Teil I: Kapitel II / II – (v)

Pratyahara oder Sinneskontrolle – Zurückziehung und Loslösung

Es bedeutet das Zurückziehen der Sinne von den Sinnesgegenständen. Das Gemüt wird durch die Praxis von Yama, Niyama und Pranayam rein, und Pratyahara bewirkt überlegene Meisterschaft über die Sinne. Die Beherrschung der Sinne ist daher der erste Faktor in der Yoga-Wissenschaft.

Solange die Sinnespferde in ihrem tollen Lauf auf dem Gebiet des Vergnügens und des Genießens nicht beherrscht und kontrolliert sind, kann das Gemüt unmöglich zur Ruhe kommen. Die Sinne müssen darum von der Sinnesebene zurückgezogen und davor bewahrt werden, alle von außen kommenden Eindrücke und Einflüsse aufzunehmen. Die visuelle Wahrnehmung und das Gehör sind die beiden Hauptzugänge, von denen wir nicht weniger als 88 bis 95 Prozent unserer Eindrücke ableiten, und der Rest von etwa 5 Prozent stammt von den anderen Sinnen. Somit ist es von ungeheurer Bedeutung, die Schleusentore der Augen und Ohren herunterzulassen, um zu verhüten, dass die äußeren Flutwasser eindringen und den See des Gemüts überschwemmen.

Um das Gemüt nachhaltig gegen die Angriffe vonseiten der Sinne zu schützen, ist es für den Yoga-Schüler notwendig, dass er sich täglich eine Zeit in die klösterliche Zelle des Herzens zurückzieht; denn es ist eine Sache allgemeiner Erfahrung, dass sich schmutziges Wasser von selbst klärt, wenn man es einige Zeit ruhig stehen lässt.

Man kann Pratyahara (Kontrolle der Sinne als Voraussetzung, um einen Zustand des Träumens oder der Zurückziehung der Sinne zu erreichen) durch Unterscheidung und Einsicht üben. Mit dem Wissen um die Wahren Werte des Lebens kommen wir dahin, dass wir die ungesunde und wertlose Nahrung, welche die Sinne sonst erfreute, missachten und dadurch lernen, den Gemütsstoff zu beherrschen.

Es bedeutet soviel wie die Betriebsamkeit der Sinne in der Welt zu verlagern, indem man die Gebiete der illusorischen Freuden mit der Sprengkraft der Unterscheidung zerstört. Pratyahara ist sehr wichtig, um im Yoga Erfolg zu haben. Mit nach innen gekehrten Sinnen kann ein Yogi für das Bewusste in sich arbeiten. Durch diese Praxis wird das Gemüt gereinigt; es wird in der Selbstsicherheit gestärkt und fähig, sich einer strengen Lebensweise zu unterziehen.

In der Bhagavad Gita lesen wir:

Die Sinne bändigend sitze er in Andacht mir zugewandt. Wer Herr der eigenen Sinne ist, bei dem nur ist die Weisheit dauernd.

Kapitel II:61

Die obigen fünf Punkte Yama, Niyama, Asana, Pranayam und Pratyahara – bilden die Vorbereitung für den Fortschritt auf dem Yogaweg. Sie sind jedoch nur die begleitenden Dinge und nicht die Hauptsache im Yogasystem. Sie helfen dem Körper, die Pranas, das Gemüt und die Indriyas zu reinigen.

Nun kommen wir zu den direkten inneren Hilfen des Yogas. Es sind drei an der Zahl, nämlich Dharna, Dhyana und Samadhi, und sie bilden den Antarang Sadhna oder die Innere Schulung.