Liebe für das Spirituelle und Liebe für das Physische

Liebe ist von zweierlei Art.

Die eine ist physisch und menschengemacht und die andere ist natürlich oder Göttlich. Die physische Liebe ist die Liebe weltlicher Menschen, welche fortwährend an die Welt und ihre Objekte gebunden sind.

Göttliche Liebe ist diejenige des Ergebenen des Herrn und sie etabliert eine dauerhafte Verbindung mit Gott.

Die Befriedigung sinnlicher Wünsche ist nicht das Ziel des Menschen im Leben. Diese Vergnügungen, abgesehen davon, dass sie ihn nach unten ziehen, haben nicht die geringste Beständigkeit in sich. Das wirkliche Ziel im Leben ist, die Seele mit dem unveränderlichen Herrn zu verbinden und so für immer mit Ihm in Ewiger Glückseligkeit vereint zu sein.

Manche Menschen mögen die physische Art der Liebe nicht und andere nennen sie den ersten Schritt zur Spirituellen Liebe. Im Ausdruck der physischen Liebe liegt eine nach unten ziehende Tendenz, durch welche die niederen Sinne erweckt werden. In Spiritueller Liebe sind alle Sinne unter vollkommener Kontrolle.

Der Ausdruck der Liebe, welcher als Resultat physischer Anziehung hervorgerufen wird, ist nicht die Wahre Form der Liebe. Er ist eher die Ursache des eigenen Sturzes in den Augen Gottes. Außerordentlich selten ist der Fall eines Menschen, welcher Spirituelle Liebe durch physische Liebe erlangen kann.

Manche der Moslem-Heiligen jedoch betrachteten es als notwendig, Spirituelle Liebe durch physische Liebe zu erlangen. Sie betrachteten physische Liebe als ersten Schritt zur Spirituellen Liebe. Ihr Vorbringen war, dass man – so wie eine Treppe oder eine Leiter notwendig ist, um eine hohe Mauer zu besteigen – auch erst die ‚Leiter‘ der physischen Liebe erfahren müsse, um die Höhen der Spirituellen Liebe zu besteigen. Aber dies ist nur notwendig, um Konzentration durch Kontemplation zu erlangen. Wenn einmal solch eine Konzentration erlangt wurde, sollte man sofort versuchen, nur die Spirituelle Liebe zu entwickeln, denn die andere Methode ist mit Risiken und Hindernissen besetzt.

Jene, die versuchen, zur Spirituellen Liebe mit Hilfe der physischen Liebe emporzusteigen, verbleiben für gewöhnlich in einem Stillstand im Zustand der physischen Liebe, welche nichts als ein tierischer Instinkt ist. Sie können keinen Spirituellen Fortschritt machen.

Maulana Jami sagt:

Die physische Liebe ist wie eine Brücke, und eine Brücke ist dafür gedacht, den Fluss zu überqueren und nicht auf ihr zu leben. Jene, die auf der Brücke verbleiben, erreichen keinerlei Fortschritt in ihrem Bemühen, dem Herrn zu begegnen.

Der Heilige Bernard sagt:

Liebe beginnt im Fleisch und endet im Geiste.

Die äußere Liebe sollte niemals für mehr gehalten werden, als den ersten Schritt zur Göttlichen Liebe. Beide Arten von Liebe sind gut, vorausgesetzt es gibt kein Motiv der Befriedigung der Sinne. Liebe sollte allein um der Liebe willen sein. Das Fundament Wahrer Liebe enthält keine Spur von eigennützigen Zielen oder Wünschen. So wie Gottes Liebe für uns, sollte auch unsere Liebe zum Ausdruck gebracht und Ihm entgegengebracht werden ohne irgendein eigennütziges Motiv oder einen Wunsch nach Gegenleistung.

Eigennützige Liebe wird Verhaftung genannt und ist lediglich eine physische Emotion. Wenn Liebe in den Beschränkungen niederer, engstirniger und eigennütziger Eigenschaften eingekerkert ist, ist das Resultat Qual und Elend. Diese eigennützige Liebe wird von einigen Lehrenden und Oberhäuptern verfechtet, welche nur ihren eigenen persönlichen Gewinn im Blick haben. Ihre Lehren beschäftigen sich nicht mit der wirklichen Liebe, welche für Gott und Seine gesamte Schöpfung ist – ob Hindu, Moslem oder Christ, oder von irgendeiner Kaste, von irgendeinem Glauben oder irgendeiner Nationalität.

Schau auf den Zustand der Verehrung und Selbstverleugnung von Manu! Er lief seiner geliebten Laila hinterher wie ein Verrückter. Selbst wenn er ihren Fußabdruck sah, hätte er es als Sünde betrachtet, an ihm vorbeizugehen ohne zuerst seine Stirn zu neigen, um den Fußabdruck mit ihr in Huldigung zu berühren. Es steht geschrieben, dass er einmal gesehen wurde, als er die Pfoten eines Hundes küsste, und dass er antwortete als er nach dem Grund gefragt wurde:

Dieser Hund läuft manchmal in der Nähe von Lailas Wohnstätte.

Manus Liebe für Laila war so tief in sein Herz eingebettet, dass er keinen Platz für irgendetwas anderes hatte.

Manu jedoch verblieb in einem Stillstand in seiner physischen Liebe für Laila. Liebe für die physische Form – welche selbst nicht ewig ist – ist nur das Spiel von lustvollen Begierden. Weltliche Liebe ist für gewöhnlich von dieser Natur. Die einzige anhaltende und Wahre Liebe ist für Gott und sie ist nicht auf weltliche Formen beschränkt. Weltliche Liebe zieht einen von Ihm weg.

Nach Lailas Tod erkannte Manu die Wahrheit. Er sagte, dass er sich aufgrund seiner verrückten Liebe zu Laila beschämt fühlte. Er bereute es, ein menschliches Wesen mit all seiner Liebe überhäuft zu haben, denn er erkannte dann, dass der beste Freund der Eine ist, mit Dem wir für immer vereint sein können.

Gib dein Herz dem Wesen, das ewig ist. Warum bindest du dich an jemanden, der dem Tod und Zerfall unterworfen ist?

Sants lehrten uns daher, den Ausdruck der physischen Liebe zu meiden und Sie wiesen uns an, unseren Satguru – Shabd-Form – zu lieben, anstatt weltliche Formen zu lieben, denn die Meister sind frei von allem weltlichen Müll, und Liebe für Sie wird uns nicht in die Bindungen dieser Welt verwickeln. Und Liebe für den Meister ist notwendig, da uns Seine Liebe an Gott erinnert. Solch ein Zustand wurde von den Sants als ein Aufgehen im Satguru beschrieben. Da der Satguru Selbst im Herrn aufgegangen ist, erreicht einer, der selbst im Satguru aufgeht, automatisch den nächsten Schritt, und zwar selbst im Herrn aufzugehen. Auf diese Weise erreicht man Gottverwirklichung.

Eine Liebe, welche als Resultat von Handlungen, Eigenschaften oder persönlichem Einfluss hervorgerufen wurde, ist weltliche Liebe. Wahre Liebe ist eine Lebendige Kraft.

Shamas-i-Tabrez sagt:

Wie lange wirst du den leblosen Geliebten in deiner Umarmung halten? Warum ergreifst du nicht die Seele, denn sie wird niemals sterben!

Der Wahre Liebende und der Geliebte leben für immer. Du solltest dein Herz nicht an Fleisch und Knochen geben, denn sie sind vergänglich und werden eines Tages vergehen. Sein Herz an etwas Zerstörbares zu geben, bedeutet, sich selbst umzubringen. Die physische Art von Liebe ist nur erfolgreich darin, den Liebenden zu verwirren, sie bringt ihn weiter weg von der Göttlichkeit und hält ihn davon ab, den Ozean des Todes zu überqueren.

Wende dein Gemüt daher ab von der weltlichen Liebe für deine Kinder, deine Ehefrau, dein Wohlergehen und deine Schätze, für deine Souveränität und deinen Ruhm. Sie alle sind vergänglich. Stattdessen sollten wir uns dem Herrn zuwenden durch Seine Manifestation auf Erden, dem Satguru.

Die muslimischen Schriften sagen, dass in Liebe für den Herrn zu sterben, das Wahre Opfer ist. Das bedeutet, dass wer auch immer in solch einer Liebe starb, einen Wahren Tod gestorben ist. Die Welt ist etwas Lebloses und jene, die sich nach ihr sehnen, sind nicht besser als Hunde. Da diese Welt vergänglich ist und der Mensch am Gipfel der Schöpfung steht, ist es nicht angemessen für ein menschliches Wesen, sich zu der weltlichen Art der Liebe herabzulassen.

Es gibt keine Zufriedenheit in der weltlichen Liebe, wohingegen in der Liebe für Gott vollkommene Ruhe liegt.

Hafiz sagt:

Was nützt es, deine Liebe einem Menschen zu widmen, der sie nicht erwidert? Der Fehler liegt in der Tatsache, dass nicht genügend Intensität in der Sehnsucht liegt, obwohl der Heiler dieses Schmerzes der Sehnsucht immer da ist.

Wir sollten die Lektion der Aufopferung von der Motte lernen, die niemals zaudert, obwohl sie von der Flamme verbrannt wird, von der sie angezogen wird.

Wieder sagt Hafiz:

Es ist sicher, dass solange man nicht bereit ist, sein Leben auf dem Pfad der Liebe zu opfern, man den Geliebten nicht erreichen kann.

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Fußnote: