Der Wahre Meister und Seine Mission

XII

Der Mensch wird im Allgemeinen als umgekehrter Baum beschrieben, denn seine Wurzeln sind oben im Augenbrennpunkt, dem Sitz der Seele, während sich seine Aste und Zweige nach unten in die Welt ausbreiten. Wie ein Baum seine Nahrung durch die Wurzeln aus dem Boden zieht, so nehmen unsere Wurzeln, die Seelenströme, ihre Nahrung für uns aus dem Tonstrom, der innen offenbart wird. Es ist also die Meister-Seele, Die uns mit dem Manna oder Brot des Lebens und dem Elixier oder Wasser des Lebens versorgt.

Indem Er den Seelenstrom mit dem Tonstrom verbindet, stellt ein Vollendeter Meister die Mittel bereit, durch welche der Geist seine Nahrung erhält, und hilft Gemüt und Körper unter genauer Kontrolle zu halten. Je mehr einer an dieser Himmlischen Nahrung teilhat, desto mehr nimmt er an Stärke zu, bis er eine lebendige Seele wird, vollbewusst der in und um ihn wirkenden Göttlichen Kraft.

Gelangt man in Gottes Reich, heißen einen die schon dort weilenden Seelen wirklich königlich willkommen. So arbeitet das Gesetz der Göttlichen Vorsehung, und Gott erfüllt Seinen Plan. Wenn Er uns im eisernen Griff von Plagen, Nöten und Drangsalen ohne einen Weg, der über die gewaltigen Marksteine der Welt hinausführt, hilflos klagen sieht, wird Seine Barmherzigkeit bis ins Innerste gerührt; Er beschleunigt den Prozess der Befreiung und enthüllt uns durch Seinen Erwählten die Wege, über die wir entkommen können.

Nanak sagt:

Wer einen Satguru zur Seite hat, dessen Rechnungen werden hier und jetzt ausgeglichen.

Das oben Gesagte ist völlig richtig. Doch wir nehmen die Dinge nur soweit an, wie es unserer Bequemlichkeit entspricht, und versuchen die Wahrheit geschickt zu verdrehen, weil wir sie nicht so sehen wollen, wie sie ist. Nur dann, wenn wir unsererseits dem Meister gegenüber unsere Pflicht erfüllen, indem wir unrechte Handlungen meiden, befreit Er uns von den in vergangenen Zeiten angesammelten Sünden. Wir müssen deshalb lernen, standhaft zu sein und nicht zu wanken, ehe wir mit der inneren Reise, die vor uns liegt, beginnen können.

Wenn immer jemand zu Lebzeiten Hazurs in der Versammlung aufstand, um eine Abweichung vom Pfad der Redlichkeit zu bekennen, pflegte Er Seine Hand zu heben und gnädig zu sagen:

Bis hierher und nicht weiter.

Er mahnte zur aufrichtigen Reue, was die Vergangenheit betraf, warnte vor künftigen Fehltritten und riet nachdrücklich zur Meditation (Verbindung mit dem Heiligen Wort) als einzigem Universalmittel für alles Übel des Lebens. Es ist vielleicht möglich, jemanden von dem Gift, das schon genommen wurde und in den Magen gelangte, zu befreien, vorausgesetzt, dass er keine weiteren Dosen davon nimmt. Doch was tun wir? Wir jammern und klagen und winden uns vor Schmerzen, fahren aber dennoch fort, mehr und mehr des schädlichen Stoffes zu nehmen. – Mit solch einfachen Worten pflegte Hazur alle Pflichtvergessenen zu ermahnen.

Eine Meister-Seele ist besorgter um Ihre Jivas, als es eine Mutter um ihr Kind sein würde. Gleich einem Neugeborenen, wie wir es für den Meister sind, können wir kaum etwas von der liebevollen Fürsorge, die Er uns zuteil werden lässt, wissen und noch viel weniger sie erkennen; auch nicht die Art, in der Er uns bei jedem Schritt vor Schaden bewahrt und auf dem inneren spirituellen Pfad zum Reich Gottes leitet.

Ungewöhnlich sind Seine Wege.

Nanak verherrlicht Ihn. Ist es nicht wirklich seltsam, dass Gott selbst uns in die Welt schickt und wiederum Er selbst (im Kleid eines Gottmenschen) kommt, uns zurückzuholen? Seine Größe übersteigt alles Begreifen:

O Nanak! Der Satguru öffnet das Innere Auge. Und man beginnt die Wahrheit in sich selbst zu sehen.

Das ist also das Geheimnis der Gotterkenntnis. Es erfordert keine besonderen Eignungen. Es ist nicht notwendig, Herd und Heim zu verlassen. Lebt in der Welt inmitten eurer Freunde und Verwandten, verdient euren Lebensunterhalt ehrlich und helft ihnen. Neben dem üblichen Familienleben praktiziert das Heilige Wort, wie es durch eine Meister-Seele anempfohlen wurde. Ihr werdet mit der Zeit ein anderer Mensch werden – völlig verschieden von dem, was ihr wart, und selbst sehen, wie die Gotteskraft für euch arbeitet und alles für euch tut. Ihr werdet ganz und gar frei und furchtlos werden.

Wenn immer ein Meister-Heiliger in die Welt kommt, überschüttet Er alle gleichermaßen mit Seinen Segnungen. Wir, die wir hier sitzen, können kaum dem Ruhm Hazurs gerecht werden. Ein Gottmensch ist wie Gott Selbst unfassbar und unergründlich. In der Tat gesegnet sind jene, welche die günstige Gelegenheit hatten, Ihn zu sehen und Ihm zu begegnen, in direkte Verbindung mit Ihm kamen und das Glück hatten, Ihm angeschlossen zu sein.

Ein Gottesfürchtiger (Bettelmönch) kam einmal zum Propheten Mohammed. Weil der Prophet nicht zu Hause war, ging er enttäuscht wieder davon. Bei seiner Heimkehr fragte Mohammed seinen Diener, nachdem dieser ihm von dem Gottergebenen erzählt hatte, ob er ihn gesehen habe. Der Diener antwortete, es sei nur ein flüchtiger Blick gewesen, da ihm jener den Rücken zuwandte und wegging. Der Prophet beglückwünschte den Diener, einen solchen Weisen auch nur von hinten gesehen zu haben. – Das ist wirklich der Höhepunkt im Leben eines Menschen, der einem Gottesmann begegnet, ganz zu schweigen von jenen, die Hazur von Angesicht zu Angesicht sahen, zu Seinen Lotosfüßen saßen und von Ihm inspiriert wurden. Wir müssen danach streben, würdige Kinder des Würdigen Vaters zu werden, auf dass die Welt Ihn verherrlicht. Das kann nicht durch bloße Anerkennung geschehen, sondern indem man Seinen Lehren folgt und nach ihnen lebt. Jeder Vater wünscht, dass Ihn sein Sohn an Tapferkeit und Ansehen übertrifft. Aber wer kann den Gottmenschen übertreffen? Sollten wir ein Mensch des Gurus werden, reichte dies völlig aus. Was ich betonen möchte, ist, dass wir das Wort praktizieren und uns mit ihm, der Lebendigen Offenbarung des Lebendigen Gottes, die uns durch den Gott im Menschen (Hazur) bekannt gemacht wurde, verbinden sollten.