Kirpal Singh

Geistiges Heilen und andere psychische Kräfte

Oh Mensch, bis jetzt hast du nur mit Menschen dieser Welt gespielt. Wenn du das Spiel verlierst, bist du unglücklich. Wenn du gewinnst, hast du dir immer den Besitz von irgendjemanden angeeignet und denjenigen damit unglücklich gemacht. Es wäre besser, du spieltest das Spiel mit Gott. Wenn du verlierst, wirst du Sein. Wenn du gewinnst, dann ist Er dein. In beiden Fällen wirst du glücklich mit Ihm vereint sein.

Kabir

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“Meister, sind wir in der Lage, uns gegenseitig zu beeinflussen, wenn wir in der Gruppe meditieren? Indem wir z.B. Gedanken der Liebe an jeden aussenden? Werden sie eine Wirkung haben?”

Habt ihr genug davon übrig, um an andere austeilen zu können? Wenn ja, dann ist es gut. Ansonsten werdet ihr bankrott gehen. Ihr habt kein Geld auf der Bank oder in der Hand und stellt Schecks aus. Wenn ihr aber Liebe für Gott habt – die Seele ist von der selben Essenz wie Gott und Er wohnt in jedem Herzen – dann ist es ganz natürlich, dass ihr Liebe für jeden haben werdet. Wenn ihr ganz von dieser Liebe erfüllt seid, dann ist es nicht einmal notwendig, dass ihr eure Aufmerksamkeit auf jemanden richtet, denn allein durch die Ausstrahlung werden die anderen etwas erhalten. Wenn ihr euch aber anstrengt und auf andere Einfluss ausübt, werdet ihr euch bankrott und ganz leer fühlen. Das ist der Grund, warum ich immer wieder sage, dass ich das Heilen nicht befürworte. Die Leute, die Heilungen durchführen, üben Einfluss auf andere aus, sie senden Liebe aus, gute Gedanken, heilende Gedanken. Sie strengen sich an und gehen auf diese Weise bankrott. Sie fühlen sich nachher erschöpft und müssen daher den Verlust wieder einbringen.

Die höhere Form des Heilens ist immer gut. Bereits dadurch, dass man nur an den Meister denkt, kann man geheilt werden. Erinnert euch, dass im Leben Christi einmal eine Frau den Saum Seiner Kleider berührte und geheilt wurde. (Er spürte es und sagte: “Wer hat mich berührt?”)

Wenn ihr genügend Geld auf der Bank habt, schön und gut. Wenn ihr aber 1000 Dollar habt und Schecks für 2000 Dollar ausstellt, was wird dann geschehen? Es ist eine gute Sache, für alle Sympathie zu haben. Wenn ihr Gott liebt, wird natürlich – da Gott auch in anderen wohnt – eure Liebe auf sie übergehen. Sie werden sie durch Ausstrahlung erhalten. Ihr könnt zu Gott beten: “Oh, Gott, hilf ihnen!”, das ist etwas anderes.

Wenn ihr nur wenig Geld oder nur ein paar Tropfen Wasser in eurem Tank habt, wie könnt ihr dann an andere austeilen? Versteht ihr, was ich damit sagen möchte?

Es ist eine gute Sache, Sympathie, liebevolle Gedanken und Respekt für andere zu haben, aber übt keinen Einfluss auf andere aus. Gute Gedanken für alle zu haben ist in Ordnung.

Als ich zu meines Meisters Zeiten die Kranken zu besuchen pflegte, machten einige eine Show mit diesen Menschen. “Wenn er kommt, dann werden die Kranken Linderung erhalten.” So geschah es auch, und die Leute beklagten sich bei meinem Meister, dass ich Wunder wirken würde. Meister sagt dann: “Nein, er stellt keine Wunder zur Schau. Es ist alleine die Ausstrahlung, die die Leute erhalten.” Versteht ihr? Eine solche Ausstrahlung ist in Ordnung.

Gute Gedanken für jeden zu haben, ist eine gute Absicht. Betet zu Gott, dass Er allen Frieden schenken möge; das ist etwas anderes. Auch Guru Nanak, Der als das Fleischgewordene Wort betrachtet wird, betete: “Friede sei auf der ganzen Welt, nach Deinem Willen, oh Gott.” Er hat nicht selbst Einfluss ausgeübt.

“Friede sei auf der ganzen Welt, nach Deinem Willen, oh Gott.” Wenn ihr aber selbst zum Handelnden geworden seid, dann müsst ihr euch selbst anstrengen, um etwas zu geben. “Nach Deinem Willen, oh Gott!”, ist der beste Weg. Habt daher Wünsche für alle. Wir sind alle Brüder und Schwestern in Gott. Diese Kraft aber hilft durch Ausstrahlung (ohne eigenes Zutun), und ihr geht dabei nicht bankrott. Natürlich könnt ihr durch eigene Anstrengung anderen Gutes tun, ihr werdet euch aber danach erschöpft fühlen.

Wünschenswert ist also eine höhere Form des Heilens. Lasst jedem durch Ausstrahlung geholfen werden. Wenn ihr voll des Duftes von Parfum seid, so wird jeder etwas von diesem Duft erhalten, ohne dass ihr es wünschen müsst.

Ich bin also nicht dagegen, gute Wünsche für alle Menschen zu haben, aber seid nicht die Handelnden, indem ihr es auf eure eigenen Schultern legt, mit den wenigen Tropfen “Wasser”, die ihr habt. Betet für sie, das ist in Ordnung.

“Ein Heiler sagt manchmal, dass er hinterher wieder mit neuer Kraft erfüllt wird, wenn er erschöpft ist.”

Aber erst, nachdem sie sich bankrott fühlen. Sie spüren erst den Mangel, dann laden sie sich wieder auf, nicht eher. Und wenn sie sich nicht von neuem aufgeladen haben, was dann? Die Meister haben immer durch Ihre Ausstrahlung geheilt. Jene, die an Ihn dachten, wurden geheilt. Das ist der sichere Weg.

Einmal schrieb mir jemand aus Frankreich: “Ich höre, Sie sind nicht bei guter Gesundheit. Ich werde Sie von hier aus heilen.” Ich sagte ihm, dass er dazu nicht in der Lage wäre und erklärte ihm weshalb: “Ein schwächerer Mensch kann von anderen beeinflusst werden, nicht jedoch einer, der stärker ist.” Ihr könnt auf niemanden Einfluss ausüben, der stärker ist als ihr. Versteht ihr? Wie könnt ihr einen Menschen beeinflussen, der stärker ist als ihr? Ihr könnt nur einen Schwächeren beeinflussen. Ihr könnt andere heilen, die einen schwächeren Willen haben als ihr selbst.

Ich schrieb ihm daher, dass er nicht dazu imstande sein würde. Er versuchte es mit all seiner Kraft, konnte aber nichts bewirken. Ihr könnt sagen: “Oh Meister, oh Gott, hilf!”, das ist etwas anderes.

In meinem Leben geschah es einmal, dass einige Menschen gewisse Leute bezahlten, damit sie sich um Mitternacht auf bestimmten Plätzen im Freien konzentrierten, um mit Gedankenkraft Schaden zuzufügen. Solche Dinge geschehen, mir jedoch konnten sie trotz aller Bemühungen keinen Schaden zufügen.

Eines Tages reiste ich mit dem Zug, und ein Mann stieg ein, der die Gedanken anderer Menschen lesen konnte. Er las sie bei einem, zweien, dreien, vieren. Ich saß ebenfalls in diesem Zugabteil. Er sagte zu mir, ich sollte etwas in meinem Kopf behalten und er würde es ablesen. “Das wird ihnen nicht gelingen”, erklärte ich ihm. (Dies geschah lange bevor ich meinen Meister traf.) Er aber bestand darauf und auch die anderen wollten unbedingt, dass ich mir etwas denken sollte, damit er es lesen könnte. “Nun gut” stimmte ich zu. Er versuchte es, schaffte es aber nicht. Er gestand: “Ich habe heute versagt.”

So kann also ein stärkerer Mensch andere beeinflussen, der Schwächere ist dazu nicht in der Lage. Auf den Schwächeren könnt ihr einwirken. Wie es auch sei – das ist jedoch nicht Spiritualität.

Diese übernatürlichen Kräfte entstehen durch Konzentration, wenn ihr euch aber mit ihnen einlasst, dann wird die Höhere Kraft in euch aufhören zu wirken. Diese übernatürlichen Kräfte haben nichts mit Spiritualität zu tun.

Spiritualität befasst sich weder mit Spiritismus noch Spiritualismus, hat nichts mit Hypnose und Mesmerismus zu tun. Sie ist einzig und allein eine Sache der Selbstanalyse, des Sich-Erhebens über das Körperbewusstsein, um sich selbst und Gott zu erkennen.

Auf dem Weg können viele Kräfte in Erscheinung treten; sich aber Ihnen zu widmen, ist ein schändliches Verbrechen. Ihr werdet euren Fortschritt verzögern. Außerdem ist das karmische Gesetz unerbittlich. Ihr werdet eines Tages dafür leiden müssen.

Die Menschen befassen sich mit allen möglichen Dingen. Es gab einen Mann in London, der Geister rufen konnte, die dann zu sprechen pflegten. Fünf Pfund kostete eine Eintrittskarte. Jemand sagte: “Lasst uns hingehen und zusehen.” So gingen wir also hin, alle Lichter wurden abgedreht. Es war so gegen neun oder zehn Uhr am Abend, und es war stockdunkel. Er setzte alle Anstrengung ein, doch nichts gelang ihm. Er seufzte einmal, dann seufzte er wieder, und ungefähr eine halbe Stunde lang geschah nichts. Schließlich sagte er: “Die Atmosphäre ist heute nicht gut. Es tut mir leid, es ist heute nicht möglich.” Er verlangte kein Geld von uns.

So etwas ist möglich (mit Geistern zu sprechen). Er aber wandte einen Trick an. Ich werde es euch sagen: Er selbst konnte wie ein Kind sprechen. So pflegte er also selbst zu reden, und die Leute dachten, es wäre ein Geist. Ich habe erlebt, dass es schwarze Märkte im Äußeren gibt, in religiösen Kreisen jedoch, gibt es jedoch noch mehr Schwarzmärkte. Viel Show wird gemacht.

Während meiner ersten Weltreise kam ein Magier in Chicago zu einer morgendlichen Meditationssitzung. Er war ein erstklassiger Magier aus Europa, der extra nach Amerika eingeladen worden war, um mich zum Scheitern zu bringen. Er sagte: “Sie gestatten mir doch, an einer Meditation teilzunehmen?” “Ja, kommen Sie nur.” Ich gewährte es ihm. Er saß an der Seite und bemühte sich mit all seinen Kräften, seinen Einfluss auf mich auszuüben. Nichts geschah; er hingegen fiel um, fiel der Länge nach hin und war bewusstlos. Sie mussten ihn in meinen Armen wiederbeleben, brachten ihn zu Bett und sprachen ihm Trost zu. “Ach, beruhige dich, es wird dir bald wieder besser gehen. Mach dir keine Sorgen.” Er hatte die Rückwirkung erhalten, die Reaktion war sofort da.

Wenn eine Welle herankommt und sie trifft auf eine Steinmauer, dann wird die Welle zurückweichen. Trifft sie aber auf Sand, so wird die Welle ihn durchdringen. Infolge der Rückwirkung war er deshalb bewusstlos zu Boden gestürzt. Er war ein Anhänger einer anderen Gruppe, die ihn speziell für diesen Zweck engagiert hatte. Ich behandelte ihn und gab ihm Medizin, sodass es ihm bald wieder gut ging. Dann erklärte er vor der versammelten Menge: “Zum ersten Mal habe ich die Liebe Christi erlebt. Was man mir erzählt hatte, war alles falsch.” Dann ging er. Seine Frau schickt mir jetzt noch Briefe.

Spirituelle Menschen verlangen nicht nach solchen Dingen. Was bringt es euch, wenn ihr die Gedanken anderer lesen und sie beeinflussen könnt? Worum geht es dabei? Nur um Kontakte mit den Seelen, die den Körper verlassen haben und sich auf niederen Ebenen aufhalten, und kaum um Kontakte zu höheren Seelen. Dies ist bloß eine Seite des Spiels. Wenn ihr auf diese Weise eure Aufmerksamkeit bindet, wird euer weiterer Fortschritt verzögert werden. All diesen Dingen bin ich in Indien und auch außerhalb von Indien begegnet. Mir konnte jedoch nichts geschehen, denn mein Meister war bei mir.

Jene Kraft – die Gotteskraft – ist immer bei mir. Das ist Seine Gnade; wenn Er mich verlässt, dann bin ich nichts. Ich bin nicht der Handelnde. Das ist der sicherste Weg.

So geschah es einmal, dass ein homöopathischer Arzt mit seiner Frau nach Indien kam. Er wurde von unserem Meister (Baba Sawan Singh) initiiert. Die Leute versuchten, seine Frau zu überreden, sich auch initiieren zu lassen. Sie jedoch wollte nicht. Sie war Anhängerin eines europäischen Gurus. Ihr Mann bat mich, doch freundlicherweise etwas zu tun, damit auch seine Frau sich initiieren lassen würde. Mein Meister trug mir auf, vier oder fünf Tage zu nehmen, um ihr Zeit widmen zu können. Ich bat ihren Mann, beim Gespräch mit ihr dabei zu sein. Die allererste Frage, die sie mir stellte, war: “Was hat Sie zum Meister gebracht?” So erklärte ich ihr ungefähr zehn Minuten lang, weshalb ich gekommen war. “Oh, das ist genau das, was ich möchte”, war ihre Antwort. Dann fragte sie: “Wie kommt es, dass mir Euer Meister nicht zusagt?” Dies war eine sehr direkte Frage. “Mein früherer Guru pflegte mich zu beeinflussen, ich stand unter seinem Einfluss”, fuhr sie fort. Ich sagte ihr, sie solle mich zwei oder drei Minuten lang ansehen und fragte sie dann, ob sie in der Lage wäre, etwas anderes zu sagen, als ich von ihr hören wollte. “Nein”, sagte sie. “Das ist die Erklärung dafür – dein Guru hat dich beeinflusst. Du konntest nichts anderes sagen als das, was er wollte. Mein Meister beeinflusst niemanden. Er überlässt es deinem freien Willen und Wohlgefallen, selbst zu entscheiden.”

Sie konnte nicht Englisch, sie sprach Französisch. “Nun gut, wenn du der Rede meines Meisters nicht folgen kannst, dann schau Ihn einfach freundlich und aufmerksam an, nichts mehr. Dann lass mich wissen, wie du Ihn findest.” Sie war dabei, als Meister sprach und am Abend fragte ich sie: “Nun, wie hast du meinen Meister gefunden?” “Oh, er war sehr beeindruckend, sehr anziehend.” Es ist alleine die Ausstrahlung, die das bewirkt, ohne das euer Wille gelenkt wird. Ich sagte zu ihr: “Mein Meister lässt jedem seinen eigenen Willen und Gefallen. Deshalb hat Er dich nicht beeinflusst.” Wenn ich euch jetzt hypnotisierte, dann würdet ihr gehen und euch ausgebeutet und leer fühlen. Ihr mögt für ein paar Minuten etwas erhalten haben, danach aber würdet ihr bankrott sein. Und dann? Deshalb sprach ich davon, dass es im Äußeren Schwarzmärkte gäbe, aber im Inneren noch mehr Schwarzmarkt betrieben wird.

So ist es notwendig, durch rechtes Verstehen der höheren Werte des Lebens, Unterscheidungsvermögen zu entwickeln und sich dem zuzuwenden, was unserem Weg und dem Höchsten Ziel – der Selbst- und Gottverwirklichung – dienlich und hilfreich ist.

Wir sollten Empfänglichkeit für Gott entwickeln und nicht für bestimmte psychische Kräfte, die nicht von höherer Art sind und uns nicht dazu dienen können, höheres Bewusstsein zu erlangen, um schließlich im Unendlichen aufzugehen.

Der Mensch muss ein aufrichtiges, unaufhörliches Verlangen nach dem Endzweck aller Dinge haben, nach dem Ziel aller Ziele und darf nicht mit der bloßen Meisterung seiner physischen und mentalen Kräfte zufrieden sein. Der Meister setzt uns das Ziel: völliges Einssein mit dem Herrn – dem Einen Wesen – zu erlangen. Wir können uns mit der Quelle, von der wir einst ausgegangen sind, wieder vereinen und unsere bleibende Wohnstatt in der Heimat unseres Vaters wiedergewinnen, wo jenseits des Bereichs der Zerstörung und Unwissenheit und über allem Elend des unruhigem Meeres des Lebens Freude und Frieden herrschen.

Das Reich Gottes liegt in uns. Wir müssen den “Inneren Menschen” (den Geist oder die Seele) als Gottes Ebenbild erkennen, den physischen Körper als Tempel Gottes, in welchem sich der Herr offenbart. In diesem lebendigem Tempel müssen wir unsere Seele mit Gott in Einklang bringen und in enger Gemeinschaft mit Ihm leben.

Guru Nanak sagt uns:

Du bist als Mensch geboren worden, und das ist die günstige Gelegenheit, dich mit Gott zu verbinden. Aber leider gibst du dich mit den fruchtlosen und verwirrenden Dingen des Lebens ab. Bedenke, die Nacht (des irdischen Lebens) geht ihrem Ende zu.

So sollte sich der Schüler oder Gottsuchende davor hüten, bestimmte übernatürliche Kräfte, die durch verschiedene Yogapraktiken oder Konzentrationsübungen in Erscheinung treten können, als Hilfe oder gar als letztes Ziel auf dem Weg der Selbstverwirklichung und Gottverwirklichung zu betrachten. Wenn man durch bestimmte Yogapraktiken übernatürliche Kräfte erlangt, sich in diese verborgenen Kräfte vertieft und beginnt, sie zu praktizieren, wird man das wirkliche Ziel darüber vergessen. All das bringt uns nicht die Gunst Gottes ein, ohne die alles nichtig ist. So werden diese Kräfte Hindernisse auf dem Weg zur Selbst- und Gottverwirklichung. Daher ist es wichtig, über die Existenz, Wirkungsweise und Gefahren, die sie bringen, Bescheid zu wissen.

So müssen wir lernen, Spiritualität von Spiritismus und Spiritualismus zu unterscheiden, da Spiritualität etwas ganz anderes ist. Der Spiritismus betont den Glauben an die Existenz körperloser, von der Materie getrennter Wesen, von denen die Spiritisten annehmen, dass sie die niederen Regionen als Gespenster oder böse Geister heimsuchen, oder auch die unteren Astralregionen als Engel oder gute Geister. Zuzeiten sind sie auch an persönlichen Angelegenheiten der Menschen interessiert und suchen zur Befriedigung ihrer langgehegten, aber ungestillten Wünsche, diese mittels allerlei Machenschaften zu erfüllen. Jene, die sich mit schwarzer Kunst befassen, behaupten, durch magische Beschwörungen Macht über sie ausüben zu können. Aber ein Schüler des Meisters braucht darüber nicht beunruhigt sein, da einem, der in Verbindung mit dem Heiligen Wort ist, kein übler Einfluss nahekommen kann.

Der Spiritualismus geht ein Schritt weiter als der Spiritismus. Er glaubt an das Weiterbestehen der menschlichen Persönlichkeit nach dem Tode und an die Möglichkeit einer Verbindung zwischen den Lebenden und den Toten. Die Vertreter des Spiritualismus halten häufig Séancen und Sitzungen ab, um mit sogenannten Geistern Verbindung aufzunehmen. Sie gehen mit Hilfe von Medien vor, denn sie wirken durch eine Art Medium, sei es eine Planchette zum Planchette-Schreiben, ein Tisch zum Tischrücken oder sogar ein menschliches Wesen, dem das Bewusstsein genommen wird, damit der gerufene Geist von seinem Körper Gebrauch machen und sich durch ihn mitteilen kann. Diese Verbindung besteht im allgemeinen lediglich zwischen der irdischen Ebene und den niedersten Astralebenen, die als Magnetfelder bekannt sind. Die Resultate solcher Verbindungen sind sehr begrenzt, größtenteils auch unzuverlässig und außerdem gefährlich für das Medium, das manchmal dabei den Verstand verliert und darunter schrecklich zu leiden hat.

Die Praxis des Spiritualismus wird daher von den Meistern der Spiritualität streng verurteilt. Der Kontakt und Verkehr der Meister mit den Spirituellen Regionen bis zur Wohnstatt des Herrn ist ein unmittelbarer, und sie kommen und gehen nach Ihrem Willen und Wohlgefallen, ohne irgendeine Behinderung und unabhängig von der subjektiven Vermittlung eines Mediums. Während diese Methode ganz normal, natürlich, direkt und aufbauend ist, ist das Wirken der Spiritualisten dagegen subjektiv, indirekt und nur mittelbar, durch einen Vorgang, der voller Gefahren für sie selbst und das Medium ist. Der Spiritualismus trägt, abgesehen vom Wissen über das Weiterleben nach dem Tode, nur wenig zu unserer Erfahrung bei und bietet nichts, was für den Weg der Spiritualität wirklich wesentlich wäre.

Die obigen Bemerkungen lassen sich ebenfalls auf die Hypnose und den Mesmerismus anwenden. In beiden Fällen sucht ein Mensch mit stärkerer Willenskraft andere mit schwächeren Widerstandsvermögen mittels bestimmter Handbewegungen und Gesten zu beeinflussen, die mit starker Ausrichtung der Konzentration auf die jeweils betroffene Person verbunden sind.

Spiritualität dagegen ist die Wissenschaft der Seele und befasst sich folglich mit allen Aspekten der Seele – mit der Frage, wo sie sich im menschlichen Körper befindet und welches ihre Beziehung zu Körper und Gemüt ist, ferner, wie sie offensichtlich auf die Sinne wirkt und reagiert, mit ihrer wirklichen Natur und mit der Frage, wie sie von all dem beschränkenden Beiwerk getrennt werden kann. Sie beschreibt die Spirituelle Reise mit ihrem Reichtum an Ebenen und Unterebenen, sowie die Spirituellen Kräfte und Möglichkeiten und deren eigentlichen Wert.

Spiritualität lässt uns wissen, was das Heilige Wort ist und wie man sich mit ihm verbinden kann, sagt uns, dass das letzte Ziel die Selbstverwirklichung und Gottverwirklichung ist, die Einswerdung der Seele mit der Überseele, und lehrt uns, wie man diese mit Hilfe des Surat Shabd Yoga oder dem Pfad des Tonstromes erlangen kann.

Es gibt also viele untergeordnete Ziele, die man durch den einfachen Prozess der Selbstbeherrschung und Konzentration erwirbt, wie zum Beispiel:

Die Sprache der Vögel und Tiere zu verstehen; um vorhergehende Geburten zu wissen und Vorkenntnis des Todes zu haben; die innersten Gedanken anderer zu lesen; von ferne Wissen über geheime und subtile Dinge zu haben, wie über Himmelskörper und Sterne; zukünftige Dinge vorauszusehen; sich an jeden beliebigen Ort der Welt begeben zu können durch Berührung zu heilen; körperliche Vollkommenheit in Form, Aussehen, Kraft und Stärke, Stetigkeit und körperlichen Reiz zu erwerben.

Hier muss notwendigerweise ein Wort der Warnung angebracht werden hinsichtlich der “riddhis” und “siddhis” oder der übernatürlichen Kräfte, die man im Verlaufe bestimmter Yogapraktiken oftmals erwirbt. Alle diese übernatürlichen Kräfte oder “siddhis” muss man gewissermaßen meiden, denn sie sind unbedingte Hindernisse auf dem Weg zu wirklichem Spirituellem Fortschritt und dem Erreichen der Selbsterkenntnis und Gotterkenntnis, dem großen Ziel und Zweck des Yogasystems.

Die meisten Schüler weihen sich völlig und einzig der strikten Beachtung der “yamas” und “niyamas” und kommen dadurch auf den Yogapfad, der nach Selbsterkenntnis und Gotterkenntnis strebt, kaum vorwärts und solche, die ein wenig weiterkommen, bleiben dann in den Yogastellungen (asanas, mudras und bhandas) hängen und sind beständig damit beschäftigt, ihren Körper zu entwickeln und die Muskeln zu stärken, und machen dies zum einzigen Ziel ihrer Bemühungen. Sie beschränken sich somit selbst auf den Aspekt der Körperentwicklung, um dadurch Alter und frühem Tod zu trotzen. Dies alles sind einzig Mittel zu den höheren Zielen des Yoga und sollten als solche praktiziert werden.

Ziel des Yoga ist Selbsterkenntnis durch einen regelrechten Prozess der Selbstanalyse und der Zurückziehung, was einen befähigt, sich über das Körperbewusstsein ins höhere Kosmische Bewusstsein und schließlich ins Überkosmische Bewusstsein zu erheben.

Wahrer Yoga ist also ein ganz natürlicher Prozess, der nichts Gekünsteltes an sich hat. So sollte er leicht verständlich und einfach zu üben sein. Aber durch den Mangel an richtigen Lehrern, die sowohl in der Theorie wie auch in der Praxis des Yoga wohlerfahren sind, ist er zu einer beschwerlichen und verwickelten Angelegenheit geworden, zu schwer, um verstanden und noch schwieriger, um ausgeübt zu werden.

Die Folge davon ist, dass die Suchenden die eine oder andere Yoga-Art irrigerweise als das letzte Ziel betrachten. Sie verzetteln ihre Kräfte in diesem Streben und geben sich mit dem Erwerb psychischer oder magischer Fähigkeiten zufrieden, die nicht selten dazu missbraucht werden, um öffentlichen Beifall und Reichtum zu erlangen. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass der gewöhnliche Mensch Yoga oft mit Personen in Verbindung bringt, die auf glühenden Kohlen gehen, Glasscherben oder Metall schlucken, Schlangenköpfe und Nagetiere essen, fahrende Autos anhalten oder sich von einem Lastwagen überfahren und von Elefanten überrennen lassen.

Huston Smith schreibt in “Die Religion des Menschen”: Unglaubliches kann mit dem Körper vollbracht werden, falls du daran interessiert und willens bist, daran dein Leben zu setzen. Aber diese Dinge haben kaum etwas mit Erleuchtung zu tun. In Wirklichkeit nähren sie den Wunsch, sich zu brüsten. Ihre Beherrschung trägt zum Stolz bei und ist darum dem Spirituellen Fortschritt schädlich.

Wer sich also der Spiritualität zuwendet – der zeitlosen, Inneren Wissenschaft, die ihre eigenen unveränderlichen Gesetze und variierenden Wirkungsformen hat, aber eine Wissenschaft ist, deren Erkenntnisse nicht statisch sind, sondern sich entfaltet haben, so wie sich die Menschen von den niedrigeren Formen des Yoga zu den höheren Formen entwickelt haben, wird erkennen, dass die Einswerdung mit dem Höchsten Herrn kein bloßer Tagtraum oder das hypothetische Postulat einer monistischen Philosophenschule ist, sondern eine lebendige Möglichkeit, deren Verwirklichung das Ziel der menschlichen Existenz ist, und die zu erreichen durch die richtige Führung, die richtige Methode und die rechte Anstrengung in Reichweite aller liegt, ungeachtet des Alters, des Geschlechts, der Rasse oder des Glaubens.