Die Reise nach Bombay

Bericht von Kate Tillis über des Meisters Dezember-Reise

Unser Meister nahm uns mit auf die Reise; wir hatten das Glück, bei der Eröffnung des neuen Manav Kendra in der Nähe von Baroda dabei zu sein und dann die Reise fortzusetzen nach Bombay, wobei wir auf dem Weg dorthin verschiedene Zentren besuchten. Wir reisten mit einem Sonderbus, der des Meisters Wagen folgte. Der Bus war mit indischen und westlichen Satsangis besetzt.

Vom Meister mit auf Reisen genommen zu werden bedeutet, einen Härtetest bezüglich der Entwicklung zum Menschen durchzumachen – und eine große Spirituelle Unterstützung zu bekommen. Bevor wird abreisten, warnte uns der Meister vor der Anstrengung des Unternehmens. Ferner sagte Er:

Wenn ihr empfänglich seid, werdet ihr Nutzen davon haben, aber wenn ihr euch nach außen ziehen lasst, um die Gegend anzusehen und Einkaufsbummel zu machen, wäre es besser, hierzubleiben und zu meditieren.

Der Bus erschien um 11 Uhr morgens im Ashram, und es war vorgesehen, dass wir gegen Mittag fahren sollten, aber infolge verschiedener technischer Dinge brachen wir nicht vor 3 Uhr nachmittags auf, und dann kamen wir auch nur bis zur nächsten Werkstatt, wo wir alle Reifen wechseln lassen mussten. Das dauerte eine Stunde. Als wir dann schließlich los fuhren, war es klar, dass wir den Ort, an dem der Meister sich aufhielt, erst in den frühen Morgenstunden erreichen würden. Und es war offensichtlich, dass unser Fahrer sehr langsam war und wenig Vertrauen hatte.

Um 4 Uhr morgens erreichten wir Ajmeer, wo der Meister im Hause von drei Satsangi-Brüdern wohnte. Wir wurden direkt in einen Raum geführt, wo viele Inder auf dem Boden saßen und Bhajans sangen, während sie auf des Meisters Darshan warteten. Der Meister kam aus Seinem Raum und gab uns einen liebevollen Darshan. Zum Schluss sagte Er uns, dass das Frühstück für uns fertig sei. Dann wurden wir von den drei Brüdern mit großer Liebe und Aufmerksamkeit mit einem köstlichen Mahl bedient; anschließend zeigten sie uns die vielen Betten, die sie für uns hergerichtete hatten. Wir konnten uns eine halbe Stunde niederlegen, bevor wir die Reise fortsetzten – der Meister war schon abgefahren.

Wir waren vielleicht eine Stunde gefahren, als wir über ein großes Loch fuhren und eine Feder brach. Wir schlichen dann kilometerweit im Schneckentempo bis zur nächsten Stadt, wo die Reparatur der Feder drei Stunden beanspruchte. Während dieses erzwungenen Aufenthaltes fragte einer der Mitreisenden einen der indischen Brüder:

Wann werden wir Ihrer Meinung nach heute Nacht unseren Bestimmungsort erreichen?

Er antwortete:

Kal ist Zeit und Zeit ist Kal (dasselbe Wort in Hindi), und wir sind alle im Schoß des Gurus.

Er lächelte heiter. So setzen wir uns in einem freundlichen Feld nieder und meditierten. Sich Sorgen zu machen oder zu grübeln oder etwas vorauszusagen zeigte sich als völlig nutzlos. So viele Worte des Meisters fielen uns ein:

Denkt nicht an die Vergangenheit oder die Zukunft, lebt nur in der Gegenwart,

und:

Seid wunschlos.

Weil wir hilflos waren, wurden wir wunschlos, und Er hob uns empor und hielt uns in Seinem Frieden. Während der gesamten Tour waren wir innerlich durch Seine Barmherzigkeit emporgehoben. Alles, was wir erhielten, war eine wundervolle Gabe von Ihm: Schlaf, Wasser, Speise, eine Rast am Straßenrand, um die verkrampften Glieder zu lockern, natürlichen Bedürfnissen zu folgen und den erfrischenden indischen Tee zu trinken. Normalerweise hält man es für selbstverständlich, dass immer Essen da ist, ein Bett zum Schlafen, Wasser zum Waschen. Auf der Tour war es nicht so – nichts konnte als sicher gelten. Diese zweite Nacht waren wir immer noch auf Reisen. Um Mitternacht fuhren wir einen anscheinend endlosen Pass in den Bergen hinauf über Straßen, die repariert wurden und deren unsichere Oberfläche den Fahrer, der zweifellos an seine Autofederung dachte, veranlasste, noch langsamer zu fahren als bisher. Schließlich erreichten wir die Höhe des Passes, wo sich ein Jain-Kloster befand, von dem uns erzählt wurde, dass es Reisenden besondere Annehmlichkeiten bot, man sprach sogar von warmem Wasser. Wie dem auch sei, zwei Busse waren bereits vor uns angekommen, und ihre Passagiere genossen sicher schon diese Bequemlichkeiten. Für uns wurde eine Reihe leerer Zellen geöffnet, und wir legten uns sehr dankbar auf den Steinfußboden. Die Toilette bestand aus einem Loch im Fußboden, und Waschmöglichkeiten gab es unter einer Anzahl von Wasserhähnen im Hof. Uns wurde gesagt, dass wir am nächsten Morgen um 8 Uhr weiterfahren sollten, aber wir wurden schon um 3.30 Uhr geweckt und befanden uns gegen 4 Uhr wieder auf Reisen.

Wir erreichten Baroda, wo der Meister sich aufhielt, etwa 12 Stunden später. Wir wurden direkt zu Seinem Haus gebracht, um Seinen Darshan zu haben. Hier war es, dass die Reiseteilnehmerin plötzlich den Wunsch äußerte, ob wir nicht erst zu unseren Quartieren gehen könnten, so dass wir nicht schmutzig, verschwitzt und zerzaust vor unserem Meister erscheinen müssten. Der Wunsch war einfach nach etwas Wasser zum Waschen. Dieser Wunsch zerschlug gänzlich die Reinheit und den Frieden, in dem der Meister uns bis dahin gehalten hatte – die Reisenden wurde verdrossen und müde und begann die Menschen anzuschnauzen. Welch ein Fall aus der Gnade! Aus dieser Lektion konnte ich lernen, wenn man ohne Wunsch ist, kann einen nichts berühren; man wird in vollkommenem Gleichgewicht gehalten. Es ist alles Seine Gnade.

Während des Darshans sagte der Meister:

Ich muss immer umherreisen; das ist mein Schicksal; aber ihr brauchtet nicht mitzukommen, ihr habt es so gewählt.

Man erinnerte sich lebhaft an die Worte Christi:

Die Füchse haben Gruben, und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber des Menschen Sohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege.

Bei einer anderen Gelegenheit sagte der Meister, wir würden uns nicht beschweren, weil

Liebe keine Lasten kennt,

und fügte hinzu, dass es für Ihn kein Ausruhen gebe. Als der Meister durch Europa und beide Teile Amerikas reiste, bewunderten die Menschen Seine Fähigkeit, mit den Anforderungen Seines strapaziösen Programms fertig zu werden. Aber Tatsache ist, dass der Meister immer in dieser Weise lebt. Für Ihn gibt es keine Ruhe. Es gibt keinen Augenblick, in dem Er sich nicht für uns hingibt.

In Baroda erhielten wir eine herrliche Unterkunft in einem modernen Hotel. Das Essen wurde in einem Langar – freie Küche – serviert, wo wir au dem Boden saßen und köstliche Speisen von Tellern aus Blättern mit den Fingern außen. Hier erlebten wir wieder diese wunderbare Liebe und den Dienst, der an uns durch Satsangis verschwendet wurde, wohin wir auch immer gingen; wie es ein Mitreisender ausdrückte:

Wir werden wie Prinzen behandelt.

Es machte uns sehr demütig – aber wir wussten, es war alles ein Dienst für unseren Meister.

Der neue Manav Kendra liegt 18 km von Baroda entfernt im Dorf Kandari. Das Dorf erklärte sich bereit, etwa 70 Morgen Land zu geben, nachdem die Satsangis, die darum baten, nur etwa eine Viertelstunde mit ihnen gesprochen hatten! Am 14. Dezember wurden bei strahlendem Sonnenschein inmitten glücklicher Menschenmassen mehrere Ansprachen gehalten, der neue Mansarovar wurde mit Wasser gefüllt und der neue Manav Kendra eröffnet. Das Hospital ist bereits gebaut; es wird eine Schule dort sein, und der Boden wird intensiv bebaut werden: Dienst am Menschen und Dienst am Land. So geht das große Werk des Meisters zum Nutzen der Menschheit einen schritt vorwärts.

Wir sahen den Meister nur sehr wenig während dieser Tour, normalerweise nur bei öffentlichen Satsangs, aber der ganze Bus war erfüllt von Seiner Gegenwart, und oft begannen die indischen Frauen Bhajans und Lobgesänge auf unseren Satguru zu singen, während diejenigen, die aus dem Ashram kamen, wie Dr. Mool Raj, Freude daran fanden, Geschichten vom Meister zu erzählen.

Unser Fahrer war kein Satsangi und hatte kein allzu großes Können im Bedienen des Busses gezeigt. Eines Morgens wurde seine Aufmerksamkeit durch einen entgegenkommenden Transporter gefangen genommen, und er schwenkte plötzlich aus, um ihm auszuweichen. Man hatte das Gefühl, als würde der überladene Bus zur Seite kippen – in diesem Moment erschien der Meister dem Fahrer und gab ihm, wie er sagte, die Kraft, den Bus auf der Straße zu halten. Von da an fuhr er mit großem Elan und Zutrauen. Er wusste, dass er unter Göttlichem Schutz stand. Trotzdem kamen wir immer zu spät zu den Satsangs, immer erst dann, wenn der Meister bereits auf dem Podium war.

In Bombay hielt der Meister zwei Satsangs ab und gab dem letzten Morgen Initiation. Während unseres Dortseins gab es eines Morgens einen Bus-Streik, und wir wurden gebeten, wegen eventueller Krawalle nicht hinauszugehen – so meditierten wir den ganzen Tag in der Klinik, wo wir untergebracht waren. Am Abend gingen wir zum Darshan zu des Meisters Haus durch die verkehrsfreien Straßen. Später wurde der Streik für beendet erklärt, und wir konnten zum Satsang gehen.

Auf der Rückreise hielt der Meister in der hübschen Stadt Kalyan an. Wir gingen direkt zum Satsang (verspätet wie immer), wo wir unseren Meister strahlend schön auf der weißen Rednertribüne sahen, mit weißen Vorhängen hinter Sich.

Am nächsten Tag gab Er Initiation, und während diese stattfand, hatten wir vier Stunden zur Meditation in einer sehr stark geladenen Atmosphäre. An diesem Abend sprach Er über Liebe, und Liebe floss aus Ihm und durchtränkte uns alle. Noch später am Abend gab der Meister eine Pressekonferenz. Als Er ankam, war ein goldener Thron für Ihn bereitgestellt, aber Er weigerte sich, auf ihm zu sitzen, und wartete, bis ein gewöhnlicher Stuhl gebracht wurde. Er sprach über den Manav Kendra und sagte:

Es ist besser, einen Grashalm wachsen zu lassen, als patriotische Arbeit zu tun.

Er erzählte, wie Er als junger Mann auf der Suche nach der Wahrheit war und dass Er medizinische Vorlesungen besuchte, aber nicht weitermachen konnte; später besuchte Er eine Landwirtschaftsschule, aber auch hier konnte Er nicht weiterstudieren – in beiden Fällen in Ermangelung des notwendigen Geldes. Und schließlich fand Er die Wahrheit zu Füßen Seines Meisters:

Und jetzt breitet sich das Werk wie ein Waldbrand aus,

und Er zählte Zentren in der ganzen Welt auf. Dann sagte Er:

Es gibt eine Kraft und ein Bewusstsein

und

alles Wissen und alle Kenntnisse ohne das Wissen um die Seele bringen euch nicht weiter.

In Kalyan hielten wir uns in den Räumen über einem Hindhi-Tempel auf; sie waren sehr bunt mit rosa und blauen Farben bemalt.

Nachdem wir den ganzen Tag und die volle Nacht (mit einer kurzen Unterbrechung im Hause eines Satsangi zur Erfrischung und zum Ausruhen) durchgefahren waren, erreichten wir den Ashram gegen 5 Uhr am nächsten Morgen. Die meisten von uns waren an kleineren Unpässlichkeiten erkrankt wie Magenverstimmung, starke Erkältung, Kopfschmerzen, Durchfall usw. Aber niemand hätte für noch so viel auf die Reise verzichten mögen. Während dieser Reise waren alle jene quälenden Sorgen, die gewöhnlich die westlichen Menschen bedrängen, wie zum Beispiel: Wohin gehen wird? Wann werden wir ankommen? Was werden wir dort vorfinden? Werden wir zu essen haben, werden Wasser und Betten da sein? – plötzlich verschwunden, weil es keine Antworten gab. Wir hatten einfach das anzunehmen, was uns gegeben wurde im Augenblick, wo es gegeben wurde. Für eine kurze Zeit hob der Meister diese beiden Tyrannen – Raum und Zeit – auf. Wir hatten keine Sorgen. Wir waren frei. Wenn wir von jetzt an doch nur alle Tage vollständig nach Seinem Willen leben könnten, dann würde die Reise unseres Lebens durch Zeit und Raum keine Bewegung mehr sein, sondern Ruhe in Ihm.

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O Gott! Lass mich sicher ans andere Ufer schwimmen; ich kann es nicht, so strecke mir Deine hilfreiche Hand entgegen.

Gond Namdev