Granths und Schriften und gelehrte Männer können nicht den Platz des Gurus einnehmen

Guru ist der Name eines sehr reinen Spirituellen Wesens, welches Zugang zu Sach Khand, Wahre Region, hat. Er hat Erfahrung mit den groben, subtilen und kausalen Regionen. Er hat Erfahrung in Spirituellen Angelegenheiten und ist frei von den Fesseln der Sinne. Solange wir nicht mit einem solchen Menschen verbunden sind, erwachen unsere Spirituellen Bestrebungen nicht.

Der Guru ist in der Tat eine leuchtende Lampe, deren Licht die erloschenen Lichter wieder entzündet. Eine ausgebrannte Lampe kann dies nicht tun. Viele Menschen sagen, dass wir die Lampe des Wissens entzünden können, indem wir lediglich religiöse Bücher lesen. Sie sagen, dass wir keinen Guru brauchen und dass die Bücher den Zweck des Gurus erfüllen werden.

Lasst uns überlegen, was diese Bücher sind. Sie sind unschätzbare Aufzeichnungen über die Spirituellen Erfahrungen von Sants und heiligen Menschen. Deshalb ist es gut, solche religiösen Bücher aufmerksam zu lesen. Wir müssen Respekt und Liebe für sie empfinden. Aber Menschen, welche sich allein auf Bücher verlassen, müssen noch den Unterschied zwischen empfindungslosen und empfindungsfähigen Wesen verstehen.

Bücher erwecken den Wunsch, etwas über Spiritualität zu erfahren und ihre Prinzipien zu verstehen, und Berichte über das Leben von Heiligen zu lesen. All das kann für uns von großem Nutzen sein, aber es kann nicht das Spirituelle Leben in uns aktivieren. Wir können dieses Spirituelle Leben nur von einer spirituell verwirklichten Seele erhalten. Nur eine brennende Lampe kann eine andere Lampe anzünden. Es ist unmöglich, Leben aus träger Materie zu erhalten. In ähnlicher Weise kann Spirituelles Wissen nicht durch das bloße Lesen von religiösen Büchern erlangt werden, selbst wenn es Millionen von Jahren währte.

Spirituelles Wissen kann nicht gelehrt werden. Es ist eine ,Berührungʽ, welche man nur von einem Menschen mit verwirklichter Erfahrung erhalten kann.

Spiritualität kann nicht gelehrt, sondern aufgefangen werden.

Die Erfahrung der Heiligen kann nicht erlangt werden, außer durch Offenbarung. Es geht nicht einfach darum, sie zu kennen; man muss sie als Erfahrung verwirklichen.

Die Gurus haben dies sehr ausführlich erörtert.

Den Guru zu verehren heißt, dem Herrn zu dienen; Er selbst führt uns durch Seine Gnade hinüber. Andere verehren die Toten oder ihre Gräber; sie vergeuden ihre Mühen vergebens.

Malar M4, 1264-2

Religiöse Bücher und Mahatmas der vergangenen Zeitalter raten uns, zu einem Lebenden Guru zu kommen und Ihm liebevolle Hingabe zu erweisen.

Trink das Wasser, welches die Füße der Sants gewaschen hat; übergib dein Leben den Sants. Bade im Staub der Sants. Möge ich ein Opfer für Sie sein!

Gauri M5, 283-7

Diene den Sants, das ist der Weg für den Schüler.

Asa M5, 400-8

Bhai Gurdas sagt:

Die Veden und Granths1 befassen sich mit Erfahrungen über den Herrn; sie berichten uns von Mitteln, um den Ozean der Existenz zu überqueren. Aber (die) Wirklichkeit kann ohne einen Meister nicht verstanden werden. Der Meister kommt und lässt uns verstehen.

Var 1, Pauri 17

Menschen studieren im Laufe ihres Lebens regelmäßig die heiligen Schriften. Sie können intellektuelle Giganten oder sehr gelehrte Menschen werden. Sie können stundenlang Vorträge halten. Aber besitzen sie auch nur im geringsten Maße Spirituelles Wissen? Eigentlich sind sie leer, soweit es das Spirituelle Leben betrifft, denn sie sind nicht mit einem Lebenden Meister verbunden.

Es heißt im ,Asa-di-varʽ:

Wir können ganze Wagenladungen von Büchern lesen und große Stapel davon anhäufen. Wir können Schiffsladungen von Büchern lesen und riesige Bibliotheken aufbauen. Wir können jahrelang lesen, wir können für Monate und Monate lesen, wir können Leben um Leben (lang) lesen, wir können bis zu unserem letzten Atemzug lesen, aber das, was zählt, ist nur Ein Wort.2 O Nanak, der Rest ist verlorene Mühe.

Asa M1, 467-14

O Nanak, man kann Seiten lesen, die Maunds3 wiegen. Man kann ihren geheimnisvollen Akzent kennen. Man kann ohne Unterbrechung schreiben. Man kann mit der Geschwindigkeit der Winde schreiben. O Herr! Du kannst so nicht gewürdigt werden; o Herr! Dein Name kann nicht beschrieben werden.

Sri Rag M1, 15-2

Bücher enthalten Wissen über den Herrn, aber:

O Schicksalsbrüder, ohne den Guru gibt es keine Spirituelle Weisheit. [...]

Wisset, dass wir durch die Schwingung des Wortes Spirituelle Weisheit und Meditation erlangen. Durch Es sprechen wir das Unausgesprochene.

Er ist der fruchttragende Baum, der üppig grün ist und reichlich Schatten spendet.

Sri Rag M1, 59-7,9

Dieses Wissen ist in dir. Aber wenn du nicht die Methode kennst, nach Innen zu gehen und den Knoten von Bewusstsein und grober Materie zu öffnen, bleibst du ohne dessen Erkenntnis. Wenn Spirituelles Wissen aus Büchern zu haben wäre, wären die Gelehrten selbstverwirklicht geworden. Aber sie sind nicht mehr als wandelnde Enzyklopädien und sind so leblos wie ein Haus aus Ziegeln und Steinen.

Das Gehirn voller Bücherwissen ist wie ein Esel, der eine Ladung Sandelholz trägt, aber seinen Duft nicht wahrnimmt, oder wie ein Löffel, der Tag und Nacht im Halwa verbleibt, aber seinen Geschmack nicht kennt. Wenn man durch das Lesen von Büchern Spirituell werden könnte, gäbe es eine ebenso große Flut von Spiritualität wie es eine Flut von Büchern gibt.

Aber wie viele wirklich erleuchtete Seelen treffen wir in diesem Zeitalter der Bücher an? Kaum eine.

Wann immer Sants auf die Welt kommen, gibt es eine Flut von Spiritualität. Zahllose Suchende werden in der Farbe der Sants gefärbt und wenden sich dem Spirituellen Leben zu. Eine Seele kann nur von einer anderen Seele Spirituellen Auftrieb erhalten. Ein intellektueller Lehrer kann dies nicht ausführen. Jemand mag sehr intellektuell oder gelehrt sein, aber solange er nicht selbst spirituell entwickelt ist, kann er anderen nicht helfen. Es ist sehr einfach, Reden oder Vorträge über Spirituelle Themen zu halten, aber es ist eine ganz andere Sache, ein Spirituelles Leben zu führen. Niemand kann spirituell werden, indem er einfach Bücher über die Wissenschaft der Spiritualität studiert. Jeder Anspruch auf Spiritualität auf der Grundlage eines solchen Studiums wäre anmaßend. Es ist sinnlos zu erwarten, dass man Spiritualität von einem gelehrten Mann erlangen kann.

Maulana Rumi sagt:

Nimm Zuflucht beim Meister, man sollte den Pfad nicht mit einem Hochstapler beschreiten.

Maulana Rumi

Derjenige, dessen Gesellschaft und Beispiel den Wunsch nach Spirituellem Fortschritt im Schüler weckt, ist ein Guru. Solche Menschen sind Ozeane der Barmherzigkeit. Wer bei ihnen Schutz sucht, wird vom Rad der vierundachtzig errettet. Wir sollten ihnen mit Körper und Gemüt dienen.

Die Gurus sagen, dass unser Körper, unser Gemüt und unser Reichtum den Sants gehören. Und es ist Ihrer Gnade zu verdanken, dass wir den Nektar von Naam kosten und Frieden erlangen. Niemand außer den Heiligen ist wirklich wohltätig. Sie führen alle, die zu Ihnen kommen, in die höheren Regionen.

Körper, Gemüt und Reichtum gehören den Sants. Durch die Gnade der Heiligen meditieren wir über Naam und erlangen Glück. Außer den Heiligen gibt es keinen wirklichen Wohltäter. Wer bei den Sants Schutz sucht, wird von Ihnen aufgenommen.

Sorath M5, 610-8

Das Ziel, (einen) Guru als Ideal zu haben, ist rein spirituell. Es ist keine Doktrin der Menschenverehrung. Mit dem Guru meinen wir nicht nur den Meister in menschlicher Form, sondern ebenso in der Form des Shabd. Der Körper ist wie ein Gewand, das sowohl vom Schüler als auch vom Meister abgelegt werden muss. Aber gesegnet ist der Körper, in dem Er wirkt! Wir respektieren ihn, und er sollte verehrt werden. Er wird ebenfalls Guru genannt. Wir haben einen Körper, und wir können nur von einem gelehrt werden, der einen Körper hat. Diejenigen, welche das Sitzen zu Füßen eines Meisters als Menschenverehrung bezeichnen, kennen die Wirklichkeit nicht. Selbst wenn diese Kritik für wahr gehalten wird, ist es weit besser als die Anbetung von Büchern oder Götzen. Der Mensch ist ein Bewusstes Wesen, und nur ein Bewusstes Wesen kann ein anderes Bewusstes Wesen lehren.

Khusro sagt:

Die Leute sagen, Khusro sei ein Götzenanbeter; ja, ja, das bin ich. Ich habe nichts mit der Welt und ihren Geschöpfen zu tun.

Die Ergebenen Gottes und weltlich gesinnte Menschen können nicht gut miteinander auskommen. Wie können diejenigen, welche keine Liebe für den Guru empfinden, wissen, was ein Guru wirklich ist? Er ist ein leuchtendes Meer des Lichts des Herrn. Die spirituell Gesinnten sind in Seiner Farbe gefärbt. Um dieses Geheimnis zu verstehen, muss man Augen haben, die sehen können.

In Wirklichkeit ist der Guru nicht der Name eines Menschen. Er ist eine Kraft, Welche vorübergehend in diesem Körper offenbart ist. Er ist unser Wahres Ideal, in dessen Licht der Wahre Spirituelle Fortschritt gemacht wird. Er ist voll von strahlendem Licht, wie eine Glühbirne. Während Er leuchtet, dringt der Gedanke an die Struktur der Glühbirne nicht in unser Gemüt. Die Suchenden nach Spiritualität opfern sich wie Motten über diesem Göttlichen Licht auf.

Kabir Sahib sagt:

Diejenigen, welche den Guru für (einen) Menschen halten, sind unwissende Narren! Sie versinken immer wieder im Ozean der Welt. Diejenigen, welche den Guru für (einen) Menschen halten, sind unzulänglich in Körper und Gemüt. Sie identifizieren den Guru mit dem Körper.

Wie können sie erlöst werden? Diejenigen, welche den Guru für (einen) Menschen halten, wie können sie irgendeine Hingabe empfinden? Er ist gewiss ein Unwissender; er kann nicht hinübergehen, noch kann er anderen helfen, dies zu bewerkstelligen. Diejenigen, welche den Guru für einen Menschen halten und das Wasser, das Seine Füße gewaschen hat, als gewöhnliches Wasser betrachten, sind sicherlich zu einem Leben in der Hölle verdammt und werden wie streunende Hunde von Geburt zu Geburt wandern.

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Fußnote:

1) Bücher. Der Adi Granth ist das Heilige Buch der Sikhs.

2) Das Heilige Wort, auch Shabd oder Naam genannt.

Das Wort oder Naam ist der Tonstrom oder das Tonprinzip. Dieser Strom oder das Prinzip war mit der Großen Stille verschmolzen und daher namenlos. Es gab damals nichts außer der tiefen Stille, keinen Namen noch ein Muster, keine Gestaltung noch eine Form und keine Farbe noch eine Schattierung. Die Lebensschwingung – das Prinzip –, welche darin verborgen war, bewegte die Große Tiefe und es entstand ein gewaltiger Ton, genannt das Wort, und die ganze Schöpfung kam ins Dasein, und wird durch Ihn erhalten. Mit dem Zurückziehen von Naam oder dem Ton setzt bei allem, was lebt, Zersetzung und Verfall ein, mit daraus folgender Verwesung, und das Resultat ist die Auflösung, die im gewöhnlichen Sprachgebrauch als Tod bekannt ist. Somit ist dieser Ton zugleich Anfang und Ende von allem, was existiert.

Er – der Namenlose – brachte Sich Selbst zum Ausdruck und schuf Naam oder das Wort.

Guru Nanak, Asa War M1

Es ist vielfach bekannt als Ton; Sruti – das, was gehört wird; Shabd oder Akash Bani – Stimme des Himmels; Udgit, Sraosha – Musik des Jenseits; das Wort oder die Harmonie; der Logos oder der Heilige Geist; Kalma oder Bang-i-Ilahi – der Ruf Gottes; oder Nida-i-Asmani – der himmlische Ton.

Naam oder das Wort (Übersetzung aus der englischsprachigen Vierten Edition, 1981)
Buch I: I. / (vi) Naam ist die Große Meister-Kraft,
von Kirpal Singh, 1894–1974

Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat's nicht begriffen.

Johannes 1:1

3) Eine islamische Maßeinheit für Masse. Die Maßeinheit war ursprünglich nicht standardisiert; es existieren verschiedene historische Aufzeichungen, die von 12,7 kg bis zu 37,32 kg für ein Maund reichen. Im Standards of Weights and Measures Act (Nr. 89 von 1956, geändert 1960 und 1964), mit dem das metrische System in Indien eingeführt wurde, wurde das Maund als genau 37,3242 Kilogramm definiert.