Mit dem Meister auf der Reise

von Arran B. Stephens

Als Maharaj Ji – der Meister – und Seine Karawane am frühen Morgen Delhi verließen auf dem Wege nach Agra, Indore, Baroda und Ajmer, musste ich leider zurückbleiben wegen einer Schwäche, die einem Anfall von Dysenterie gefolgt war. Gerade vor der Abfahrt rief der Meister mich unerwartet zu sich und sagte tröstend:

Wenn du dich am Nachmittag besser fühlst, magst du mit Pratap Singh mit dem Zuge nach Indore nachkommen.

(Pratap Singh ist des Meisters immer fröhlicher, langbärtiger ‚Pathi‘ oder Sänger der Hymnen. Da er ein Meister der Musik ist, wird er liebevoll Master Ji genannt.) Dann fuhr der Meister nach Agra. Gegen den Rat des Ashram-Doktors und anderer wohlmeinender Brüder entschloss ich mich, um jeden Preis bei meinem Geliebten zu sein; denn das Unbehagen der Krankheit war nichts gegen die Qual der Trennung. Fertig, um den Zug zu erreichen, war ich von Verdauungsschwierigkeiten geplagt; doch von dem Augenblick an, da Pratap Singh und ich den Zug nach Indore bestiegen, das einige fünfhundert Meilen weg lag, hörte alles Übel wunderbarerweise auf.

Wir reisten per Gandhi-Klasse (3. Klasse), was eine nicht leicht zu vergessende Erfahrung war. Abgesehen davon, dass wir mit sechzehn anderen in ein Abteil gestopft waren, das für sechs Personen bestimmt war und dass wir vom Rauch der Lokomotive mit Ruß und Asche bedeckt wurden, war es die spirituell erhebendste Eisenbahnfahrt meines Lebens. Nach 25-stündiger Fahrt durch die zeitlosen Ebenen des Madhya Pradesh kamen wir in der schönen Stadt Indore an, gastfrei begrüßt von den dortigen Satsangis. Da der Große Meister sehr bald erwartet wurde, waren die Ströme der Erwartung und Sehnsucht deutlich spürbar, und da Er so sehr ein Teil von mir geworden war, war auch mein Verlangen groß, Seinen gesegneten ‚Darshan‘ wieder zu haben.

Nach der ermüdenden Reise wurde dem Meister Sein Zimmer gezeigt, wo Er ausruhen sollte; aber wenige Minuten später kam Er wieder, erfrischt und aufgeladen durch ein kurzes Eintauchen in das Reservoir des reinen Geistes. Heiter stand Er der liebenden Menge bis spät in die Nacht zur Verfügung, weit die Ausdauer derer übertreffend, die halb oder ein viertel so alt waren wie Er. Am folgenden Abend sprach der Große Meister vor Tausenden der Bürger von Indore, einschließlich vieler ihrer hohen Beamten, die neben jenen von niedrigerem Rang auf dem Boden saßen. Während der ‚Pathi‘ Bhajans von Kabir und Guru Nanak vortrug, warf der Meister Hände voll Dotterblumen in die erfreute Zuhörerschaft, die diesen ‚Parshad‘ eifrig auflas.

In der Gegenwart des Meisters herrscht musikalisches Schweigen. Außer Seiner tiefen, sanften Stimme herrscht Stille, wenn auch tausende Zuhörer da sein mögen. Jeder empfindet, dass der Meister persönlich zu ihm spricht. Jede Geste, jeder Ausdruck wirkt zurück auf Seine empfängliche Zuhörerschaft, als wenn sie ein Teil von Ihm wäre, ähnlich einem Dirigenten vor seinem Orchester, der diesem die süßesten und inspirierenden Klänge der Harmonie und des Rhythmus entlockt.

Jeden Abend vor dem Satsang auf dem Gandhi-Platz wird ein elegantes Kissen auf die Bühne gelegt, worauf der Meister sitzen soll. Und jeden Abend legt Er es sanft zur Seite, bevor Er Sich auf das einfache, weiße Tuch setzt. Der Meister schätzt Feinheit oder Komfort wenig.

Es war eine bemerkenswerte Erfahrung von fast jedem in der Versammlung, der den Heiligen diesen Abend aufmerksam beobachtete, Ihn in Seiner körperlichen Gestalt in die Seines Meisters und wieder zurückwechseln zu sehen.

Während ich mit dem Gurudev vom Satsang zurück fuhr, fragte ich Ihn über diese wundervolle, wesenhafte Offenbarung. Voller Selbstverleugnung antwortete er humorvoll:

Was soll das? Es muss an deinen Augen etwas nicht in Ordnung gewesen sein.

Ja, Gott sei Dank!

Gott ist Einer und Seine Heiligen sind Eins in Ihm. Es besteht kein Unterschied zwischen denen, die den Universalen Herrn erreicht haben. Wenn wir den Großen der Vergangenheit begegnen wollen, so vermögen wir es durch den Lebendigen Meister der Gegenwart. Wir haben große Achtung vor denen, die gekommen und gegangen sind; aber der einzige Weg zum vollständigen Einssein mit unserem unsichtbaren Schöpfer ist durch den Lebenden Vater, Der allein das Licht hervorbringt. Er ist nicht nur Vater, sondern auch Mutter, und Er gibt uns Milch. Diese Milch des Lebens ist das reine, weiße Licht.

Wer kann Seinen Zauber beschreiben? Die ganze Schöpfung ist das Rohmaterial des Meisterheiligen. Wenn Er Eins ist mit der Quelle allen Lebens, was ist dann für Ihn nicht möglich?

Hindernisse auf der Suche

Der Wahre Sucher muss seinen Weg finden durch das verwirrende Labyrinth von sich widerstreitenden Darstellungen von Freunden, Büchern, Priestern, falschen Propheten, religiöser Engstirnigkeit, Ernährungsfanatismus, psychischen Phänomenen, Wahrsagerei und einer ganzen Legion von anderen subtilen Verstrickungen, bevor er die Füße des Satguru erreicht und Ihn als Führer annimmt. Solche Suche ist qualvoll, aber sie ist ein notwendiger Schritt. Schließlich findet er den Meister, vorausgesetzt, dass genügend Ernsthaftigkeit und Demut vorhanden ist.

Christus sagt in der Essener Bibel des Johannes, dass Sein Herr tausend Mal strahlender war als die Strahlen von tausend Sonnen. Ebenso haben andere Meister von dem Allmächtigen Herrn in solch glühenden Worten gesprochen:

Billionen von Sonnen und Monden können sich nicht mit dem Glanz eines Seiner Haare vergleichen.

Wenn die Meister von der Berauschung sprechen, deren Sie Sich erfreuen, stellen Sie fest, dass ein einziger Tropfen vom Wasser des Lebens berauschender ist als zweitausend Fässer Wein.

Wir müssen ehrliche Selbstprüfung üben, um zu sehen, wie weit wir auf dem Inneren Pfad gekommen sind und Meisterschaft gewonnen haben über Gemüt und Sinne. Wir können die mystischen Erfahrungen vergangener Meister benützen, wie auch die Lehren aus Ihrem praktischen Leben, um zu ersehen, ob wir uns tatsächlich zu solch außerordentlichen Höhen erhoben haben. Wenn nicht, können wir uns demütig einem nähern, Der es getan hat und Seine Hilfe annehmen.

Am Tage der Abreise von Indore wurden mehr als hundert Männer und Frauen in die praktische Erfahrung von Licht und Ton initiiert und auf den Heimweg gestellt.

In Baroda verloren

Indore verlassend, bestiegen Pratap Singh und ich den überfüllten Bus nach Baroda zum Südwesten von Indien mit seiner berühmten Mittagshitze. Als wir in der großen, stark bevölkerten Stadt ankamen, war es nach neun Uhr an einem schwülen Abend. Wir entdeckten, dass wir versäumt hatten, uns die Adresse geben zu lassen, wo der Meister Sich aufhalten würde. Doch da der Meister innen ist, waren wir nicht bestürzt und fuhren mit einer Rikscha zu einem Sikh-Gurdawara, wo wir für die Nacht unterkamen. (Vor 500 Jahren hat Guru Nanak auch eine Nacht hier verbracht.) Am Morgen, als mir der Sikh-Priester gezeigt hatte, wie man einige Töne auf der besaiteten Veena spielen kann, kam der liebe Pratap Singh zurück mit Kartar Singh, einem dicken, strammen, lächelnden Sikh und alten Satsangi, den er am Bazar auf einem Bummel angerempelt hatte. Kartar Singh fuhr uns freundlicherweise direkt zu der palastartigen Residenz, wo der Meister untergebracht war.

Als wir in Sein Schlafzimmer geführt wurden, setzte Sich der Geliebte aus Seiner geneigten Haltung auf und stellte Seine Füße herunter auf den Boden. Es war unmöglich, sich nicht vor der Majestät des Meisters zu verneigen. Er fragte nach unserem Befinden und sagte, dass Er in Seiner Sorge um uns von Sich aus Leute ausgesandt hatte, die bis nach 1 Uhr nachts nach uns gesucht hatten. Mit einem Lächeln fügte Er hinzu:

Ich war nicht in Sorge, aber die anderen.

An diesem Abend wurde Satsang in der Stadt gehalten in Anwesenheit von ungefähr 5000 Menschen. Hier sind einige von des Meisters hohen Gedanken wiedergegeben:

Baroda Satsang

Während eurer Lebenszeit könnt ihr euch so hoch erheben, dass der Tod überwunden wird und keine Todesfurcht zurückbleibt. Während eures Lebens könnt ihr das Licht sehen, aber es kommt als ein Geschenk der Gnade durch einen Guru oder Meister.

Wenn ein Boot Löcher im Boden hat, besteht die große Gefahr, dass es sinkt. Ähnlich hat der Mensch neun Löcher im Körper, und wenn er nicht wachsam ist, kann er nicht leicht das Meer der Welt überqueren noch sein Ziel erreichen.

Das Gefühl der Ichheit, des Ego, ist es, was uns von Gott trennt. Nur Gott oder der Gottmensch kann euch mit Gott verbinden.

Wenn wir nicht ein Leben der Reinheit führen, wie können wir erwarten, dass Gott, der alle Reinheit ist, in unser Leben tritt? Es sollte keinen anderen Gedanken geben außer dem ständigen liebenden Denken an Gott. Bei allem, was ihr in der Welt unternehmt, vergesst nicht den Herrn.

Die Philosophie befasst sich mit Theorien, während sich die Mystik mit der direkten Verbindung mit der Wirklichkeit befasst.

Die Meister lehren uns, dass dieser Körper der Wahre Tempel Gottes ist. Alle äußeren Tempel sind nur eine Imitation. Gott wohnt in diesem Körper; darum ist er der Wahre Tempel Gottes. Ihr seid nicht der Körper, ihr bewohnt ihn nur. Gott ist außerhalb und innerhalb des Körpers; aber warum können wir Ihn nicht sehen? Die Ichheit trennt uns von Ihm. Weil wir nichts in der Luft sehen können, heißt das nicht, dass da nichts ist. Ein Mikroskop wird unzählige Lebewesen in der Luft enthüllen. Wenn wir Gott nicht sehen können, bedeutet das nicht, dass es Gott nicht gibt. Wer kann Gott sehen? Ein Mensch der Verwirklichung und ein Wahrer Schüler des Meisters.

Wir leiten unsere falschen Freuden von materiellen Dingen ab. Die wirklichen Freuden kommen von innen. Die Dinge selbst enthalten keine Freude.

Am Morgen der Initiation konnte nur ein Mann von den sechzig Menschen den Tonstrom nicht hören. Selbst als der Meister ihn zur Seite nahm, um noch einmal zu sitzen, konnte er die himmlischen Weisen nicht ergreifen. Erst als der Meister den Kopf des Mannes mit Seinen Händen berührte, konnte er den Ton von klar klingenden Glocken von der rechten Seite hören.

Es war fast 9 Uhr, als wir Baroda verließen und uns wieder zur offenen Straße nordwärts auf Ajmer zu aufmachten.

Am Nachmittag hielten wir zu einem köstlichen Picknick-Lunch an der Landstraße. Wir saßen inmitten von grünenden Weizenfeldern und Zuckerrohr, die eingezäunt waren von blühenden Kaktushecken, unter dem kühlenden Schatten eines riesigen Banyan-Baumes, der seine schützenden Arme über uns breitete.

Wir saßen nahe bei dem Großen Meister und erhielten Zuckermelonen, von Ihm in Scheiben geschnitten. Es gibt keine Worte, um das wundervolle Gefühl zu beschreiben, Ihm körperlich nahe zu sein. Er ist wirklich die Quelle, aus der wir Wasser des Lebens trinken.

Chittor, die Stadt von Mira Bai

Am Abend hielt unsere Karawane im Stadtgebiet von Chittor, um eine erfrischende Tasse Tee zu trinken. Während der Meister ‚Parshad‘ von Süßigkeiten in meine Hände fallen ließ, erklärte Er liebevoll, dass Chittor die Stadt war, in welcher die berühmte Heilige Mira Bai gelebt hat. Obgleich Mira die Prinzessin des hiesigen Staates Rajasthan war, empfing sie völlige Erleuchtung zu den Füßen ihres Meisters Ravi Das, einem einfachen Schuster von Beruf.

Miras schönen und herzbewegenden Hymnen zum Ruhme Ihres Meisters und des Spirituellen Lebens werden heute in jeder Provinz Indiens gesungen. Der Meister erklärte, dass viele Menschen an Ihrem Hof und in Ihrer Familie wegen Ihrer großen Spirituellen Ergebenheit und Gleichgültigkeit weltlichen Dingen gegenüber schlecht von Ihr dachten und überlegten, wie sie sich Ihrer entledigen könnten, wozu ihnen jedes Mittel recht war. Ihre Schwester setzte Ihr eines Tages eine tödlich giftige Schlange in ein Blumenbukett mit der Absicht, dass sie Mira beißen sollte, wenn Sie die Blumen nahm. Es wird gesagt, dass die Schlange, als sie Mira sah, sich vor Ihr verneigt und in ihrer Tiersprache gesagt habe:

Wie glücklich ich bin, einer so Wahren Gottliebenden zu begegnen.

Ihr Bruder hielt einen ausgehungerten, gefährlichen Löwen gefangen und ließ in auf Mira los, als Sie zu ihren täglichen Gebeten zum Tempel ging. Doch als der Löwe Mira sah, legte er Ihr, anstatt Sie zu töten, seinen Kopf zu Füßen und sagte:

Endlich habe ich eine Wahre Ergebene des Herrn gefunden; jetzt habe ich großen Spirituellen Segen von deinem ‚Darshan‘ gewonnen.

Der Meister schloss diese mystische Erzählung liebevoll mit den Worten:

Dies ist das Ergebnis Wahrer Liebe zu Gott. Solche Liebe hat große Macht, wie du siehst. Eine solche Liebe kann Wunder vollbringen.

Dantal – ein Dorf von Initiierten

Der Meister wurde in einem kleinen Bauerndorf namens Dantal erwartet, einige 60 Meilen von der Landstraße auf einem unglaublich schmutzigen Weg durch das Ackerland. Die Lehmklumpen, die entlang der alten Straße durch unseren schnell fahrenden Wagen aufsprangen, stiegen hoch in die Luft und kündigten der Landbevölkerung an, dass der Meister kam. Staub bedeckte den Wagen, und wenn er von den Fenstern abglitt, hatten wir einen Ausblick in das schöne Land. Neuer Weizen bedeckte die Felder mit reichem Grün. Man sah fleißige Bauern hinter ihrem Pflug mit ihren Ochsen und Kamelen arbeiten, während andere Männer und Frauen in lebhaft farbigen Kleidern sich Seite an Seite plagten. Je tiefer wir ins Land hinein kamen, umso mehr Bauern ließen ihre Pflüge in den Feldern stehen, als sie den Meister sahen und rannten, so schnell ihre Beine sie trugen, in seine Richtung, als es ihnen aufging, dass Er endlich gekommen war. Als wir uns umdrehten, um durch die staubbedeckten Rückfenster zu spähen, konnten wir eine ganze Schar Männer, Frauen und Kinder sehen, die hinter des Meisters Wagen herliefen, mit einem Lächeln auf ihren gesunden Gesichtern. Nachdem wir einige Weiler durchfahren hatten, kamen wir in einem schönen Dorfe an, das an den Fuß eines zeitlosen Gebirges gelehnt war. Im selben Augenblick war der Wagen von Hunderten von Eifrigen umringt, die sich in Ehrfurcht vor dem Meister neigten. Mohan, des Meisters immer fröhlicher Fahrer, erzählte, dass das ganze Dorf, außer einigen Wenigen, aus Initiierten des Meisters bestehe, einige Fünfhundert an der Zahl. Indem sich der Wagen durch die alten, brüchigen Gebäude entlang der engen Straßen, die von Banyan- und Mangobäumen beschattet waren, hindurch manövrierte, konnte er knapp Zusammenstößen mit neugierigen und sich gelegentlich langsam bewegenden weißen Kühen entgehen. Schließlich kam der Wagen zum Stehen, wo die Enge und der Abhang zu schwierig für eine Weiterfahrt erschien. Der Meister stieg aus dem Wagen, um Seine geliebten Kinder zu begrüßen; viele versuchten, den Staub von Seinen Füßen zu nehmen, um ihn auf ihre Stirn zu legen. Die Menge war so dicht, dass wir drängen mussten, um mit dem Meister Schritt zu halten und nicht von der stromartigen Menschenmenge weggeschwemmt zu werden. Wir folgten Ihm die steile, felsige Gasse hinauf durch einen engen Gang von Gebäuden – vor uns das Gebirge, das sich direkt über uns auftürmte. Ein einsamer, weiß getünchter Tempel hoch oben auf einer Felsspitze zog für einen Augenblick meine Aufmerksamkeit auf sich.

Auf dem Gipfel des Vorgebirges hielt der Meister an, stieg eine Flucht ausgetretener Stufen hinauf und trat in eine winzige, verdunkelte Wohnung ein. Ich ließ meine Schuhe an der Tür und brachte es fertig, mich durch die dicht gedrängte Menge in einen kühlen, dunklen Raum durchzuquetschen, wo der Meister liebevoll mit einem Mann sprach, der unter einem Moskitonetz lag. Der Schleier wurde weggenommen, und der Kranke lächelte unter seinem dunklen Bart mit einer tiefen Liebe für den Meister, die in seinen Augen glänzte. Der Meister wandte Sich um und sagte in Englisch:

Seht seine rosigen Wangen! Seht, wie kräftig er aussieht. Ihr würdet niemals denken, dass er seit 14 Jahren bettlägerig ist. Ihr seht, er ist von der Hüfte ab gelähmt.

Nach einem schweigenden Wechsel liebevoller Blicke zwischen uns rief der Mann in Hindi aus:

Wegen meines schlechten Karmas bin ich bettlägerig, aber durch mein gutes Karma ist der Meister gekommen.

Dieser Schüler, Pandit Danshan Das, ist sehr bewandert in der alten religiösen Hindulehre und sehr bekannt wegen seiner beispielhaften Demut und Ergebenheit, die seine Innere Größe erkennen lassen. Bevor wir von unserem lieben Bruder Abschied nahmen, der da körperlich hilflos, aber geistig erwacht vor uns lag, sagte der Meister: Um seinetwillen bin ich den weiten Weg hierher gekommen.

Wir folgten dem Meister, als Er den Hügel zum Satsang-Platz hinabstieg. Die Estrade war mit Tüchern und Blumengirlanden geschmückt und davor waren tausend singende Ergebene versammelt.

Der Meister erklärte die andachtsvolle Hymne von Mira Bai, die in liebenden Versen von dem ‚Pathi‘ gesungen wurde. Die Bhaktis tranken jedes Wort, jede Geste, jeden Blick voll begeisterter Hingabe. Als ich unter dem Sangat saß, wurde auch ich mitgerissen in die Göttliche Liebe zwischen dem Meister und diesen, die Ihn so lang erwartet hatten. Ein Mann war völlig in seine berauschende Vision verloren. Mit seinem gesunden Gesicht, das ein strahlendes Lächeln zeigte, warf er seinen Kopf vor und zurück, ganz hingegeben an seinen Geliebten, während Tränen über seine Wangen liefen. Umherblickend sah und fühlte ich die Ansteckung der Göttlichen Liebe und Ekstase, die durch die Menge wogte, verzehrender als ein Lauffeuer.

Am späten Abend, als wir Abschied von dem ‚Dorf der Initiierten‘ nahmen, wurde des Meisters Wagen noch einmal von den liebeüberströmten Dörflern verfolgt. Indem Er Sich auf Seinem Vordersitz umwandte, sagte der Meister:

Diese Menschen sind einfach, Gott ist einfach und Er (der Meister) ist auch einfach!

Während wir fuhren, wagte ich den Meister zu fragen, wie viele dieser einfachen Bauern bei der Initiation die Strahlende Form des Meisters sahen.

Er antwortete:

Neunundneunzig von Hundert. Es war nur ein Mann, der nicht sehen konnte.

Verwundert fragte ich noch einmal:

Die Strahlende Form?

Ja,

antwortete Er.

Im Leben dieser Dorfbewohner sind Zeitung, Kino, Radio, Anschlagsäulen, stürmisches und drängendes Tempo unbekannt. Einfaches, rechtschaffenes Leben, gesunde Landarbeit, tief eingewurzeltes ethisches Leben und Gottergebenheit seit der Kindheit hatten einen fruchtbaren Boden bereitet, um die Saat von Naam zu säen. Als der Große Meister das letzte Mal zu diesem Dorf kam, gab er die Initiation an mehrere hundert Aspiranten; inzwischen hatte sich wieder eine Gruppe von ungefähr 75 Menschen angesammelt und bat auch um die Initiation. In Seiner Güte unterbrach der Meister die Initiation der ersten Gruppe und ließ die neue Gruppe in einer besonderen Abteilung sitzen, worauf Er begann, ihnen die Heiligen Instruktionen zu vermitteln. Mittlerweile waren mehrere Dorfbewohner von auswärtigen Distrikten in einem ständigen Strom erschienen und baten auch, initiiert zu werden. Wieder unterbrach Er die Initiation und ließ die neue Gruppe für die Instruktionen sitzen. Dann ging Er zu der ersten Gruppe und beschloss den ersten Teil der Instruktionen. Er ließ sie meditieren, ging zu der zweiten Gruppe und zu der dritten und so immer fort. Dann geschah es, dass eine vierte Gruppe von beträchtlicher Größe sich sammelte; aber leider musste sie umkehren, da es einfach zu spät am Tage war. Zeit, die in der modernen Gesellschaft so schwer wiegt, bedeutet diesem Volk des einfachen und natürlichen Lebens wenig.

Es war oft die Praktik der Meister des Altertums, die Erfahrung der Heiligen Initiation und kompetente Instruktion einem auserwählten Kreis von Schülern zu geben, die zuerst vor unvorstellbare Schwierigkeiten gestellt wurden, als Prüfung für ihre Ernsthaftigkeit und ihren Glauben an den Guru. Aber im gegenwärtigen Zeitalter, dem Kali Yuga, ist der Mensch sehr schwach, und der Meister ist umso gütiger. Er gibt freigiebig an alle, die nach einem Schimmer der befreienden Wahrheit dürsten.

Der Meister sagt in einem Brief an einen Schüler:

Wenn die Moral entartet, wächst die Göttliche Gnade in größerer Fülle zum allgemeinen Wohl der Massen. Das Gewähren einer Inneren Ersthand-Erfahrung ist vielleicht der einzige Prüfstein, um das Korn von der Spreu zu unterscheiden, die Wahren von den unvollkommenen
Meistern, von denen die Welt übervoll ist.