Leben und Lehren von Maulana Rumi

von Michael Raysson

Suche die Musik, die niemals vergeht, und die Sonne, die niemals untergeht.

Gott ist auf der Suche nach einem Menschen, der wirklich ein Mensch ist. Shamas-i-Tabrez war ein Großer Gottmensch von Persien.

Er suchte nach jemandem, mit dem Er das Geheimnis Seines Herzens teilen konnte. Er wanderte überall umher bei seiner Suche nach einem solchen Menschen und wurde dadurch als Parinda, der Herumziehende, bekannt. Es gab so viele Menschen, aber Er konnte niemanden finden, der geeignet war, Seinen Schatz in seiner ganzen Fülle zu erhalten.

So betete Er zu Gott:

O Herr, Du hast diesen Wunsch tief in mein Herz gelegt! Nun bitte zeige mir den, dem ich alles von Dir geben kann.

Gott erwiderte:

Wenn du willst, dass dies geschieht, dann opfere dich selbst und werde zu nichts. Zaudere nicht. Scheide aus dieser Welt.

Shamas-i-Tabrez zahlte freudig diesen Preis.

Und so erschien Sein Meister im Innern und führte Ihn nach Konya.

Begegnung und Umwandlung

In Konya, im Königreich Rum, war ein Schullehrer namens Dschalal-ud-din Rumi, der als der größte Theologe des Islam angesehen wurde. Er wurde im Jahre 1207 geboren als Sohn des Sultan-ul-’Ulama – König der Gelehrten – von Rum, ein Titel, den er kraft seiner intellektuellen und scholastischen Fähigkeit geerbt hatte.

Als Shamaz-i-Tabrez ihn aufsuchte, gab er gerade Unterricht. Er sah den Meister und fragte sich:

Was kann dieser seltsam aussehende Derwisch schon wissen über die großen Mysterien, die wir hier verkünden?

Als Shamas-i-Tabrez ihn fragte, was er täte, erwiderte Rumi:

Dies ist die Wissenschaft, von der du nichts weißt.

Als die Klasse weggegangen war, nahm Shamas-i-Tabrez all die Bücher und warf sie in einen Teich. Heilige haben seltsame Wege, um den Blinden die Augen zu öffnen.

Rumi beobachtete dies mit Bestürzung und rief aus:

Jene Bücher, die du in törichter Weise weggeworfen hast, beinhalten die Antworten auf die großen Fragen des Lebens!

Mit einem Lächeln griff Shamas-i-Tabrez in den Teich und gab Rumi all seine Bücher so trocken wieder zurück, wie sie vorher waren, und sagte:

Dies ist die Wissenschaft, von der du nichts weißt.

An diesem Tag wurde Rumi der Anhänger von Shamas-i-Tabrez, und bald darauf legte er Ihm sein Leben zu Füßen. Er verließ viele Tausende von Schülern und verlor sein Ansehen. In den Augen der Welt war Er ein verlorener Mann, aber in der Gemeinschaft von Shamas-i-Tabrez gewann Er alles.

Ich sah die Kaaba, die sich rund um den Platz des Meisters drehte. O Gott, was ist Er für ein Mann? Ist Er wirklich ein Mensch oder ein Zauberer?

Jene Zeiten waren auch turbulent, und infolge der wechselnden Stürme des Schicksals hatte Rumi weite Reisen durch den mittleren Osten gemacht.

Er hatte praktisch alle großen Mystiker und Theologen seiner Zeit kennengelernt, einschließlich Ibn-Arabi, Farid-ud-din Attar, Sheik Saadi, Al-Suhrewardi, den Erleuchteten, und andere.

Sein eigener Vater in der Tat war ein Sufi-Theologe von großem Ansehen, und er hatte das Leben seines Sohnes in jene Lehren eingetaucht. Bei alledem hat er nur eine leise Ahnung bekommen von den hohen Lehren, die durch den großen verhüllten Heiligen von Tabrez verkündet wurden.

Innerhalb kurzer Zeit veränderte er sich von einem nüchtern denkenden Gelehrten in einen Gottberauschten Heiligen.

Es heißt, dass Gott von Rumis Ergebenheit so sehr angetan war, dass Shamas-i-Tabrez für Ihn wie ein durchsichtiger Spiegel Gottes war. Wenn Er des Meisters Gesicht sah, fluteten die Geheimnisse Gottes hindurch.

Wenn ich Gott nicht im Spiegel Deines Angesichts sehe, o Meister, dann bin ich der schlimmste Ungläubige.

Er sah, was von den anderen nicht gesehen werden konnte und hörte, was nicht jedem durch jeden mitgeteilt wurde. Er war voll der Liebe für ihn und verlor sich ganz darin. Aller Zwiespalt, der aus der Logik geboren wird – hoch oder niedrig – wurde aufgelöst.

Sultan Walad

Zu einem solchen Stand emporgehoben, verlangte Rumi nur nach Shamas-i-Tabrez.

Er trat vor den großen Meister und sagte:

Hört dieses flehende Bitten des Derwischs, o König. Obgleich meine Wohnstatt Euer nicht wert ist, bin ich doch mit aller Aufrichtigkeit Euer ergebener Sklave, und was immer ich jetzt besitze und was auch immer ich in der Zukunft besitzen werde, ist Euer und wird Euer sein – durch die Gnade Gottes.

Shamas-i-Tabrez und Dschalal-ud-din Rumi waren so für drei Monate ständige Gefährten. Shamas-i-Tabrez war, voll von Liebe, ein strenger Lehrherr, Der an Rumi die Inneren Geheimnisse von Licht und Ton und die Lektionen der Wahren Liebe weitergab.

Er hieß Ihn absolutes Schweigen zu bewahren und von allem gesellschaftlichen Umgang abzulassen, Seine Pflichten in Bezug auf das Unterrichten Seiner Schüler zu beenden, da Er Selbst nun der Schüler war.

Verzweifelt beobachteten Seine Schüler die Veränderung, die über ihren Lehrer gekommen war. Seiner Gesellschaft beraubt, wurden sie sehr eifersüchtig und äußerst böse auf den fremden Derwisch, Der ihren Lehrer so plötzlich in einen Verrückten verwandelt hatte.

Nach eineinhalb Jahren unter Protesten und Drohungen verließ Shamas-i-Tabrez trotz der Bitten Seines Schülers ganz plötzlich Konya in Richtung Syrien und verbat Dschalal-ud-din Rumi, Ihm zu folgen.

Die Trennung

Durch Deine Abwesenheit machst du mein Gesicht bleich wie Gold: Tu es nicht. Wenn Du dein Antlitz zurückziehst, ist der Mond durch den Kummer verdunkelt. Du planst die Verfinsterung des Mondes: Tu es nicht. Unsere Lippen werden trocken, wenn Du uns Dürre bringst; warum benetzt Du meine Augen mit Tränen? Tu es nicht. Mein friedloses Auge ist ein Dieb Deiner Schönheit, o Geliebter, Du nimmst Rache an meinem diebischen Blick: Tu es nicht.

Rumi, der plötzlich toll in der Verzückung geworden war, wurde nun durch den Gram der Trennung wie wahnsinnig. Über ein Jahr lang litt Er sehr durch Seines Meisters Abwesenheit.

Von Zeit zu Zeit sandte Er Briefe an Seinen Meister und bat um Seine Rückkehr, aber es nützte nichts. Schließlich sandte Er Seinen Sohn, Sultan Walad, nach Damaskus – wo der Meister lebte –, um zu versuchen, Shamas-i-Tabrez zur Rückkehr zu bewegen.

Bei der Abreise Seines Sohnes sagte Rumi zu ihm:

Geh, o Freund, und bring mir jenen Freund durch Überredung – und anders, wenn du es für richtig hältst. Geh sogleich und komm zurück mit jenem flüchtigen Geliebten. Wenn Er vorschlägt, zu einem anderen Zeitpunkt zu kommen, lass dich nicht verleiten, lass dich nicht täuschen. Bringe diese glänzende Schönheit zu meiner (dunklen) Wohnstatt durch liebevollen Vorwand und sanfte Worte.

Die ehemaligen Schüler von Rumi bereuten auf ihre Weise und versprachen Dschalal-ud-din Rumi, Ihm nicht im Wege zu stehen, sollte der Meister zurückkehren:

Wir bereuen aufrichtig, habt Mitleid mit uns; wenn wir unseren Irrtum wiederholen, mögen wir verflucht sein. Obgleich wir Sünden leichtfertig begingen, gewährt uns Eure Vergebung.

Sultan Walad war in seiner Mission erfolgreich. Nach den Weisungen seines Vaters ging er zu Fuß zurück, während Shamas-i-Tabrez zu Pferde kam. Wer kann Rumis Freude beschreiben, als Er die Rückkehr Seines Meisters sah?

Wieder einmal kreiste Sein Herz um die schöne Form, in der sich Gott in all Seiner Glorie offenbart hatte. Vollständig in den Meister eingetaucht, erklärte Er:

Ich bin so erfüllt von meinem Meister, dass ich meinen Namen vergessen habe. Ob Er in mir ist oder ich in Ihm bin; ich kann es nicht unterscheiden.

Jedoch wurden die Schüler von Dschalal-ud-din wieder eine Beute ihrer alten Krankheit. Wie eine Krebsgeschwulst schwoll sie in ihren Herzen an. Wie konnten sie Shamas-i-Tabrez akzeptieren, Dessen Ansichten nur der Wahrheit entsprachen und nicht der orthodoxen Blindgläubigkeit – und Der ihren geachteten Lehrer zu Seinem Ebenbild geformt hatte? Ihr Übelwollen steigerte sich ins Uferlose, und da verschwand Shamas-i-Tabrez auf mysteriöse Weise.

Einige sagten, er sei ermordet worden – es heißt, dass man Ihm lebend die Haut abgezogen habe – aber Rumi sagte:

Wer wagt zu sagen, dass dieser Unsterbliche gestorben ist? Wer wagt zu sagen, dass die Sonne der Hoffnung untergegangen ist? Seht, ein Gegner der Sonne stieg auf das Dach, schloss seine Augen und erklärte, dass die Sonne untergegangen wäre!

Es heißt, dass Er jeden gütig belohnte, der sagte, dass Shamas noch lebte.

Eines Tages erzählte Ihm ein Reisender, dass er Shamas-i-Tabrez in Damaskus gesehen hätte. Voller Freude nahm Rumi Sein Gewand und schenkte es dem Mann. Ein Freund von Rumi erklärte, dass der Mann gelogen hätte, um Ihm zu gefallen.

Rumi erwiderte:

Hätte ich geglaubt, dass dies wahr wäre, hätte ich mein Leben gegeben, nicht mein Gewand.

Er ging nach Damaskus und fragte von Haus zu Haus nach Shamas-i-Tabrez.

Alle in Damaskus waren überrascht, dass Er, Der für einen so großen Menschen gehalten wurde, nach Einem suchte, von Dem man nichts hielt.

Verzweifelt rief Rumi aus:

Wie lange noch werde ich nach Euch von Tür zu Tür suchen? Wie lange noch werdet Ihr mir von Ecke zu Ecke und von Gasse zu Gasse ausweichen?

Wie auch immer, Rumi sah die gesegnete Form des Meisters nie mehr, und so endete die Geschichte.

Aber im Innern wurde Er zurückgerufen, um Seinen Auftrag zu erfüllen, der Menschheit baet, Initiation, zu geben die erhabenen Mysterien von Shugal-i-Naghma-i-yazdani – den Göttlichen Tonstrom – zu offenbaren.

‚Unser Meister‘ Rumi

Ein Maulvi (Schullehrer) konnte ein Maulana (Spiritueller Lehrer; buchstäblich ‚unser Meister‘) werden, nur durch die Gnade von Shamas-i-Tabrez.

Es heißt, dass Shamas-i-Tabrez die Innere Schau an Tausende gegeben hätte, die von Geburt an blind waren.

An Rumi, Seinen Großen Schüler, übertrug Er diesen Mantel der Meisterschaft, so dass die Wissenschaft der Spiritualität weiterblühen konnte.

Mit der ganzen Gnade Seines Meisters kehrte Dschalal-ud-din Rumi nach Konya zurück, um diese Arbeit weiterzuführen, jenen, die im Dunkel waren, die Schau weiterzugeben.

Damals war Er bekannt für seine ungewöhnlichen, ekstatischen Wege. Die Innere Seligkeit überflutete Ihn wie eine wogende See, und die Liebe floss aus Seinen Augen. In der Ekstase Seiner Hingabe tanzte Er, und aus den Tiefen Seines Herzens quollen Lieder der Liebe hervor. Ein solches Verhalten wurde von den orthodoxen Moslems verachtet.

Nichtsdestoweniger wurden Lied und Tanz bedeutungsvoll im Kreis der Derwische, die sich um Maulana Rumi versammelten, und so wurden sie bekannt als die Tanzenden Derwische.

Nach der Begleitung von Rohrflöte und Trommel tanzten die Derwische ihre Drehtänze manchmal die ganze Nacht hindurch, während Rumi aus dem Stegreif Seine Reden hielt.

Es wird gesagt, dass Maulana Rumi selbst tagelang ohne Unterbrechung tanzen konnte. Zu solchen Zeiten war Er vom äußeren Bewusstsein abgeschnitten und hatte gänzliche Vereinigung mit dem Inneren Ton und Licht. Dann unterhielt Er Sich mit Seinem Meister und den Meistern früherer Zeiten.

Solange ein Kompetenter Meister blieb, wurde die äußere Musik nur als ein Mittel für die Innere gebraucht.

Die Heiligen Menschen tanzen und drehen Sich auf dem (Spirituellen) Feld … In Ihrem Innern schlagen die Musikanten das Tamburin … Man muss dazu die Spirituellen Ohren haben, nicht die Ohren des Körpers.

Es gab in der Tat einen äußeren und einen Inneren Kreis von Schülern. Jenen des Inneren Kreises wurden neben der Selbstprüfung auch die Inneren Übungen von Simran und Bhajan gegeben, welche sie in der Stille üben sollten. Außerdem führte Rumi den Propheten Mohammed an, Der sagte, dass der Weg des Islams nicht der Weg des einsiedlerischen Mönchtums sei. Was gebraucht wurde, war der Weg für den Familienvater.

All die Wechselfälle des Lebens, sagte Er, sind die Mittel dafür, sich selbst zu läutern und die Innere Geduld zu lernen, die für das Spirituelle Leben so nötig ist.

Wenn jemand diesen Weg nicht gehen konnte, sollte er wenigstens den Weg des Mönchtums aufnehmen, so dass es nicht ganz verloren ginge. Maulana Rumi hatte eine Frau und zwei Söhne und verdiente Sich Seinen Lebensunterhalt.

Seine Anhänger kamen aus allen Glaubensrichtung und Lebensstellungen, da Seine Lehren für alle waren. Die Meister sehen und teilen Sich durch das Herz mit, nicht durch äußere Formen.

Rumi erzählt, dass Er einmal zu einer Menge gesprochen habe, in der eine Gruppe von Nicht-Moslems anwesend war. Mitten in seiner Rede fingen sie an zu weinen und fielen in Ekstase.

Er wurde gefragt, wie Leute, die nichts über den Moslem-Glauben wussten, solche Dinge verstehen konnten. Rumi antwortete, dass jeder um die Einheit Gottes wisse, Der der Schöpfer und Erhalter ist, ganz gleich, welches seine Religion sei. Seine Worte, die von dem Einen Gott kamen, waren mit der Universalen Ekstase vermischt, und sie erweckten in diesen Leuten den Spürsinn für ihren Geliebten und die Suche nach Ihm.

Einmal wurde ein jüdischer Schüler von seinen jüdischen Brüdern gefragt, warum er zu einem mohammedanischen Scheich ginge.

Er erwiderte:

Warum? Weil Er der König David dieses Zeitalters ist.

Die mongolischen Soldaten liebten ebenso die Lehren Rumis, und es wird gesagt, dass als die Mongolen in Konya einfielen und die Stadtwälle niederrissen, sie die Stadt selbst nicht zerstört haben aus Rücksicht auf den Großen Maulana, Der dort lebte. Der persische Sultan und der Gouverneur von Rum, Muin-al-din, und sein Minister wurden alle Schüler des Meisters, und wahrscheinlich durfte Er aus diesem Grund mit Seinen unorthodoxen Lehren unter der ständigen Feindseligkeit der orthodoxen Moslems fortlehren.

Viele von Rumis Reden sind an Muin-al-din persönlich gerichtet, dem Er Lektionen über Demut und Wahre Liebe gab. Unter dieser Führung wurde der weltliche Führer seinem Spirituellen Führer immer ergebener.

Maulana Rumi hatte während Seines Lebens zwei Gurumukh- Schüler.

Der erste war ein ungebildeter Goldschmied namens Salah al-din Zakrob. Es wird erzählt, dass Rumi, während Er in einem Seiner ekstatischen Zustände war, in den Straßen von Konya tanzte, wobei Er an dem Geschäft von Zakrob vorbeikam. Zakrob hämmerte gerade Silber und dachte ebenfalls an Gott. So erfüllte der Klang seines Hammers Rumi mit Berauschung, und Er begann, um den Laden herumzutanzen. In Ehrerbietung für den Meister fuhr Zakrob fort, das Silber zu hämmern. Auf diese Weise vergeudete er zwar viele Silberstücke, gewann aber viel mehr. Er wurde ein Schüler von Maulana Rumi und gab all seine Ergebenheit dem Meister und an die Inneren Übungen. Dieser wiederum gab ihm Sein Herz.

Ich entdeckte einen Schatz im Laden eines Blattgoldmachers. Welch eine Form, welch ein Wert, welch eine Schönheit, welch eine Gnade!

Maulana ließ ihm große Gunst zuteil werden und machte ihn zu Seinem engen Gefährten. Die Leute wunderten sich, was Er an diesem ungebildeten Mann fand.

Zakrob stellte es so dar:

Sie sind verärgert, dass Maulana mich für Seine Gunst erwählt hat, aber sie wissen nicht, dass ich nur ein Spiegel bin. Der Spiegel reflektiert sich nicht selbst – aber den, der in ihn hineinschaut; warum sollte Er dann nicht Sich Selbst sehen wollen?

Maulana Rumi Selbst sagte:

Gewiss ist Salah al-din das Ebenbild jenes Reinen; reibt euch die Augen und erblickt das Ebenbild des Herzens.

Als Maulana Rumi Zakrob zu Seinem Gehilfen machte, um die Unterweisungen an die Anhänger des Derwischs zu geben, traten wieder dieselben Gefühle der Eifersucht auf, wie die, welche durch das Kommen von Shamas-i-Tabrez entstanden waren, und viel Propaganda wurde gegen Zakrob gemacht. Es ist in der Tat bedauernswert, dass eine solch kleinliche Gesinnung solche großen Bewegungen bedroht hat. Rumi hatte praktisch die Unruhestifter auszuschließen, ehe sie nachgaben.

Für neun Jahre, bis zum Tod von Zakrob, ließ Maulana Rumi Seinem geliebten Schüler Seine besondere Liebe zuteil werden.

Danach schenkte Gott Rumi einen anderen Gurumukh-Schüler in der Form von Hisam al-din Chalapi, der später Sein Nachfolger wurde und als Meister der Mevlevi Derwische – die Gemeinschaft der Tanzenden Derwische – bekannt wurde.

Wie wir gesehen haben, kannte die Liebe Maulana Rumis keine Grenzen, wenn Er jemanden gefunden hatte, der sich vollständig in Gott auslöschen konnte. Er war in der Tat eine lebendige Opfergabe der Liebe. Als Er feststellte, dass Sein Schüler Chalapi so geworden war, schenkte Er ihm alles, was Er hatte, physisch und spirituell. Sein eigenes Haus wurde leer, weil Er alles, was Er hatte, Chalapi gab.

Einmal sandte der Amir von Rum 70 000 Dirhams an den Meister. Der Meister gab es sofort an Hisam Chalapi weiter.

Sultan Walad, Rumis Sohn, beschwerte sich bei seinem Vater, dass, nachdem Er alles an Hisam Chalapi weggegeben hatte, nichts mehr in ihrem eigenen Haus verblieb. Um mit Nachdruck seinem Sohn gegenüber die seltene Größe von einem, der alles seinem Meister übergeben hatte, zu betonen, sagte Maulana:

Wenn, meiner Ansicht nach, eine Million Heilige verhungern würden und ich hätte einen Laib Brot, dann würde ich diesen Laib Chalapi geben.

Als Chalapi herausfand, dass die Schüler des Meisters mit besonderer Vorliebe Ilahi Nama von Hakim Sanai und Mantiqatu’ tayr von Attar studierten, ging er zum Meister, um Ihn zu bitten, ob Er solch eine Arbeit schreiben könne, damit die Schüler keine anderen Gedichte zu studieren brauchten.

Maulana Rumi entnahm daraufhin sofort einen Teil Seines großen Werkes, dem Masnavi, indem Er sagte, dass Gott Ihm bereits die Wünsche Seiner Brüder angekündigt habe.

Und Er las ihnen aus dem Fragment vor, welches begann:

Höre aus dem Klang der Flöte, welche Geschichte sie erzählt, in der die traurige Klage der Trennung hervorbricht.

Danach sandte Maulana Rumi jede Nacht nach Hisam Chalapi und diktierte ihm die Gottinspirierten Verse des Masnavi.

Chalapi schrieb sie nieder und trug sie dann mit seiner schönen Stimme vor. Manchmal arbeiteten sie die Nacht hindurch, ohne sich um die Zeit zu kümmern. Maulana Rumi nannte das Manavi das Buch von Hisam und nannte Sich in aller Bescheidenheit eine Flöte an den Lippen von Hisam al-din, welche die klagende Musik, die er machte, ausströmen ließ.

Dieses inspirierte literarische Werk Maulana Rumis wurde als ein erhabener Berggipfel bezeichnet; die vielen anderen Dichter vor und nach seiner Zeit nur als Vorgebirge im Vergleich dazu. Unter den westlichen Gelehrten, die das Original gründlich erforscht haben, wird es als eines der größten mystischen Werke aller Zeiten angesehen.

Zwölf Jahre lang waren Hisam Chalapi und Maulana Rumi Spirituell Liebender und Geliebter.

Dann neigte sich im Jahre 1273, nach 23-jährigem Spirituellen Dienst, die irdische Mission Maulana Rumis dem Ende zu. Er übertrug den Spirituellen Mantel an Seinen lieben Hisam al-din, der das Werk Gottes fortsetzte. 

Als Seine Schüler den Meister auf dem Sterbebett sahen, beteten sie aus tiefstem Herzen um Seine Genesung. Mit Gelassenheit stand der Meister auf und sagte, während Er tief in ihre Augen sah:

Die Genesung, um die ihr betet, ist für euch. Für so viele Jahre war dieser Körper zwischen Gott und der Seele gewesen, und während meiner Arbeitsstunden konnte ich nur wenig Zeit finden, um mich über den Körper zu erheben. Nun wird endlich dieser Körper abgelegt, und ich kehre zu Gott zurück. So betet bitte nicht um mein weiteres Verweilen.

(Fortsetzung folgt; siehe Sat Sandesh November/Dezember 1971)