Darshan im Manav Kendra

Sonntagmorgen, 24. Februar 1974

Um 9.15 Uhr vormittags kam der Meister, um eine Meditation abzuhalten. Sie fand auf Seinen Vorschlag hin in der Versammlungshalle statt, weil am Tag zuvor in der Vorhalle draußen die Sonne selbst zu dieser frühen Stunde zu stark gebrannt hatte.

Seine ersten Worte, während Er auf das niedrige Bett stieg, das als Plattform vorbereitet war, lauteten:

Kommt ihr alle gut voran?

Dann überwachte Er die Unterbringung einiger Seiner Kinder, die draußen auf dem Gras auf Ihn gewartet hatten und nun keinen Platz auf dem dicht besetzten Boden finden konnten.

Du kannst auf dem Stuhl sitzen, ohne Karte. Einer kann hier sitzen, auf dieser Seite. Macht dort für einen Platz. So ist es gut. Einer oder zwei können hierher kommen. Möchte sonst noch jemand einen Stuhl?

Er begann mit den Meditationsanweisungen, indem Er sagte:

Seid nun bereit zu sterben! Jeder möchte leben, ist es nicht so? Dies ist ganz das Gegenteil. Menschen, die hierher kommen, möchten sterben. Lernt, wie man stirbt. Meditation bedeutet sterben. Seid ihr bereit zu sterben? Dann freut euch, versteht ihr?

Eineinhalb Stunden später unterbrach Er uns, indem Er sagte: ‚Hört auf, bitte‘, und Er fragte nach dem Ergebnis. Wir hoben unsere Hände, um anzuzeigen, was wir durch Seine Gnade Innen gesehen hatten; und wie es Seine Gewohnheit ist, vermerkte Er die Zahlen kurz auf einem Stückchen Papier – an diesem Morgen auf der Rückseite einer kleinen Geschäftskarte. Während der Ergebnisbefragung wandte sich der Meister an diesen Satsangi und fragte: ‚Warum schreibst du das auf?‘ Er brachte es fertig zu antworten: ‚Der historischen Genauigkeit wegen‘, was den Meister nicht zu beeindrucken schien. Aber von unserer Ebene des Verstehens aus gesehen, sind wir so erfüllt von Erstaunen und tiefer Dankbarkeit für das Geschenk des Inneren Lichts und Tons, dass wir eine Aufzeichnung von dem Ergebnis behalten möchten als einen lebendigen Beweis für die Größe und Barmherzigkeit unseres geliebten Meisters.

Das Ergebnis war wie folgt:

10 sahen die Form des Meisters

19 sahen starkes rotes Sonnenlicht

70 sahen gewöhnliches rotes oder purpurnes Licht

35 sahen starkes Mondlicht

42 sahen gewöhnliches weißes Licht oder weiße Wolken

51 sahen blauen Himmel und Sterne

25 sahen den großen Stern, den großen Mond oder den kleinen Mond

7 überquerten den Mond oder er barst

8 sahen nur Lichtblitze

2 sahen kein Licht

Von den 140 anwesenden westlichen Satsangis waren die meisten seit der Konferenz zur Einheit des Menschen da, die drei Wochen früher abgehalten worden war. (Bei weitem der größte Anteil bestand aus Amerikanern; es waren auch Kanadier, Deutsche, Griechen, Franzosen, Afrikaner, Südamerikaner und Engländer dort.)

Der Ergebnisbefragung folgten weitere Meditationsanweisungen, wobei die Bedeutung der Genauigkeit nachdrücklich betont wurde und dass wir unsere Zeit nicht mit müßigem Gerede und Klatsch vergeuden sollten, während wir beim Meister sind. Er hob noch einmal hervor, dass das, was wir Innen empfangen, das ‚Brot und Wasser des Lebens‘ ist.

Der Meister hielt dann eine kurze Rede für uns:

Was ist das Schicksal eines Baumes der nicht Frucht trägt? Er wird zum Verbrennen benutzt. Ein Baum wird an den Früchten erkannt, die er trägt. Dies ist also das Brot und Wasser des Lebens, die Nahrung der Seele. Alle Meister haben Sich in Ihren Schriften darauf bezogen.

Maulana Rumi sagt:

Nun seht hierher, steigt einfach über das Türmchen des Körpers und haltet den Ton, der von oben kommt; die Stimme Gottes, die euch nach Hause zurückruft – ‚Kommt zurück nach Hause, Kinder!‘ Wisst ihr, wie man sich konzentriert? Wieviel Zeit braucht ihr? Es ist sehr einfach. Die Gebildeten und die Ungebildeten haben beide das gleiche zu tun.

Zwei Männer kamen zu einem Lehrer: ‚Herr, wir sind gekommen, um zu lernen.‘ Der eine war ungebildet, und der andere war gelehrt. Zu dem ungebildeten Mann sagte er: ‚Nun, sieh hierher, hier sind die Stufen – einhundert Stufen; sie werden dich zum Dach des Gebäudes bringen, und wenn du es erreichst, wirst du die Sonne in all ihrem Glanz aufgehen sehen.‘ Der unwissende Mann begann sogleich.

Zu dem gelehrten Mann sagte der Lehrer:

‚Nun, lieber Freund, ich verlange doppelte Gebühr von dir.‘

‚Aber ich bin ein Gebildeter! Warum?‘

Weil ich dich zuerst unwissend machen muss.‘

Aber‘, sagte der Gebildete, ‚wo ist der Beweis, dass ich das Licht oben sehen werde?´ Erste Frage: Gibt es einen Beweis? Er braucht einen Beweis; er geht nicht auf das Wort des Lehrers hin. Dann muss der Lehrer aus den Schriften anführen – der und der Meister sagt dies, dieser und jener Meister sagt das, und diese und jene Schrift sagt etwas anderes.

Nun gut, wenn ich hinaufgehe und mein Fuß ausgleitet, was geschieht dann?‘ Mehr Fragen. Schließlich versucht Er hinaufzusteigen. Dann sagt Er: ‚Es ist ganz dunkel‘, weil er das Dach nicht erreicht hat. Seine Aufmerksamkeit ist noch auf dem Weg, seht ihr. Ihr müsst zum Sitz der Seele im Körper gelangen, der ist hinter den Augen.

Ich finde auch gebildete Menschen solcher Art. Einer sagt: ‚Wenn ich in der Sonne sitze, sehe ich Licht, aber nicht zur Nachtzeit.‘ So denkt er, wenn er sitzt und die Sonne draußen scheint, an die Sonne draußen; wie kann er da Innen Licht sehen? Bei Nacht, wenn draußen völlige Dunkelheit herrscht, meditiert er und sagt, es ist alles Dunkelheit. Seine ganze Aufmerksamkeit ist bei der Dunkelheit draußen. Seine ganze Aufmerksamkeit ist bei der Dunkelheit draußen. Wie vermag er das Licht bei Nacht zu sehen? Dies sind die Theorien der gebildeten Menschen.

Bildung ist also eine Blumengirlande um den Hals eines praktischen Menschen. Er wird es auch auf so viele Arten erklären; aber die Arbeit, die zu tun ist, muss gleicherweise von den Gebildeten oder Ungebildeten, von Jungen oder alten getan werden.

Die Lehren aller Meister sind dieselben für alle – der Innere Weg. Ob du gebildet bist oder nicht, reich oder arm, du bist an erster Stelle ein Mensch. Und Gott wohnt glücklicherweise in demselben Gebäude, in dem du bist. Irgendwo anders wäre es sehr schwer gewesen, Ihn zu finden. Spiritualität ist nicht so schwierig, wie wir sie gemacht haben; sogar ein kleines Kind versteht sie. Je gebildeter ein Mensch wird, desto schwieriger erscheint sie. Alles, was ihr zu tun habt, ist, ihre eure ganze Aufmerksamkeit entgegenzubringen. Das gibt euch mehr Bewusstsein – euer eigenes Bewusstsein an einer Stelle gesammelt. Wenn ihr mit dem höheren Bewusstsein in Verbindung kommt, dann werdet ihr allwissend. Gott ist alle Weisheit.

Seht ihr nicht, dass dies so einfach ist? Ist es schwierig? Ihr könnt es an einem Tag, in zehn Tagen, in zehn Monaten, zehn Jahren oder zehn Geburten tun. Warum nicht alles sofort tun und sich vervollkommnen? Möchtet ihr nicht im Schoße eures Vaters schlafen? Wie lange wollt ihr die Zeit mit müßigem Gerede und nutzlosen Bestrebungen vergeuden?

Wie ihr seht, ist die Atmosphäre dieses Ortes (Manav Kendra) ruhig, ganz abgeschnitten vom Lärm der Stadt. Aber die beste Einsamkeit ist in euch selbst.

Haltet eure Aufmerksamkeit ganz in euch selbst. Als Emerson einen Zufluchtsort finden wollte, einen abgeschiedenen Platz, ging er in ein Gasthaus, wo Hunderte kommen und Hunderte gehen, wo sich niemand um einen kümmert; du kümmerst dich um keinen, und sie kümmern sich um niemanden. Du bist einzig dir selbst überlassen. In Restaurants oder Hotels kommen und gehen Hunderte. Du kannst dich hinsetzen und dich an deinem inneren Frieden erfreuen. So ist also die beste Einsamkeit in dir selbst.

Wenn du Gott in diesem Körper, in diesem Tempel findest, wirst du diesen dann nicht küssen? Wenn du herausfindest, dass Er in diesem Gebäude ist, wirst du selbst die Mauern küssen.

So haltet euch in solch einer Gesellschaft auf, die euch – um es so zu sagen – Ausstrahlung gibt. Gestern saht ihr hier in der Schule die kleinen Kinder. Eines war Mohammedaner, es betete auf Arabisch. Nun, sprecht von Gott in irgendeiner Sprache, die ihr kennt, das ist nicht wesentlich. Englisch oder Latein oder Griechisch oder Arabisch oder Hindi oder Punjabi, es ist in Ordnung.

Begreift ihr? Wenn ihr lacht, lacht ihr nicht gleich, ob ihr Deutsche, Griechen, Russen oder Chinesen seid? Eure Augen strahlen. Wenn ihr im Innern Freude empfindet, strahlen eure Augen natürlicherweise Licht aus.

In dieser Atmosphäre werdet ihr kein Gift der Welt finden. Dies ist der Manav Kendra – versteht ihr nun?

Möchtet ihr jetzt nicht gehen? Setzt so viel Zeit ein, wie ihr nur könnt. Zu jeder Zeit in fröhlicher Stimmung, ganz frisch. Wenn ihr eure Augen schließt, seht Ihn. Seht Ihn, wenn ihr euch von außen zurückzieht; wir haben unser Leben und unser Sein in Ihm.

Gott segne euch alle.