Die Nacht ist ein Dschungel

IV

In den Upanishaden steht geschrieben:

Was ist es, dessen Erkenntnis alles andere erkennen lässt?

Die Seele ist ein bewusstes Wesen; solange sie nicht im Allbewusstsein aufgeht, wird sie niemals Frieden finden. Weiterhin kann man nie Herr über das Gemüt werden, solange es ohne Verbindung mit Naam oder der Gotteskraft bleibt.

Wenn man Naam erhält, wird das Gemüt bezwungen.

Aus dem Leben von Lord Krishna ist bekannt, dass er tief im Jumna-Fluss einer tausendköpfigen Schlange begegnete, die er überwältigte, indem er auf seiner Flöte spielte. Diese Schlange stellt das Gemüt dar, das tausend Wege hat, um uns zu vergiften.

Mit dem Sieg über das Gemüt erlangt man den Sieg über die Welt.

Außer dem Gemüt gibt es kein anderes Hindernis zwischen uns und dem Herrn. Wenn euer Herz den starken Wunsch hat, Gott zu erkennen, dann setzt einen Fuß auf euer Gemüt, um es zur Ruhe zu bringen, und der nächste Schritt wird euch zur Heimat des Herrn führen.

Im Koran steht, dass ein Mensch, wenn er sein wirkliches Selbst erkennt, auch Gott erkennen wird. Dieselben Lehren wurden von allen Meistern für alle Menschen verkündet. Ein Licht erscheint in menschlicher Gestalt, und dadurch werden alle Religionen erleuchtet, denn jene, die Ihm begegnen, erlangen die Erleuchtung. Immer, wenn eine erleuchtete Seele die Welt verlässt, beginnt eine neue Religion, um Seine Lehren am Leben zu erhalten; aber ohne die praktische Führung setzt ein Verfall ein. Ein jeder hält übereifrig an seinen eigenen Überzeugungen fest, und keiner ist gewillt, auf allgemeiner und gleicher Grundlage Spirituelle Dinge zu erörtern. Die Wahre Lehre bleibt zu allen Zeiten die gleiche – es gibt für alle nur Eine Wahrheit. Gott ist nicht jeweils ein anderer für Hindus, Moslems, Christen usw. Er ist der Gott der ganzen Welt und kein Hindu, Moslem, Christ oder Buddhist.

Auch jetzt noch erinnere ich mich eines kleinen, amüsanten Vorfalls, der sich zutrug, als ich in die neunte Schulklasse in Peshawar ging. Ich pflegte meine Bücher in den Garten Shahi Bagh mitzunehmen und dort zu lernen. Eines Tages fragte mich ein Mann, dessen Name – Darbari Lal – mir im Gedächtnis blieb:

Wo ist der Shahi Bagh?

Ich informierte ihn, dass er an eben dem Garten stünde, worauf er sagte:

Ich bin gekommen, mein Urteil über eine strittige Frage abzugeben, denn es ist mir gesagt worden, dass der Hindu-Gott weint, weil ihn der Moslem-Gott geschlagen und ihm ein Bein gebrochen hat.

Die Menschen versammelten sich im Shahi Bagh hauptsächlich, um alle möglichen Streitfragen zu diskutieren. Selbst in diesen jungen Jahren war ich erschüttert, festzustellen, dass die Leute glaubten, jede Religion habe einen anderen Gott.

Geringes Verständnis ist weit verbreitet, da sich die Menschen nicht über die weltliche Ebene erheben, um die Tatsachen aus einem angemesseneren Blickwinkel zu betrachten. Bis zur Zeit des zehnten Gurus hatte kein Meister die Umstände Seiner früheren Geburten so frei enthüllt, wie Er es tat. Im letzten Abschnitt Seines Lebens sprach er von vielen seltsamen Dingen, unter anderem von der siebenfachen Pracht von Hemkunt, einem Ort mit sieben Hügeln, wo Er in einem vergangenen Leben viele Härten auf Sich genommen hatte, durch die Er das Persönliche verlor und mit dem Herrn Eins wurde. Er lebte dort in großer Glückseligkeit, aber der Herr gab Ihm die Weisung:

Kind, gehe in die Welt und wirke!

Guru Gobind Singh Ji berichtete, dass Er nicht den Wunsch hatte, zur Welt zurückzukehren, jedoch dafür gewonnen wurde, und so sagte Er:

Was ordnest Du an, mein Herr?

Der Herr antwortete:

Jene, die dort sind, und die meisten, die dort waren, haben zum Lobpreis ihres eigenen Namens ermuntert. So geh und erzähle von Meinem Namen – zeige ihnen, dass es Gott gibt.

Als Guru Gobind Singh gefragt wurde, wer Er sei, sagte Er:

Ich bin der Diener des Höchsten, Der gekommen ist, um das Spiel der Welt zu sehen; erkennt mich als Seinen Diener, es gibt keinen Unterschied zwischen Ihm und mir.

Er hat auch gesagt:

Jene, die von mir als Gott denken, werden alle zur Hölle gehen.

Gott sendet Sein Wasser des Lebens durch ein Gefäß, aber das Gefäß sollte nicht meinen, selbst der Handelnde zu sein. Kein Wahrer Meister wird sagen: 'Ich bin der Guru', denn der Strahl kommt von der Sonne, aber indem man mit dem Strahl verbunden ist, kann man die Sonne selbst erreichen. Durch einen einzigen Strahl des Herrn wurde die ganze Schöpfung hervorgebracht.

Von einer Quelle gingen Millionen Flüsse aus.

Was und wer Gott genau ist, kann niemand wissen, denn der Mensch hat sich selbst erschöpft in dem Bemühen, Seinen Ruhm zu besingen.

Im Jap Ji sagt Guru Nanak:

Manche besingen Seine Größe, doch nur nach dem Ausmaß an Kraft, das ihnen verliehen wurde; manche besingen Seine Gaben und nehmen sie als Zeichen von Ihm; manche besingen Ihn als den Unbegreiflichen; manche besingen Ihn als den, der Staub zu Leben und Leben zu Staub verwandelt: als den Schöpfer und Zerstörer, Der das Leben gibt und es wieder nimmt. Manche singen von Ihm als dem Nächsten und doch dem am weitest Entfernten. Es gibt keine Grenze, wenn man Ihn beschreiben will.

Nichts ist über Gott Selbst erwähnt worden – nur über die Dinge, die Er schuf.

Man kann Ihn nicht durch Reden erkennen und wenn man Jahrmillionen lang spräche.

Selbst den Meistern ist es nicht möglich gewesen. Schließlich bleibt Ihnen nur die Feststellung: Neti, neti – Er ist nicht dies, Er ist nicht das.

Ein Moslem-Prophet sagt:

Generationen haben sich darin versucht, Ihn auf philosophischem Wege zu beschreiben, aber das Wesen Gottes bleibt unausgesprochen.

Heute ist Basakhi, und damit sollte unser neues Leben beginnen. Alle Uneinigkeit sollte aus unseren Herzen entfernt werden. Ein Mann fragte mich einmal, warum kein Meister gesagte habe: 'Richtet eure Aufmerksamkeit auf mich', stattdessen: Richtet eure Aufmerksamkeit auf Ihn. Ich erklärte ihm, dass man die Anweisungen richtig verstehen müsse.

Lord Krishna sagte:

Richte deine Aufmerksamkeit auf meine Wahre Form.

Die Methode bleibt die gleiche, ungeachtet dessen, wo sich die Kraft manifestiert. Elektrizität wird einmal wärmen und ein anderes Mal kühlen. Avatare und Heilige sind Offenbarungen oder verschiedene Aspekte desselben Herrn. Missverstehen und Engherzigkeit rufen Trennung unter Brüdern hervor, aber die Berauschung Gottes ist ein und dieselbe. Wir alle verehren das Lebendige Licht, ganz gleich, welcher Religion wir angehören.