Guru, Guru Dev und Satguru

II

Die spirituell Starken kommen, wenn immer die Welt Sie braucht. Guru Nanak kam, als es eine gewaltige Kluft zwischen Hindus und Moslems gab. Kabir kam ebenfalls zu dieser Zeit. Beide verkündeten: Gott ist der Eine, und die ganze Menschheit ist Eins. Alle Menschen sind beseelte Körper. Die Seele ist wesensgleich mit Gott. Die verschiedenen religiösen Richtungen wurden für den alleinigen Zweck der Spirituellen Befreiung gegründet. Aber leider sind sie zu starken Fesseln geworden, die uns an Händen und Füßen behindern.

Wir hatten uns auf den Weg zu Gott begeben, sind aber unglückseligerweise nicht weitergekommen.

Wir sind zum Zweck der Gotterkenntnis und Gottverwirklichung in den Religionsgemeinschaften, gaben uns aber mit den äußeren Zeichen der Zugehörigkeit gesellschaftlich-religiöser Riten und Rituale zufrieden. Als Folge davon haben wir in unserer Suche nach Gott hoffnungslos versagt. Wir hatten uns den verschiedenen Glaubensrichtungen angeschlossen, um uns auf die Gottverwirklichung vorzubereiten, wandten uns jedoch von Gott ab und verstrickten uns im heiligen Namen der Religion in unheilvolle Auseinandersetzungen. Millionen von Menschen sind auf dem Altar des religiösen Fanatismus geopfert worden. Auch Hazur kam zu einer kritischen Zeit, in der viele Gemeinschaften uneins und zerstritten waren.

Als Guru Nanak gefragt wurde, was Er sei, antwortete Er:

Wenn ich sage, dass ich ein Hindu bin, was ich mit allen äußeren Merkmalen der Hindus zu sein scheine, werdet ihr mich sicher töten; aber ebenso wenig bin ich ein Moslem in dem Sinn, wie ihr es rein äußerlich gesehen versteht. In Wirklichkeit besteht mein körperliches Sein aus fünf Elementen der Natur, wohingegen in mir die erhabene Kraft Gottes wirkt.

Da wir gewöhnlich dazu neigen, diese große Lektion zu vergessen, kommen die Meister, um sie entsprechend den Erfordernissen neu zu beleben. Das erste Problem, das die Meister in Angriff nehmen, ist, die Kinder Gottes in den seidenen Banden der Liebe, des Opferns und Dienens für alle zu verbinden. Sie müssen alle Kinder Gottes auf einer gemeinsamen Plattform zusammenbringen. Mein Meister kam auf die Erde, als es eine Menge verschiedener Richtungen im Christentum, Sikhismus, Hinduismus, Islam und manch anderen Religionsgemeinschaften gab. Er brachte den Menschen Seine Botschaft – zu lernen, in Liebe zusammenzusitzen und die grundlegenden Begriffe der Einen Gottheit, Die in der ganzen Schöpfung wirkt, zu verstehen.

Im Gurbani steht,

Die Weisheit der Seher ist immer dieselbe.

Jene, Die Sich selbst erkannt haben, sehen die ganze Menschheit als Eins an. Die verschiedenen religiösen Gruppen, Glaubensbekenntnisse und Religionen sind vielen Geistesschulen vergleichbar; und die äußeren Formen den zahlreichen Erkennungszeichen, die wir angenommen haben. Aber trotz dieser scheinbaren Abweichungen sind wir in erster Linie Menschen, und die Seele des Menschen hat im Miniaturausmaß dieselben Eigenschaften wie Gott. Von dieser erhabenen Warte aus sind wir alle gleich. Es war Hazurs großer Wunsch, dass es eine allgemeine Plattform geben sollte, damit die Wissenschaft der Seele allen gelehrt werden könne, unabhängig von ihrer Hautfarbe, Weltanschauung oder Glaubenszugehörigkeit. Ruhani Satsang war der Name, den Hazur für ein solches Forum vorschlug. Er war ein Jivan Mukti, eine befreite Meister-Seele, und kam, um auch die Menschen freizumachen.

Einmal wurde Hazur nahe gelegt, eine eigene Gemeinschaft oder religiöse Vereinigung zu gründen, die sich ausschließlich mit der Spiritualität befasste. Ihr werdet erstaunt sein zu erfahren, wie liebenswürdig Er darauf reagierte:

Würde es Gutes bringen, weitere Brunnen zu graben, wo es schon so viele gibt?

Alles, worauf es im Augenblick ankam, war, das Wasser des Lebens zu finden, auf welches die verschiedenen heiligen Schriften bereits hinweisen. Die Wahrheit oder Gottheit ist ja schon im Menschen, und die Aussagen Derer, die sie erkannten, stimmen überein. Aber jene, welche die Wirklichkeit nicht gesehen haben, befassen sich unnütz damit, die sich wandelnden Theorien und Grundsätze zu vertreten. Der Hauptaspekt Seiner Lehren war, dass wir in der Lage sein sollten, in Liebe zusammenzusitzen, um die Gottheit, das gemeinsame Fundament der gesamten Menschheit, zu verstehen.

Wir sind schon Eins und müssen uns bemühen, das Eine in uns zu erfahren. Wir sind mit den gleichen Augen, Ohren, Händen, Füßen usw. gesegnet, und von der Ebene der Seele aus sind wir genauso Eins. Gott, Den wir anbeten, ist auch Einer für das ganze Menschengeschlecht. Er ist unser aller Herr. Da wir diese grundlegende Wahrheit leicht aus den Augen verlieren, kommen die Meister von Zeit zu Zeit, um sie wieder zu beleben. So lehrt uns der Meister als Erstes, danach zu streben, unser Wahres Selbst, dann das Selbst des Universums und schließlich die große Wahrheit, die in der Tat das Leben der ganzen Schöpfung ist, zu erkennen, während wir in unserer jeweiligen Religionsgemeinschaft bleiben. Um sie zu finden, ist es notwendig zu wissen, was Wahres Leben bedeutet.

Guru Nanak sagt:

Die Wahre Lebensweise ist höher als das Wissen um die Wahrheit.

Ein wirklich segensreiches Leben, durchdrungen von Göttlicher Liebe, übertrifft alles andere; es ist der Spirituellen Erhebung förderlich. Wie eine elektrische Birne helles Licht verbreitet, wenn sie rein und sauber ist, so auch ein von allen Mängeln freies Leben. Die Reinheit des Lebens oder die Heranbildung zum Menschen, wie es auch genannt wird, war die äußere Arbeit, die mein Meister zu leisten hatte, und es ist anerkanntermaßen der einzige Weg, der zum Besten der Menschheit dient und der Spirituellen Entwicklung den Weg bereitet. Es ist allein die Spiritualität, die dem Menschen jede Hoffnung auf Sicherheit bietet.

Bei einer Gelegenheit sprach ich mit Pandit Jawaharlal Nehru, dem indischen Premierminister. Er hörte mir etwa fünfzig Minuten mit gespannter Aufmerksamkeit zu. Seitdem pflegte er in seinen Ansprachen hervorzuheben, dass ein Leben des Geistes die einzige allgemeine Grundlage für Frieden und Freundschaft unter den Menschen sei. Spiritualität ist somit das alleinige Heilmittel für alles Übel der Menschheit, und Führer aller sozialen, politischen oder religiösen Richtungen könnten von ihr inspiriert werden. Wir beten alle zu dem Einen Gott. Als Menschen sind wir alle gleich.

Dies ist das gemeinsame Fundament, auf dem wir uns begegnen können, ohne Beeinträchtigung der unterschiedlichen religiösen Bekenntnisse und Glaubensrichtungen, sozialen Sitten und Lebensgewohnheiten, die von geringer Bedeutung sind. Der Rig Veda legt uns nahe, an gemeinschaftlichen Gebeten teilzunehmen, wo sich Tausende vereinen, um den Herrn zu rühmen. Diese große Lektion der Veden wurde durch den Großen Meister (Hazur) wiederbelebt. Es ist nicht etwas Neues, vielmehr die uralte Wissenschaft. Da wir sie vergessen hatten, kam Er, um sie uns in Erinnerung zu rufen. Geschichtlich gesehen sind die Veden, welche die Weisheit der Zeitalter zum Inhalt haben, die ältesten aller heiligen Schriften, wohingegen der Guru Granth Sahib das jüngste Kompendium ist; es umfasst die Lehren so vieler Großer Seelen verschiedener Epochen und Länder, soweit sie zu jener Zeit gesammelt werden konnten. Wir erweisen allen große Achtung, Die unser Spirituelles Erbe vermehrten und uns zur Führung einen wertvollen Bericht Ihrer persönlichen Erfahrungen mit dem Großen Selbst im Innern hinterlassen haben.

Alle Großen Meister kündeten in der Tat dasselbe, natürlich in Ihrer eigenen Sprache. Im Koran steht, dass Gott Seine Propheten in viele Teile der Welt entsandte. Ein Wahrer Moslem ist, wer an alle Gottgesandten glaubt. Ebenso ist der ein echter Sikh, der die Lehren aller Meister, wie sie im Guru Granth Sahib, einem Wahren Schatzhaus der Spiritualität, niedergelegt sind, annimmt. Wenn diese Göttliche Botschaft jedermann erreicht, wird in allen Familien, Gemeinschaften und Ländern Friede und Harmonie walten.