Herz zu Herz Gespräche – XXII

3. Dezember 1970

Abend-Darshan / Rajpur

Frage: Ich hatte einige lustvolle Träume.

Kirpal Singh: Es wirken sich die Gedanken aus, die du tagsüber hast, das ist alles.

Frage: Alles sonst ist ausgezeichnet, der Fortschritt gut.

Kirpal Singh: Das ist gut so. Danke Gott. Sei trotzdem wachsam, und beobachte deine Gedanken während des Tages. Schau nicht in die Augen anderer; denn durch sie nimmst du einen Großteil aller Einflüsse auf. Die Augen sind die Fenster der Seele. Sieh deshalb nur in die Augen von jemandem, der rein ist. Wenn du schwach bist, werden dich andere beeinflussen. Das ist ganz natürlich. Sei deinen Gedanken gegenüber stets auf der Hut, jeden Augenblick. Ich denke, du hast die Botschaft gelesen: Wenn du den gegenwärtigen Augenblick beherrscht, wird das bis alle Ewigkeit so sein. Nichts kann schief gehen. Wenn du jedoch nur liest und in deinem Gehirn Tatsachen und Vorstellungen ansammelst, können dir alle heiligen Schriften der Welt nicht helfen. Rechtes Verstehen erhält man nur durch Gottes Gnade. Doch auch wenn man es erhält, aber nicht danach lebt, bleibt der alte Zustand erhalten.

Deshalb heißt es: Zuallererst kommt die Gnade Gottes. Er hat euch den menschlichen Körper gegeben – das bedeutet, ihr könnt nach oben gehen, zurück in eure Heimat. Die zweite Gnade war, jemandem zu begegnen, der das Fleischgewordene Wort ist. Er gab euch etwas, damit ihr beginnen könnt. Gott und der Meister haben ihren Teil getan,  Ihre Gnade habt ihr erhalten. Auf euren Namen wurden viele tausend Dollar hinterlegt. Die dritte Gnade – eure eigene Gnade –  müsst ihr euch selbst geben. Doch wenn ihr nicht zum Schalter geht, an dem ihr das Geld abheben könnt, was dann? Wenn ihr nicht selbst mit euch gnädig seid, dann helfen selbst die Gnade Gottes und die Gnade des Meisters nicht viel.

Alles hängt von euch ab. Wenn ihr das alles begreift, gut, das ist Seine Gnade. Wenn ihr das rechte Verstehen habt, euch ein Startkapital gegeben worden ist und ihr trotzdem das Kapital nicht einlöst, wessen Fehler ist es dann? Unserer Fehler? Nein – es ist eurer Fehler. Wenn ihr mit euch also selbst nicht barmherzig seid und kein Mitleid mit euch selbst habt, dann tragen die Gnade Gottes und die Gnade des Meisters nicht volle Frucht. Ich denke, das ist die Hauptsache. Habt Mitleid mit euch selbst. Versucht nicht, andere zu retten, rettet euch erst selbst. Wenn ihr gerettet seid, könnt ihr andere retten. Wie kann jemand andere retten, der ständig in Schwierigkeiten ist, der im Fluss treibt, manchmal Atem holt und manchmal unter Wasser gerät? Zuerst muss er sich selbst retten. Er muss ein Seemann werden, erst dann kann er andere retten. Meistens sagen wir, wenn wir mehr oder weniger bekommen haben: O, lasst uns andere retten. Wenn ihr dazu fähig seid, ist es gut. Doch wenn ihr selbst am Ertrinken seid, was dann? Wenn ein Schwimmer versucht, einen Ertrinkenden zu retten, wird ihn dieser am Nacken packen, und beide werden untergehen. Helft euch selbst. Wer sich selbst hilft, dem hilft Gott.

Wie kommt das alles, all die Fehler, all die Schwachen? Wisst ihr es? Passt gut auf: Tut euer Besten und überlasst den Rest Ihm. Hafiz sagt: Sitze an Seiner Tür, völlig abgeschnitten von der ganzen Welt und von deinem eigenen Körper. Sitze an Seiner Tür. Denke nicht daran, was Er gegeben hat oder nicht, es liegt an Ihm, zu geben. Wenn jemand vor eurer Tür sitzt, ununterbrochen dort sitzt, so mögt ihr ihn ein oder zwei Tage lang nicht ansprechen, aber nach eine Weile werdet ihr doch fragen: Nun, mein Freund, warum sitzt du hier? Das ist ganz natürlich. Wenn ihr an Seiner Tür sitzt, wird er natürlich fragen: Nun, lieber Freund, was willst du? Das ist sehr einfach, das ist keine große Kunst. Versteht es einfach. Dies sind bescheidene Gespräche von Herz zu Herz. Sie werden euch viel helfen, wenn ihr danach lebt. Das Wissen allein wird nichts bewirken.

Frage: Wie können wir vermeiden, in die Augen anderer zu schauen?

Kirpal Singh: Wie könnt ihr es vermeiden? – Ihr selbst müsst es vermeiden. Schaut nicht in die Augen anderer, schon gar nicht in die des anderen Geschlechts. Der Mensch spricht  aus der Fülle seines Herzens, und die Fülle seines Herzens spricht durch die Fenster der Seele. Ein Schwächerer wird davon beeinflusst. Wie könnt ihr stark werden? – Indem ihr eurer Seele das Brot des Lebens gebt.

Wollt ihr noch etwas sagen?

Frage: Der Tonstrom ist so stark, wie er noch nie gewesen ist.

Kirpal Singh: Die ganze Atmosphäre hallt wieder. Dort hinter der Zisterne erklingt die Atmosphäre besonders stark. Es ist dort noch abgelegener als hier. Seid ihr da gewesen? Hinten im Garten ist ein kleiner leerer Wasserbehälter. Wenn ihr dort sitzt, könnt ihr den Tonstrom hören. Das ist ein Geschenk Gottes. Er ist bereits da, doch wir müssen uns mit Ihm in Einklang bringen, uns von außen zurückziehen. Nutzt eure Zeit hier so gut wie möglich, denn im weltlichen Alltag habt ihr nicht so viel Zeit zur Verfügung. Doch hier seid ihr ausschließlich nur zu diesem Zweck.

Frage: Meister, eine Frage. Wie sollen wir in der Geschäftswelt mit weltlichen Menschen umgehen, mit Menschen, die keine Moral haben?

Kirpal Singh: Meidet sie. Wenn das nicht möglich ist, beherrscht euch, seid diszipliniert. Ihr dürft nicht aggressiv sein und solltet euch nur verteidigen, ohne auch nur im entferntesten daran zu denken, jemandem zu schaden oder in zu verletzen. Habt den nötigen Respekt vor Gott im anderen. Lasst euch nur so weit ein, so weit ihr nicht beeinflusst werdet. Um eures Berufes willen sagt: Gut, mein Freund, mach damit weiter. Und wenn er nicht verstehen will: Nun gut, du wirst dafür bezahlen, bitte tu es. Das ist alles. Ich lebe nun schon viele Jahre in der Welt. Durch das weltliche Leben lernen wir im Wasser zu schwimmen. Wenn alles nach euren Wünschen geht, seid ihr ein Heiliger, nichts beunruhigt oder stört euch. Wenn etwas gegen eure Wünsche geschieht, könnt ihr euch darauf einstellen. Das lernt man nur im Wasser, nicht in der Abgeschiedenheit.

Noch etwas? Sag du etwas, Yogi. Du hast ja auch viel Lebenserfahrung.

Frage: Ich lerne, dir zuzuhören, Vater.

Kirpal Singh: Das ist gut. Zuhören bringt viel…natürlich…das ist richtig. Ich lerne nur durch Zuhören. Wenn man regelmäßig einem Heiliger zuhört, lernt man vieles – sogar Dinge, die man eigentlich gar nicht lernen wollte. Alle haben die gleichen Schwierigkeiten, vielleicht in verschiedener Form. So ist es. Kommst du gut mit deinen Meditationen voran, bitte, du?

Frage: Ich war einige Tage lang krank.

Kirpal Singh: Dann ist alles gut. Alles, was mit dem Haus nicht stimmt, kann gerichtet werden, ist es nicht so? Wenn du wirklich krank bist, ist alles davon betroffen. Aber das lernst du nur, wenn du dich nach innen zurückziehst, nicht indem du Schlüsse ziehst, sondern indem du dich über das Körperbewusstsein erhebst. Tägliche Übung, Regelmäßigkeit, zahlt sich aus. Alles entwickelt sich zu seiner Zeit. Habt ihr euch vom Körperbewusstsein zurückgezogen, erkennt ihr: Ich wirke die ganze Zeit durch den Körper. Dann ändert sich der gesamte Blickwinkel.

Ich wünsche euch einen guten Tag. Nutzt eure Zeit heute gut. Ich muss hinüber nach Manav Kendra.