ein Haus mit Klimaanlage kommt, nachdem ihr draußen in brennender Hitze gewesen seid! So ähnlich ist das. Ihr fühlt euch sehr wohl. Ihr erhaltet Innere Einblicke, wenn der Meister kommt. Er zeigt euch nicht nur, wie man sich von außen zurückzieht und das Laboratorium des menschlichen Körpers betritt, sondern auch, wie man sich über die Sinne erhebt und eine Erfahrung vom Jenseits erlangt.

Wann ist das möglich? – Wenn das Gemüt aufhört zu fragen. Wenn der Intellekt zur Ruhe kommt, leuchtet die Wahrheit auf, und ihr seht Licht.

Wenn ihr jedoch ständig fragt, warum dies so ist und jenes nicht so, warum (jene Erfahrung) nicht gekommen ist, dann ist euer Gemüt nicht still. Es muss aber zur Ruhe kommen. Wenn das erreicht ist, erhaltet ihr die Erfahrung Gottes in der Form von Licht und Ton.

Der Meister gibt euch zuerst eine Erfahrung, wie man sich über den eisernen Vorhang des menschlichen Körpers erhebt, und wenn ihr Tag für Tag übt, erhebt ihr euch über den Astral-, Kausal- und Überkausalkörper. Von Tag zu Tag erfahrt ihr mehr Glückseligkeit und Freude.

Der Heilige Tulsi Das sagt, als er sich über das Körperbewusstsein erhob und in die Kausalebene kam und diese Glückseligkeit und Freude erfuhr, dachte er:

Das ist das Höchste, das Äußerste!

Als er jedoch die Kausalebene überschritten hatte und in die Überkausalebene und darüber hinaus gelangt war, sagte er:

Die Kausalebene ist im Vergleich dazu ein Schuttplatz.

Diejenigen, Die jene Glückseligkeit gekostet haben, sind hier in der Welt, doch Sie sind gebunden – die Meister unterliegen den Anweisungen Gottes. Sie möchten gern zurückgehen. Wenn wir eine solche Innere Erfahrung machen, wünschen wir uns, dorthin zu gehen. Warum möchten wir jetzt nicht dorthin? Weil wir Freude, Glück und Zufriedenheit in den äußeren Dingen finden. Und mehr noch, wir haben uns niemals darum gekümmert, tief in die Sache einzudringen und zu untersuchen, was es ist, das uns Glück in den äußeren Dingen gibt.