Mit dem Meister im Punjab

Ein Bericht von Wolfgang Sprenger unter Mitarbeit von Randy Budington

Die Nachricht hatte sich verbreitet, dass der Meister bald in verschiedene Städte des Punjab reisen würde. Jedoch wusste keines Seiner Kinder aus dem Westen, ob Er irgendjemandem erlauben würde, Ihn zu begleiten. Die herrschende Unsicherheit wurde mit einem Schlag aufgehoben, als die Nachricht kam, der Meister habe einen Kleinbus mit 22 Sitzen für ihre Reiseannehmlichkeit gemietet. Hurrah, jetzt konnten wir alle mitfahren. Es musste eine ganze Menge gepackt werden, weil es in Indien üblich ist, sein gesamtes Bettzeug mit auf die Reise zu nehmen.

Beladen mit glücklichen Seelen verließ der Kleinbus am 12. Oktober 1973 pünktlich um 5 Uhr morgens den Sawan Ashram, um nach Amritsar zu fahren. Der Große Meister war einen Tag früher gefahren, um Satsang in Chandigarh zu halten. Er traf uns am nächsten Tag in Amritsar. Zu der Zeit waren wir bereits etwa 11 Stunden unterwegs und durch die fruchtbaren Gebiete des Punjab gefahren, mit reichen Anpflanzungen von Zuckerrohr, Reis und Weizen. Natürlich war die lange Busfahrt sehr anstrengend, aber nach einem kurzen Darshan des Meisters fühlten wir uns alle erfrischt. Durch Seine Gnade stellte ein ortsansässiger Schüler für die dreitägige Anwesenheit sein hübsches Haus in der Nähe des Ashram zur Verfügung.

Die Abendansprachen wurden im Zentrum der Stadt auf einem großen Platz abgehalten, wo ein großes offenes Zelt (Shamyana), liebevoll mit bunten Lichtern dekoriert, aufgestellt worden war. Am Ende des ersten nächtlichen Vortrags bat der Meister die ganze Versammlung, in liebevollem Gedenken an Gott zu sitzen, indem Er sagte:

Betet nur zwei Minuten, euch zu helfen.

Es war, als ginge eine gewaltige Woge der Liebe von Ihm aus – als ob die Himmel sich öffneten, um Segnungen auf den Satsang herabzugießen.

Manchmal gab der Meister im Amritsar-Ashram Gespräche von Herz zu Herz in Englisch zum Nutzen der Kinder aus dem Westen.

Einige Auszüge folgen:

Die Höchste Form des Gebetes ist liebevolles Gedenken an den Meister. Wenn ihr an den Meister denkt, dann denkt an Gott in Ihm. Denkt nicht an Seinen Körper aus Fleisch und Blut, Kabir sagte: ‚Was ist der Meister? Er ist die Kraft, die alle Schöpfung durchdringt. Er ist auch jemand, der volle Kontrolle über Seine Aufmerksamkeit besitzt. Er kann sie auf irgendetwas lenken und wieder wegnehmen, wie es Ihm gefällt.

Die Zeit und die Flut warten auf keinen Menschen. Es ist hohe Zeit, Freundschaft mit einem Heiligen zu schließen. Sie kommen, um ‚Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, den Menschen zu erregen wider seinen Vater und die Tochter wider ihre Mutter und die Schwiegertochter wider ihre Schwiegermutter.‘ Es ist so einfach, an die Welt gebunden zu sein, weil wir uns mit ihr seit unserer Geburt identifiziert haben. Das Kind im Mutterleib erfreut sich am Licht und Ton, aber bei der Geburt werden diese Prinzipien fortgenommen. Wenn ein Säugling schreit, lenkt seine Aufmerksamkeit auf eine Glocke oder ein Licht, und er wird ruhig sein.

Wir sind alle bloße Steine, und der Meister wird ein wundervolles Angesicht aus jedem von uns meißeln.

Hier erklärt der Meister die Spirituelle Unzuständigkeit der sogenannten Meister:

Ein Ingenieur mag alle Einzelteile eines Flugzeuges kennen und wissen, wie sie alle zusammengefügt sind, aber es ist ein Pilot erforderlich, um es in die Luft zu bringen. Und alle Menschen, die mit dem Flugzeug fliegen wollen, müssen darauf vorbereitet sein, die Erde hinter sich zu lassen – sonst können sie nicht weiterkommen.

Die Menschen kommen zum Meister, um verschiedene Dinge zu erbitten. Tatsächlich gelangt man zu Ihm durch vier verschiedene Türen. Die, welche durch die erste Tür kommen, bitten um Gesundheit. Die, welche durch die zweite Tür kommen, bitten um Wohlstand. Andere kommen durch die dritte Tür und bitten um Verbesserung der Familienbeziehungen, wie zu ihren Söhnen und Töchtern, zu Ehemann und Frau. Selten kommt jemand durch die vierte Tür und bittet den Meister um Gott.

Wenn immer möglich, gab der Meister den Ihn begleitenden Ausländern die Gelegenheit, an den Gruppenmeditationen im Ashram teilzunehmen. Gewöhnlich fragte Er uns hinterher, was wir Innen gesehen hatten. Einmal sah eine junge Dame das leidende Gesicht von Christus am Kreuz. Während das Heilige Gesicht langsam verblasste, stieg das leuchtende Antlitz von Meister Kirpal Singh Ji auf.

Während des Aufenthaltes besuchte der Meister die Schlafräume Seiner Lieben aus dem Westen. Als Er in den großen Wohnraum kam, nahm Er unter einem großen Bild von Sich selbst Platz. Die Familie des Gastgebers und alle Gäste versammelten sich zu Seinen Füßen. Dann fragte Er, auf das Bild über sich zeigend: Wer ist besser, das da oder dieser? (auf Seinen Körper zeigend). Irgend jemand antwortete, dass der Lebende Meister bei Weitem der bessere sei. Er bemerkte: Das ist richtig.

Der Meister erlaubte den Westlern, die daran interessiert waren, den nahegelegenen Goldenen Tempel zu besuchen, eine Pilgerstätte der Sikhs. Weil er nach den Grundsätzen eines Ashrams geführt wurde, Pilgern freie Unterkunft und Verpflegung bot, und da er der Sitz von mindestens zwei Sikh-Gurus war, war der Tempel ein inspirierender Ort.

Am nächsten Morgen ging der Meister zu einem kleinen Dorf, um dort den Grundstein für eine freie Augenklinik zu legen. Vorher wurde ein Satsang auf dem Klinikgelände gehalten. Nach den vielen Äußerungen freudiger Überraschung unter den indischen Teilnehmern des Satsangs zu schließen, bediente der Meister sie mit köstlicher Nahrung.

Für den 16. Oktober morgens um 8 Uhr war Initiation festgesetzt. Auf einem der Bäume nahe dem Ashram sang ein Vogel sein Lied. Es schien, als ob der Vogel sänge: Er erscheint, Er erscheint. Immer und immer wieder, erst langsam, aber dann schneller und eindringlicher. Tatsächlich erschien der geliebte Meister vielen. An dem Morgen sahen von 250 neu initiierten Seelen ungefähr 75 Innen die Strahlende Form des Meisters.

Sehr schmerzlich sahen die Anhänger des Meisters in Amritsar dem Tag Seiner Abreise entgegen. Es waren jedoch schon einige Beauftragte vom Sawan Ashram in Pathankot angekommen, um ihr lokales Programm mit dem Meister zu besprechen, Dessen Ankunft dort schon für den 17.Oktober festgesetzt war.

Auf dem Weg nach Pathankot wurde der Meister eingeladen, in dem Ort zu halten, wo der berühmte Baba Buddha gelebt hat. Baba Buddha war in sehr jungen Jahren zu Guru Nanak gekommen. Eines Abends entdeckte Guru Nanak den jungen Knaben inmitten Seiner versammelten Schüler. Er fragte den Knaben, warum er zum Satsang gekommen sei, dass kleine Zweige sehr schnell durch Feuer verbrannt würden, während große Blöcke viel länger brauchten. Auf die gleiche Weise, so meine er, seien Kinder viel leichter verwundbar vom Tod als Erwachsene. Guru Nanak sagte: Du sprichst wie ein Baba Buddha (alter weiser Mann) und nahm den Knaben als Schüler an. Baba Buddha gelangte bei den Sikhs zu hohem Stand und erhielt die Ehre, die Sikh-Gurus öffentlich einzuführen, nachdem sie als die rechtmäßigen Nachfolger durch den vorhergehenden Meister ernannt worden waren.

Die Straße, die zur Stätte von Baba Buddha führte, war sehr eng und staubig. Die große Staubwolke, die die Autokarawane des Meisters umgab, schien kein Ende zu nehmen, bis schließlich ein kleines Dorf in Sicht kam. In liebevoller Erinnerung an Baba Buddha war ein Gurdawara (Sikh-Tempel) auf der Höhe eines nahe gelegenen Hügels errichtet worden, dem eine bescheidene öffentliche Schule am Fuße des Hügels angegliedert war. Der Meister besuchte beide Plätze. Ein Satsang wurde innerhalb des Tempels vom Meister, der direkt aus den Sikh-Schriften, dem Granth Sahib, vorlas und eine genaue Deutung einer Seiner Hymnen gab, abgehalten. Die bäuerliche Zuhörerschaft war so überwältigt durch Seine Wahren und machtvollen Worte, dass viele von ihnen Zeichen der Furcht und Überraschung von sich gaben. Der Meister sprach einige liebevolle Abschiedsworte zu den Dorfbewohnern, und bald entschwand Seine Karawane in einer Staubwolke aus ihren Augen. Obwohl die Weiterfahrt glatt vonstatten ging, ließ die heiße Mittagssonne unter Seinen Kindern aus dem Westen eine starke Sehnsucht nach Erfrischung entstehen. Plötzlich bog der Wagen des Meisters in eine Seitenstraße ein und hielt vor dem Haus eines Arztes, der ebenfalls ein Initiierter war. Alle wurden gebeten, ins Haus zu kommen, wo kühle Getränke und eine Menge Früchte für alle serviert wurden. Welch ein Unterschied – nach soviel Staub und Hitze. Eins von den Kindern des Meisters, das unter Fieber litt, erhielt sofort eine Behandlung in Gegenwart des Geliebten.

Pathankot

Spät an diesem Tag erreichte des Meisters Reisegruppe den Sawan Ashram in Pathankot, der nahe bei einer Gewerbe- und Handelsschule liegt. Alle Busreisenden wurden freundlich im Haus des Schuldirektors untergebracht, der ein lieber Initiierter des Meisters ist.

Dieser Ashram, der vor einigen Jahren entstand, war wirklich ein schöner Anblick. Von kleinen Gutshöfen umgeben und an einen nahe vorbeifließenden Kanal angrenzend, hatte er eine märchenhafte Atmosphäre. Schmale Wege und ein kleiner Versammlungsplatz, durch hübsche weiße Blumen und junge Obstbäume wie bemalt, strahlten eine kindliche Liebe aus. Zwei Tage der völligen Ruhe in dieser kindlichen Atmosphäre mit Morgen-Darshans, Meditationen und Abend-Satangs inspirierten 175 Seelen, um Initiation zu bitten. Eine Anzahl Kinder, die der Meister abseits von den zu Initiierenden zur Meditation gesetzt hatte, boten ein ungewöhnliches Bild. Indem sie sich gänzlich vom Körper zurückgezogen hatten, lagen mindestens zehn von ihnen in völliger Ruhe auf der Erde. Bei einigen dauerte es etwa drei Stunden, bis sie wieder zum Körperbewusstsein zurückkehrten.

Gleich im Anschluss an die Initiation (Naam Dhan) wurde den Westlern das Mittagessen im indischen Stil angeboten. Auf der Erde sitzend, vor sich jeder ein großes rundes Tablett aus Metall und extra Suppentassen an der Seite, erhielten alle ein köstliches Mahl. Sehr schnell war des Meisters Karawane dann wieder auf der Straße nach Dasuya, dem nächsten Aufenthalt.

Dasuya

Der Aufenthalt hier wurde durch einen wundervollen Morgendarshan überstrahlt, von dem die nachfolgenden Auszüge stammen:

Die Meister mahnen uns: Seht, euch wurde der menschliche Körper nur für ein paar Tage gegeben. Danach habt ihr den Körper zu verlassen. Warum seid ihr an ihn gebunden? Eure ganze Verwandtschaft, euer Einkommen, Frauen, Kinder, Mütter, andere Verwandte kommen mit euch in Verbindung durch die fließende Feder Gottes, die gemäß euren Taten schreibt. Wie du säst, so wirst du ernten. Tut eure volle Pflicht ihnen gegenüber. Die Naam-Kraft ist direkt in euch. Der Atem geht weiter, kommt und geht, kommt und geht. Letzten Endes beruht unsere Lebensdauer auf einer bestimmten Anzahl von Atemzügen. Die Zahl wird ablaufen, und dann müsst ihr gehen. Jeder Atemzug ist sehr wertvoll. Macht den besten Gebrauch von der Zeit, die ihr erhalten habt. Die Meister sagen immer: O Mensch, du stehst unter einer großen Täuschung. Du hast dich mit dem Körper so sehr identifiziert, dass du dich jetzt nicht von ihm trennen kannst.Dies ist die Lehre der Meister, aber du hast Besitz ergriffen von der großen Täuschung und kannst nicht mehr anders denken. Sowohl die Gelehrten wie die Ungelehrten stehen unter dieser Täuschung. Nur durch Selbstanalyse kannst du dich über sie erheben, und das kann man zu Füßen eines Meisters erlangen. Du kannst nicht aus der Täuschung herausfinden, außer durch die Gnade und den seelenvollen Blick des Meisters.

So seid dankbar. Betet und singt das Loblied zu Ehren des Gottmenschen, Der euch dies in einer sehr kurzen Zeit geben kann. Wie kann man das Gemüt beruhigen? Da gibt es nur ein Heilmittel. Denkt an euren Meister. Wenn ein Kind umhergeht, seine Hand in seines Vaters Hand, wird kein Räuber es wagen, das Kind anzurühren. Seid euch des Vaters allezeit bewusst. Übt liebevolles Denken an Ihn, dann wird euer Gemüt euch nichts erzählen; es wird euch nichts antun. Wenn ihr den Meister vergesst – die Gottheit in Ihm –, dann greift das Gemüt an. Es beraubt euch, zieht euch zu den nach außen gehenden Kräften und zur Erde. Aus diesem Grund erinnert euch liebevoll an den Meister. Es ist das Wundermittel, um das Gemüt zu beruhigen.

Aber es sollte liebevolles Gedenken sein, kein automatisches. Liebevolle Erinnerung an den Meister ist liebevolle Erinnerung an Gott. Er denkt immer an euer Wohlergehen, auf dass ihr eure Wahre Heimat erreichen könnt – das ist alles.

Hört auf mit allen Vergnügungen. Letztlich müsst ihr diese Welt verlassen. Wenn ein Mensch zu viel isst, verliert er allen Appetit. Er kann nicht einmal mehr ein kleines Stück Brot verdauen. Ähnlich ist es, wenn ihr den äußeren Vergnügungen verfallen seid, das Ergebnis wird sein, dass ihr Krankheiten bekommt und euch Verderbnis und Ruhelosigkeit befallen. Der Reiter möchte ein starkes Pferd, deshalb sollten wir auch für unseren Körper sorgen. Es ist eine goldene Gelegenheit, die euch gegeben wurde, um Gott zu finden. Wenn ihr den Geboten des Meisters folgt, werdet ihr ständig Seligkeit, Frieden und Freude haben. Eure Aufgabe ist es, mit dem Geliebten inwendig in euch Verbindung zu erlangen, das ist eure persönliche Arbeit.

Der Körper ist träge. Wo ist die Verbindung? Natürlich belebt ihr den Körper für eine Weile. Es gibt keine natürliche Verbindung zwischen dem Bewussten und dem Stofflichen. Materie ist träge, und Bewusstsein ist das belebende Prinzip hinter der gesamten Schöpfung. Die Meister erinnern euch immer an eure Bewusstheit, an die Gottheit in euch – vergesst das nicht. Wir schwelgen, wie sagt ihr? – im Schmutz der nach außen gehenden Kräfte und denken nie an das, was all diesen nach außen gehenden Kräften Leben gibt. Wir müssen wählen: Gemüt oder Seele. Es liegt bei euch, über das Ziel eures Leben zu entscheiden, je eher, desto besser.

Gegen Ende eines abendlichen Satsangs, als jeder der Anwesenden durch die Heilige Ausstrahlung des Geliebten gefesselt war, kam ein alter Sikh auf die Empore und setzte sich still in die Nähe des Meisters. Das Gesicht dieses Mannes schien etwas von der Schönheit des Meisters zu teilen und strahlte Spirituelle Stärke aus. Später erfuhren wir, dass beide gemeinsam zu Füßen des großen Meisters Hazur Maharaj Ji gesessen hatten.

Nach Beendigung des wunderbaren Abendvortrages klopfte der Meister dem großen Sikh liebevoll auf die Schulter und brachte ihn zu dem einfachen, aber sauber eingerichteten Langar (freie Küche des Ashram). Für ihren Bau hatte man die Stämme von Palmenbäumen benutzt. Sie dienten als Balken, die das Strohdach stützten.

Liebe verschönt alles,

so sagt der Große Meister.

Das Essen, einschließlich der mindestens 1000 Chapatis, die mit ergebener Liebe von den Ashrambewohnern zubereitet waren, wurde durch den Meister gesegnet und dann an die große Versammlung verteilt. Der nächste Abend sah eine Wiederholung dieses Werkes der Liebe. Zu dieser Zeit waren die Herzen von mehr als Hundert Wahren Suchern aus der Versammlung in das Netz der Liebe durch des Meisters Ausstrahlung eingefangen worden. Sie konnten nicht anders, als um die Initiation zu bitten, welche ihnen gnädig durch den Geliebten kurz nach Sonnenaufgang am 21. Oktober gewährt wurde.

Der Busfahrer und sein Schaffner erhielten ebenfalls an diesem Morgen die Initiation und bestiegen mit strahlenden Gesichtern den Bus. Die Reise wurde nach Jullundur fortgesetzt, der nächsten großen Station in des Meisters Programm. Bald hallte der Bus von wundervollen Bhajans wieder, gesungen von Pratap Singh, der die westlichen Kinder inspirierte, in den Gesang einzustimmen.

Jullundur

Die Ergebenen aus Jullundur hatten entsprechende Vorkehrungen für den Zweitages-Aufenthalt der Kinder des Meisters getroffen und das Gita-Zentrum, eine einem Hindutempel benachbarte große Halle, als Schlafquartier gewählt. Es war interessant zu beobachten, wie die Ergebenen die göttlichen Statuen von Krishna, Vishnu und Shiva verehrten: durch Läuten der großen Tempelglocke, indem sie Lichter um den Altar trugen, und durch Singen hingebungsvoller Hymnen. Der Meister erklärte, dass die meisten Religionen ihre Anhänger symbolisch an die Inneren Erscheinungen von Licht und Ton auf die eine oder andere Weise erinnern.

Alle Satsangs in dieser Stadt wurden entweder in Hindi oder in Punjabi abgehalten, aber hier und da gab der Meister Erläuterungen in Englisch.

Eine davon war:

Als ich vor kurzem nach Amerika ging, erzählte ich den Leuten dort über das Fernsehen, dass, wenn sie Frieden wünschten, sie sich über alle ‚Ismen‘ erheben müssten und die Herrscher sich über ihre Kronen und ihre Länder erheben sollten.

Während eines Abendsatsangs sprach ein Ergebener aus dem Westen einige Worte zu Ehren des Meisters. Er erzählte den mehr als 2000 Zuhörern von seinen Zweifeln direkt vor seiner Initiation, ob Kirpal Singh Ji auch der Wahre Nachfolger des großen Meisters Hazur Baba Sawan Singh Ji sei. Jedoch seien seine Zweifel augenblicklich behoben worden, als eines Nachts Meister Kirpal Singh ihm in Seiner Strahlenden Form erschien und für mehre Stunden bei ihm blieb.

Der Tag der Initiation war der Höhepunkt der Anwesenheit des Meisters in Jullundur, aber es war nicht genügend Raum zum Sitzen für die ausländischen Ergebenen vorhanden.

Nawanshar

Wieder erfolgte ein schneller Aufbruch im Anschluss an das Essen nach der Initiation in Jullundur, und die Stadt Nawanshar wurde am späten Nachmittag erreicht. Hier wurde ein örtlicher Jain-Tempel die Zweitage-Unterkunft für die ausländischen Begleiter des Meisters. Der Satsang am nächsten Tag wurde (in englisch) auf dem Lande in der Nähe eines Zuckerrohrfeldes abgehalten, dem der neu errichtete Kirpal Ashram gegenüberlag. Die folgenden Auszüge stammen aus diesem Vortrag:

Führt den Namen Gottes nicht achtlos – gebraucht ihn nur mit einer bestimmten Absicht. Wir sollten das Gedenken an den Meister so sehr entwickeln, dass wir beim Schlafengehen beim Meister sind. Wenn wir uns andererseits zu sehr an die weltlichen Dinge erinnern, werden wir von der Welt träumen. Lasst euer Gemüt niemals leer sein. Je nachdem, an wen wir ständig denken, können wir schließlich ... den Zustand erlangt habt, werdet ihr das liebevolle Gedenken an Ihn auch nicht inmitten von Millionen von Menschen verlieren. Das Band der Liebe zwischen dem Meister und Seinem Schüler ist stärker als Eisenketten.

Wie das Kind aus dem Mutterleib geboren ist, so ist die Seele aus Gott geboren. Auf diese Weise ist die Mutter an das Kind gebunden, und so ist auch Gott an die Seele gebunden. Wenn immer die Seele danach ruft, Ihn zu finden, sendet Gott jemanden, um sie zu Ihm zurückzuholen.

Der Meister fuhr fort mit einer Geschichte über den großen Heiligen Surdas:

Er war ein Kapitalist und schrecklich in eine Prostituierte verliebt. Er pflegte sie jeden Tag zu treffen; aber eines Tages hatte er so viel zu tun, dass es spät abends wurde, bevor er Zeit fand, zu ihr zu gehen und sie zu sehen. Auf dem Weg dorthin musste er einen Fluss überqueren, aber es war kein Boot in Sicht. Etwas trieb vorbei, was Surdas irrtümlich für sein Boot hielt und womit er hinüberpaddelte. Als er ihr Haus erreichte, fand er die Haupttür verschlossen. In seiner Verzweiflung entschloss er sich, an einem Strick zu ihrem Fenster hinaufzuklettern, der vom Dach herunterhing.

Endlich traf er seine Geliebte und erzählte ihr von den Hindernissen auf dem Wege, die ihn aber nicht hätten abhalten können, sie zu erreichen. Später stellte sie fest, dass der Strick, an dem ihr Liebhaber heraufgeklettert war, eine Schlange und das Ding, das er für ein Boot hielt, ein menschlicher Leichnam war. In seiner großen Liebe zu ihr hatte er zu diesem Zeitpunkt keinen Unterschied bemerkt.

Hier bemerkte der Meister:

Ihr seht, Liebe verschönt alles.

Als sie Surdas blinde Liebe zu sich erkannte, sagte sie zu ihm, falls er nur ein Hundertstel dieser Liebe zu Gott hätte, käme Gott sicher zu ihm. Als Antwort auf diese Bemerkung riss Surdas sich seine Augen aus, um nicht länger durch die Dinge dieser Welt angezogen zu sein. Er fasste dann den festen Entschluss, den Rest seines Lebens dem Dienst an Gott zu widmen. Die Geschichte zeigt, dass er schließlich ein großer Heiliger wurde.

Pratap Singhs hingebungsvoll gesungene Hymne über Guru Ram Das beschloss diese Erzählung. Liebevoll erklärte der Meister:

Ram Das Ji liebte seinen Meister so sehr, dass Er sich unwiderstehlich angezogen fühlte. Die Anziehungskraft der Liebe, die aus den Augen des Meisters kam, war so berauschend, dass er nicht anders konnte, als bei Ihm zu sein, ganz gleich, was die Welt dazu sagte. Die Augen sind die Fenster der Seele.

Kabirs Worte gebrauchend, fuhr der Meister fort:

O Mensch, bisher hast du immer mit den Menschen der Welt gespielt. Wenn du das Spiel verlierst, wirst du unglücklich; wenn du gewinnst, wirst du den Besitz irgendeines anderen wegnehmen, und das macht jenen unglücklich. Es wäre weitaus besser, du würdest mit Gott spielen; wenn du verlierst, wirst du Sein, wenn du gewinnst, wird Er dein. In beiden Fällen wirst du dich glücklich mit Ihm verbinden.

Gleich nach dem Satsang wurde den westlichen Gästen als köstliche Überraschung frisch geschnittenes Zuckerrohr angeboten und ihnen gezeigt, wie man es schält und isst.

Unter den Mitreisenden im Bus war ein alter Inder in einfacher Kleidung. Während der Zeit des Darshans pflegte er stets bescheiden hinter den anderen zu sitzen. Bei einer Gelegenheit schaute der Meister ihn direkt an und sagte:

Oh, dort ist ein guter Mann.

Es stellte sich heraus, dass dieser liebevolle Mann vor 52 Jahren durch Baba Sawan Singh Ji initiiert worden war.

Ludhiana

Die dreistündige Fahrt nach Ludhiana ging schnell vorbei, weil Pratap Singh zauberhafte Bhajans von Kirpal sang.

Die Abendsatsangs wurden auf einem großen Tempelplatz abgehalten. Die erste Nacht war ‚Diwali‘ (das Fest des Lichts). Der Meister erinnerte Seine Zuhörerschaft daran, dass ‚Diwali‘ das Symbol für das Innere Heilige Licht ist, welches im menschlichen Körper gefunden werden kann.

Aus den Veden zitierend fuhr Er fort:

Führe uns von der Unwirklichkeit zur Wirklichkeit. Was ist nun unwirklich, und was ist wirklich? Das Wirkliche ist einzig das, was ewig und unveränderlich ist. Das ist Gott. Auf der anderen Seite ist die Unwirklichkeit alles das, was veränderlich und nicht ewig ist. Das ist die Welt. In unserem Fall ist der Gang zur Kirche oder zum Tempel, den wir immer wieder hin und zurückmachen, ohne die Verwirklichung zu erlangen, genau dasselbe, wie wenn ein Arbeiter Tag für Tag arbeitet, ohne den Lohn dafür zu erhalten.

Die Pilgerorte entstanden durch die Heiligen, Die dort gelebt hatten; und Sie konnten die Erkenntnis geben. Aber wir sollten nicht zu solchen Orten gehen in der Hoffnung, dort Erkenntnis zu erlangen, da die Heiligen der Vergangenheit dort nicht mehr sind. Dies ist der Grund, weshalb wir zu einem Lebenden Heiligen gehen sollten.

Ein Wahrer Heiliger ist wie ein Boot, das auf dem Wasser schwimmt, weil es innen trocken ist. Doch wir reisen in einem Boot, das voll Wasser ist (weltlicher Begierden und Eindrücke), und deshalb sinkt unser Boot.

Christus sagte:

Ich bin gekommen, auf dass, die da nicht sehen, sehend werden, und die da sehen, blind werden.

Die guten Freunde sind die, in deren Gemeinschaft wir unsere schlechten Angewohnheiten verlieren. Das sind die Gurus. Naam ist wie Feuer, und wenn ihr in der Nähe des Feuers sitzt, erhaltet ihr Wärme (geistige Ausstrahlung). Durch Naam werden die Rückwirkungen aus unserer Vergangenheit – gute oder schlechte – zerstört. Keine Verwandtschaft, keine Verbindung zur äußeren Welt wird uns Erlösung bringen. Gute Taten sind gute Taten, daran gibt es keinen Zweifel, aber sie werden euch keine Erlösung bringen.

Gott kann nicht beschrieben werden; wenn Er sich jedoch zum Ausdruck bringt, kann Er gesehen werden. Wenn die zehnte Tür geöffnet ist, werden wir zunächst Dunkelheit sehen, und dann fangen wir an, mit der Hilfe des Gurus Licht zu sehen, und was seht ihr hinter dem Licht? Das ist die Frage. Das wird der Guru euch erzählen, wenn Er euch initiiert. Aber das ist kein Gegenstand für Argumentation, Diskussion oder Erörterung. Das ist eine Erfahrung, die man aus den Händen eines Kompetenten Meisters erhält.

Während einer Morgen-Meditation hatte eine alte Dame (Initiierte) eine Vision vom Meister. Sie fragte den Meister Innen, ob sie Ihm irgendwie helfen könne, Sein Kreuz (Last) zu tragen.

Er sagte:

Ich trage kein hölzernes Kreuz, aber ich trage eine goldene Schere (offensichtlich, um die weltlichen Bindungen Seiner Initiierten zu zerschneiden).

Am selben Morgen erklärte Er:

Sein Gemüt ruhig zu halten ist für die Meditation noch mehr förderlich als einfaches Schweigen einzuhalten.

Bevor wir am 28. Oktober zurückkehrten, wurden die letzten beiden Stationen der Reise des Meisters besucht. Satsangs wurden sowohl in Jagourn als auch in Ambala gehalten, Initiation wurde in Ambala gewährt. Damit belief sich die gesamte Zahl derer, die Naam erhalten hatten, auf 1305.

Bei der Ankunft im Sawan Ashram, Delhi, verließen müde Körper mit frohen Gesichtern den Bus. Ein jeder hatte Seine Universale Liebe für alle beobachten und an ihrer Fülle teilhaben können.