Gemüt: Wie man es beherrscht

IV

Ist man mit Naam verbunden, wird sich die Aufmerksamkeit über die Ebene der Sinne erheben und das Gemüt reinigen. So wird es nicht länger von den äußeren Eindrücken beschmutzt, die sich durch die nach außen gehenden Sinneskräfte ansammeln. Wenn man auf den Tonstrom hört, werden eingewurzelte und von früheren Geburten aufgespeicherte Eindrücke zunichte gemacht. Was ist das Kennzeichen eines reinen Gemüts? Es hat keine mentalen Schwankungen mehr; stattdessen herrscht Beständigkeit. Durch unablässige Erinnerung des Herrn werden alle weltlichen Eindrücke zerstört. In einem solchen Zustand der Ausgeglichenheit kann sich Naam entwickeln. Als Folge davon wird das Gemüt gereinigt und fähig, den Herrn im rechten Sinne anzubeten. Es muss lediglich beruhigt werden.

Bhai Nand Lal sagt:

Ein Vollendeter Meister ist eine unübertreffliche Hilfe für das Gemüt.

Die bisherige Erörterung galt den Übeln, welche das Gemüt befallen. Nun wird erklärt, wie ein Vollendeter Meister ein zerstreutes Gemüt festigen kann.

Ein Adept der spirituellen Wissenschaft bewirkt die Konzentration des Gemüts durch Seine geladene Aufmerksamkeit. Ein Gnadenblick von Ihm reicht aus, uns zu befreien.

So ist die Gemeinschaft mit einem spirituellen Adepten unerlässlich. Der Meister sagt nun, dass Göttliche Musik in euch erklingt. Verbindet euch mit ihr. Das Gemüt wird sodann gereinigt und fähig sein, den Herrn zu lobpreisen. Erst wenn ihr an etwas denkt, das ihr immer vor euch habt, wird die Verunreinigung des Gemüts beseitigt.

So ist der erste Schritt der Kontakt mit einem Erwachten Menschen, und der zweite, sich innen mit dem Wort zu verbinden; das ist ein wahrer Satsang. Beide Schritte sind für die Beruhigung des Gemüts und seine Reinigung hilfreich. Man wird verstehen, welche Bedeutung die Verehrung des Herrn hat, und die Frucht davon ernten.

Wenn in der Gemeinschaft mit einem Heiligen das Gemüt anderswo gebunden ist,

sagt Kabir,

gleicht der Zustand eines solchen Menschen dem einer unbearbeiteten Kokosnuss, die man in keiner Farbe färben kann.

Auch Soami Ji sagt:

Geh hin und sitze mit empfänglichem Gemüt in der Gemeinschaft einer Großen Seele. Höre Ihr mit gespannter Aufmerksamkeit zu.

Löse dich für einen Augenblick von allem ringsumher, und spüle alle weltlichen Gedanken fort; nur dann zieht man Nutzen aus der geladenen Atmosphäre. Ein solcher Satsang ist so viel wert wie tausend andere, die man nur mit zerstreuter Aufmerksamkeit besucht. So wohnt einem Satsang mit ungeteilter Aufmerksamkeit bei. Nur dann kann man allen Gewinn davon ableiten.

Guru Amar Das lässt uns nun aus Seiner persönlichen Erfahrung wissen, wie Er Sein Gemüt unter Kontrolle brachte:

Selbsterkenntnis dämmert durch die Führung eines Gottmenschen auf. Nur dann kann die Seele in die Wahre Heimat eingehen. O Seele, dein Wohnort ist der Himmel, aber leider bist du durch die Bindung an die Materie gefangen!

Alle Großen Seelen haben gesagt, dass man, ehe man das Reich Gottes erlangt, durch die Weisungen des Meisters mit Selbsterkenntnis gesegnet wird.

Die Upanishaden Führen ebenfalls an:

Erkenne dich selbst.

Guru Nanak bemerkte:

Nanak, ohne Selbstanalyse nehmen die schädlichen Auswirkungen der Täuschung kein Ende.

Auch Christus hat gesagt,

Erkenne dich selbst.

Solange wir das Selbst nicht erkennen, verliert sich die Fata Morgana der äußeren Welt nicht. Alle Heiligen haben diesen Punkt hervorgehoben. Ihr Geheimnis ist die Selbstanalyse, was der Selbsterkenntnis gleichkommt, indem die Seele aus den Fängen des Gemüts und der Sinne befreit wird. Wie könnt ihr den Herrn erkennen, ohne zu wissen, wer ihr selbst seid?

Die erste Frage, die uns alle Großen Seelen vorgelegt haben, bezieht sich auf die Selbsterkenntnis. Selbsterkenntnis geht der Gotterkenntnis voraus. Dies kann man nur durch die praktische Führung eines spirituellen Adepten erreichen, Der Sein eigenes Selbst erforscht hat. Was schärft Er uns ein? Schüttelt die Wirrsal des irdischen Daseins ab, und erhebt euch über das Körperbewusstsein. Es gibt verschiedene Hüllen, welche die Seele bedecken – die physische, die astrale, kausale und die große kausale. Sowie die Seele die Begrenzungen der drei Körper – des physischen, astralen und kausalen – überschreitet, erlangt man Selbstbewusstsein, Kosmisches Bewusstsein und Überkosmisches Bewusstsein. Erhebt man sich über den Kausalkörper, dämmert die Selbsterkenntnis auf; man ist der Wirklichkeit näher und kennt sie.

Wie kann das Geheimnis des Erkenne dich selbst! gelöst werden? Mit der Gnade eines Gottmenschen kann man die Selbsterkenntnis erfahren und somit in die Wohnstatt des Herrn eingehen, in die Wahre Heimat der Seele. Man nenne sie Sach Khand oder Sat Lok; sie bleibt von der Heimsuchung durch die Auflösung und die große Auflösung unberührt.

Als Guru Amar Das dies erkannt hatte, erklärte Er:

O Gemüt, berausche dich an dem Elixier von Naam, und rühme den Herrn.

Du (das Gemüt) hast die sinnlichen und weltlichen Freuden gekostet. Nun erfährst du die Glückseligkeit von Naam und unterscheidest zwischen ihnen. Du wirst feststellen, dass sie sich nicht vergleichen lassen. Naam, das Elixier des Lebens, ist weit wonnevoller als die schalen Genüsse der Welt. Alle Großen Seelen haben es gepriesen. Guru Nanak sagte dasselbe, als Er zu dem Mogul-Herrscher Babar ging. Dieser nahm indischen Hanf, ein Rauschmittel, zu sich und bot es Guru Nanak an.

Guru Nanak sagte:

O Babar, das Rauschmittel, das Ihr nehmt, erzeugt nur eine vorübergehende Trunkenheit und ein flüchtiges Vergessen. Ich habe die Berauschung (von Naam), deren Wirkung man ständig spürt. Die Berauschung von Naam, o Nanak, hält Tag und Nacht an.

Auch Shamas-i-Tabrez hat diesen Zustand der Berauschung erwähnt.

Ich bin der Urquell ewiger Wonne. Wenn nach meinem Tod Dünger aus meinem Körper gemacht wird und man diesen Dünger auf ein Feld streut, wo Weizen wächst, werden der Koch und der, welcher die Chapatis (Brot), die man aus diesem Weizen herstellt, bringt, in Ekstase tanzen.

Große Seelen haben versucht, diese Wonne im Vergleich mit weltlichen Freuden zu beschreiben. Aber ein solcher Vergleich ist überhaupt nicht möglich. Die Wonne des reinen Weins von Naam (das Wasser des Lebens) erheitert weit mehr als die sinnlichen Freuden der Welt. Es gibt keine entsprechenden Beispiele, diesen Zustand zu beschreiben.

Guru Amar Das sagt nun:

O Gemüt, du bist mit sinnlichen Freuden vertraut; nun erfährst du die Berauschung von Naam und stellst den Unterschied fest. Es ist der Herr, Der allen Trost gewährt; durch die Vereinigung mit Ihm werden alle aus dem Gemüt kommenden Wünsche erfüllt.

Er sagt, dass der Herr das Meer allen Trostes ist und glückselig macht. Welche Wirkung hat es, wenn man sich mit Ihm verbindet? Gegenwärtig tauchen im Gemüt viele Wünsche auf, doch keiner von ihnen scheint erfüllt zu werden. Aber durch die Gotterkenntnis wird man ein Bewusster Mitarbeiter des Göttlichen Plans, und die Natur wirkt ganz von selbst zu unseren Gunsten. Dies führt zur Reinigung des Gemüts. Die Natur wird einem solchen Menschen zu Gebote stehen.