Kapitel III

Die Seele und Naam – das Wort

Gott ist Wortlos, Namenlos und jenseits aller Beschreibung. Als Er Sich zum Ausdruck brachte, nannte man das Naam, das Wort, Das Sich in Licht und Ton kundgab. Wer sich mit Naam verbindet, ist fähig, einen Inneren Kontakt mit Gott herzustellen.

Hafiz Sahib, ein persischer Dichter der Mystik von Ruf, sagte:

Niemand kennt die Wohnstatt des Geliebten, aber es ist sicher, dass der Glockenton von dort kommt.

Wenn man der Melodie des Tons folgt, wird man Seinen Ursprung erreichen. Deshalb ist das Wort – Licht und Ton – das sicherste Mittel zum Ziel: der Weg zurück zu Gott.

Um eine Verbindung mit dem Göttlichen Licht zu erhalten, muss man sich durch Selbstanalyse über das Körperbewusstsein erheben. Nur dann ist es möglich, mit dem Göttlichen Ton in Berührung zu kommen. Durch die Verbindung mit Naam findet man Frieden und Ewige Glückseligkeit.

Jene sind gesegnet, die mit dem Wort verbunden sind, o Nanak, wer immer der Ewigen Musik lauscht, erlangt Erlösung.

Gurbani

Die Menschen verlieren sich im Allgemeinen in den verschiedenartigen Namen Gottes. Die ganze Welt spricht von Naam, aber es gibt nur wenige, welche die Wahre Bedeutung von Naam kennen. Naam ist eine Sache der Praxis. Wenn wir uns nicht selbst erkennen, indem wir uns über das Körperbewusstsein erheben, kann die Seele keine Verbindung mit der Überseele herstellen. Deshalb müssen wir unsere Seele mit Naam verbinden.

[...] jene, die sich mit dem Wort verbunden haben, deren Mühen werden enden. Nicht nur werden sie erlöst sein, o Nanak, sondern viele andere werden mit ihnen die Freiheit finden.

Jap Ji / Schluss

Und im Gurbani steht:

Ein Gurumukh (Sprachrohr des Meisters) kann Millionen Seelen befreien, wenn Er nur ein Fünkchen Seines Lebensimpulses gibt.

Emerson sagt:

Der Schlüssel zum Erfolg sind unsere eigenen Gedanken.

Um auf irgendeinem Weg des Lebens einen Fortschritt zu erzielen, muss man seine Aufmerksamkeit auf jenen speziellen Aspekt konzentrieren. Ähnlich ist es, wenn man seine Aufmerksamkeit auf das Überselbst richtet: Man wird dann Spirituelle Größe erlangen. 

Buleh Shah, ein Moslem-Heiliger, erkundigte sich bei Seinem Spirituellen Lehrer, wie man Gott finden könne. 

Der Führer erwiderte:

Es ist so leicht, wie das Zurückziehen der Aufmerksamkeit von hier, der Welt und sie mit dort, dem Wort zu verbinden.

Unser Wirkliches Selbst ist unsere Aufmerksamkeit. Wir sind Seele, keine Körper, aber wir sind von unseren Körpern ganz in Anspruch genommen.

Soami Ji sagt uns:

Lasst uns alle unsere Aufmerksamkeit mit dem Wort verbinden. Körper und Reichtum werden keine Hilfe sein, wenn wir der Negativen Kraft gegenüberstehen.

Der menschliche Körper ist der erste Gefährte der Seele. Er kommt mit ihr zusammen, wenn das Kind geboren wird. Aber selbst dieser Gefährte verlässt uns beim Tod, ganz zu schweigen von den weltlichen Verbindungen, an die wir uns gewöhnt haben. Unser eigenes Wesen, das in ständiger Berührung mit dieser materiellen Welt ist, hat sich zu diesem Niveau erniedrigt. Das Ergebnis davon ist, dass wir immer wieder auf diese vergängliche Welt kommen müssen.

Im Gurbani steht:

Die Seele geht stets dahin, wo sie gebunden ist.

Wenn wir zu Lebzeiten fähig sind, uns selbst zu analysieren und lernen, uns über das Körperbewusstsein zu erheben, dadurch, dass wir einen höheren Kontakt mit Naam bekommen, erlangen wir eine Glückseligkeit, Die uns alle weltlichen Vergnügungen und Bindungen vergessen lässt:

Weltliche Vergnügungen sind nichts gegenüber der Göttlichen Glückseligkeit.

Gurbani

Deshalb lehrten Heilige:

O Freund, gib die schalen sinnlichen Vergnügungen auf und trinke das süße Elixier von Naam.

Gurbani

Wenn man eine Kostprobe der Wahren Wonne bekommt, werden alle weltlichen Vergnügungen schal. Die Wirkliche Glückseligkeit ist entweder innerhalb unseres eigenen Seins oder in Naam – der Wirkenden Gotteskraft – denn die Seele ist von Ihrem Wesen.

Die Seele ist ein Funken des Göttlichen Geistes. Sie ist in sich selbst Wonne, uns sie ist ein Bewusstes Wesen. Die Seele ist der Quell aller Seligkeit, nicht der Körper oder gar weltliche Dinge. Heilige haben uns warnend darauf hingewiesen, dass weltliche Dinge, die unsere Aufmerksamkeit fesseln, keinesfalls eine tatsächliche Hilfe für uns sind. Nicht nur werden diese weltlichen Dinge beim Tod zurückbleiben, sondern die ständige Bindung an sie zieht die Seele immer wieder in diese Welt.

Was nützt es dem Menschen, so er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele.

Die Seele bewohnt dieses Haus, den Körper. Sie muss diese sterbliche Hülle ablegen und alles zurücklassen. Wenn die Zeit kommt, zu der wir diesen Körper verlassen müssen, werden wir sehr schmerzlich berührt wegen unserer Bindung an ihn. Das Bereuen hat dann keinen Sinn mehr. Wenn die Seele während des Lebens eine Verbindung mit dem Jenseits zustande bringt, erlangt sie vollkommenen Frieden. Wir aber denken ja nie an die jenseitige Welt.

Im Allgemeinen folgen wir dem Grundsatz: Iss, trink und sei fröhlich! Wenn uns irgendjemand an den Tod erinnert, beachten wir dies nicht und sagen, dass wir uns mit ihm befassen werden, wenn er kommt. Das ist keine weise Einstellung. Wenn eine Taube beim Anblick einer Katze die Augen schließt, wird die Katze sie nicht schonen. Jeder muss den Körper verlassen. Es gibt keine Ausnahme von dieser Regel.

Kaiser und Könige, Reiche und Arme, alle müssen gehen, wenn sie an der Reihe sind.

Gurbani

Wir müssen alle gehen, aber wir wissen nicht wann. Wir sollten auf diese Veränderung vorbereitet sein. Aber sind wir das?

Jeder fürchtet den Tod und wünscht, ewig zu leben. Wenn man durch die Göttliche Gnade des Gurus lernt, schon während des Lebens zu sterben, kann man ein Bewusster Mitarbeiter des Herrn werden. Jeder, der so stirbt, erlangt Erlösung.

Gurbani

Wenn wir zu sterben lernen, indem wir uns über das Körperbewusstsein erheben, werden wir Ewiges Leben erlangen. 

Alle Heiligen sagen uns, dass Gott uns drei Körperformen verlieh:

  • die physische,

  • die astrale und

  • die supramentale oder kausale.

Auf der physischen Ebene, Pind arbeiten wir jetzt durch die Sinne. Nach dem Tod erlangt die Seele die astrale Form. Mit den astralen Sinnen kann sie die astrale Ebene durchqueren, And. Mit der supramentalen Form kann die Seele gleicherweise die kausale Ebene betreten, Brahmand. Jenseits dieser drei Ebenen erlangt die Seele Selbsterkenntnis. Nur auf dieser Stufe werden wir fähig sein, zu erfahren, wer wir wirklich sind.

Soami Ji sagt:

Wenn man das Feuer unaufhörlicher Wünsche vermeidet, ist dies die günstigste Zeit, Friedvolle Glückseligkeit zu erreichen.

Unsichtbare Feuerflammen verzehren die Welt.

Guru Nanak sagte:

Dies ist das Feuer der Wünsche, das sich überall ausgebreitet hat.

Obwohl wir die Opfer sind, werden wir es nicht gewahr. Nur die Heiligen kennen das wirkliche Ausmaß dieses Feuers. Einzig im Menschleben sind wir in der Lage, diesem höllischen Feuer zu entfliehen. Das ist der Grund, weshalb das menschliche Leben als die Krone der Schöpfung gilt. Aber ohne aufrichtige Anstrengung in der rechten Richtung kommt keine Erlösung zustande.

Wenn wir zum Beispiel glühende Hitze vermeiden wollen, suchen wir Schutz in einem Raum mit Klimaanlage. In unserem Fall ist der klimageregelte Raum in uns selbst. Wir müssen uns von außen zurückziehen und in ihn eintreten, um glückseligen Trost von allen Trübsalen der Welt zu finden. Es ist höchste Zeit, dass wir uns nach Innen wenden. Wenn wir diese Gottgegebene Gelegenheit nicht wahrnehmen, sind wir nicht besser als wilde Tiere. Der menschliche Körper ist von Wert, solange die Seele in ihm wohnt. Wir sollten das Beste in dieser Zeit aus ihm machen.

Der Mensch ist umgeben von den Flammen leidenschaftlicher Wünsche, von Ärger, Gier, Verhaftetsein und Eitelkeit. Dieser Verblendung kann man nur entrinnen, wenn man sich mit dem Wort verbindet. Unsere bedeutendste Aufgabe ist deshalb, die Aufmerksamkeit von draußen zurückzuziehen und sie in Einklang zu bringen mit der Inneren Göttlichen Melodie. Dann kommt Ewiger Friede in der Gestalt des Wortes.

Wer immer diese wesentliche Aufgabe vollbracht hat, ist im Leben wirklich erfolgreich. Sonst ist alles Lernen ohne jede Bedeutung, genauso wie Name, Ruf und Berühmtheit. Es ist nun an der Zeit zu lernen, wie man sich über das Körperbewusstsein erhebt, um das Wirkliche Selbst in uns zu erkennen.

Meditiere über die Gestalt des Satguru und diene Ihm getreu, so wird Er dich wegführen von allem Leid.

Soami Ji

Soami Ji sagt uns nun, wie wir die Seele mit der Gotteskraft, Naam verbinden können. Drei Schritte wären zu tun – sagt Er – um uns über das körperliche Bewusstsein zu erheben. 

Der erste ist Simran (Kontemplation), ständiges Denken an den Allmächtigen. Der zweite ist, dem Meister zu dienen. Der dritte, alle Wünsche zu überwachen. 

Wir sind immer damit beschäftigt, über weltliche Dinge nachzudenken. Wenn wir einen Kontakt mit dem Göttlichen Wort herstellen wollen, dann müssen wir zuerst ständig durch einen uns geläufigen Namen Seiner gedenken. Wir sollten uns das als bedeutendstes und vornehmstes Leitbild zur Gewohnheit machen, nämlich Seiner zu gedenken in jedem Augenblick unseres Lebens. Wir müssen weltliche Gedanken durch ständiges Denken an das Wort ersetzen.

Denke ununterbrochen an Ihn allein, so sehr, dass du den Schmerz über die Trennung zu spüren beginnst. Der erste Schritt ist, Seiner zu gedenken. Dieses Denken führt zur Liebe und lässt andererseits den Schmerz der Trennung fühlen. So entsteht eine starke Sehnsucht nach dem Geliebten.

Und einzig des Einen zu gedenken und sich nach Ihm zu sehnen, lobpreise Ihn allein unaufhörlich. Meditiere über Ihn mit all deiner Liebe.

Gurbani

Simran sollte mit intensiver Liebe zu Gott geübt werden. Liebe bringt Sammlung. Man vergesse die ganze Welt, wenn man an den Geliebten Einen denkt.

Ein anderer Zweck des Simrans ist, die Seele mit ihrem wirklichen Wesen gleichzusetzen. Noch ein anderes Ziel des Simran ist, das Selbst in die Lage zu setzen, sich selbst zu erkennen. Denn die Seele hat sich ja mit dem Körper identifiziert. Sie muss vom Körper zurückgezogen und an ihrem eigentlichen Sitz – in der Mitte zwischen den Augenbrauen – konzentriert werden.

Lord Krishna sagt in der Bhagavad Gita,

[...] dass die Großen in die Höhle eintreten, die von einer Stelle über der Nase ihren Ausgang nimmt.

Man kann Simran auf verschiedene Weise durchführen:

  • mit Hilfe des Rosenkranzes oder

  • mit der Zunge,

  • in der Kehle oder

  • im Herzen.

Heilige raten jedoch von diesen Methoden ab, weil sie leicht mechanisch werden und dem Gemüt erlauben, abzuschweifen. Eine Sammlung der Aufmerksamkeit scheint deshalb durch diese Methoden kaum möglich zu sein.

Darum raten die Heiligen, Simran mit der Zunge des Gedankens zu üben. Alle Heiligen, einschließlich Maulana Rumi, Guru Arjan und Soami Ji haben auf diesen Spirituellen Pfad hingewiesen.

Guru Arjan betete:

O Ihr Heiligen, habt Mitlied mit uns, wir müssen erst lernen, wie wir unseren Seelen dienen können.

Wir arbeiten auf den intellektuellen und den Sinnesebenen. Bis wir gelernt haben, uns über das Körperbewusstsein zu erheben, verändert sich unsere missliche Lage nicht.

Yogis versuchten den Atem durch kumbhak zu beherrschen, um gesammelte Aufmerksamkeit zu erlangen. Das ist ein schwieriger Vorgang, den nicht jeder durchführen kann. Deshalb stören Heilige die Atmung nicht. Sie ziehen ihre gesammelte Aufmerksamkeit am Sitz der Seele zusammen, der sich in der Mitte der beiden Augen befindet. Dies geschieht durch gedanklichen Simran. Führen wir das mit ganzer Aufmerksamkeit durch, wird die Seele aufhören, durch die Poren des Leibes auszuströmen. Der Körper wird dann empfindungslos. Erst danach kommt die so in sich gesammelte Seele in Verbindung mit Gott.

Dennoch ist gedanklicher Simran nicht so leicht, wie es zu sein scheint.

Er kann nur erfolgreich geübt werden durch die Segnungen eines Kompetenten Meisters. Es ist auch ein Unterschied, ob man Simran durch die Wiederholung der durch einen Kompetenten Meister gegebenen Namen übt oder ob man diese den Heiligen Schriften einer Religion entnimmt.

Die durch einen Kompetenten Lebenden Meister bei der Initiation gegebenen Namen sind mit Seinem Gedankenimpuls geladen, in Welchem eine Gewaltige Kraft wirksam ist. Deshalb ist diese Art Simran allen anderen Simranformen überlegen.