Die Eröffnungsansprache des Meisters

Gehalten auf der Eröffnungssitzung der Vierten Weltreligionskonferenz  am 6. Februar 1970.

Liebe Brüder und Schwestern!

Ich kann meine große Freude, die ich in diesem Augenblick empfinde, da ich Ost und West auf dieser Tribüne versammelt sehe, um über Mittel und Wege nachzusinnen, wie die Liebe und der Frieden unter den Anhängern der verschiedenen Religionen begründet werden kann, nicht genug zum Ausdruck bringen.

Wir kamen alle als Menschen auf die Welt, die die gleichen Vorrechte genießen und auf die gleiche Weise geboren wurden, äußerlich gleich ausgestattet mit zwei Händen, zwei Füßen, zwei Augen usw. – und wir haben auch alle den gleichen inneren Aufbau. Der Mensch ist das Höchste der ganzen Schöpfung. Jene, die das Mysterium des Lebens enträtselt haben, indem sie nach Innen gingen, halfen auch anderen, die mit ihnen in Berührung kamen, das gleiche zu tun. Als sie diesen Schauplatz verließen, schuf der Mensch Religionen, um ihre Lehren lebendig zu erhalten. Solange es Praktiker unter ihnen gab, hatten die Menschen einen Nutzen davon. Als es aber an Ihnen zu mangeln begann, trat Erstarrung ein, und diese wiederum ebnete der Entartung den Weg. Zuerst einmal sind wir Menschen und danach erst werden wir eingruppiert aufgrund der Religionszugehörigkeit, deren Etiketten wir an unserem Körper tragen. Wir selbst haben die sozialen Körperschaften ins Leben gerufen. Der Sinn aller Religionsgemeinschaften liegt in der Gotterkenntnis, bevor der Mensch Gott erkennen kann, muss er sich selbst erkennen. So ist die Aufgabe jeder Religionsgemeinschaft die, eine Lebensweise vorzuschreiben, so dass wir zuerst einmal diesen irdischen Aufenthalt friedlich dahinbringen können, und darüber hinaus befähigt werden, uns zu analysieren, damit wir uns selbst und Gott erkennen können.

So beginnt die Wahre Religion bei der Erkenntnis, was der Mensch ist. Er ist ein bewusstes Wesen, ein beseelter Körper. Wir sind zu sehr von den Organisationen gefangen genommen, die wir geschaffen haben, deren Hauptaufgabe es doch war, uns zuerst zur Selbsterkenntnis und danach zur Gotterkenntnis zu verhelfen. Aber dieses Ziel wurde vernachlässigt und die äußeren Vorbereitungen dafür als das Ein und Alles angesehen.

Als ich in den Westen reiste, fragten mich die Leute dort:

Wie können wir den Gefahren eines Atomkrieges entgehen?

Ich sagte ihnen:

Nur, indem ihr euer Leben auf die Schriften abstimmt.

Alle Schriften sagen:

Liebe Gott, deinen Herrn, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüte.

Und,

da Gott in jedem Herzen wohnt, sollten wir die ganze Menschheit lieben.

In der einen oder anderen Form fußen alle Lehren der Großen Meister,  Die in der Vergangenheit kamen, auf diesen beiden Grundsätzen. Ich sagte ihnen, dass es keine Gefahr für einen Atomkrieg gäbe, wenn sie diese beiden Gesetze hielten. Ein Mensch, der Gott liebt, wird natürlich auch die ganze Menschheit lieben, da Gott in allen Herzen wohnt.

Liebe, und alle Dinge werden dir zufallen,

sind die eindringlichen Worte des Evangeliums. Liebe und ‚Ahimsa‘ liegt der gleiche Sinn zugrunde. Liebe ist die natürliche Begleiterscheinung von ‚Ahimsa‘. Alle Heiligen, die in der Vergangenheit kamen, ob es Kabir, Nanak, Christus, Konfuzius, Zarathustra, Mahavira, Buddha oder andere waren, haben das gleiche gesagt. Dies ist der goldene Grund, auf den wir uns stellen müssen, wenn wir für die Einheit aller Religionen der Welt eintreten wollen. Und gerade das haben wir vergessen. Wir haben die Hauptsache aus dem Blickfeld verloren und sind zu sehr mit dem äußeren Rahmen beschäftigt.

Es gibt zwei Aspekte der Religion, einen äußeren und einen Inneren. Die äußere Form der  Religion beschäftigt sich mit dem Körper und dessen Beziehungen, während der Innere Aspekt für die Seele Sorge trägt; und so werden Sie finden, dass es nur eine Innere Religion gibt. Die Einheit besteht bereits. Wir brauchen sie nicht erst schaffen. Jene Meister, Die in der Vergangenheit kamen, standen mit der Ewigen Inneren Wirklichkeit in Verbindung. Sie wussten, dass die gleiche Wirklichkeit jeder Form innewohnt und sie die ganze Schöpfung erhält. So verkündeten Sie:

Die ganze Menschheit ist Eins.

Wir haben hier Freunde bei uns, vom Osten wie vom Westen, auf welche sich unser Willkommensgruß gleichermaßen erstreckt. Für Sie alle haben wir große Liebe und Wertschätzung, besonders, da Sie um der Sache Gottes willen kommen. Wir alle sollten uns der Armee Gottes anschließen, möchte ich sagen. Welches sind die erforderlichen Befähigungen, die uns den Eintritt in das Heer Gottes ermöglichen?

Es ist dies Rechtschaffenheit oder ‚Dharma‘. Rechtschaffenheit besteht in gütigen Gedanken, gütigen Worten und gütigen Taten. So wurden, wie ich Ihnen sagte, vor Zeiten diese Religionsgemeinschaften gebildet, mit diesem Hauptanliegen vor Augen. Aber anstatt in die Armee Gottes einzutreten, verschrieben sich die Leute verschiedenen sektiererischen Religionen, und somit streiten sie miteinander.

Genauer gesagt, ist die Religion ein Ausdruck für die Gottheit, die bereits im Menschen ist, und darin sind wir alle Eins. So sehen jene, die diese eine Wirklichkeit erkennen, von der Ebene der Seele aus, dass diese gleiche Wirklichkeit in der ganzen Schöpfung am Werk ist. Ihre Denkart unterscheidet sich sehr von der gewöhnlicher Menschen, die die Dinge von der Ebene der Etiketten aus betrachten, die wir tragen, was irreführend ist.

Wir sollten auf die eine Wirklichkeit schauen, die in der ganzen Schöpfung wirkt, und auf das letzte Ziel, die Gotterkenntnis, das wir zu erreichen haben. So dient die Weltreligionskonferenz nur diesem Ziel, und wir müssen versuchen, diesem gerecht zu werden.

Als ich das letzte Mal in Washington (Amerika) war, wurde ein Treffen veranstaltet, mit dem ausdrücklichen Zweck, sowohl den östlichen als auch den westlichen Standpunkt darzulegen. Man wählte mich als Vertreter des Ostens, und ein anderer, der aus Frankreich kommen sollte, wurde als Vertreter des Westens benannt. Unglückseligerweise traf er nicht rechtzeitig ein, und so sagte man zu mir:

Nun gut, wir überlassen es Ihnen, den Osten wie den Westen zugleich zu vertreten.

Ich sagte ihnen, dass die Leute sprachen:

Ost ist Ost und West ist West, und die beiden werden niemals zusammenkommen.

Aber ich erklärte ihnen, dass diese Unterscheidung durch uns selbst gekommen sei, denn wir haben Ost und West geschaffen. In Wirklichkeit gäbe es weder Ost noch West. Gott rief nur eine Schöpfung ins Leben. All die Länder sind nur die vielen Wohnungen im Hause unseres Vaters. Die Flugzeuge haben alle  Entfernungen aufgehoben. Wenn wir heute hier wegfliegen, erreichen wir am nächsten Tag England und am dritten Tag sind wir in Amerika. So leben wir alle in dem einen Hause unseres Vaters.

Die erwachten Menschen geben uns das richtige Verständnis dafür, dass wir als Menschheit Eins sind, und dass wir als Seelen von demselben Geist sind wie Gott und wir der gleichen Kraft, unter dem einen oder anderen Namen, dienen, die unseren Körper beherrscht. Wenn wir dies im Bewusstsein behalten, dann werden wir die rechten Gedanken haben, die rechten Worte finden und richtig handeln. So bringen wir das Reich Gottes auf die Erde oder Ram Rajya, wie Gandi Ji uns gesagt hat.