Kapitel III

Simran

Wir wollen nun sehen, was Simran ist, und welche Beziehung zwischen dem Namen und dem Benannten besteht.

Für Simran gibt es zwei Arten von Namen:

  1. ursprüngliche und
  2. abgeleitete.

Gewöhnlich gebrauchen die Menschen einen Simran des einen oder anderen abgeleiteten oder beigefügten Namen Gottes, so wie er den Einzelnen gerade anspricht. Dies kann bis zu einem gewissen Grad gut und nützlich sein, aber er kann für die Höheren Spirituellen Ebenen, die im Inneren liegen, nicht als Sesam, öffne dich wirken.

Meister-Seelen üben und empfehlen den Simran der Höchsten Art, das heißt den der ursprünglichen oder eigentlichen Namen Gottes; denn diese öffnen zauberhafte Fenster, die Ausblicke freigeben, die zu den Spirituellen Bereichen innerhalb des Körpers führen. Solche Namen sind durch die übertragenen Gedanken, die sie gewöhnlich begleiten, wenn sie dem Aspiranten durch eine Meister-Seele gegeben werden, geladen und elektrifiziert. Da sie magnetisch sind, haben sie die Macht, den Geist anzuziehen und auf die Ebenen emporzuheben, auf welche sie sich beziehen. Die eingepflanzten Worte, die mit dem Göttlichen Geist des Meisters geladen sind, tragen sehr bald Frucht.

Christus sagte in diesem Zusammenhang:

Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben; gleichwie die Rebe kann keine Frucht bringen von sich selbst, sie bleibe denn am Weinstock, also auch ihr nicht…

[…] bleibet in mir, und meine Worte werden in euch bleiben.

Diese Geladenen Worte des Meisters – die Eigentlichen Namen Gottes – haben die Macht, die Kräfte der Finsternis, die dem Geist begegnen und ihn bei seiner Vorwärtsreise angreifen könnten, zu vertreiben. Der Simran dieser Namen hilft der Seele sowohl auf der irdischen als auch auf der überirdischen Ebene.

Es ist deshalb notwendig, dass Simran mit solchen Namen ausgeführt wird, die die Meister-Seele anrät, da sie mit einer ungeheuren Spirituellen Kraft geladen sind, Die die negativen Kräfte nicht ertragen können und vor Der sie fliehen, wie von einem Zauberer getrieben. Ewig und unvergänglich wie diese Worte des Meisters sind, verleihen sie der Seele, in die sie eindringen und Wurzeln schlagen, Ewiges Leben.

Das ist der Grund, weshalb gesagt wurde:

Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes nicht missbrauchen […]

Jeder Name hat seine eigene Bedeutung, seinen Einfluss, Kraft und Macht. Wenn man an Eis denkt, wird man an raue Kälte erinnert und an die Schauer, die sie mit sich bringt; der Gedanke an Feuer hingegen bringt uns dessen Eigenschaften von Hitze und Wärme in den Sinn. Das Wort Rechtsanwalt deutet auf Gerichtshöfe und Rechtsfälle, und das Wort Ärzte beschwört sogleich Bilder von Krankenhäuser, Kranken, Arzneischränken usw. herauf.

Es ist eine allgemeine Redensart:

Wie du denkst, so wirst du.

Man sagt, der Gedanke sei der Grundton für den Erfolg. Es besteht immer eine starke Verbindung zwischen einem Namen und dem Benannten, und noch viel größer und stärker ist die Verbindung zwischen Gott und Seinem Namen. Man kann sagen, dass Gott Selbst in Seinen eigenen Namen wohnt, in den Eigentlichen und Ursprünglichen Namen, und nicht in den abgeleiteten und beigefügten.

Simran der Eigentlichen Namen Gottes hat einen unvermeidlichen Einfluss auf den Geist. Es führt zu Meditation, Dhyan und lässt den Geist der Welt und die weltlichen Dinge vergessen. In der Meditation verbleibt nichts außer dem konzentrierten Simran, und aus der großen und tiefen Stille des Herzen, Hriday Kamal der Heiligen, das heißt der Göttliche Boden hinter den Augenbrauen, kommt ein Unaufhörlicher Tonstrom, Der den Geist emporzuheben hilft, indem Er zum Zurückziehen vom Körper führt – natürlich ohne die Silberschnur zu brechen – und ihn bei seiner Weiterreise in die verschiedenen Spirituellen Bereiche leitet.

Die Strahlende Form des Meisters bleibt immer mit dem Geist, führt ihn und hilft ihm bei jedem Schritt.

Das Tonprinzip ist das Bindeglied zwischen Gott und Mensch, und auf diese Weise ist eine unlösliche Verbindung und Beziehung zwischen dem Schöpfer und Seiner Schöpfung hergestellt. Dieser Tonstrom ist von den Weisen verschieden beschrieben worden. Die Veden sprechen von Sruti, das, was gehört wird, die Upanishaden beschreiben Ihn als Nad oder Udgit, der Gesang der jenseitigen Welt. Der Moslem nennt Ihn Bang-i-Asmani oder Kalma. Im Gurbani spricht man von Shabd und im Evangelium wird das Wort erwähnt. Die Nachfolger von Zoroaster nennen Ihn Sraosha und die Franzosen haben Ihm den Namen Elan Vital, Lebensimpuls oder Lebensstrom gegeben.

Wenn das Bewusstsein einmal in diesem Tonprinzip, der Stimme der Stille, wurzelt, ist dem Geist das Ewige Leben gewiss. Es gibt keinen anderen Weg zu Gott als diesen und er kann nur mittels Simran der Namen Gottes erreicht werden. Klopfet an und es wird euch aufgetan, lehrt das Evangelium. E. W. Emerson nannte es das Innere Anklopfen. Dieses leise Klopfen ist nur möglich, wenn das Gemüt durch Simran beruhigt, der Geist zurückgezogen und vor der Tür Gottes konzentriert ist.

Dies ist der Weg, der von Gott Selber bestimmt wurde, aber keiner kann ihn ohne die Gnade einer Meister-Seele finden, eines Adepten in der Wissenschaft der Spiritualität, Der es jedoch nicht nur in der Theorie ist – wie Yaggavalkya, ein Philosoph, der dem Raja Janaka nur die theoretische Seite erklären konnte und nicht fähig war, Erfahrungen aus erster Hand zu geben – sondern auch in der Praxis – wie Ashtavakra, Der dem Raja Janaka eine Spirituelle Erfahrung gab – Einer, Der alle Ebenen überschritten hat: die physische, die astrale, die kausale und noch mehr, und Der von Gott den Auftrag hat, Ihm andere Seelen zuzuführen.