Innere und äußere Ehe

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Alle Meister sagen, dass die Ehe ein Sakrament ist und kein Vertrag. Diese Einrichtung nahm vor Jahrhunderten ihren Anfang. Wir treten ins Leben. Dafür schreiben die Meister eine gute Lebensweise vor. Wir sollten rechtschaffen sein, das heißt, gute Gedanken, gute Worte und gute Taten haben. Alle Schriften sagen uns, dass die Bedeutung der äußeren Ehe ist, für Freud und Leid dieses irdischen Aufenthalts einen Lebensgefährten zu nehmen, um einander zu helfen, Gott zu erkennen, was das höchste Ziel in diesem Menschenkörper ist. Eine eheliche Pflicht mag das Zeugen von Kindern sein; es macht jedoch nicht hundert Prozent unserer Verpflichtungen aus. Wir brauchen einen Partner im Leben. Was Gott zusammenfügt, soll Gott auch scheiden. Es ist die im Hintergrund wirkende unsichtbare Hand Gottes, die zwei Seelen zur Abwicklung des Gebens und Nehmens aus den Rückwirkungen ihrer Vergangenheit zusammenführt.

Doch die Ehe ist für den höheren Zweck der Vereinigung der Seele mit Gott gedacht. Alle Schriften und Religionen bringen das zum Ausdruck. Die Sikh-Schriften führen als ersten Schritt ein rechtschaffenes Leben an: gute Gedanken, gute Worte, gute Taten – und Liebe für alle: niemandes Gefühle verletzen. Liebe kennt natürlich Dienen und Opfern. Einer, der liebt, kennt nur  Geben, Geben und Geben: Sich selbst und auch anderen zu helfen. Ein ethisches Leben mit den normalen Pflichten eines Familienvaters ist ein Schrittstein zur Spiritualität. Das letzte Ziel ist Gotterkenntnis, und wir sollten einander dabei helfen. Der erste Schritt ist ein ethisches Leben.

Wir haben uns verschiedenen Glaubensrichtungen oder Religionen angeschlossen, um Spiritualität zu erlangen. Was ist Spiritualität? Wir sind Geist im Menschen. Spiritualität heißt, den Geist im Menschen von der Bindung an das Gemüt und den nach außen gehenden Kräften zu trennen, sich selbst und Gott zu erkennen. Gott kann nicht durch äußerliche Gebärden erkannt werden.

Das Reich Gottes kommt nicht mit äußerlichen Gebärden.

Dies sind die Anfangsschritte der äußeren Religionen, die wir getan haben; der Hauptzweck ist, Liebe und Ergebenheit für Gott zu entwickeln. Und da Gott in jedem Herzen wohnt und wir Geist im Menschen sind, sollten wir Liebe und Achtung für alle haben – selbst für Tiere, nicht zu sprechen von Menschen.

Was müssen wir mit diesem Ziel vor Augen tun? Die letzte Einswerdung der Seele mit Gott ist die Wahre Hochzeit. Um äußerlich zu heiraten, müsst ihr natürlich zum Priester gehen. Hier wird ein Geistlicher für einen sehr heiligen Mann gehalten, und der kennt sich mit den Heiratsangelegenheiten aus. Genauso brauchen wir für die Innere Wahre Hochzeit der Seele mit Gott Jemanden, Der den Weg kennt und darin bewandert ist. Lernt deshalb, zu den Füßen von Einem zu sitzen, Der Gott erkannt hat, denn wir wollen Gott erkennen. Jene, die dies erreichten, haben alle dasselbe gesagt, natürlich jeder in seiner eigenen Sprache. Doch die Absicht ist dieselbe. Was sagen sie? Der Mensch ist das Höchste in der gesamten Schöpfung und das höchste Ziel, das vor uns liegt, ist Gott zu erkennen. Bleibt in jeder beliebigen Religion. Diese äußere Verbindung zweier Körper – verkörperter Seelen – ist der erste Schritt in Richtung auf das letzte Ziel.

Der zweite Schritt ist, einander dabei zu helfen, Eins mit Gott zu werden. Das ist die Wahre Hochzeit: die der Seele mit dem Ewigen Gott.

Mira Bai hat gesagt: 

Ich bin nun für immer mit Gott vermählt und habe deshalb nichts mehr zu befürchten. Er ist von unwandelbarer Dauer, und so bin ich eine Ehe eingegangen, die niemals zerbricht.

Für diese Hochzeit werdet ihr natürlich Jemanden brauchen, Der im Besitz dieser Inneren Verbindung oder Vollendung ist. Nennt Ihn, wie ihr wollt: Helfer, Meister oder sonstwie. Von Ihm wird angenommen, dass Er Gott erkannt hat. In allen Kirchen sind die Geistlichen dazu bestimmt. Sie sollten sich mit Gott verbinden und auch anderen dabei helfen.

So sollte euer Leben und eure Führung rein sein. Sitzt zu den Füßen von Einem, der Gott erkannt hat. Was wird Er tun? Wenn Er wirklich Gott erkannt hat, wird Er natürlich wissen, was der Vereinigung der Seele mit Gott hilfreich und was ihr hinderlich ist. Er wird euch sagen, wie ihr die äußere Aufmerksamkeit, den Ausdruck der Seele, die gegenwärtig der Welt ergeben ist, von außen zurückziehen und euch über das Körperbewusstsein erheben könnt, um mit Gott, Der bereits dort ist, in Verbindung zu kommen. Eine solche Seele wird belebt, könnte man sagen, die anderen sind tot. (Die Aufmerksamkeit der Seele, die in der Welt zerstreut ist, identifiziert sich so sehr damit, dass sie selbst zur Materie wird.) Sie sind bewusstseinsmäßig gestorben, sie denken ständig an die Materie und die äußeren Dinge und erkennen nichts, was darüber hinausgeht.

Guru Nanak sagte:

Nur der lebt, o Nanak, der erwacht ist, das heißt, der sich Gottes bewusst ist,

genauso, wie ich euch sehe und ihr mich. Nur ein solcher Mensch lebt, alle anderen sind tot.

Das ist es auch, was Christus meinte, wenn Er sagte:

Die Seele stirbt.

Die Seele stirbt nicht; das ist die dahinterliegende Bedeutung.