Die Nacht ist ein Dschungel

VI

„Kommt dem Jatta der Keuschheit und Reinheit nach, und nehmt ein Bad in 'Yog'; lasst die Nägel der Regelmäßigkeit wachsen.“ 1

Man sollte seinem Jatta in Form von reiner Lebensweise nachkommen und sorgfältig über Brahmacharya, Keuschheit, wachen. Keuschheit ist Leben, und Sexualität ist Tod. Unser ganzes Haus muss auf diesem Fundament stehen; baut es nicht auf Sand. Dann werdet ihr richtig leben können; euer Gemüt und euer Verstand werden gesund sein. Dies ist in sich selbst etwas äußerst Wertvolles, denn auch wenn ihr nur trocken Brot zu essen habt, werdet ihr dennoch volle Kraft haben. Ihr werdet keinerlei Stärkungsmittel brauchen.

Was das häusliche Leben anbelangt, so ist die Ehe kein Hindernis für die Spiritualität, wenn man in Einklang mit den Schriften lebt. Eine Pflicht mag es sein, Kinder zu zeugen, aber das ist nicht das ein und alles des Ehelebens. Diese Sache wird in hohem Maße falsch verstanden. Macht die menschliche Form nicht zu einer bloßen Maschine des Lasters. Führt stattdessen ein reines und kontrolliertes Leben.

Wenn ihr ein oder zwei Kinder haben wollt, recht und gut, aber kümmert euch sorgsam um sie, und helft ihnen, etwas Tüchtiges zu werden. Gebt ihnen ein würdiges Beispiel, und bleibt euch eurer Verantwortung als Eltern bewusst. Weiterhin sollte die ganze Familie zusammensitzen und den Herrn rühmen.

Der Guru Granth Sahib weist uns an, ein Bad in Yog zu nehmen. Wenn ihr mit Gott Eins werden wollt, müsst ihr von allen weltlichen Gedanken ablassen. Ein Bad in Yog zu nehmen bedeutet ein tägliches Bad der Verbindung mit Ihm – bedeutet, Eins mit Ihm zu werden. Wenn ihr eure Hände nicht von den weltlichen Dingen reinwaschen könnt, solltet ihr nicht in Erinnerung an Gott sitzen. Die Moslems machen Vazu – Waschen der Hände, des Gesichts und der Füße –, bevor sie sich zum Namaz niedersetzen, denn sie glauben, dass das Gebet nicht eher angenommen wird. So sollten wir die weltliche Umgebung aus unseren Gedanken vertreiben, bevor wir uns zur Meditation setzen. Die Hindus sagen, dass man die Puja erst ausführen solle, wenn man ein Bad genommen hat. Das wirkungsvollste Bad besteht darin, die Aufmerksamkeit von äußeren Dingen zurückzuziehen.

Lasst die Nägel der Regelmäßigkeit wachsen. Eine Armee ohne Befehlshaber wird im Chaos enden, und so müssen auch wir unser Leben durch Regelmäßigkeit beherrschen. Wenn ihr irgendwo angestellt seid, geht ihr täglich zur rechten Zeit und ohne eine Schwierigkeit dorthin. Für die Meditation sollten wir uns dieselbe Einstellung angewöhnen und uns täglich zu einer bestimmter Zeit hinsetzen. Bedauerlicherweise lassen wir uns treiben; manchmal setzen wir uns hin, manchmal nicht. Wenn wir wirklich regelmäßig wären, würde uns bewusst, dass wir uns unbehaglich fühlen, wenn einmal ein Tag ohne Meditation gewesen ist – so, als hätten wir etwas versäumt. Wenn möglich, sollte ein Raum im Haus nur der Erinnerung an Gott vorbehalten sein. Ihr würdet feststellen, dass euch die bloße Atmosphäre dieses Raumes an Ihn erinnert.

In der letzten Strophe des Jap Ji heißt es:

Mache die Reinheit zu deinem Schmelzofen und Geduld zu deiner Schmiede […]

Um Gold zu etwas Schönem zu formen, muss ein Goldschmied das Metall zuerst mit Hilfe eines Ofens schmelzen. Nehmt diese beiden Dinge an: Geduld und Keuschheit, und strebt weiter eurem Ziel zu. Mit Geduld bleibt man beharrlich, auch wenn der Fortschritt langsam zu sein scheint.

Selig sind, die reines Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.

Matthäus 5:8

Es ist ein Versprechen, das Christus gab. So nehmt folgende Dinge in euer Leben auf: Geduld, Beharrlichkeit, enthaltsame und reine Lebensweise und Regelmäßigkeit. Und dann? Macht die Nächte zu eurem Dschungel, und seht, was für ein wunderbarer Tagesablauf sich daraus ergibt.

In der Vergangenheit verbrachte ein Wahrer Brahmacharya seine ersten 25 Jahre in einem Dschungel-Ashram, um die Veden und Shastras zu studieren. Dann trat er in den Grehastya-Ashrama ein – um die Pflichten eines Familienvaters zu übernehmen. Nachdem er seine ein oder zwei Kinder gewissenhaft erzogen hatte, bis sie erwachsen waren, kehrte er in die Wälder zurück, in den Vanaprastha-Ashrama, wo er sich um Selbsterkenntnis bemühte. Nachdem er die Wahrheit erkannt hatte, verließ er diese Lebensstufe und reiste um die Welt, um den Menschen zu helfen, dass sie erwachen. Heutzutage wird nur für den Magen gepredigt. Ein Teil der Menschen verdient seinen Lebensunterhalt auf die eine oder andere Weise durch harte Arbeit, andere durch die Religion oder religiöse Bücher.

So macht euer Heim zu einem Dschungel. Wer im eigenen Haus lebt, sich allen verderblichen Einflüssen entzieht und sich im Innern nach dem Herrn sehnt, wird daraus weit mehr Nutzen ziehen als von einem Bad in den klaren Wassern des heiligen Ganges. Verbindet euch so innig mit dem Herrn, dass entweder Er oder ihr übrig bleibt – nicht zwei.

Durch des Gurus Kenntnis von der Seele verbindet euch mit dem reinen Naam.

Diese Kenntnis des Gurus ist eine praktische Erfahrung; es geht nicht um bloße Theorien.

Dieses Wissen ist das Wissen von der Aufmerksamkeit (Surat) und vom Ton (Shabd); es kann nicht in Worten ausgedrückt werden.

Das Wort Wissen bezieht sich hier auf die Sphärenmusik, die in unserem Wesen erklingt. Man kann sie nur erfahren.

Der den Ton, welcher aus dem Gaggan (Astralhimmel) kommt, hörbar macht, ist mein Guru Dev.

Wer gibt diese Erfahrung?

Durch des Gurus Wissen habe ich das Wahre Auge bekommen, mit dem der Schleier der Unwissenheit durchdrungen und das Innere Licht enthüllt wurde.

Was ist also der Wert von Gurubhakti – Hingabe an den Guru?

Alle lebenden Seelen sollten Gurubhakti üben und mit dem Licht im Innern Eins werden.

Kommt mit diesem Licht in Verbindung und entwickelt eure Ergebenheit, die so groß sein sollte, dass jede Pore vom Naam des Gurus vibriert. Wenn in einem Menschen ein wenig Liebe erwacht, steigt sie dann nicht auf und fließt über? Sie sollte stetig und bis zur vollen Erkenntnis entwickelt werden, so dass Friede und Heiterkeit euer Wesen bestimmen.

„Esst weniger, schlaft weniger; habt Erbarmen, Vergebung und Liebe.“

Der Prophet Mohammed sagte, dass man bei jeder Mahlzeit einen Bissen weniger essen sollte. Sheikh Saadi empfahl, die Hälfte des Magens mit Nahrung, ein Viertel mit Wasser zu füllen und ein Viertel freizulassen. Soami Ji Maharaj sagte, dass jene, die den Nektar von Shabd kosten möchten, nur eine Mahlzeit am Tag nehmen sollten. Wir essen zu viel – natürlich kommt dann der Schlaf in unser Haus. Wenn eure Nahrung geregelt ist, werdet ihr euch morgens pünktlich erheben. Der Körper des erwachten Menschen mag schlafen, Er Selbst aber tut es nicht. Denkt daran, die Seele ist ein bewusstes Wesen, und wenn der Mensch schläft, zieht sich die Seele im Allgemeinen zum Kehlkopf zurück, wo er Träume erlebt. Zieht sie sich dann zum Nabel zurück, setzt der Tiefschlaf ein. Die Meister bleiben wach. Ungleich anderen sind Sie während des Schlafes wach. Das ist ein sehr edles, erstrebenswertes Ziel. Diese drei Dinge werden euch helfen; weniger essen, weniger schlafen und Erbarmen, Vergebung und Liebe zu haben.

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Erklärung: 1) Entsagende lassen ihr Haar wachsen, bedecken es mit Asche und wickeln es auf ihren Köpfen zusammen. Dies wird 'Jatta' genannt. Sie hören auch auf, ihre Nägel zu schneiden.