Das Leben von Guru Gobind Singh

II

Das Aufdämmern des himmlischen Lichts macht uns zu Verehrern der Wahrheit allein. Das Erblühen der liebevollen Hingabe lässt uns die leblosen Ziele der Anbetung vergessen. Das Wissen um Ihn zeigt uns die Nichtigkeit Aller Riten und Rituale. Die Offenbarung des Heiligen Lichts im Innern Unterscheidet den Reinen vom Unreinen.1

Guru Gobind Singh

Im Alter von elf Jahren hatte Gobind Rai die Freude des Inneren Lebens und die Grausamkeit der Welt zur Gänze erfahren. Durch die Hinrichtung Teg Bahadurs hatte Er den Vater verloren und die Gräuel erlebt, denen Seine Leute ausgesetzt waren. Durch diese Umstände zog es immer mehr Männer an die Seite des Gurus; und in dem Maße, wie Er Seine kriegerischen Fertigkeiten vervollkommnete, unterwies Er auch Seine Anhänger darin. Durch die fähige Unterweisung und Seine Göttliche Gegenwart wurde aus einer Menge von Bauern, Händlern und Arbeitern eine mächtige und bedrohliche Truppe. Jene Männer, die hilflos zugesehen hatten, wie ihre Frauen vergewaltigt wurden oder mit ihren Kindern in die Sklaverei verschleppt worden sind, und sich fürchteten, ihren Glauben öffentlich zu bekennen, reihten sich nun unter die tapfersten Soldaten ein, von denen uns die Geschichte berichtet.

Als Gobind mit der Tochter eines Schülers vermählt wurde, zog Er gemäß dem Rat Seines Onkels Kirpal Chand nach Paonta. Der junge Guru freute Sich über die Schönheit der Natur in den Bergen des Himalayas und verbrachte lange Stunden der Abgeschiedenheit an den Ufern des Jamuna-Flusses. Hier, an diesem Ort schrieb Er die größte Zahl Seiner Verse und übersetzte die Hindu-Epen. Wie Seine Vorgänger rühmte Er den Einen Gott und lobte die Tugenden Seiner Ergebenen; aber Seine Schriften enthielten auch einen neuen, kämpferischen Geist.

O du Schwert, das wie ein Blitz die Horden des Bösen auf dem großen Schlachtfeld des Lebens zerstreut, du bist das Symbol der Tapferen. Dein Arm ist allmächtig; dein Glanz erstrahlt wie die Sonne. O mein Schwert, Du bist der Beschützer der Heiligen, die Plage der Übeltäter und der Zerstörer der Sünder; ich suche Zuflucht bei Dir. Aller Ruhm dem Schöpfer der Welt, dem Erretter. Mein geliebtes, erhabenes Schwert, alle Glorie sei Dein.

Bachitar Natak, Vers 29–35

Diese Hymnen wurden später von einem ergebenen Anhänger namens Bhai Mani Singh in einem Buch mit dem Titel 'Dasam Granth' – Der Granth des Zehnten Gurus – zusammengefasst. 

Guru Gobind SinghGuru Gobind Singh erlernte auch die Sprachen Hindi, Sanskrit und Persisch sowie die Gurumukhi-Schrift jener Zeit, und Er studierte die verschiedenen religiösen Schriften und Mythologien. Aber auch hier ging das militärische Training weiter und Seine Truppen vergrößerten sich. Seine zunehmende Macht flößte mehreren Hindu-Rajas Angst ein, und Seine Missachtung der Kastenschranken erboste sie. Sie vereinten ihre Kräfte unter dem Befehl von Fateh Shah und zogen gegen den Meister zu Feld. Am Vorabend der Schlacht verließ Ihn ein großer Teil Seiner Armee, und ohne den unerschütterlichen Glauben des Meisters hätten fast alle die Hoffnung verloren. 

Gobind Selbst beschreibt die Schlacht in Seiner Autobiographie namens 'Bachitar Natak'.

Gott beschützte Seinen Diener, und ich blieb unverletzt. Unsere Pfeile bedeckten den Himmel gleich Wolken und ließen das Bergvolk um sein Leben laufen. Durch die Gnade Gottes errangen wir den Sieg. Meine Leute wurden von Seinem Segen erfüllt.

Bachitar Natak, Kapitel 8

Als sie den Sieg errungen hatten, befahl der Guru Seinen Männern, sich um die Verwundeten und die Toten zu kümmern und die fliehenden Leute aus den Bergen nicht zu verfolgen.

Nach der Schlacht kehrte Er nach Anandpur zurück. In den folgenden Jahren wurden Ihm dort vier Söhne geboren.2

Mittlerweile wandten sich dieselben Rajas, die Er eben besiegt hatte, an den Guru um Hilfe, da sie sich geweigert hatten, eine Steuer des Herrschers zu bezahlen. Er verzieh ihnen, was sie Ihm angetan hatten, und erfüllte ihre Bitte, wodurch sie den Sieg errangen. Dadurch aufgerührt, schickte ihnen Aurangzeb seinen Sohn mit einer großen Streitmacht entgegen. Obwohl er den Guru nicht bezwingen konnte, vernichtete er die Hindu-Anführer.

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Erläuterung: 1) Siehe 'Das Gebet' von Kirpal Singh, Seite 19. 2) Oft wird behauptet, dass Guru Gobind drei Frauen hatte. Er hatte jedoch nur eine Frau, da Er ein Leben hoher Ideale voller Losgelöstheit führte. Er wurde mit einem Mädchen namens Jito Ji vermählt, das man nach der Hochzeit Sundri nannte. Später schwor ein Schüler, dass er seine Tochter nur dem Guru zur Frau geben würde. Doch Er zog diesen Antrag zurück. Durch den Einfluss der Anhänger rief Er sie zur Mutter der Khalsas aus – doch nicht zu Seiner Frau. (Diese Hinweise gab Kirpal Singh. Siehe auch: ‘Guru Gobind Singh‘: A Study by K. Jagjit Singh.)