Anhang

Gebete – Verschiedenes und kurze Gebetsbeispiele

Es ist sicher nicht unangebracht, zum Nutzen des Lesers nachfolgend einige Gebetsbeispiele mit einführenden Bemerkungen zu bringen.

Der Mensch ist ein beseelter Körper, oder mit anderen Worten, Seele plus Körper, und davon ist die Seele der edlere Teil, denn sie ist das aktive Lebensprinzip, welches den Körper belebt. In der Tat hat der Körper ohne die Seele keinen Wert.

Die Großen Seelen oder Mahatmas sind von verschiedener Art. Es gibt Mahatmas, welche Gott um die lebensnotwendigen Dinge bitten, die Leib und Seele zusammenhalten, damit Sie, nachdem Ihre physischen Bedürfnisse befriedigt sind, ihre Zeit in Meditation über Gott verbringen können. Jesus erbat in Seinem Gebet das tägliche Brot, um das erste Bedürfnis der Natur zu befriedigen: Unser täglich Brot gib uns heute. Solche Seelen betrachten alles als von Gott kommend und erbitten von Ihm die Erfüllung ihres wichtigsten täglichen Bedarfs, um die übrige Zeit in ununterbrochener Ergebung zu verbringen. Der physische Körper ist das Werkzeug der Seele und muss darum für den höheren Zweck des Lebens, den Fortschritt der Seele, ernährt werden.

Der Hunger, sagt Kabir, sei eine große Behinderung auf dem Pfad der Hingabe.

O Kabir, der Hund des Hungers verdirbt die Meditation durch sein Knurren; wirft ihm einen Brocken hin, und dann setz' dich beruhigt nieder.

Am Anfang lehrt der Satguru den Schüler, um seine Bedürfnisse zu bitten, wie aus den nachfolgenden Gebeten von Kabir hervorgeht:

Man kann nicht meditieren, wenn der Hunger innen nagt; so nimm den Rosenkranz von mir, o Gott.

Kabir, Shalok Kabir

Wieder:

Gib mir Mehl, Butter und Salz neben einigen Hülsenfrüchten, damit ich Nahrung fürs tägliche Leben habe; eine Bettstelle, ein Kopfkissen und eine Decke, damit ich ungestört über Dich meditieren kann. Ich bin nicht gierig in meinem Verlangen, denn ich liebe nichts mehr als Dein Wort.

Kabir, Sorath Kabir

Gib mir genug, so dass ich in Frieden leben kann und keiner hungrig geht von meiner Tür.

Kabir

Ähnlich betet Bhagat Dhanna:

O Gott, ich bete zu Dir, denn Du versiehst Deine Ergebenen mit dem Nötigen; gib mir Hülsenfrüchte, Mehl und Butter, damit ich gut davon leben kann. Gib mir Kleidung und ein paar Schuhe und einen Vorrat von Weizen und Korn, Vieh zur Versorgung mit Milch und eine Stute, um sie zu reiten; eine einfache, gehorsame Gefärtin ins Haus; das ist alles, worum Dhanna bittet.

Dhanni, Dhanasari Dhanna

Im Gebet des Herrn von Jesus Christus haben wir ein schönes Beispiel von allem, um das man bitten kann:

Vater unser, Der Du bist im Himmel, geheiligt werde Dein Name, zu uns komme Dein Reich, Dein Wille geschehe wie im Himmel, also auch auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute, und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Übel; denn Dein ist das Reich, du Ewiger Gott, die Macht und die Herrlichkeit in Ewigkeit.

Quelle des engl. Textes:
Manual of  Prayer May 1957, Page 15

Ein gleicherweise schönes Gebet gibt es, das an die Erdenmutter gerichtet ist:

Unsere Mutter, die auf der Erde weilt, geheiligt sei dein Name. Dein Reich komme zu uns, dein Wille geschehe in uns wie in dir. Da du jeden Tag deine Engel aussendest, schicke sie auch zu uns. Vergib uns unsere Sünden, wie wir alle unsere Sünden gegen dich büßen. Verschone uns von Krankheit, und befreie uns von allem Übel, denn dein ist die Erde, der Körper und die Gesundheit.

Essener Johannes-Evangelium, E.B. Szkeley –
Kapitel 22, 1-39

Die Schüler Buddhas wünschen immer der ganzen Menschheit Gutes, ohne die Notwendigkeit förmlicher Gebete zu erwägen; und dies ist wirklich die höchste Art eines Gebets, ob wir es nun Gebet nennen oder nicht. Wenn sie nach der morgendlichen und abendlichen Waschung in Meditation sitzen, bringen sie folgende Gedanken zum Ausdruck:

Ich wünsche universale Liebe für alle und bitte, dass die ganze Schöpfung auf allen Seiten – über mir und unter mir, zu meiner Rechten und zu meiner Linken – in Frieden lebe. Ich wünsche allen Gutes, seien sie in dieser Welt, im Himmel oder in der Hölle. Lass überall Friede sein.

In den Hindu-Schriften – Rig Veda – finden wir Gebete, in denen Gott für die Befriedigung von physischen und anderen weltlichen Bedürfnissen angerufen wird.

Im Sukat 53 des Mandal 6 lesen wir:

O Herr der Tapferkeit, wir beten um alle Gaben Gottes, um Erfolg in unserem Streben und Nahrung und alles, was wünschenswert ist. O Gott der Liebe, lass keinem etwas im Wege sein, damit er reichlich Nahrung habe, und erfülle unsere Wünsche.

In seinem Sandhya (tägliches Gebet) bittet der Hindu:

Brahma, das Auge der drei Regionen und der Devas ist vor uns. Wir wollen ihn hundert Jahre vor uns haben, und möchten hundert Jahre leben, um ihn zu sehen, zu hören, von ihm zu singen und für ihn glücklich und im Gebet hundert Jahre und noch mehr zu leben.

Auch die Vedantisten denken, verweilen und meditieren über die Mahavakyas (ihre traditionellen Denksprüche), Aham Brahm Asmi (Ich bin Brahm) und Tat Twam Asi (Ich bin, was Du bist).

Das Gayatri – das heiligste Mantra – ist ein Gebet zum Herrn, der Sonne aller Sonnen, uns zu Ihm zu führen.

Khawaja Hafiz Shirazi betete im Zustand Göttlicher Trunkenheit zu Seinem Meister:

Ich bin hilflos, und Du bist hilfreich, wir sind getrennt seit Myriaden von Zeitaltern. Nimm mich aus reinem Mitleid zu Deiner Wohnstatt; durch Deine wundersame Schönheit angezogen, folge ich Dir, sonst könnte ich mich nicht einen Schritt von der Stelle bewegen. Glücklich war Ayaz, der Sklave Mahmuds, denn er hat die königliche Gunst erworben.

Und wieder sagte Er:

Es ist ein stolzes Vorrecht, an Deinem Tor zu dienen, o mache mich dessen wert mit Deinem gnadenvollen Blick.

Shamaz-i-Tabrez bat Seinen Lehrer:

O Mundschenk, bringe den Wein der anderen Welt, der die Schau des Unsichtbaren gewährt. Nur ein Schluck davon bringt Göttliche Berauschung; er schließt die kritischen Augen des Fleisches und öffnet das mystische Auge im Innern.

Wieder sagte Er:

O Meister, der Strauß lebt auf dem Berge Kaaf, für den Vogel – meine Seele – bist Du die wahre Wohnstatt. Wie das Licht der Altar der Motte ist, soll mein Leben Dir tausendmal geopfert sein. Offne die Schleusentore der Wasser des Lebens, und enthülle die gepriesene Quelle von Kausar. Gewähre mir die Trunkenheit der Liebe, und halte das wandernde Gemüt verankert. Meine einzige Bitte ist, dass Du den Platz in der Moschee meines Körpers einnimmst, und weihe die dürftige Stätte mit Deiner Heiligen Gegenwart.

Das Gebet der Moslems lautet:

Im Namen des barmherzigen und gnädigen Gottes. Lob sei Gott, dem Herrn der Menschen in aller Welt, dem Barmherzigen und Gnädigen, Der am Tag des Gerichts regiert! Dir dienen wir, und Dich bitten wir um Hilfe. Führe uns den geraden Weg, den Weg derer, denen Du Gnade erwiesen hast, nicht (den Weg) derer, die d(ein)em Zorn verfallen sind und irregehen!