Gurubhakti: Eine Lektion in Liebe

I

An diesem Tage haben wir uns in der liebevollen Erinnerung an den Gottmenschen, Hazur Sawan Singh Ji Maharaj, zusammengefunden, Der die uralte, Ewige Wissenschaft wiederbelebte, die wir vergessen hatten. Der Zweck, den Geburtstag einer Meister-Seele zu begehen, ist, Seine Lehren aufzufrischen; und indem wir in Seine Fußstapfen treten, halten wir die Erinnerung an Ihn wach. An sich sollten wir täglich, ja stündlich in der liebenden Gegenwart des Meisters leben und Ihm für die unauslöschlichen Spuren, die Er der Zeit aufgeprägt hat, stets dankbar sein. Das ist natürlich eine ganz persönliche Sache. Aber wir müssen wenigstens einmal im Jahr eine Gedenkfeier halten anlässlich Seines Kommens in die Welt zur Spirituellen Erhebung der Menschheit. Welche Zeit wir bei diesem Gottesdienst im Gedenken an den Gottmenschen auch immer zusammen sind, sie wird reichlich belohnt und sollte deshalb als Großer Segen betrachtet werden.

Welches sind nun die Lehren, die wir aus einem solchen hingebungsvollen Leben selbstlosen Dienstes wie dem von Hazur entnehmen können? Denn dadurch, dass wir sie kennen, können wir danach streben, ihnen so gut wie nur irgend möglich zu folgen, und auf dem Pfad der Selbstverwirklichung und der Gottverwirklichung fortschreiten. Es ist sein großes Verdienst, dass Er die uralte Wissenschaft des Para Vidya – das Wissen vom Jenseits, dem großen unbekannten Urgrund, der über den Sinnen, dem Gemüt und dem Verstand liegt – wiederbelebt hat. In der Neuzeit haben die Lehren von Kabir und Nanak ihren Ausgang genommen, und die Fackel des Lichts wurde von den neun nachfolgenden Gurus, dann von Tulsi Sahib, Soami Ji Maharaj, später von Baba Jaimal Singh und schließlich von Hazur Sawan Singh Ji Maharaj weitergetragen, durch Dessen Gnade die Heiligen Lehren auch jetzt den spirituell hungernden Seelen übermittelt werden. In der Tat begünstigt sind jene gesegneten Seelen, die den Vorzug hatten, von Ihm initiiert zu werden. Wir müssen deshalb den besten Nutzen aus der kurzen Lebensspanne ziehen, die uns zugemessen wurde. Der höchste Zweck der menschlichen Geburt ist, dass sie uns Gelegenheit gibt – wie selten sie auch sein mag – unser eigenes Selbst und Gott zu erfahren. Niemand kann dabei helfen, uns mit Gott zu verbinden, außer Einem, Der bereits mit Ihm verbunden ist.

Im Gurbani heißt es:

Ein Gottmensch kann uns mit der Kraft Gottes verbinden.

Die Göttliche Kraft ist natürlich in jedem von uns, denn wir leben, bewegen uns und haben wahrlich unser Sein in Ihm.

Weiter ist im Gurbani gesagt:

Der Herr, mein Gefährte, durchdringt alle Wesen, aber gesegnet ist Einer, in dem Er Sich offenbart.

Es ist dieses Wesen, in Dem Sich Gott offenbart hat, oder der Gottmensch, Der uns zu Gott führen kann. Hier erhebt sich die Frage, warum wir uns nicht ohne Hilfe, durch eigene Anstrengung, mit Gott verbinden können? Deshalb nicht, weil die Seele unter dem mächtigen Einfluss des Gemüts steht, das wiederum von den Sinnen beherrscht wird, und diese durch die Sinnesobjekte umherschweifen. Auf die Weise haben wir uns völlig mit dem Gemüt und der Materie identifiziert und keine eigene, unabhängige Existenz. Es ist also Gott im Menschen, Der uns mit Gott verbinden kann. Mit anderen Worten: Einer, Der eine Verbindung mit Gott hergestellt hat, kann uns den Weg zeigen, damit wir diesen Kontakt für uns selbst zustande bringen. Infolgedessen ist Gott im Gewand des Menschen der Guru aller.

Als Guru Nanak über dieses Thema befragt wurde, antwortete Er:

Wahrlich, das Heilige Wort, Shabd oder der Ton, ist der Meister, und die Seele im Menschen, die sich überall im physischen Körper verbreitet, ist der Schüler.

Nun, was ist mit Shabd gemeint? Der Absolute Gott ist Ashabd – wortlos –, aber wenn Er Sich zum Ausdruck bringt, ist Er als Shabd, Wort, bekannt.

Der Gurbani erklärt:

Durch ein einziges Wort kam die ganze Schöpfung ins Sein.

Wiederum sagt der Gurbani:

Durch Shabd kommt die ganze Schöpfung ins Sein und wird letztlich von Ihm wieder in sich aufgenommen und durch Shabd erneut ins Leben gerufen.

Diese offenbar gewordene Kraft Gottes, die der gesamten Schöpfung zugrunde liegt, wird Shabd genannt. Dieser Shabd ist alsdann der Jagat Guru oder die Meister-Kraft.

Genau danach wurde Kabir gefragt:

O Kabir, wer ist der Meister, und wo weilt der Schüler? Wie kamen diese beiden in einer unlösbaren Einheit zusammen?

Er entgegnete:

Mein Meister ist im Jenseits, während sich der Schüler im Körper befindet. Beide wurden durch Shabd zusammengeführt, und nun gibt es bei ihnen keine Furcht vor einer Trennung.

So ist der Meister für die ganze Welt die Shabd-Kraft oder das Heilige Wort.

Guru Gobind Singh hat es kurz so ausgedrückt:

Er, der am Anfang und am Ende Ein und Derselbe ist, ist die offenbarte Gotteskraft, der Shabd, und das ist der wirkliche Meister.

Also ist der physische Körper, in Dem sich die Shabd-Kraft offenbart und wirkt, unserer ganzen Verehrung würdig, denn diese Kraft allein kann die Seele zu Ihm ziehen. Der Meister ist nicht der physische Körper, sondern die Göttliche Kraft, Welche Seinen Körper belebt.

Und der Gurbani macht deutlich:

Gott spricht durch eine menschliche Gestalt, denn wie könnte Er ohne diese zu uns sprechen?

Der physische Körper ist nicht der Meister; doch gesegnet ist der Körper, in welchem sich die Kraft zur Spirituellen Führung manifestiert. Diese Gotteskraft auf der menschlichen Ebene hilft dabei, alle menschlichen Seelen, die in der Falle von Gemüt und Materie begraben sind, zu befreien.

Soami Ji sagt:

Die Große Gotteskraft im Guru hilft, die Seele aus den Fesseln des Körpers zu lösen und sie zu erheben.

Der Lebende Meister ist dafür zuständig, solche Seelen mit Gott zu verbinden, die Seine Führung suchen. Die erste Aufgabe einer Meister-Seele besteht darin, alle Kinder Gottes unter Seinem erlösenden Schutz zu vereinen.

Der Gurbani sagt:

Frei von Geburt und Tod unter der zwingenden Macht des Karmas, kommt der Erretter der Seele. Mit einem Hauch Seines Lebensodems verwandelt Er die menschliche Seele und verbindet sie mit dem Heiligen Wort.

Solche Großen Seelen kommen für das Spirituelle Wohl der Menschheit in die Welt. Sie sind für diese Aufgabe von oben auserwählt. Nun mögt ihr verstehen, was mit einem Lebenden Meister gemeint ist. Er ist tatsächlich die Offenbarung Gottes auf Erden oder das Fleisch gewordene Wort, das unter uns wohnt, wie es in der Bibel heißt.

Wieder sagt der Gurbani:

Er wohnt im Guru und teilt das Heilige Wort aus.

Allein der Mensch kann Lehrer des Menschen sein. Mit Hilfe eines menschlichen Werkzeugs wirkt Gott für die Menschheit. Gott kommt von Zeit zu Zeit im menschlichen Kleid zur Erhebung der Menschen, die im Schlamm der Welt und allem Weltlichen feststecken. Ein Heiliger hat eine zweifache Mission: die Menschen aus einem lange währenden Traum der materiellen Welt zu erwecken und ihnen die Innere Rettungsschnur zu enthüllen. Wie ein strahlender Polarstern leitet Er die irrende Menschheit. Wenn es regnet, wird jedem Ort, ob niedrig oder hoch gelegen, gleicherweise der Segen der lebensspendenden Schauer zuteil. Hazurs Name war Sawan, und bezeichnenderweise segnete Er gleich dem Sawanregen die Menschheit mit Spirituellen Schauern, und jeder, Hindu, Moslem, Sikh oder Christ, hatte Vorteil von Seinen Lehren.