Das Leben von Guru Arjan

I

Wer Gott kennt, lebt in der Welt, ist aber unberührt von ihr wie der Lotos im Wasser. Wer Gott kennt, betrachtet alle als gleich wie der Wind, der den König und den Armen anweht. Wer Gott kennt, dessen Reinheit ist makellos wie das fließende Wasser, in dem sich kein Staub sammelt.

Das Herz eines solchen Gottverwirklichten Menschen ist von Licht erfüllt; und Sein Gnadenblick ist wie ein Schauer des Nektars. Wer den Herrn kennt, lebt immer in Frieden und Freude — jenseits der Reichweite des Todes. Er ist der Höchste der Hohen und hält Sich doch Selbst für den Niedrigsten der Niederen.

Dieses Wissen von Gott wird nur durch die Gunst des Herrn erlangt. O Nanak, Wer Gott kennt, ist Selbst der Höchste Herr.

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Die verheißungsvollen Zeichen der Kindheit hatten sich nun in Arjan offenbart. Der so sehr Geliebte zweier Meister (Amar Das, sein Großvater, und Ram Das) wurde Selbst ein Erwachter und kompetent, Ihre kostbare Gabe zu verteilen.

Er, Der sowohl ein inspirierter Dichter als auch ein großer Baumeister und Städteplaner war, wurde gleichfalls der Menschliche Pol, in Dem Sich die Gottheit offenbarte.

Bei Ram Das’ Tod war Prithi Chand fest entschlossen, Rache zu nehmen; aber trotz aller Bosheit seines Bruders kam von Arjan nur Vergebung zurück.

Mein Besitz und Reichtum mag vergehen. Mein Schatz liegt in Gottes Füßen.

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Auf Prithias Bitte gab Arjan ihm den Turban, den Er als Symbol Seines Aufstiegs zum spirituellen Thron erhalten, wie auch die Sachen, die Er von Seinem Vater geerbt hatte. Welche Arbeit auch immer im Werk des Meisters zu tun war, wurde nun mit den freiwilligen Spenden der Schüler finanziert.

Zwar fing Prithi selbst diese des Öfteren ab, doch der Herr wendet Seinem Ergebenen nicht den Rücken zu. Geldmittel kamen von unerwarteten Stellen, und so konnten die Arbeiten, die Ram Das begonnen hatte, zu Ende geführt werden.

Viele Sikhs arbeiteten hart, Stunden um Stunden, in selbstloser Hingabe. Groß war die Freude des Meisters, wenn Er sie so bei der Sache sah. Guru Arjan begann die Arbeit an dem großen Tempel ‘Har Mandir‘ (wörtlich: der Tempel Gottes; in der westlichen Welt mehr bekannt als der Goldene Tempel von Amritsar).

Statt eines Gebäudes mit Türmen sollte es ein Tempel werden, der von einem See umgeben war und wo alle, die ihn betreten wollten, Stufen hinuntersteigen mussten, um hineinzugelangen.

Es heißt, dass Guru Arjan den Grund für diese Anlage so erklärt hat:

Gott hat Freude an den Niedrigen. Wie sich ein fruchtbeladener Zweig unter dem Gewicht seiner Früchte beugt, so ist es auch bei einem, den Gott erhöht. Darum wird ‘Har Mandir‘ das Niedrigste aller Gebäude sein. Die Menschen werden Stufen hinabsteigen müssen, um in den Tempel einzutreten, aber er wird offen sein, um sie von allen Seiten und aus den vier Kasten zu empfangen.

Arjan gab einem frommen Moslem namens Mian Mir die Ehre, den Grundstein des Tempels zu legen, und von da an begann der Bau.

Wiederum schienen die Dienste der Ergebenen über der menschlichen Leistungsfähigkeit zu liegen, denn es dauerte nur eine kurze Zeit, bis der Tempel vollendet war. Als Guru Arjan den Bau besichtigte, bemerkte Er einige Arbeiter, die seitlich von Ihm badeten. Tränen kamen in Seine Augen, als Er ihre körperliche Beschwernis sah und feststellte, wie unermüdlich sie gearbeitet hatten, ohne etwas dafür haben zu wollen.

Bei dieser Gelegenheit verfasste Er die folgende Hymne:

Wer hierin gebadet hat und über den Herrn meditierte, soll die Gesundheit wiedererhalten. Wer im See der Heiligen gebadet hat, wird erlöst werden. Und wer über das Heilige Naam meditiert, wird den Tod nicht erfahren, und die langen Wanderungen seiner Seele finden ein Ende.

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Die Tempeltore waren für alle geöffnet, die nach der Wahrheit dürsteten – sie schlossen niemand wegen des Geschlechts, des Standes oder der Religion aus. Und in seinen Hallen saß der gesegnete Guru Arjan, Der täglich Satsangs hielt: Hymnen sang und über den Weg zu Gott sprach.