Gurumukh und Manmukh

VI

Wir haben hier zwei Ausdrucksweisen, die unterschieden werden müssen: Gurbani und Gur-ki-Bani. Mit Gurbani meinen wir die Schriften, die uns von den Gurus überliefert sind. Diese Hymne zum Beispiel stammt aus dem Gurbani, da sie in den Schriften aufgezeichnet ist. Gur-ki-Bani ist etwas anderes als Gurbani.

Es wird so erklärt:

Das Wort des Gurus ist in jedem von uns in Fülle; Gott selbst hat es hervorgebracht, und es macht Ihn offenbar.

In den Evangelien lesen wir:

Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.

Über das Alter dieses Bani (Heiligen Wortes) heißt es:

Das Heilige Wort ertönte in allen Zeitaltern. Es ist wahr in sich selbst und führt zur Wahrheit.

Daraus ersehen wir, dass Gur-ki-Bani nichts anderes als ein Tonprinzip ist. Es birgt Musik in sich – die Musik der anderen Welt (Udgit). Im Gurbani wird uns angeraten, mit einem Heiligen Verbindung aufzunehmen, Der das personifizierte Wort ist, mit einem Lehrer, in Dem das Wort völlig offenbart ist, denn Er allein vermag das Wort in anderen zu enthüllen, und dieses Wort wird zum Werkzeug, das uns zu Gott bringt. Das Heilige Wort hat zwei Erscheinungsformen – Licht und Ton.

Durch die Verbindung mit dem Wort wird man den Glanz von Millionen Sonnen sehen.

Und weiter:

Das alles durchdringende Wort ertönt überall.

So sehen wir: Das Wort ist Ton im Licht oder Licht im Ton, und dies ist eine unumstößliche Wahrheit. Der Gurbani dient als Hinweis auf Gur-ki-Bani (das Heilige Wort), das der Meister als Mittel offenbart, um die Seele mit der Überseele zu verbinden.

Im menschlichen Körper sind alle großen Aufteilungen, Ebenen und Unterebenen (wenn auch im verkleinerten Maßstab).

Der Makrokosmos ist im Mikrokosmos. Dieser Körper ist ein wundervolles Haus, in dem wir leben.

Der menschliche Körper ist das Abbild Brahmands (des Kosmos); wer immer in sich sucht, erhält die Bestätigung dafür.

Im Kosmos gibt es drei Ebenen, die physische, astrale und kausale. Gott hat auch den Menschen mit drei Körpern ausgestattet, dem physischen (dem Tabernakel des Fleisches) und in ihm dem feinstofflichen (oder den Gefühlen, Empfindungen und Gedanken) und zuletzt mit dem Kausal- oder Saatkörper. Zu welchem Zweck? Damit wir fähig sind, in jeder dieser drei Welten zu arbeiten, wie es uns beliebt. Es ist traurig, dass wir vergessen haben, das Menschliche in uns zu überschreiten. Zur Zeit des Todes fällt die physische Hülle ab. Dies ist in der Tat das Experiment, sich über das Körperbewusstsein zu erheben, das der Meister jenen zugesteht, die in die Mysterien des Jenseits eingeweiht sind. Diese Erfahrung ist genau dieselbe wie die Erfahrung des wirklichen Todes, mit dem einzigen Unterschied, dass sie freiwillig ist und zum Erwachen im höheren Bewusstsein führt, während man im Körper lebt. Mit der Erfahrung des Todes im Leben widersteht man dem Tod, und durch die tägliche Praxis geht man jeden Tag ins Tal des Todes und kehrt von dort zurück. Aber dies ist nicht das Ende. Dort liegt das Unendliche vor uns. Erst wenn wir die astralen und kausalen Ebenen durchquert haben, erreichen wir die Schwelle des Gottesreichs. Dies alles und noch viel mehr muss im Laboratorium des Geistes innerhalb des Körpers klar werden.

Im Körper ist das Lebensprinzip des ganzen Universums; und dieses Lebensprinzip erhält alle.

Wir sind von dem Leben in uns nicht getrennt. Wir sind fürwahr das Leben selbst, welches das des Universums ist.

Im Koran steht:

Kanzan Mahphian (Ich bin wie ein geheimer Schatz in dir).

Es ist genau das, was uns alle Heiligen auf Ihre eigene Weise sagen. Wir müssen uns über den Körper erheben, um an diesen verborgenen Schatz (das Ewige Leben) heranzukommen.

Lerne zu sterben, damit du zu leben beginnen kannst,

fordern uns die heiligen Schriften auf.

Ohne den Körper zu überschreiten, können wir nicht ins Jenseits gelangen, wo jede Ebene größer, prächtiger und schöner als die vorangegangene ist. Über diesen drei Ebenen liegt die wirkliche Welt des Geistes, wo sich alle Schönheit und Herrlichkeit findet.

Der Gott im Menschen ist kompetent, bei der Initiation eine solche Erfahrung zu geben. Es ist ein praktischer Vorgang der Umkehrung durch eine nach und nach vollzogene Selbstanalyse. Dies geschieht, indem Er den Initiierten Seinen eigenen Lebensimpuls überträgt. Seine Größe liegt darin, dass Er einen praktischen Beweis dessen gibt, was Er auf der physischen Ebene lehrt. Sodann führt Seine Lichtform die Seele von einer Ebene zur anderen, wo es Welten gibt, die größer sind als das Universum, in dem wir leben.

Und selbst von diesem Universum wissen wir nichts. Es gibt Sterne und Sphären ohne Zahl, die ständig im Umlauf sind und von denen sich die menschliche Vorstellungskraft keinen Begriff machen kann. So lässt sich wohl verstehen, wie gewaltig die Ausdehnung und Größe der astralen und mentalen Welten ist. Je weiter sich einer über das Körperbewusstsein erhebt, desto mehr weiß er von den Geheimnissen der höheren Welt in seinem Innern. Aber wie viele von uns sind bereit, während des Lebens zu sterben? Wir wollen immer weiter leben, und wenn es nur ein paar Stunden länger als die uns zugestandene Zeit ist. Warum? In erster Linie haben wir Angst, den Körper zu verlassen. Zum anderen wissen wir nicht, was außerhalb des Körpers ist. Aber wenn wir einmal der Erhabenheit, die vor uns liegt, gewahr werden, haben wir kein Verlangen mehr, in die physische Welt zurückzukehren.

Wer durch die Gnade des Meisters während des Lebens zu sterben lernt, kann den Göttlichen Willen erkennen. O Nanak, wer den Göttlichen Willen zu verstehen beginnt, verliert jeden Gedanken an sich selbst.

Ein Bewusster Mitarbeiter des Göttlichen Plans sieht die unsichtbare Hand Gottes immer in sich am Werk; Er wird für alle Zeiten frei.

Deshalb heißt es:

O Nanak, ein solcher Tod ist der Weg zum Ewigen Leben.

Dies wird Wiedergeburt oder Auferstehung der Seele, Dwijanma, genannt, von der alle Großen Seelen in ruhmreichen Worten gesprochen haben:

Gesegnet ist der Mensch, der in ständiger Verbindung ist mit dem Wort, das in ihm offenbar wurde.

Gott ist namenlos. Aber die waltende Gotteskraft wird Wort oder Naam genannt. Die meisten von uns sind immer mit dem Gemüt in Verbindung und wurden so zum Sprachrohr des Gemüts (Manmukh). Im Gegensatz dazu steht Gurumukh-Naam, zu dem man durch die Gnade des Gurus Zugang erhält.

Während das Gemüt auf ungezählte, mannigfache Weise arbeitet, ist das Heilige Wort oder Gurumukh-Naam nur von einer Art:

O Gemüt, verbinde dich mit dem Heiligen Naam. Den Schatz von Naam erlangt man nur durch einen Vollendeten Meister.

Es gibt keinen größeren Namen als das Heilige Wort. Es ist die Kraft, welche die gesamte Schöpfung erhält. Dieses Tonprinzip erklingt im ganzen Universum. Man muss es mit vielen Worten verständlich machen. Wir müssen die Theorie auf der Verstandesebene erfassen. Und wenn wir einmal die grundlegende Wahrheit verstanden haben, müssen wir vorwärts streben, um sie zu erreichen, und an ihr festhalten. Da dieses Tonprinzip in sich sehr rhythmisch ist, macht es jene, die mit ihm in Berührung kommen, auch rhythmisch; es macht sie ausgeglichen und befreit sie von allen Leiden und Lüsten des Fleisches.

Er Selbst wohnt im menschlichen Körper, ist aber zu subtil, als dass man zu Ihm gelangen könnte.

Gott wohnt wirklich in diesem Tempel (dem menschlichen Körper). Man kann Ihn nicht mit Hilfe der Sinne und Sinnesorgane erfassen, obgleich Er fürwahr ihr Leben ist. Wenn man sich nicht auf die Ebene der Gotteskraft erhebt, kann man diese nicht begreifen. Das Endliche kann das Unendliche nicht verstehen. Welches ist dann das Hilfsmittel?