Kirpal Singh

Der Prophet des Friedens

Dieser Artikel geht zurück auf eine Urdu-Rede von Sant Kirpal Singh über Guru Nanak und Seine Botschaft, die gelegentlich der letzten Geburtstagsfeier des Guru auf alle indischen Sender übertragen wurde.

Wir feiern heute den Geburtstag jenes Großen Friedenspropheten, des Messias Seiner Zeit, der Quelle der Spiritualität und des Großen Gottmenschen, Dessen Leben Strahlen der Spiritualität aussendete gegen Ende des 15. und Beginn des 16. Jahrhunderts. Die sozialen und politischen Zustände im Lande hatten den tiefsten Stand erreicht. Die erhabene Seele, Die dem irregeleiteten Volk den Pfad des Friedens und der Gerechtigkeit zeigte, war der Große Guru Nanak.

Diese Große Sonne der Spiritualität ging im Jahre 1459 am Horizont auf. Guru Nanak wurde im Dorf Talwandi geboren, jetzt bekannt als Nankana Sahib in West-Pakistan. Chaotische Zustände herrschten zu der Zeit im Lande. Im Namen der Religion wurden von den führenden Schichten, die von Lust, Gier und Unmoral beherrscht waren, alle Arten von Scheußlichkeiten verübt. Missgunst und Hass waren an der Tagesordnung. Sowohl Herrscher wie auch Beherrschte hatten ihre diesbezüglichen Pflichten und Verbindlichkeiten völlig vergessen. Kastengeist und Unberührbarkeit wucherten. Das Volk verlor den Glauben an die Religion.

Bewegt von den Mitleid erregenden Rufen des in Agonie liegenden Volkes betete Guru Nanak:

Die ganze Welt wird von unsichtbaren Flammen verzehrt, rette sie, o Herr, wenn Du willst, in Deinem erbarmenden Mitleid.

Nanak war ein großer Reformer. Er war der Fackelträger von Friede, Wahrhaftigkeit und Universaler Liebe. Er sah die Menschen nicht von der physischen Ebene aus, sondern als geistige Wesen.

Er predigte:

Gott ist Einer, der Schöpfer des Universums. Alle sind Seine Kinder und gehören zu einer Menschenfamilie.

Er legte Nachdruck auf die Idee der Universalen Bruderschaft. Wozu denn all dieser Streit? Gott ist personifizierte Liebe und wohnt im menschlichen Herzen. Ein Licht erleuchtet die ganze Schöpfung. Wir sollten alle lieben, die ganze Schöpfung.

Kasten und Glaubensbekenntnisse zählen nicht in Seinem Reich. Wer Ihn verehrt, ist Ihm teuer.

Guru Nanaks Lehren sind nicht für eine besondere Sekte oder Gemeinschaft, sondern für die ganze Menschheit. Dieser Erlöser der Menschheit reiste weit umher, nicht nur in Indien, sondern auch in entfernten Ländern wie Ceylon, Burma, Mekka, Medina und nach Mesopotamien. Er brachte allen Seine Göttliche Botschaft ohne Rücksicht auf religiöse und politische Ideologien. Er glaubte an die Religion des Menschen und lehrte, dass des Herrn Evangelium für alle sei.

Wenn Er über Seine Religion gefragt wurde, sagte Er:

Ich bin weder Hindu noch Moslem und habe nur einen Körper, aus fünf Elementen gemacht, in dem die Gotteskraft pulsiert, und habe den Namen Nanak.

Er ermahnte die Menschen, ihr Brot auf anständige und rechtschaffene Weise zu verdienen.

Er ging soweit zu sagen:

Beuge dich nicht einem, der sich als Gottmensch ausgibt, aber von der Mildtätigkeit anderer lebt. Wer sein Brot im Schweiße seines Angesichts verdient und es mit allen teilt, der kann den Pfad Gottes erkennen.

Er verbot den Menschen, die Rechte ihrer Mitmenschen zu missbrauchen. Der, welcher andere ausnützt, kann niemals ein reines Herz haben.

Immer wieder schärfte Er ein, ein reines Herz zu haben und gute Werke zu tun.

Nimm den Namen des Herrn auf mit reinem Herzen und reiner Zunge; denn ohne dies wird dein Tun keine Frucht tragen.

Und wieder:

Nur die Taten zählen und nicht die religiöse Kennmarke, die einer trägt.

Was immer man sät, das wird man ernten.

Er wiederholte:

Die Taten allein werden gewogen auf der Göttlichen Waage; dies wird bestimmen, wie nah oder fern du Gott bist.

Guru Nanak reinigte die Herzen aller, die mit Ihm in Verbindung kamen. Mit der Alchemie der Gottesliebe verwandelte Er Räuber wie Kauda und Sajjan in fromme Ergebene.

Guru Nanak war ein Wahrer Mystiker, immer in Verbindung mit Gott und in allem Seine verschwenderische Gnade erkennend.

Er sagte:

Nanak sieht den Herrn in all Seiner Glorie.

Berauscht von des Herrn Liebe verblieb Er immer im Zustand der Verzückung. Einmal bot Ihm Babar, der große Mogul-Kaiser, einen Becher Wein an.

Der Guru lehnte höflich ab und sagte:

O Kaiser, die Berauschung deines verderblichen Weines ist schwach und vergänglich; aber ich habe den Wein des Göttlichen Naam getrunken, der niemals vergeht.

Er predigte, dass Bescheidenheit, Mitleid und Hochachtung für die Propheten aller Religionen die Essenz der Religion sei. Dienst an Seiner Schöpfung und Liebe zu Gott ist alles, was man mit auf die Letzte Reise nehmen kann.

Nach Ihm ist die Essenz der Religion, dass Anhänger jeden Glaubens zusammenkommen, ihre Sinne überwachen und die Verbindung mit dem Allmächtigen suchen sollten. Nur durch die Disziplinierung deiner Sinne kannst du das Letzte Ziel des Lebens erreichen.

Alle menschlichen Wesen bilden eine Klasse und die Schlacht des Lebens kann nur durch Beherrschung des Gemüts gewonnen werden.

Er befürwortete nicht die Entsagung als ein Mittel zur Gottverwirklichung. Er glaubte, dass Erlösung für einen Hausvater durch rechte Erfüllung seiner Pflichten und Obliegenheiten mit vollem Glauben an Gott möglich ist.

Er war der Geliebte aller. Hindus und Moslems verehrten Ihn gleichermaßen. Als Er Seine körperliche Hülle ablegte, wollten die Hindus sie verbrennen, während die Moslems den Körper begraben wollten. Es wird erzählt, dass als das Leichentuch aufgedeckt wurde, man nichts fand als eine Menge duftender Blumen. Er kam wie eine duftende Blume, die ihren Wohlgeruch ringsumher verströmt. Das Laken und die Blumen wurden zwischen den zwei Gemeinschaften geteilt und entsprechend ihren eigenen Riten darüber verfügt.

Guru Nanak betete immer für das Wohl der Menschheit:

O Herr, groß ist die Macht Deines Naam, mögen alle in Frieden leben unter Deinem Willen.

Heute haben die Menschen das Gefühl für alle menschlichen Werte verloren, trotz der epochemachenden Errungenschaften auf dem Gebiet der Wissenschaft und Technik. Der Teufel im Menschen hat die Oberhand. Menschliche Güte wich der Lust, der Gier und dem Misstrauen. Wir leben alle in einem Zustand des Grauens und Misstrauens voreinander. Die Menschheit läuft ihrem eigenen Verderben entgegen. Heute wie nie zuvor brauchen wir die Lehren des großen Guru. Diese sind wahr für alle Zeiten und für alle Menschen in der ganzen Welt.

Wir alle beten für den Frieden auf der Erde. Nanak war der Prophet des Friedens, der Einigkeit und der Liebe. Wenn wir dem Pfad folgen, der uns durch den Großen Lehrer gezeigt wurde, und mit ganzem Herzen am rechten Verständnis für moralische und Spirituelle Werte arbeiten, werden Friede, Liebe und Glück in höchstem Maße regieren. Nur durch Selbsterkenntnis und Gotterkenntnis können wir das Reich Gottes auf Erden errichten.

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Quelle: Sat Sandesh / Juli–August 1968