Buch I / II – (iv)

Zoroastrianismus

Die Essenz der Avesta-Lehren findet sich in den Gebeten der verschiedenen Lebenskulte, wie sie von Zoroaster, dem Meister des Lebens, der vor mehreren tausend Jahren lebte, gelehrt wurden. Edmond Szekely berichtet uns über die letzten beiden Kulte wie folgt:

  1. Der Kult vom Licht des Lebens:

    Der nächste Kult in den Avestas ist der Kult der Menschheit oder, wie es der Zend-Text ausdrückt, der Kult vom Licht des Lebens. Was bedeutet das? Dieses Licht, erklärt Zoroaster, fließt uns seit den entferntesten Zeiten unaufhörlich zu und macht es uns möglich, die vollkommene Weisheit und die Erfahrung der vergangenen Generationen zu besitzen, ohne dass es notwendig ist, das, was sie bereits versucht haben und was sich im Verlaufe der Tausende von Jahren als richtig erwiesen hat, selbst noch einmal in Angriff zu nehmen. Zoroaster hielt es für den größten Fehler, dessen wir uns schuldig machen können, wenn wir dieses Licht des Lebens vernachlässigen und es nur auf ein paar Strahlen begrenzen, statt es in seiner Fülle zu absorbieren, indem man den Kult beachtet, der seinen Namen trägt. Die meisten Textstellen, die sich auf diesen Kult des Licht des Lebens beziehen, werden in dem Buch Vispered des Avesta gefunden, was dem Wort Allwissenheit gleichkommt.

  2. Der Kult vom Ewigen Leben:

    Der neunte und letzte Kult in den Avestas ist der der Sterne, der Kult des Ewigen Lebens. Er wurde hauptsächlich im Altertum bekannt und die meisten Textstellen, die Zoroaster in den Werken der klassischen griechischen Autoren erwähnen, stehen damit in Zusammenhang. Zoroaster zufolge ist das Leben nicht ausschließliches Privileg dieses Planeten. Es gibt unzählbar viele Planeten und Sonnensysteme im unendlichen kosmischen Raum, wo es Leben in einer Vielzahl von Formen gibt. Zoroaster lehrt, dass das Leben eine Form der kosmischen Energie ist, das überall aufkeimt, wo günstige Vorbedingungen angetroffen werden. Leben ist eine kosmische Funktion, eine dem Universum innewohnende Eigenschaft, und jenseits der Grenzen von Zeit und Raum besteht eine universale Solidarität, die alle Lebensformen, auf welchem Planeten sie auch immer sind, verbindet. Gewisse Planeten und Sonnensysteme mögen erscheinen und verschwinden und auf gleiche Weise ihr Leben, aber das Leben selbst, das auf den sich immer verändernden Planeten und Sonnensystemen erscheint und vergeht, ist ewig wie das Universum selbst. Der Mensch ist ein Teil dieses Ewigen Lebens – dieses universalen kosmischen Meeres, das durch die Gesamtheit all der Lebensformen auf allen Planeten gebildet wird. In dem Teil, der dem Kult vom Ewigen Leben gewidmet ist, finden sich die schönsten Hymnen des Avesta.

Der Begriff für das Lebensprinzip ist im Avesta Sraosha (Engel der Inspiration). Im Zend-Avesta findet sich ein Anruf an Mazda, der für jene, die er liebt, Sraosha erfleht.

M.H. Toot, ein großer Gelehrter der vergleichenden Religionen, sagt in seinem Buch Praktische Metaphysik der Anhänger Zoroaster, dass Ratu Zoroaster im 'Gatha Ushtavaita' erklärte:

So enthülle ich das Wort, welches mich der Alloffenbarte gelehrt hat; das Wort, dem die Sterblichen am meisten lauschen sollten. Wer immer mir Gehorsam leistet und unerschütterliche Aufmerksamkeit bezeugt, wird das Allumfassende Vollkommene Sein und Unsterblichkeit erlangen; und durch den Dienst des Heiligen Göttlichen Geistes wird er Mazda Ahura (die Gottheit) erkennen.

HA 45-8

Derselbe Gelehrte zitiert aus 'Ahuravaita Yasna', einem bisher noch unveröffentlichten Werk, folgende Textstellen:

Göttliche Führung des Ewigen Meisters bringt langes Leben auf rechten Wegen zustande, das zum absoluten Reich des Göttlichen Geistes leitet, in dem der Allwissende, Selbstseiende Lebensspender durch Seine alles durchdringende Realität wohnt. Ich erflehe dieses Göttliche Sraosha (das Wort), welches die größte aller Göttlichen Gaben ist, zur Spirituellen Hilfe.

HA 33-35

Das Schöpferische Wort:

vereinigt das sich entfaltende Selbst des Menschen mit Seiner alles durchdringenden Realität. Der Allwissende, Selbst-seiende Lebensspender hat dieses mystische Wort und seinen klangvollen Rhythmus gestaltet, mit dem Göttlichen Befehl der persönlichen Selbstaufopferung für das Universum, für die sich selbst veredelnden Seelen. Welcher ist der Mensch, der mit dem Erleuchteten Höchsten Geist diese beiden (das mystische Wort und den Göttlichen Befehl) den Sterblichen durch Seinen gnadevollen Mund geben kann.

HA 29-7