Ein ganzes Jahr liegt vor euch

I

Kirpal Singh: Beginnt das neue Jahr mit neuem Leben – mit frischem Leben … Überprüft das letzte Jahr und euren jetzigen Stand, verglichen mit dem, wie ihr das vergangene Jahr begonnen habt. Wie steht es jetzt um euch? Besser als zu jenem Zeitpunkt? Macht ihr Fortschritte, gemessen an damals?

Die allgemeine Antwort: Ja.

Kirpal Singh: Das ist gut. Das ist es, was nottut.

Frage: Meister, könnt Ihr uns bitte etwas aus Eurer Kindheit erzählen?

Kirpal Singh: Was kann es euch nützen? Nehmt an, ich sei ein ungezogener Junge gewesen – was dann? (Lachen.) Werdet ihr es nachahmen? Jeder muss seinen Weg gehen, seinen eigenen Lauf nehmen, versteht ihr? Natürlich haben einige ihren Hintergrund, aber das spielt keine Rolle; jene, die jetzt beginnen, gehen ihren Weg vorwärts, um den ersten Preis zu gewinnen. Sie können schneller sein und zuerst ans Ziel gelangen. Sie können jetzt anfangen. Das hängt von der Ergebenheit ab, von der Regelmäßigkeit und eurer vorherrschenden Neigung. Warum nicht anderen ein Beispiel geben?

So haben jene, die den menschlichen Körper bekamen, das angestammte Recht – das Erbrecht! – Gott zu erkennen, das ihnen niemand, nicht einmal die Regierung, vorenthalten kann. Es kommt hauptsächlich auf unsere Ergebung und unser hervorstechendes Verlangen an – ein Verlangen nicht nach den weltlichen Dingen, sondern nach Gott. Das ist die vornehmste und ganz private, persönliche Arbeit, die ihr tun müsst. Die meisten von uns sind durch eine andere Betätigung in Anspruch genommen. Nehmt das Kreuz täglich auf euch, und erhebt euch über das Körperbewusstsein. Dort beginnt das Alphabet auf dem Weg zu Gott.

Macht euch eine Aufzeichnung von dem, was ihr heute, am ersten Tag des Jahres, seid. Und vergleicht am Ende des Jahres, wie weit ihr euch entwickelt habt. Wenn ihr es ein ganzes Jahr so haltet … in der Schule braucht man ein ganzes Jahr, um in die nächste Klasse versetzt zu werden, nicht wahr? Freilich muss man dort fünfeinhalb Stunden dafür arbeiten und zwei oder drei Stunden zu Hause. Wer regelmäßig ist – die, welche nicht müßig dasitzen –, wird in die nächste Klasse kommen. Nun liegt ein Jahr vor euch. Lasst uns sehen, welche Fortschritte ihr in diesem Jahr macht. Von da, wo ihr jetzt steht, solltet ihr wenigstens eine Klasse zur nächsthöheren aufsteigen. Arbeitet also dafür! Es ist ein ganzes Jahr.

Arbeitet so, dass ihr mit dem Meister im Innern zu den höheren Ebenen gelangen könnt. Habt ein Ideal vor euch, das ist alles.

In den heiligen Schriften der Moslems sagt der Herr:

Gott ändert das Leben eines Menschen nicht, es sei denn, er selbst will sich ändern.

Wenn dies euer Ideal ist, wird euch Gott helfen. Er hilft denen, die sich selbst helfen. Er verlangt nicht sehr viel von euch. Oder ist es sehr viel? Zu viel? Ihr habt ein ganzes Jahr. Macht von heute an regelmäßig weiter. Setzt so viel Zeit ein wie nur irgend möglich, bei gebührender Beachtung eurer anderen Pflichten, so dass ihr das Ideal, welches ihr anstrebt, selbst sehen könnt – und damit ihr ein Ziel habt.

Ich hoffe, dass ihr dies im Auge behaltet … oder scheut ihr euch davor? Seid ihr entschlossen, für das Ideal einzutreten, oder nicht? Warum scheut ihr euch davor? (Er lacht.) Wie ich euch sagte, hilft Gott jenen, die sich selbst helfen.

Im Koran sagt Gott auch:

Zu jenen, die ihr Leben nicht ändern wollen,

sagt selbst Gott:

Ich kann es nicht für sie tun.

So richtet euch ab heute nach einem solchen Programm. Ihr könnt dann sehen, wie dieser Traum lebendig wird.

Von einem König namens Mahmud, der Indien siebzehnmal überfiel und ausplünderte, dabei Witwen und Waisen zurückließ und alle Rubine, alles Gold und andere Schätze des Landes mitnahm, wird erzählt, dass er im letzten Augenblick seines Lebens seine Minister bat, alles was er aus Indien herbeigeschafft hatte: die ganze Beute – Gold, Rubine, Silber – um ihn herum aufzuhäufen und ihn eine Weile hindurchgehen zu lassen, damit er sehen konnte, wie viel er zusammengetragen hatte. Dies taten sie. Er blickte auf die große Menge an Gold und Smaragden und vergoss Tränen.

Einer der Minister sagte zu ihm: Nun, Majestät, alle müssen gehen; es ist nichts Neues in Eurem Fall. Mahmud erwiderte: Gut, erinnere mich daran, wenn ich zum Palast zurückkehre. Und der Minister dachte: Ich werde eine sehr große Belohnung erhalten. Als sie zurückkamen, sprach ihn der Minister an: Herr, Ihr batet mich, Euch zu erinnern. – Jawohl, befahl er, Schickt ihn für den Rest seines Lebens ins Gefängnis. – Was? Welches Unrecht habe ich begangen? Der König sagte: Warum hast du mich nicht damals erinnert, als ich Witwen und Waisen zurückließ und die Menschen völlig mittellos machte?