Gurumukh und Manmukh

XI

Das Recht, sich dem Vater zu nähern, ist das Geburtsrecht eines jeden von uns. Es ist nicht einer bestimmten Religionsgemeinschaft oder Sekte vorbehalten, wie viele von uns denken und glauben. Als Guru Arjan die Sikh-Schriften vorbereitete, war Er bestrebt, die spirituellen Erfahrungen aller Weisen und Seher der Vergangenheit zu sammeln, soweit sie Ihm zugänglich waren. Wir haben darin die Aussprüche von Ravi Das, dem Schuster-Heiligen, Kabir, dem Weber-Heiligen, Dhanna Jat und sogar Sadhana, der einst von Beruf Metzger war. Darum müssen wir nach einem Menschen suchen, Der die Gotteskraft in Sich offenbart hat. Von solch einer Erleuchteten Seele erhält man natürlich beides, die mündliche Unterweisung und die Innere Erfahrung.

Sie sagt uns:

Der Mensch ist zuerst und zuletzt Mensch, erkennt dies als eine Tatsache.

Es ist das grundlegende Prinzip. Die religiösen Etiketten kommen später. Der Hauptzweck für eine solche Kennzeichnung liegt darin, die Gemeinschaften vor Verfall zu bewahren. Als Nächstes macht Er uns zum Gurumukh. Wer ist nun ein Gurumukh? Ein Gurumukh ist einer, der zum Licht Gottes in sich vordringt. Es ist somit die Mission eines Vollendeten Meisters, uns einen Beweis der Inneren Wahrheit zu geben und sie uns ins Bewusstsein zu bringen.

Man muss im menschlichen Körper Ehrfurcht und Liebe entfalten; dann sieht man durch die Gnade des Meisters die Wirklichkeit.

Wir können die Gotteskraft ganz sicher kennen lernen, Sie verstehen und uns durch die Hilfe und Führung eines Gottmenschen mit Ihr verbinden. Wo Liebe ist, da ist auch Ehrfurcht. Wer würde es mit dem Glauben an den Vollendeten Meister – an Einen, Der allmächtig, allwissend und allgegenwärtig ist – wagen, irgendetwas Unrechtes zu tun? Dann würde die Liebe zu Ihm eine weitere Stärkung des Glaubens sein.

Hört auf die Unterweisung eines Vollendeten Meisters, und ihr werdet Par Brahm in Reichweite sehen.

Diese Liebe und der Glaube kommen gleichfalls durch die Gnade eines Vollendeten Meisters. Er kann uns helfen, die Liebe und den Glauben zu entwickeln.

Alle Götter und Göttinnen wohnen im menschlichen Körper; die ganze Schöpfung wird durch sie erhalten.

Die ganze Welt verehrt die drei Kräfte Gottes – das schöpferische Prinzip (Brahma), das erhaltende Prinzip (Vishnu) und das zerstörende Prinzip (Mahesh). Jede dieser drei Kräfte wirkt im Körper. Brahma ist im Zeugungsorgan und führt das Werk der Fortpflanzung aus. Vishnu hält im Nabelzentrum den Körper in guter Verfassung, indem die Nahrung verdaut und in lebensspendende Energie für den Körper umgesetzt wird. Mahesh oder Shiva wickelt im Herzzentrum die Lebensvorgänge dadurch ab, dass er die niederen Elemente in einen dunstförmigen Zustand verwandelt. Wenn die Sinnesströme zum Augenbrennpunkt am Sitz der Seele gelangen, bleiben die drei Kräfte bereits zurück und erfüllen ihre jeweiligen Aufgaben. So wird man erkennen, dass der Sitz der Seele am Augenbrennpunkt viel höher liegt als die elementaren Zentren darunter. Und warum ist das so? Weil die Seele vom Wesen Gottes ist.

Nanak sagt darüber:

Die Große Mutter empfing und brachte drei Regenten hervor: Als ersten den Schöpfer, als zweiten den Erhalter und als letzten den Zerstörer. Was Er will, vollbringen sie. Sie wirken unter Seinem Willen. Doch groß ist das Wunder; denn obgleich Er über ihnen wacht, erblicken sie Ihn nicht.

Jap Ji, Strophe 30

So ziemt es sich für uns, das Höchste Wesen zu verehren. Wir sollten vor den verschiedenen Gotteskräften Achtung und Ehrfurcht haben, aber Gott allein ist unserer Anbetung und Verehrung würdig. Diese Gotteskräfte können ihre Ergebenen nach dem Tod zu ihrer eigenen jeweiligen Region oder Ebene mitnehmen, aber sie können uns nicht aus der Gebundenheit befreien.

Der Wahre Eine hat die Bühne der Welt errichtet, auf der die Schauspieler kommen und gehen.

Mit Hilfe der drei von der Großen Mutter geborenen Kräfte führt Gott Seinen Plan und Seine Schöpfungsabsicht aus, und in der Ordnung des Geschaffenen haben wir tatsächlich eine viel höhere Stellung inne als diese Kräfte.

Der Vollendete Meister Selbst offenbart das Wort; und dieses Wort wird zum Mittel der Befreiung.

Der Vollendete Meister zeigt uns während der Lebenszeit die Ebenen und Unterebenen in Brahmand (Universum). Ein Wahrer Lehrer verlangt von uns nicht, Dinge in gutem Glauben oder Vertrauen anzunehmen. Er möchte, dass wir mit eigenen Augen sehen und mit eigenen Ohren hören – natürlich mit den Inneren Augen und Ohren –, solange wir noch in der Welt leben. Wie können wir auf die ungewisse Zukunft bauen, die uns etwas geben mag, vielleicht aber auch nicht? Sehen heißt glauben. Eine direkte Wahrnehmung ist mehr wert als alle Theorien und Lehrsätze. Nun müssen wir, soweit wir es können, die Anfangserfahrung entwickeln, indem wir die Weisungen des Lehrers befolgen.

Er gibt uns das Innere Auge, ohne das wir alle blind sind. Blindheit wird so gekennzeichnet:

Nicht diejenigen sind blind, die keine Augen im Kopf haben. Ein Blinder ist der, o Nanak, welcher den Herrn nicht sieht.

Wenn das Innere Auge entwickelt ist, beginnt man das Licht Gottes in sich zu sehen und das Wirken des Göttlichen Willens zu verstehen. Der Hörbare Lebensstrom ist der Strom des Lebens, und eine Erfahrung von Ihm vermittelt uns alle Weisheit.