Das Leben von Guru Amar Das

III

Wenn du das Lied des Herrn singst, wird die Tugend der Heiterkeit für immer in dir wohnen.

Gurbani M3

Durch die Gnade Guru Angads und die Mühen von Amar Das begann das Werk zu gedeihen. Die Menschen strömten von überallher zusammen, um sich im Licht der Gegenwart des Gurus zu sonnen. Ohne dass Er es wünschte, wurde Ihm Ruhm zuteil – dem Ruhm folgte die Eifersucht auf dem Fuße. Sri Chand und Datu, Angads Sohn, sahen im Guru eine Bedrohung ihrer Macht und ihres Stolzes und leisteten Ihm Widerstand, wo sie nur konnten. Doch wohin Er auch ging und was Ihm auch widerfahren mochte, Amar Das blieb losgelöst und beherrscht und überschritt niemals die Grenzen der Ihm innewohnenden Demut.

Kaum war nun Amar Das in Goindwal, saß Datu auch schon auf seines Vaters Platz in Khadur. Er hatte sich selbst zum Guru ernannt, doch er fand keinen, der ihm folgen wollte, was ihn sehr erzürnte: 

Amru ist ein alter Mann und mein Diener! Gestern noch war Er ein Wasserträger in meinem Haus, und heute will Er Guru sein!

Mit diesen Gedanken ging er nach Goindwal. Als er den Meister sah, brach sein Zorn aus ihm heraus und er stieß den Meister von Seinem Stuhl. Amar Das stürzte zu Boden. 

Und wie Er da lag, presste Er die Füße Seines Beleidigers an Sich: 

O großer König, bitte vergebt mir! Ich bin alt, und es ist kaum noch Fleisch auf meinen Knochen. Hoffentlich haben sich eure armen Füße nicht an ihnen verletzt.

Daraufhin verließ Amar Das Goindwal und zog Sich in die Einsamkeit zurück und erlaubte Datu somit, sich auf den Thron des Gurus zu setzen. Als Datu trotzdem keine Anhänger fand, raffte er zusammen, was er an Reichtümern finden konnte und eilte nach Khadur zurück. Auf dem Weg wurde er von Räubern überfallen und ironischerweise an dem Fuß verletzt, mit dem er den betagten Meister getreten hatte. Diese Wunde bereitete ihm noch viele Jahre danach großes Leid.

Währenddessen hatte Sich Amar Das in ein kleines Gebäude eingeschlossen und verbrachte dort all Seine Zeit in Samadhi. Seine Schüler, die die Freude Seiner Gegenwart gekostet hatten, waren verzweifelt und ruhelos und baten Bhai Buddha, ihnen bei der Suche nach dem Meister zu helfen. Schließlich führte er sie zu Seiner Hütte. Doch die Türe war zugemauert und mit einer Aufschrift versehen: Wer diese Türe öffnet, der ist nicht mein Schüler. In ihrer Verzweiflung suchten sie nach einem Ausweg, obwohl sie  nicht wagten, das Gebot des Meisters zu missachten. So brachen sie auf der Rückseite des Hauses ein Loch in die Wand, wo jener wundervolle Körper Gottes in Meditation versunken weilte. Doch als Sich der Guru von Seiner Meditation erhob, war Er keineswegs erfreut, Sich von den Schülern umringt zu sehen, die ganz offensichtlich Seine Anweisung missachtet hatten. Sie erklärten, was sie getan hatten und wie sehr sich ihre Augen nach Seinem Anblick gesehnt hatten. Als Er das vernahm, schwieg Er und lächelte sanft. Wie kann sich ein Vater von seinen Kindern abwenden oder ein Meister Seinen liebevollen Sangat verlassen?

Ungeachtet Seines hohen Alters arbeitete Amar Das unermüdlich, um den Menschen zu dienen und die Botschaft Seines Meisters und der Meister, Die vor Ihm gekommen waren, zu verbreiten. Er vergrößerte den Langar und brachte Hindus und Moslems, Könige und Bauern dazu, Seite an Seite zu sitzen. Die Anhängerschaft vermehrte sich; und die Botschaft von der Größe des Meisters drang selbst bis zu König Akbars Hof vor. 

Der König war von der universalen Lehre und dem selbstlosen Dienst des Meisters in der Tat so sehr beeindruckt, dass er aufbrach, um den Meister zu begegnen und Ihm Ehre zu erweisen. Als er Ihm dann gegenüberstand, war er zutiefst beeindruckt und bot Ihm eine große Gabe für den Langar an. Obwohl Ihn eine ganz natürliche Aura der Größe umgab, bevorzugte der Guru ein schlichtes und bescheidenes Leben und wies somit die Gabe zurück: 

Die Küche des Gurus wird von freiwilligen und selbstlosen Spenden der ergebenen Schüler erhalten und braucht keine königlichen Gaben.

Doch Akbar wollte dem Meister auf jeden Fall eine Gunst erweisen und so kamen sie schließlich überein, bestimmte Länderein der Obhut Seiner Schüler zu übergeben, die sie zum Wohle der Bedürftigen und Wahrheitssucher nutzen wollten. 

Die Arbeit an diesem Land wurde von den zwei nachfolgenden Gurus – Ram Das und Arjan – fortgeführt, woraus die Stadt Amritsar entstand.