Der Dieb eures Lebensodems

IV

Habt ihr den Guru nicht voll und ganz geliebt, seid ihr Naam nicht wirklich nahe.

Der Herr in uns allen sieht, welche Seiner Kinder sich danach sehnen, Ihm zu begegnen, und trifft die geeigneten Vorkehrungen, damit sie zu den Füßen eines Menschen kommen, in Dem Er offenbart ist. Es ist ein sehr seltener Vorzug, einem Wahren Guru zu begegnen, doch jene, die Ihn finden, lieben Ihn nicht absolut. Mit äußerlichen Gebärden berühren sie Seine Füße und lobpreisen Ihn, aber selten richten sie sich nach Seinen Wünschen.

Alle Meister halten die Ergebenen an, ihren Simran und Bhajan zu üben. Hazur pflegte darauf hinzuweisen:

Ihr Leute gebt ein Zehntel eures Einkommens, so solltet ihr auch ein Zehntel eurer Zeit geben.

Ein Zehntel des Tages sind zweieinhalb Stunden. Manche meditieren nur fünf Minuten, andere eine halbe Stunde und viele überhaupt nicht. Wieder andere meditieren, wenn es in ihre Stimmung passt. Was geschieht, wenn die Verbindung, die bei der Initiation hergestellt wurde, nicht gefestigt wird? Die Aufmerksamkeit bleibt außen und zieht sich nicht nach Innen zurück. Es mag sich einer stundenlang hinsetzen, und man hält ihn für einen ergeben Meditierenden, aber Innen sieht er nichts! Das Gesicht, das er der Welt zeigt, ist weiß, doch im Reich des Herrn ist es schwarz.

O Brüder, erwacht! Jetzt ist es Zeit, zu verstehen, worum es geht. Die Meister kommen, erheben ihre Hände und rufen der Welt zu:

O Brüder, meditiert, denn ohne die Meditation könnt ihr nicht frei sein.

Es heißt:

Nehmt des Gurus Lehre an, denn ohne Ergebenheit ist schon manch kluger Mensch ertrunken.

In diesem Bereich sind Bildung und hohe Würden bedeutungslos.

Einst lebte ein sehr gebildeter Mann, der, als er eines Tages an einen Fluss kam, einen Fährmann bat, ihn überzusetzen. Dieser willigte ein, und während sie den Fluss überquerten, fragte ihn der Gelehrte: Hast du eine Ausbildung gehabt? Der Fährmann erwiderte, dass er keinerlei Ausbildung erhalten habe. Darauf bemerkte der gebildete Mann: O je, dann hast du dein halbes Leben vergeudet! In der Mitte des Flusses wurde das Boot leck und begann zu sinken. Der Bootsmann fragte seinen Begleiter: Hast du jemals schwimmen gelernt? Der Mann antwortete, dass er es nie gelernt habe, worauf der Erstere bemerkte: All dein Schreiben und Lesen ist jetzt umsonst, und schwamm ans Ufer.

Nun soll das nicht heißen, dass niemand mehr studieren sollte. Bildung am rechten Ort ist gut. Wenn aber die Seele nicht gelernt hat, beliebig den Körper zu verlassen, und sie keine Berauschung durch das Eintauchen in Naam erfährt, wird noch so vieles Reden oder Tun keinen Erfolg auf dem Spirituellen Pfad bringen. Bedenkt diese Tatsache, denn sie ist klar und einfach. Alle Meister erklären die Wahrheit in sehr einfachen Worten:

Die Meister sagen fürwahr: Kommt eurer Meditation nach.

Hört! Öffnet eure Ohren, und hört! Wer seine Meditationen durchführte, hat alles getan. Wer seine Meditationen nicht einhält, wird sich an nichts in seinem Lebenswerk erfreuen. Es liegt ein tiefer Sinn darin, dass der Meditation so großes Gewicht gegeben wird. Wenn euer tägliches Leben nicht unter Kontrolle ist, versucht es in Griff zu bekommen, oder räumt der Meditation mehr Zeit ein, und ihr werdet rascher dahingelangen. Wer zum Bewussten Mitarbeiter des Göttlichen Plan wird, stellt fest, dass sein Leben rechtschaffen wurde. Was er dann auch immer tut, ist redlich getan; er wird nicht imstande sein, anders zu handeln. Die Ursache eures Fehlverhaltens ist, dass ihr euren Meister nicht ehrlich liebt, ihr habt auf verschiedene Weise nur so getan, physisch oder finanziell, oder nur durch Lippendienst. Es gibt keinen, der dem Guru sein Gemüt geopfert hat. Ohne dieses Opfer gibt es keinen Erfolg.

Das Gemüt wurde dem Satguru verkauft. Dieses Werk des Dieners war richtig.

Gebt Ihm das Gemüt in Verwahrung.

Diese physische Gestalt gehört dem Meister, dieser Reichtum gehört dem Meister, und dieses Gemüt wurde ihm ebenfalls gegeben.

Die das vermögen, werden die größte Gabe erhalten, ob der Empfangende nun ein Hindu, ein Moslem, ein Christ ist oder aus einer anderen Gemeinschaft kommt, denn alle äußeren Religionen sind nur Etikette; wir sind alle ganz einfach Menschen. Der Mensch ist eine Seele mit einem Körper, und die Seele gehört zur selben Kaste wie Gott. Wir alle sind die Kinder des Herrn, aber zu unserem Unglück gehen wir im Vergessen einher. Und was lehrt der Meister, wenn wir zu ihm kommen?

Dieses Besitzstreben ist verschwunden, seit ich die Gemeinschaft des Meisters habe; es gibt keinen Feind und keinen Fremdling mehr. Alle sind mir nun sehr teuer.

Die Wandlung kommt von Innen. Wir sind Menschen, aber zuvor sind wir Seele – der Bewohner des physischen Körpers. Warum gibt es so viel Uneinigkeit? Erst wenn die Menschen rechtes Verstehen haben, wird Friede auf Erden sein. Es ist das einzige Mittel für alles Übel; es war immer so und wird immer so bleiben. Wenn aber der Mensch die Wahrheit vergisst – die Einheit, die bereits in allem existiert –, werden Kummer und Elend die Folge sein. Die wirksamste Methode für alle misslichen Umstände ist, die Seele wieder mit dem Herrn zu verbinden und die Wahrheit in der bestehenden Einheit zu erkennen.

Naam ist die Medizin für alles Übel.

Naam ist kein bloßer äußerer Ausdruck oder eine Schaustellung; es ist ein Name, der dem Allwissenden und Ewig Seienden Herrn gegeben wird.

Naam ist der Erhalter von Khand und Brahmand.

Es ist die waltende Gotteskraft, welche die ganze Schöpfung – Khand und Brahmand – überwacht. Und mit dieser Kraft verbunden zu sein bedeutet, über Naam zu meditieren.

Jene, Die Sich mit Naam verbunden haben, Deren Mühen werden enden. Und Ihr Antlitz wird voll Glanz erstrahlen. Nicht nur werden Sie erlöst sein, o Nanak, sondern viele andere werden mit Ihnen die Freiheit finden.

Die dringendste Arbeit vor uns wird durch Trägheit vereitelt – alles nur, weil die Liebe zum Guru nicht entwickelt ist.

Christus sagte zu Seinen Anhängern:

Liebet ihr mich, so haltet meine Gebote!

Auch wird uns gesagt:

Wer den Wünschen des Gurus folgt, weiß, was Gott ist.

Aber hören wir auf Ihn? Wenn wir sechs Monate lang unbedingt gehorchten, würden wir den wunderbaren Wandel unserer Lage sehen. Ihr könnt in diesem Leben die Erlösung erlangen! Wenn der Geber da ist, worin liegt dann die Mühe, zu empfangen? – Aber bedauerlicherweise ist der, welcher die kostbare Gabe erhalten sollte, in tiefer Trägheit befangen, er schläft oder treibt in der Umklammerung der Sinne. Jene, die etwas erhalten, ziehen vor, es beiseite zu legen oder unbeachtet zu lassen. Wie könnt ihr erwarten, dass sich die weltlichen Verhältnisse ändern, wenn ihr euch nicht selbst ändert?