IV

Guru: Einer oder viele

*Shabd, das Wort – der uranfängliche Tonstrom – ist der einzige Guru für die ganze Welt, und Surat – das individuelle Bewusstsein – ist der einzige Schüler, da Letzterer ohne den Ersteren nicht sein kann. Tatsächlich besteht das Prinzip der Einheit, denn Gott ist Einer, obwohl Er Sich auf vielfältige Weise offenbart hat.

Doch wenn wir in die andere Richtung blicken und uns der Welt in ihrer Fülle verschiedener Formen zuwenden, sehen wir einen Leitstern aufleuchten, Der in Seiner Erhabenheit das Licht des Himmels widerstrahlt.

Eine so reine Seele – das Fleisch gewordene Wort oder der Gottmensch –, beauftragt, den Gottsuchern Spirituelle Anweisungen zu geben, ist ebenso ein Guru wie Shabd selbst, denn Er Selbst ist eine Lebendige Verkörperung von Shabd und mit Shabd als Handelskapitag verteilt Er Ihn kostenlos, an wen immer Er will.

* (Die Übersetzung dieses Abschnitts ist an die
englischsprachige Erstedition von 1967 angeglichen;
Anm. d. Redaktion 2011.)

Kabir sagt von sich:

Ich komme aus dem Reich Gottes, um Sein Gesetz zu erfüllen.

Guru Nanak wurde mit einer ähnlichen Aufgabe, spirituelle Unterweisung zu geben, betraut, als Er sich in tiefer Meditation in der Veiny Nadi (dem Wasser der Spiritualität im Innern) befand.

Beide waren Param Sant Satgurus.

Kabir wurde 1398 n. Chr. in Lahr Talao bei Benares geboren und starb 1518. Guru Nanak kam 1469 n. Chr. in Talwandi zur Welt und verließ die irdische Ebene 1539 in Katarpur. Beide waren also etwa neunundvierzig Jahre (von 1469–1518) Zeitgenossen. Ebenso war es für einige Zeit bei Shamaz-i-Tabrez und Maulana Rumi.

Auch Guru Angad und Dadu Sahib lebten gleichzeitig, von 1504 bis 1552, desgleichen Guru Arjan und Dharam Das von 1561 bis 1606.

Diese Beispiele zeigen, dass es mehr als einen Guru zur selben Zeit geben kann. Aber ein Mensch kann nur einem Guru folgen, um spirituelle Vollendung zu erlangen. Selbst wenn der Guru die irdische Ebene verlässt, nachdem man von Ihm initiiert wurde, hat das nichts zu sagen.

Wenn Er einmal jemanden initiiert hat, ist die feinstoffliche Form des Meisters in den Schüler eingeprägt; denn von diesem Augenblick an wird Er das Vorbild des Schülers, und Seine Belehrungen beginnen allmählich Frucht zu tragen.

Keine Macht der Welt kann die von einer Meister-Seele gelegte Saat unfruchtbar machen. Der Meister stirbt niemals. Wenn Er auch den Körper wie jeder andere verlässt, ist Er doch mehr als der Körper. Er ist ein Leitbild, ein Lebendiger Tonstrom oder ein Lebensprinzip, das der ganzen Welt Licht und Leben gibt.

Nach Seinem Weggang kann man aus dem Satsang eines Gurumukh, der die Aufgabe des Gurus weiterführt, Nutzen ziehen und bei Schwierigkeiten seinen Rat suchen. Es ist jedoch von größter Wichtigkeit, unter keinen Umständen den Meister zu wechseln.

Treue gegenüber dem Meister, Dem der von Ihm initiierte Geist sein Wort gegeben hat, schließt die Erkenntnis ein, dass der Meister auch dann kompetent ist, Führung und Unterweisung zu geben, wenn Er nach Verlassen der physischen Welt auf der spirituellen Ebene wirkt.