Gurubhakti: Eine Lektion in Liebe

IV

Nun werdet ihr die grundlegende Notwendigkeit von Gurubhakti verstehen. Es bedeutet nicht, dass man um den Guru herumtanzen oder in der einen oder anderen Weise großes Aufhebens machen solle. Wenn ihr euch nicht darum bemüht, auf das, was der Guru sagt, zu hören oder Seine Anweisungen zu verstehen und zu befolgen, so ist das kein Gurubhakti. Solche Menschen können keinen Spirituellen Gewinn haben, selbst wenn sie für lange Zeiten beim Meister lebten. Andererseits werden jene, die der Welt den Rücken kehren und ganz in die Liebe zum Meister vertieft sind und liebende Hingabe zur vorherrschenden Leidenschaft machen, leicht und schnell in das Ebenbild des Meisters umgeformt. Nehmt als weltliches Beispiel jemanden, der voller Lust ist, und seht, wie verliebt er die Gestalt seiner Geliebten betrachtet und von ihrer Gegenwart ganz berauscht ist.

Guru Ram Das sagt:

Ich bin vor Freude in hoher Stimmung, wenn ich auf die physische Gestalt meines geliebten Satgurus blicke.

Wenn man nur von Ferne einen Schimmer von Hazurs prächtigem Turban wahrnahm, während man inmitten Tausender von Menschen stand, empfand man einen Freudenschauer vom Kopf bis zu den Füßen.

Maulana Rumi sagt:

Selbst wenn es mir gegeben wäre, das Antlitz meines Geliebten hunderte Male mit Hunderten von Augen zu schauen, möchte ich Ihn dennoch immer wieder sehen, denn jedesmal erhält man eine neue Erfahrung durch solch einen gesegneten Anblick.

Er fährt fort:

Ähnlich wie ein Trunkenbold unruhig und erregt ist, wenn der Wein in einen Becher fließt, so erheben sich die Seelen der Ergebenen in Göttlicher Trunkenheit, wenn sie in die tief liegenden Augen des Meisters blicken.

Jene, deren Liebe für den Meister einen solchen Höhepunkt erreicht hat, fühlen das Wogen der Gottheit in allen Fasern ihres Seins. Es gehörte zu den allgemeinen Erfahrungen, Menschen stundenlang wie eine Statue stehen zu sehen, den Blick gespannt auf das strahlende Antlitz Hazurs gerichtet. Das von Herzen kommende, liebende Gedenken an den Meister, sich in Seine Gestalt zu versenken und ganz aufmerksam Seinen Reden zu lauschen sind die bewährten Methoden für die Reinigung des Gemüts. Wenn der Meister von Frömmigkeit erfüllt ist, werdet ihr von selbst fromm. Was zieht uns denn an Ihm so an? Er ist geladen mit Spiritueller Glut und Göttlicher Glorie, die alle gleichermaßen fesselt.

Ein Urdu-Dichter sagt:

Wo keine Schönheit ist, kann sich Liebe nicht entfalten, und eine Nachtigall findet keine Freude an Blumen, die an die Wand gemalt sind.

Es ist die Herrlichkeit des Lebendigen Gottes in Ihm, die andere anzieht. Die von Seiner Person ausgehenden, radioaktiven Strahlen sinken tief in die Herzen der Ergebenen. Solange jemand keinen Inneren Zauber besitzt, kann er nicht die Leute um sich herum gefangen nehmen.

Soami Ji warnt:

Eine Seele, die im Körper begraben ist, kann unmöglich Gurubhakti üben; wie kann man den unbegreiflichen Satguru erfassen, wenn selbst die Götter nichts von Seiner Größe wissen? Er kann nur soweit erkannt werden, als Er Sich in Seiner Gnade Selbst offenbart.

Guru Nanak wurde von den weltlichen Menschen als Jemand angesehen, Der den Verstand anderer verdreht. Man erlaubte Ihm nicht, die Stadt Qasur – heute in Pakistan – zu betreten, damit Er nicht das Volk irreführe. Aber es gab andere, die in Ihm den Lebendigen Gott im Gewand des Menschen erkannten. So hängt alles davon ab, wie weit Er Sich Selbst jedem Einzelnen enthüllt. Ähnlich wurde auch Hazur von vielen als ein sehr frommer alter Mann angesehen, wohingegen solche, die das Glück hatten, Ihm näher zu kommen, etwas Höheres in Ihm erblickten. Und eine noch geringere Zahl, die Innere Empfänglichkeit und Ergebenheit entwickelt hatten, erkannten Ihn als einen wahrhaftigen Gottmenschen.

Hazur pflegte es so zu erklären:

Ein hochqualifizierter Lehrer, der sich an Knaben einer ersten Klasse wendet, wird nur so viel von seinem Wissen preisgeben, wie es den Anfängern aufzunehmen möglich ist. Aber derselbe Lehrer würde, wenn er eine Mittelklasse unterrichtete, seinen Schülern gemäß ihrer Lernfähigkeit mehr Wissen zukommen lassen; und käme er in eine höhere Klasse, gäbe er noch mehr von seinem Wissen an sie, bis er auf der Hochschule sein Bestes zeigte.

Mit anderen Worten wird der Schüler, der von Klasse zu Klasse aufsteigt und dessen Verständnis im Laufe der Zeit und mit der Erfahrung reift, immer mehr von den Unterweisungen des Lehrers aufnehmen; und auch dieser versucht, den Schülern mehr Wissen zu vermitteln, freilich im rechten Verhältnis zu ihrer Auffassungsgabe und dem, was sie verarbeiten können. Auch der Zeitfaktor spielt bei jeder Art der Entwicklung eine bedeutende Rolle.