Spiritueller Vortrag

III

Vers 6

Dharam Rai Ki Kan Chukave – Vish Dubha Kadh Kadijai.

O Nanak, zerbrich alle vergänglichen Fesseln, die dich an die Menschen der Welt binden, denn diese Beziehung ist nur eine vorübergehende. Suche die immer währende Freundschaft der Sants. Während dich die Erstgenannten schon zu deiner Lebenszeit verlassen, werden die Letzteren sogar beim und nach dem Tod bei dir sein.

Allein der Meister ist kompetent, Sich beim Tod eines Menschen um ihn zu kümmern. Die Menschen der Welt, Freunde und Verwandte, unsere nächsten Angehörigen, können höchstens den Sarg bis zum Krematorium oder zum Grab begleiten. Aber was nun mit dem Geist, der den Körper verlassen hat? – dieser gehört dem Meister und Er kümmert sich um ihn. 

Sacha Satgur sev sach sambhalia Ant Khaloiya ai je, Satgur age ghaliya.

Weihe dich dem Wahren Meister und verbinde dich mit Naam. Wenn du das tust, wird dich der Meister zur Zeit deines Austritts aus dem Körper beim Tod empfangen.

Solange du in der physischen Welt lebst, gibt dir diese Kraft in physischer Gestalt Unterweisung und Führung und wenn du diese Welt verlässt, erscheint dieselbe Kraft in ihrer Astral- oder feinstofflichen Form, um dir Freund und Führer zu sein. Somit verlässt Sie dich niemals, bis das letzte Ziel erreicht und du Eins mit Ihr wirst.

Es ist gesagt:

Er ist immer mit dir, in dieser und auch in der anderen Welt; ob du zuhause oder außerhalb bist.

Von dem Augenblick an, wo Er sich um den Geist kümmert, wird der karmische Zyklus von Ursache und Wirkung für immer beendet. Es ist dann an dieser personifizierten Kraft, uns aus den unergründlichen Tiefen weltlichen Verderbens herauszuziehen; und so ruft der Meister unserem sündhaften Tun ein „Halt“ entgegen und empfiehlt uns, uns selbst zu beobachten und zu prüfen. Er ordnet an, das Gewerbe des Karmas (frühere Handlungen), das uns in die Welt gebracht hat, froh und glücklich zu entwirren, und das Sanchit Karma (das aufgespeicherte oder frühere Handlungen, die noch nicht Frucht getragen haben) durch Naam – einem Funken der ewigen Flamme oder dem Bindeglied der wirkenden Gotteskraft – zu verbrennen.

Hazur sagte oftmals:

Wenn ein Meister für die Jivas (verkörperten Seelen) nachdem er sie initiiert hat, diesen großen Dienst nicht tun kann, und sie wohl oder übel wie gefesselte Sklaven durch den Todesboten nach unten gezogen werden, dann ist es besser, wenn sie einem solchen sofort Adieu sagen, und je eher sie es tun, desto besser ist es.

Wegen dieser Machtbefugnis allein, singen all die Schriften Loblieder auf einen Sant Satguru. Der Tod ist der letzte Feind der Menschheit, und diese personifizierte Kraft gewährt den Sieg über den Tod, indem Sie die Seele durch die Initiation befähigt, sich vom Körper zurückzuziehen.

Dadu Ji sagt deswegen:

Dadu pehle mar raho, pachhe mare sab koi.

O Dadu, lerne schon vorher zu sterben (d. h. während des Lebens), denn am Ende müssen alle sterben.

Dasselbe schärft der Koran ein:

Stirb vor dem Tod.

Dies ist der große Gedanke in den Lehren des Korans. Wenn ihr gelernt habt, nach Belieben zu sterben, dann verschwindet der Stachel des Todes, und es gibt keine Furcht mehr vor dem Gott des Todes. Selbst die größten Sünder werden durch die heilsame Berührung der Sants gereinigt, und wenn sie mit Ihnen Verbindung haben, beginnen sie ein neues Leben. Auf die eine oder andere Weise wird ihre Karmische Rechnung abgeschlossen, und sie werden ihre karmischen Schulden beglichen haben.

Bhagat Kabir sagte:

Sona kai na lage, loha ghun rahin khai Bhala bura jo gurbhakt, kabhi na jai.

Gold wird nicht schimmelig, noch wird Eisen von Motten zerfressen. Einer, der dem Guru ergeben ist, kann, welches auch immer seine Handlungen waren, nicht verdammt werden.

Wer auch immer zu einem Meister kommt, kann versichert sein, durch und durch rein zu werden. Der Zyklus der Seelenwanderung wird durch den Druck der Sanskaras (frühere Handlungen) angetrieben. Das unumstößliche Gesetz lautet:

Wo auch immer dein Herz ist, dahin wirst du unweigerlich folgen.

Diese Existenz ist die Folge der Gebundenheit, die aus dem Verhaftetsein und der Verblendung der Welt und den weltlichen Dingen gegenüber stammt. Sollte dein Herz an einem Satguru, der ein befreites Wesen ist, hängen, so wirst du befreit werden und Ihm zu Seinem Wohnsitz nach Sach Khand, dem Ort ewigen Friedens, folgen.

Wir besuchen unsere Kirchen und Tempel und beten um Vergebung. Wir machen am Altar Geständnisse, berichten unsere Unzulänglichkeiten den Priestern in den Tempeln, vor Maulanas in den Moscheen und vor Bhais in den Gurdwaras (Sikh Tempel), aber selten nur geben wir die abscheulichen Verbrechen zu, die wir in den inneren Tiefen unseres Gemüts begehen.

In der Gegenwart von Hazur Baba Sawan Singh Ji,  inmitten von Tausenden, die den Satsang besuchten, standen die Menschen auf und bekannten ihre Fehler. Doch Hazur erhob seine Hand und sagte:

Hört auf mit dem, was getan ist und tut es nicht wieder.

Vers 7

Bharam Suke Bahu Uph Suk Kahie Mil Sadhu Sang Harijai

In diesem Vers sagt uns der Meister, dass wir in den Wahnvorstellungen der Welt verloren sind, genau wie ein verdorrter Baum. Wie der Baum durch Mangel an Wasser an den Wurzeln vertrocknet, so vertrocknen auch wir und verwelken mangels Verbindung mit dem Sant. In dieser nüchternen Welt ist es nur die Liebe zu Gott, die der Baum des Lebens wieder neu beleben kann.

Guru Nanak sagte zu Madhu: 

Mere madhuji, sat sangat mile, so taria, Gur parshad, param pad paya, suke kasat hariya.

O Madhu, eine Verbindung mit einem Meister-Heiligen ist ein grosser erlösender Faktor. Durch die Gnade des Meisters erreicht man den höchsten Himmel und selbst das abgeschnittene und verdorrte Holz (das eingeschrumpfte Gemüt) verjüngt sich wieder. Und somit gibt es für jeden Hoffnung.

Es ist auch gesagt:

Kommt zurück, und nochmals, kommt zurück. Wenn ihr auch euer  Versprechen gebrochen habt, habt keine Angst und zögert nicht, wieder zum  Meister zurück zu gehen. Er ist der Urquell der Gnade und verleiht diese Gnade freimütig an jeden. Und somit braucht ihr, trotz aller gebrochenen  Versprechen, nicht von Seiner Tür wegzugehen. Da es keine Begrenzung für  unsere Sünden gibt, so gibt es auch keine Begrenzung für die Gnade und die Segnung des Meisters.

Hazur Maharaj pflegte zu sagen:

Ein Waschmann bekommt alle Arten von Kleidung zu waschen; vom Mann,  der an der Ölpresse arbeitet, wie auch vom Konditor, und er weigert sich nie, diese anzunehmen. Er weiß, dass jedes Stück die ihm eigene weiße Farbe in sich hat, und dass Er fähig ist, diese wieder herauszubringen, wie es bei einem fachkundigen Waschmann sein sollte.

Es gibt nicht eine einzige Seele in der Welt, die von allen Unzulänglichkeiten frei ist. Eine erleuchtete Seele ist ein Meister in der Kunst, sich selbst zurückzuziehen. Er zeigt uns den Weg, auf dem wir den Geist vom Sinnesplan zu seinem Zentrum zwischen den beiden Augenbrauen zurückziehen können.

Die Sünde besteht im zu starken Verhaftetsein und der Verblendung gegenüber den weltlichen Zielen. Wenn ihr wisst, wie man den Geist von der Sinnesebene zurückzieht, werdet ihr die Sünde weit unten lassen. Selbst wenn ihr Sünder seid, braucht ihr nicht zu verzweifeln, denn der Gottmensch kommt nur in die Welt, um die Sünder zu erlösen. Gott ist die Quelle allen Verzeihens, der Gottmensch ist der Zufluchtshafen für die gefallene Menschheit.

Bidhi Chand war ein großer Räuber, aber Guru Arjan Dev verwandelte ihn in einen Heiligen. Er hatte eine ganze Anzahl solcher Leute im Sangat (Bruderschaft), und einmal wurde beim Kaiser Jehangir eine Klage eingerichtet mit dem Inhalt, dass der Meister eine Menge rücksichtsloser Mordbrenner zusammengezogen habe. Als Er aufgefordert wurde, eine Erklärung dazu abzugeben, antwortete Er:

Diese Leute mögen einmal Räuber gewesen sein, aber sie sind es jetzt nicht mehr.

Viele Diebe und Räuber kamen auch zu Hazur und wurden durch Seine Gnade vollkommen umgewandelt. Die Gnade einer erleuchteten Seele könnte sogar verdorrte Bäume wieder beleben. Auch der Mensch ist wie ein verdorrter Baum, nur mit dem Unterschied, dass seine Wurzeln nach oben gerichtet sind, zwischen den beiden Augenbrauen, wohingegen jene des Baumes abwärts unter die Erde gehen. Gerade wie Wasser, das man den Wurzeln versengten Baumes gibt, frisches Laub hervorbringt, so bringen die himmlischen Wasser der menschlichen Seele die nötige Belebung.

Der Gottmensch bringt die Botschaft der Hoffnung zu allen. Sucht Ihn und dann folgt bedingungslos Seinen Anweisungen; so werdet ihr einen großen Wandel in euch feststellen können. Man kann nicht das Reiten lernen, ohne hin und wieder zu stürzen. Sündigen ist menschlich, aber in der Sünde zu bleiben, ist ein arges Verbrechen. Wenn die Leute zu Hazur kamen und um Vergebung baten, sagte Er einfach:

Lasst in Zukunft davon ab und folgt den Anweisungen; das ist die einzige Hilfe.

Vers 8

Tante Bilamb Pal Dhil Na Kihaj –  Jai Sadhu Charan Lagijai.

Guru Ram Das Ji erklärt nachdrücklich, dass man nicht einen einzigen Augenblick verlieren sollte, da Er allein die Mittel zur Erlösung hat. Wenn einer mittags durch eine sandige Wüste gehen würde, wo ihm die brennenden Winde ins Gesicht wehen und er nicht einen Tropfen Wasser zu trinken hätte, würde er sicherlich ratlos sein. Wenn er aber, während er sich in dieser misslichen Lage befindet, zufällig einen schattenspendenden Baum findet, der voll von wohlduftenden Blüten und süßen Früchten ist, und der sich neben einer Quelle mit kühlem, kristallklarem Wasser befindet, so wäre er mit einem Mal erleichtert und erfrischt.

Maulana Rumi sagt:

O Reisender, setze dich in die Nähe von Einem, der deine Bedürfnisse kennt und unter einen Baum, der voller frischen Blüten ist; anstatt ratlos durch den Marktflecken zu laufen, geh’ zu Einem, Der dich mit Honig speist. Strecke deine Hand aber nicht jedem brodelnden Kessel entgegen, denn er könnte etwas in sich haben, dessen du nicht bedarfst.

Solltest du einer Meister-Seele begegnen, Die dich die Erfahrung der Wahrheit innerhalb deiner selbst machen lässt, dann bezweifle Ihre Worte nicht. Aber wenn einer einfach von dir verlangt, eine bestimmte Lebensweise zu befolgen und das Resultat daraus in der Folge der Zeit erwartet, dann baue nicht auf seine Worte, da sie unbestimmt und ungewiss sind.

Geh zu einem Vollendeten, denn Er allein kann dich vollkommen machen, wie Er selbst es ist.

Vers  9

Ram Nam Kirtan Ratam Vat – Har Sadhu Pas Rakhijai.

Hier erhebt sich die Frage, wovon ein Mensch profitiert, wenn er zu einem Heiligen geht. In Erwiderung darauf sagte Guru Ram Das Ji:

In der Gemeinschaft eines Sadh erlangt man Kirtan (die Musik von Naam, der  alles durchdringenden Kraft). Es ist der größte Reichtum, nach dem man strebt  und trachten kann. Gott verwahrt Seinen Schatz bei den Sadhs.

Alle Heiligen haben von diesem unermesslichen Reichtum gesprochen, im Gurbani oder den Lehren der Meister heißt es: 

Kul kirat, shabat Pachhan Iha bhagat, chuke abhiman.

In diesem Kali-Yuga (eisernes Zeitalter) besteht Kirtan oder die Musik von Naam im Wissen und Erkennen des Wortes oder Shabd. Dies ist die höchste Ergebenheit; sie macht den Menschen frei von Egoismus.

Über Shabd ist gesagt:

Utpat, parlo, shabde Hove Shabde hi, phir utpat hove.

Shabd oder das Wort ist die Kraft, die zu gleicher Zeit schöpferisch, zerstörend und wieder erneuernd wirkt.

Der Himmlische Gesang oder die Göttliche Musik ist ein großer Segen für die Menschheit. In diesem Zusammenhang sagt Maulana Rumi:

Ein Gottmensch hat unzählige Melodien in sich, und die Gott Liebenden finden in Diesem das Elixier des Lebens. Doch leider kann diese Musik nicht  durch die fleischlichen Ohren gehört werden, die ganz und gar nicht an solche Melodien gewöhnt sind.

Sie können nur durch die Inneren Ohren gehört werden. Die Göttliche Musik erklingt unaufhörlich in jedem Menschen, und Sie ist so aufwühlend und bezaubernd, dass man alles andere vergisst.

Guru Ram Das Ji hat von Ihr in folgenden Worten gesprochen:

Diese Göttliche Musik ist das Heiligste des Heiligen. In diesem Eisernen Zeitalter ist Sie die Essenz aller Frömmigkeit, und durch die Gnade des Meisters kannst du diese Musik hören und behalten.

Der Schlüssel, der diese liebliche Musik erschließen kann, ist bei einem Gottmenschen. Es ist gesagt:

An Deiner Tür sind Musiktöne, die schwebend und vibrierend zu meiner Stirn kommen.

Wie gesagt, sie erklingt in jedem Menschen und wird Bani-i-Osmani oder Akash Bani (himmlische Musik) genannt. Die durch menschliche Vermittlung hervorgebrachte Instrumentalmusik kann einige Stunden dauern, aber sie kann nicht ewig weiterklingen, wie es die Himmlische Musik tut. Das immer ruhelose menschliche Gemüt wird durch diese wunderbaren Töne trunken und dadurch ruhig und still. Auch die weltliche Musik hat eine ähnliche Anziehungskraft. Ein giftiges Reptil wird bezaubert von den süßen Tönen der Vina (das Instrument der Schlangenbeschwörer) und die schnellfüßige Antilope wird vom Schlag der Trommel angezogen, sodass sie gefangen werden kann. Auf genau dieselbe Weise wird das menschliche Gemüt von diesen hinreissenden Tönen gefesselt. Wenn die weltliche Musik eine so starke magnetische Wirkung hat, braucht man sich nicht über das gewaltige Wirkungsvermögen der Inneren Musik der Seele zu wundern. Die Heiligen haben bei verschiedenen Gelegenheiten versucht, über diese Musik einen Bericht zu geben:

In diesem Kali-Yuga nimmt die Göttliche Musik die höchste Stelle ein. Nur der Satguru kann uns mit diesen Tönen verbinden. Ich bin meinem Meister zu Dank verpflichtet, Der diese erhabenen Symphonien in mir erschlossen hat. Gesegnet ist der Glückliche, welcher in die Gemeinschaft eines Sant kommt, um durch Seine Gnade der Göttlichen Musik zu lauschen.

Wie man diesen Hari Kirtan erlangen kann, ist die nächste Frage. Die Antwort wird im nachfolgenden Vers gegeben.

Vers 10

Jo Bachan Gur Sat Sat Kar Mane – Tis Age Karh Dharijai.

Wer auch immer die Worte des Satguru oder des Meisters als Wahrheit  annimmt, der wird mit diesen Göttlichen Tönen gesegnet.

Die höchste Gabe spirituellen Reichtum kann nur durch unbedingten Glauben an die Lehren des Meisters erlangt werden. Ihr könnt nicht alles nur dadurch haben, dass ihr Ihn begrüßt und euch vor Ihm beugt, denn es sind die Taten, die zählen und nicht die hohlen Worte.

Satgur bachan hai – bachan hai Satgur.

Der Meister ist nicht getrennt von Seinen Lehren, noch sind Seine Lehren  getrennt von Ihm.

Ihr könnt spirituellen Reichtum haben, wenn ihr nur Seinen Lehren willig und bedingungslos folgt. 

Santan Moko punji bakshi – utra man ka dhoka, Dharam Rai ab kia karege –  jab phato lecha.

Die Sants haben mir die Gabe der Spiritualität verliehen, und all meine  Bedenken sind verschwunden. Der Todesengel hat keine Macht mehr im Hinblick auf das Abwickeln der karmischen Sanskaras (Eindrücke von Handlungen). 

Die Gabe der Spiritualität, wie sie durch den Meister gewährt wird, muss natürlich nach der Ersthand-Erfahrung weiter entwickelt werden, bis die Erfahrung tatsächlich und über jeden Zweifel erhaben unsere eigene wird. Jene, die mit dem Meister in Verbindung kommen und dennoch auf der Sinnesebene verbleiben, sind den Lehren des Meisters nicht mit vollem Glauben und voller Ergebenheit gefolgt. Nicht Beachten der Instruktionen trotz persönlicher Achtung des Meisters ist völlig sinnlos. Wenn Ihr Seinen Worten Achtung zollt, werdet ihr unbedingt Erfolg haben. Die Wissenschaft der Spiritualität ist tatsächlich mehr mathematisch als die Mathematik selbst. Allein die Praxis ist der Schlüssel zum Erfolg und ohne Praxis sind alle Anstrengungen vergebens. Dieser Reichtum liegt in euch und der Meister verbindet euch direkt damit und hilft euch, ihn weiter zu erfahren.

Christus sagte:

Wenn ihr mich liebt, so haltet meine Gebote.

Zur Zeit, als Guru Ram Das Ji zum geistigen Oberhaupt ernannt wurde, hatte Er eine große Anhängerschaft. In jenen Tagen gab es auch viele Zentren, in denen spirituelle Belehrungen gegeben wurden, und sieben Frauen und zwölf Männer waren regelrecht beauftragt für diese Zentren. Die Anhänger des Meisters kamen von nah und fern, manche von Kabul und andere von Ceylon, und die meisten von ihnen sangen hingebungsvolle Lieder, hatten aber keine Innere Erfahrung. Der Meister erkannte die Lage der Dinge und sagte:

Die Ergebenen kommen mit Hingabe und heiligen Liedern auf den Lippen. Das singen und Hören dieser Hymnen bringt allein denen Segen, die an den Instruktionen des Meisters festhalten und sie befolgen.

Wenn wir eine weltliche Wissenschaft erlernen wollen, müssen wir uns auch an die Anweisungen halten, die uns der in dieser Wissenschaft Bewanderte gibt. Ganz genau so ist es bei der Spiritualität. Es ist natürlich die Gnade des Meisters, die dir erlaubt, während der ersten Sitzung zum Zweck der Meditation den Vorgang des Zurückziehens des Selbst zu erfahren. Nach dieser kleinen Erfahrung kannst du natürlich diesen Zustand durch regelmäßige und geduldige Übungen weiter entwickeln.

Vers 11

Santo Suno Suno Jan Bhai Gur Kadhi Banh Kokijai.

Der Meister ruft deshalb mit lauter Stimme gleich einem Trompetensignal Seinen Mitmenschen auf, Ihm zu folgen.

Was Er ruft und welches Seine Botschaft ist, erfahren wir im nächsten Vers.

Vers 12

Je Atam Ko Sukh Nit Loro – Tan Satgur Sharan Pavijai.

Wenn du die unwandelbare und dauerhafte spirituelle Glückseligkeit wünschst, musst du in die Herde des Satguru kommen.

Hazur pflegte zu sagen:

Betrachte mich als einen Vater, einen Bruder oder eben wie einen älteren Menschen; aber komme einmal nach Innen und sei Zeuge der Größe des Meisters; dann steht es dir frei, mich zu nennen wie du willst.

Es hat deshalb wenig zu sagen wie du den Meister am Anfang nennst. Diese ewige und dauerhafte Glückseligkeit der Seele kann man nicht für Reichtum, irdischen Besitz und irdische Genüsse, Wissen und Gelehrtheit, noch für Verdienste, die durch Opfer und Pilgerfahrten erworben werden, bekommen. Sie kann allein durch die Gnade der Meister-Seele erlangt werden, Die einfach sagt:

Klopft Innen an,

und uns sagt, wie wir es machen sollen, und uns tatsächlich bei diesem Vorgang hilft.

Deshalb ist es zu unserem eigenen Nutzen, diesen Vorgang zu entwickeln.

Vers 13

Je Wad Bhag Hoi Ati Neka – Tan Gur Mat Nam Dhari Jai.

O Freund, es ist nur durch großes Glück, dass du durch die Gnade des Meisters förmlich eingepflanzt wirst in Naam (die wirkende Gotteskraft).

Nur durch großes Glück stößt man auf eine hohe und große Seele und wird mit Naam verbunden, so dass man beginnen kann den Nektar des Lebenselixiers zu genießen.

In der Terminologie der Heiligen sind die Blinden nicht die, welche keine Augen haben, oder das Augenlicht nicht besitzen, sondern jene, deren Augen Ihn nicht erblicken und erkennen, und die Ihm somit fern bleiben.

Die Blinden sind nicht jene, die keine Augen im Gesicht haben, o Nanak. Nur diejenigen sind blind, die Gott nicht erblicken.

Die blinden Menschen, wie oben beschrieben, können aus sich selbst heraus die erleuchteten Seelen überhaupt nicht erkennen. Es ist nur Gott selbst, der aus Mitleid einen Menschen auf den Pfad der Meister-Seele stellt.

Was lehrt denn die Meister-Seele? Es heißt:

Nanak eh bidh jano gurmat – Ram Nam liv laya.

O Nanak, erkenne des Meisters Lehre darin, dass Er dich mit Ram Naam verbindet.

In Bezug auf Naam und seine Kraft ist gesagt:

Name hi te sab jag hoiya.

Durch Naam kam die ganze Welt ins Dasein.

Naam ist die Universale Kraft, Die alles offenbar macht. Sie ist Kalb briksh (der dem Wunsch nachgebende Baum).

  • Die Christen nennen sie „Wort“,
  • die Mohammedaner – „Kalma“ und
  • die Upanischaden beschreiben sie als „Udgit“ (Melodie des Jenseits);
  • die alten Weisen sprechen von ihr als „Akash Bani“ (die Stimme der Stille), „Nad“ (Musik) und „Sruti“ (das, was gehört wird), während die Feueranbeter sie als „Sraosha“ achten.

Nun zur Wohnstätte dieser alles umfassenden Kraft – Naam – es wird gesagt, Sie ruht im menschlichen Körper.

Die wertvollen Schätze der Kraft Gottes (Naam) wohnen dem Körper inne.

Es sind nur die sehr begünstigt, die mit dieser Universalen Kraft verbunden werden. Obgleich wir einen, der mit irdischen Besitztümern gesegnet ist, als besonders begünstigt betrachten, ist es doch nur der Reichtum von Naam, der einen auf der letzten Reise in der Todesstunde begleitet und nicht der weltliche Reichtum. Er ist in der Tat „der Trost im Leben und auch danach“, wie Arthur Schopenhauer, der große deutsche Philosoph gesagt hat.

Vers 14

Sab Maya Moh Bikham Jag Trie – Sehje Har Ras Pijai.

Die ganze Welt ist im Wirbelwind der Wünsche und Bindungen verloren. Wir haben uns selbst vollkommen identifiziert mit unserem physischen Körper und seinen physischen Bedürfnissen.

Dieses schreckliche weltliche Meer kann ohne Hilfe eines Meisters nicht erfolgreich durchkreuzt werden. Mit dem Zaubertrank Hari Naam schlägt der Meister den gordischen Knoten, der uns an der Welt festbindet, entzwei. Außer einer Seele, die hier und dort durch die Gnade des Meisters erleuchtet wird, verbleibt die übrige Menschheit in tiefem Schlummer.

Der Unglückliche bleibt in tiefem Schlummer wie „Rip van Winkle“ (eine amerikanische Märchengestalt). Eine einzelne Seele ist durch die Gnade des Meisters erwacht.

Es gibt einen Höhenweg, der sicher durch dieses unergründliche Weltenmeer führt, und das ist das bewusste Erleben und die Verbindung des Geistes mit Shabd, Naam oder dem Wort. Gerade wie die Lotosblume, die im Wasser wächst, ihre lieblichen Blüten aus dem Wasser heraus hält und die Wasservögel ihre Schwingen trocken halten und jederzeit, wie es ihnen gefällt, vom Fluss wegfliegen, so bleibt auch die Seele, die in Shabd vertieft ist, in der Welt, aber ist nicht von der Welt – weder jetzt noch nach dem Tod. 

Jaise jal men kamal niralam, murgai nisane, Surat Shabd bhavsagar tarie, Nanak Nam bahhane.

O Nanak, der Geist, der in Naam getaucht ist, schwimmt leicht und ruhig über das furchtbare Meer, genau wie die Lotosblume und der Wasservogel beide Geschöpfe des Wassers sind und dennoch davon unberührt bleiben.

Der Augenblick, in welchem dem Inneren Auge die Sehkraft wieder gegeben wird, bewirkt einen großen Wandel im gesamten Anblick des Menschen. Man beginnt den wahren Wert des Lebens zu ahnen und abzuwägen und wirkliche Bedeutung jeder Sache zu beurteilen. Man erwirbt Unterscheidungskraft. All das sind die natürlichen Begleiterscheinungen, die von der Gnade des Meisters herrühren.

Vers 15

Maya Maya Ke Yo Adhikai – Vich Maya Pache Pachijai.

Diejenigen, die an den physischen Sinnen haften und nicht an ihr inneres Selbst denken, erleiden einen langsamen und langwierigen Tod. Sie führen ein Leben in äußerster Dunkelheit und scheiden in diesem Zustand aus der Welt.

In ihrem Fall gibt es kein Ende des Zyklus der Wiederverkörperung, und wie ein Bulle, der an die Ölpresse gespannt ist, bleiben sie trotz unzähliger Kreisbewegungen doch wo sie sind – zahllosen Geburten und Toden unterworfen. 

Vers 16

Agian Andher Maha Panth Bikhra – Ahankar Bhar Lad Lijai.

Diejenigen, die nicht mit Naam oder der Großen Kraft verbunden sind oder nicht die günstige Gelegenheit hatten, mit einer Meister-Seele Kontakt zu bekommen, leben in ihrer Unwissenheit ein Leben des Egoismus, der von Tag zu Tag mehr aufblüht, da sie sich durch ihre eigenen Handlungen erhoben fühlen.

Es ist auch gesagt:

Solange einer sich selbst als den Handelnden sieht, bleibt er in der Gewalt von Leben und Tod.

Nur der Meister kann die Seele von ihrer mentalen Besessenheit befreien.

Vers 17

Nanak Ram Ram Ramo Ram Ram-Rame Te Gat Kijai.

O Nanak, identifiziere dich selbst vollkommen mit Ram oder der  alles durchdringenden Kraft, denn dies allein kann dich zur Befreiung führen.

Diese Schätze kann man nur von einem Sant bekommen, und ihr Preis ist unbedingter Glaube an Ihn und dauerndes Praktizieren Seiner Lehren. Dies allein ist der Weg, diesen unschätzbaren Reichtum zu erlangen.

Vers 18

Satguru Mile Tan Nam Drijai – Ram Name Rale Milijai.

Zum Schluss sagt uns der Meister, dass dieser unschätzbare Reichtum von Naam nur von einem befreiten Wesen erworben werden kann. Eine solche Meister-Seele berichtet uns von dem Weg, der herausführt und lässt uns das Zurückziehen der Seele vom Körper erfahren. Sie stellt uns auf den Pfad und hilft uns auf unserem Marsch vorwärts zu den höheren Regionen und ist uns während der ganzen Zeit von großer Hilfe. Eine solche Große Seele ist tatsächlich in Gott eingepflanzt, obgleich Sie äußerlich wie ein menschliches Wesen aussieht und mit menschlichen Arbeiten beschäftigt ist.

Gott ist Anami (namenlos). Wenn Er ins Dasein tritt, nimmt Er die Form von Naam an, was bedeutet, die alles durchdringende Kraft in Form des Tones. Naam oder das Tonprinzip findet in der Großen Seele seine vollkommenste Offenbarung; und wer auch immer zu einer solchen Seele geht, wird ebenfalls mit dem Tonprinzip verbunden. Indem man die Kraft von Naam berührt, wird man mit Anami – Gott – verbunden. Nur auf diesem Wege kann man diese spirituellen Reichtümer erlangen, von denen in den vorangegangenen Versen berichtet wurde. So bittet Guru Ram Das Ji Gott um eine Verbindung mit den Sants, damit auch Er in diese große Kraft eingepflanzt werde. Das ist der Grund, warum Er sein ganzes Leben hindurch wünscht, das Glück zu haben, mit einer solchen Meister-Seele zu leben und die Vorteile zu erhalten, die der Staub Ihrer Füße der Menschheit schenkt.