Die Nacht ist ein Dschungel

III

Guru Gobind Singh brach die religiöse Engstirnigkeit; das war ein großes Werk. Es ist kein leichtes Unterfangen, sich von herkömmlichen Bräuchen abzukehren, selbst wenn die zugrunde liegenden Lehren dieselben sind, welche von Guru Nanak, Kabir und anderen Meistern verkündet wurden.

Ravi Das Ji sagt:

Er kann nicht gekauft werden, sondern wird durch Wahre Hingabe erlangt.

Es heißt auch:

Halte den Henker für den Reinsten, wenn Gott in seinem Herzen wohnt.

Jeder, in dem Sich Gott offenbart, ist der Reinste von allen. Wenn das System, das Guru Gobind Singh Ji Maharaj einführte, heute angewandt werden könnte, würde jede Unsicherheit des Lebens beseitigt. Von aller Anfang an habe ich daran gedacht, dass es eine gemeinschaftliche Küche geben und jedermann dort essen sollte. Jeder steht auf dem Standpunkt: 'Dies gehört mir, jenes gehört mir', aber das ist ein Hindernis. Nicht alle stehen auf derselben Entwicklungsstufe, aber es gibt große Hoffnung für jene, die aufrichtig und willens sind.

So feiern wir heute Basakhi, weil an diesem Tag der Khalsa Panth eingeführt wurde. Viele Leute verstehen das Wort Khalsa falsch; ein Khalsa ist Der, in Dem das Licht offenbart ist.

Es heißt:

Der Khalsa wird über alle herrschen; alle jene, die zu Seinen Füßen sitzen, werden errettet.

Ihr werdet sehen, dass jene, die zu Seinen Füßen kommen, Rettung finden, die Übrigen nicht. Der Khalsa wird ein solcher nicht durch die äußere Erscheinung, – und am Ende werden nur die Spirituellen Menschen regieren. Der Spirituelle Mensch, in dem Sich Gott Selbst offenbart hat, ist der Khalsa, und jene, die zu Seinen Füßen kommen, werden errettet; andere müssen in ihrer Erniedrigung bleiben.

Was der Mensch durch Generationen infolge der Gewohnheit als Gesetz annimmt, wird von den Meistern von einem losgelösten und daher genaueren Gesichtswinkel aus betrachtet. Sie sehen in religiösen Höhen und Tiefen keinen Wert. Sie entzünden das Licht in allen und offenbaren, dass alle Ein und Dasselbe sind. Die sogenannten Gurus bleiben es auch, und ihre Schüler bleiben Schüler, aber die Wahren Meister erklären: Nein, wir sind Ein und Dasselbe.

Unser Hazur pflegte zu sagen:

Kein Kaiser möchte, dass sein Sohn ein Beamter bleibt.

Ein Wahrer Heiliger will, dass auch Seine Anhänger Heilige werden. Alle Menschen sind sowohl von der menschlichen als auch von der geistigen Ebene aus gesehen ein und dasselbe. Er, die kontrollierende Kraft, ist der Gebende und Handelnde. Selbst die Bedeutung der Puja oder des Namaz – Gebetsübungen der Hindus bzw. Moslems – ist die gleiche. Bei der Puja wird eine Lampe entzündet und dann die Puja ausgeführt, während die Moslems die Hände auf die Ohren legen und einen Baang genannten Laut aussprechen. Auf dem Pfad der Meister wird dem Initiierten gelehrt, wie die Hände an die Ohren zu halten sind und wie der Innere Ton zu hören ist. Man sollte diesem Inneren Baang – Sphärenmusik – lauschen, was spirituell wirksam ist.

Guru Nanak ging einmal nach Shiraz, in Persien, und traf dort einen Moslem-Priester namens Rooknuddin, der den Guru fragte:

Hast du jemals das Haus des Herrn gesehen?

Guru Nanak antwortete:

Ja –

und begann die physische Gestalt zu beschreiben:

Sie hat zwölf Minarette, drei an jedem der Gliedmaßen (Arm- und Beinknochen), zweiundfünfzig Turmspitzen (32 Zähne und 20 Nägel) und zwei Fenster (Augen).

Es heißt auch:

In einem besonders erhabenen Palast schenkt Khuda (Gott) den 'Baang' ein.

So sollte man in der Lage sein, klar zu verstehen, dass die Wahre Moschee, die Wahre Kirche oder der Wahre Tempel die menschliche Gestalt ist. Moscheen sind der Stirn nachgebildet, Kirchtürme nasenförmig, Tempel und Gurdawaras haben die Form der Kuppel oder des Kopfes. Alle sind Nachbildungen des Wahren Gotteshauses.

Dieser Körper ist der Tempel Gottes, in dem das Wahre Licht zu sehen ist.

Maulana Rumi sagt uns, dass für jene, deren Augen nicht geöffnet sind, Moscheen aus Wasser und Lehm erbaut wurden. Für die erwachten Menschen – die Vollendeten Meister – ist die Moschee das Wahre Herz am Sitz der Seele.

Während meiner Reise in den Westen sagte ich den Leuten viele Male, dass Gott nicht in Tempeln wohnt, die aus Stein erbaut sind, sondern dass Er Selbst das Haus schuf, in dem Er lebt. Aber wir haben den wirklichen Tempel vergessen und verehren die vom Menschen erschaffenen äußeren Abbilder des Wahren Hauses.

Welch ein Trauerspiel, dass wir in einen nachgebildeten Tempel gehen und die natürliche Moschee verlassen, die an sich für die Arbeit gedacht ist.

Das vom Menschen erschaffene Modell war dazu bestimmt, uns zu lehren, dass es so etwas wie ein Inneres Licht und einen Inneren Ton gibt, und wir hätten lernen sollen, uns zurückzuziehen, um eine Erfahrung davon zu haben. Aber stattdessen verehren wir wahllos jedes Bildnis. In heiligem Ernst hängen wir an der äußeren Schale und vergessen dabei die Frucht in ihrem Innern.