Brahman, die große Kraft

Brahman ist eine große Kraft, zu groß für das menschliche Gemüt, um sie zu erfassen, und niemand außer den Heiligen kennt das Jenseits und kann darüber mit Autorität sprechen – nicht die formell heiliggesprochenen Heiligen, die wir kennen, sondern die Heiligen vom Status eines Sant Satguru, autorisiert und beauftragt durch die Wahrheit – die Wahrheit, die zu Anbeginn war, die Wahrheit, die nun ist und die Wahrheit, die auch in Zukunft sein wird –, um die Menschheit zu lehren und jene aufstrebenden Seelen in die Mysterien des Jenseits und über den Zustand des Jenseits hinaus zu initiieren, die für den Zweck, die grundlose Ursache aller Ursachen korrekt und genau zu verstehen, die unten in jeder der Welten wirken, reif sein mögen; und die bereit sind, das Leben des Geistes als Jivan Muktas oder befreite Wesen zu leben, während sie noch im Körper sind:

Ein Jivan Mukta, 

sagt Nanak,

ist einer, der die Kunst des Todes im Leben kennt und praktiziert und wenn er schließlich den Schauplatz verlässt, verlässt er ihn für alle Zeiten, um nie mehr wieder zurückzukehren.

Dies ist, was Para Vidya oder das Wissen vom Jenseits lehrt.

Daneben gibt es viele Kategorien von Lehrern des Brahma Vidya, das in seiner Eigenschaft Apara ist und den Weg für Para bahnt, und alle von ihnen lehren die Menschen nach den Weisen Brahmans, jeder entsprechend seiner eigenen Fähigkeiten. 

Die Propheten und die Messiasse Gottes prophezeien im Allgemeinen das Kommen großer Ereignisse, unterweisen die Menschheit, ein gottesfürchtiges Leben zu führen, und bringen ihnen die Botschaften und Nachrichten von Gott – Brahman.

Die Avatare sind Inkarnationen der verschiedenen Kräfte Brahmans, und ihre Aufgabe ist es, die Welt in ausgewogener und geordneter Weise in Gang zu halten, indem sie das Gleichgewicht der sozialen Ordnung zwischen Rechtschaffenheit und Ungerechtigkeit aufrechterhalten. 

Die Yogis und Yogishwars bleiben im Bereich ihrer Yog Maya, Gemütskraft, und führen ihre Initiierten zum höchsten Punkt innerhalb ihrer Yogikräfte.

Brahm Lok hat viele Unterbereiche, die Puris, Bhavans, Tabaqs oder Aufteilungen genannt werden und alle der einen oder anderen Kraft Brahmans wie Brahma Puri, Vishnu Puri, Shiva Puri, Indra Puri usw. zugeteilt sind, zu denen die Seelen der Verehrer dieser Kräfte, die alle zusammen Brahman genannt werden, jeweils im Laufe der Zeit unwiderstehlich angezogen werden, jede zu ihrem eigenen Ziel an dem Platz, zu dem sie gehört.

Die alten Griechen sprechen von diesem dreifachen Aspekt der Gottheit als von den drei Schwestern des Spinnrades – deren eine damit beschäftigt ist, für jeden den Lebensfaden zu spinnen, die andere, den Lebensfaden zu schmücken und zu verschönern, die dritte, den besagten Lebensfaden abzuschneiden, wenn die zugewiesene Zeit zum Ende kommt. Ähnlich finden wir in der christlichen Theologie den ersten Logos, das Schöpfungsprinzip in der Natur, den zweiten Logos und den dritten Logos, welche ihre eigenen gleichartigen Pflichten erfüllen. Dies ist die berühmte Lehre der Dreieinigkeit: des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Wo alle Philosophien der Welt enden, da beginnt die Wahre Religion. Erst wenn die Seele, der Bewohner des Körpers, sich von dem Unrat der Persönlichkeit entledigt, welche die drei Gewänder oder Hilfsmittel des Körpers, des Gemüts und des Intellekts umfasst, und sie ein Wesen in seiner ursprünglichen Einfachheit wird, ein ungeteiltes Ganzes, der große unsterbliche Baum, immergrün und immer frisch in seiner natürlichen Essenz, trotz des sich immer verändernden Panoramas des Lebens ringsherum; sie kann durch den magischen Saal vielfarbiger Spiegel hindurchkommen und das Ei von Brahmand über den drei Gunas übersteigen und ins Jenseits entkommen.

Man muss neugeboren werden wie ein neugeborener Phönix, der sich aus der Asche seines eigenen früheren Selbst mit erneuerter Jugend und Lebenskraft erhebt, damit man fähig ist, das Leben des Geistes zu durchleben, das vor einem liegt.

Die mentale Welt zu überqueren, ist nicht so leicht, wie es denen, die in den Mysterien des Jenseits unerfahren sind, erscheinen mag. Sie ist die trügerischste Welt, wo sich selbst die Mahatmas und Rishis mit all ihrer Gelehrsamkeit und ihren Tapas nicht behaupten können. Was gibt es in dem gewaltigen Universum, das Brahman nicht gerne jenen aufrichtigen Seelen anbieten würde, die versuchen, seinen Bereichen zu entkommen und die Wahre Heimat ihres Vaters zu erreichen!

Auf jeder Stufe, sei es in der physischen Welt, der astralen oder der mentalen, versucht er, den Weg der aufstrebenden Seelen zu blockieren. Die großen Propheten und Messiassse und alle anderen haben ihre Erfahrungen mitgeteilt, die sie in heftigen Begegnungen mit Satan, Mara, Ahirman hatten und in vielfacher Weise mit den bösen Geistern – Asuras, Dämonen und deren Helfern, gerecht oder ungerecht, wobei sie versuchen, den Weg zu behindern, die Sucher nach der Wahrheit für sich zu gewinnen, indem sie ihnen weltliche Königreiche und Fürstentümer zusichern; und wenn sie diesen Versuchungen nicht unterliegen, dann indem sie ihnen Gewalt durch Feuer, Donner, Erdbeben, Aufspalten des Himmels, Wolkenbrüche, Blitze und so weiter androhen.

[Siehe die Einfügung unten: 'Ich sah ein Licht'; Anm. d. Hrsg.]

In solchen Notlagen kann man den Prüfungen und Drangsalen nur standhalten, wenn man seinen Guru oder Murshid zur Seite hat, denn die Guru-Kraft zieht dann die Schüler-Seele zu Sich, nimmt sie in Sich auf und geleitet sie auf dem Pfad der tönenden Strahlung

Für jede Seele setzt Brahman alles ein, und gibt nicht nach, bis er nicht überzeugt ist, dass der Sucher an dem Schutz der Meister-Kraft – Akal oder dem Zeitlosen – festhält.

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Ich sah ein Licht – die Flamme des Universums. Eine Stimme wie ein Grollen, stark und laut wie endlose Donner. Diese Stimme ohne Antlitz fragte eindringlich und bestimmt, so wie sie jeden fragt, der sich ihr nähert:

Wer ist dein Meister?

Unerschrocken und doch überlegend, was ich antworten soll, durchströmten mich folgende Möglichkeiten, denn nichts wollte ich falsch machen, noch diese Vision verlieren: Sollte ich antworten 'Sant Kirpal Singh Ji Maharaj'? oder einfach 'Kirpal Singh'?

Doch meine Seele aus sich selbst heraus, stieß nur den Namen 'Kirpal' aus, mit aller Kraft und Leidenschaft.

Im selben Augenblick vervielfältigte sich das Licht um das vieltausendfache, und dieselbe Stimme fragte wieder:

Wer ist dein Meister?

Die Gewalt der Stimme jedoch hatte sich nun aufs Unendliche in ihrer Eindringlichkeit und Tiefe vervielfältigt, so wie Millionen Donner auf Erden. Jedes individuelle Teil des Seins von mir war nun von dieser Frage durchdrungen. – Es gab kein Zurück, kein Verbergen, kein 'nur mal so'.

Unerschrocken und bestärkt durch die erste Reaktion wiederholte ich

Kirpal,

ich schrie es aus mir heraus, mit aller Kraft und Überzeugung, wissend, dass Kirpal mein Beschützer ist, im Hier und im Dort. Nun öffnete sich vor mir alles Licht, was es gibt und ich sah das Licht der Lichter selbst, keine Hürde mehr, keine Barriere mehr, keine Hindernisse mehr.

Nur Leben, Licht und Liebe. Ich war frei.

Danke Kirpal für diesen Segen, den Segen, dem Schöpfungshalter entkommen zu sein.

Du, Kirpal, bist allein und ich in meiner Unvollkommenheit bin Dein bescheidener Diener.

Bhai Jamal

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Sehen wir nicht auch in der materiellen Welt, dass die Machthaber und Regierungen eines Staates ihre Grenzen sperren, um die unerlaubte Emigration ihrer Untertanen zu verhindern, und Gesetze ausarbeiten, um eine solche Abwanderung unter Kontrolle zu halten?

Groß ist in der Tat die Macht der Zeit und niemand kann sie besiegen, und dennoch hat die Zeit selbst Todesfurcht vor der zeitlosen Musik, damit sie sich nicht selbst in der Göttlichen Harmonie verliere.

An anderer Stelle dieser Seiten ['Das Mysterium des Todes'; Anm. d. Hrsg.] finden wir eine Erklärung von Nanak über Dharam Khand. Danach fährt der Große Lehrer damit fort, die Reise der Pilgerseele durch die verschiedenen Regionen zu beschreiben, welche in Sach Khand ihren Höhepunkt erreicht. Die nächsten beiden Regionen nennt Er jeweils Gyan Khand – den Bereich des Wissens – und Saram Khand – den Bereich der Verzückung.

In der Ersteren dehnt sich der Horizont der Seele unermesslich aus, denn sie begreift mit einem Male die vielfältige Natur aller geschaffenen Dinge mit der Unbegrenztheit an Formen und Erscheinungen und versteht die unveränderlichen Gesetze des Wirkens der Natur. In der Letzteren bekommt die Seele, von der Kraft des Wortes angezogen, einen Vorgeschmack von und einen Einblick in die wahre Natur der Dinge.

Als Nächstes kommt Karm Khand oder der Bereich der Gnade. Mit der durch das Heilige Wort gefertigten Reinheit ist die Seele für alle Zeiten von sogar den geringsten, vagen und verschwommenen Spuren des Unrats in der Form von Vasnas befreit, und die Materie verblendet nicht länger die Sicht, und man wird sich Ihm vollkommen bewusst, indem man der reinen Essenz des Wortes von Angesicht zu Angesicht begegnet, dem Licht des Lebens, welches Brahmand und alle Welten, die darin eingeschlossen sind, hervorbringt.

Schließlich verwirklicht die Seele, wenn sie Sach Khand – die Wohnstatt der Wahrheit – erreicht, völlige Einheit und Harmonie in Fülle, entsprechend Seinem Willen –

Alle Herzen, von Gott erfüllt, leben jenseits vom Bereich des Todes und der Täuschung … Alle sind dazu bestimmt, sich nach Seinem Willen zu bewegen … Derart ist die Schönheit, dass sie zu beschreiben, heißt, das Unmögliche zu versuchen.

Dieses Erheben der Seele in die überbewusste Erkenntnis wird, wie vorher gesagt, Ewiges Leben genannt, von dem es keine Rückkehr gibt.

Was Guru Nanak oben beschrieben hat, fällt in den Bereich von Vijnana – subjektive Innere Erfahrung, direkt und unmittelbar –, im Unterschied zu Jnana oder theoretischem Wissen, das der Meister dem Schüler durch eine richtige Darstellung der Schriften erklärt und vermittelt.

Ein Vollendeter Meister ist alle Schriften vereinigt und mehr. Die Schriften sind im Grunde die Aufzeichnungen der Erfahrungen Heiliger Männer, Welche von Zeit zu Zeit erschienen, um der Menscheit die Wege Gottes zu lehren.

Wir können zweifellos die Schriften lesen, sofern wir in den alten und archaischen Originalsprachen hinreichend bewandert sind, in denen sie geschrieben sind; aber wir können nicht ihre Wahre Bedeutung erfassen noch können wir die scheinbaren Unterschiede in vernünftiger Weise vereinbaren und die Diskrepanzen in den schriftgemäßen Texten verschiedener Religionen erklären. Er, Der zu der Inneren Urquelle des Lebens und des Geistes all dieser Texte Zugang hat, die natürlich allen Menschen gemeinsam ist, macht uns allen die Dinge mit Seinem Inneren Ersthand-Wissen leicht verständlich, in einer Weise, die sowohl für Ihn Selbst als auch für uns einfach genug ist.

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Veranschaulichung:

Ich sah ein Licht: Einfügung durch den Herausgeber. – Zeitgenössischer Text über das Entkommen vom Schöpfungshalter.

Macht der Zeit: Die Zeit ist Kal, das Zeitlose ist Akal. Guru Gobind Singh berichtete oft über das Zeitlose und schrieb viele Hymnen zum Lobpreis Akals.