Gurubhakti: Eine Lektion in Liebe

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Je mehr sich jemand dem Guru zuwendet und gewissenhaft Seinen Anweisungen folgt, desto mehr wird er Empfänglichkeit entwickeln; und im entsprechenden Maße enthüllt Ihm der Guru immer mehr der Spirituellen Erfahrung. Alles hängt von Upasna ab, was bedeutet, dem Spirituellen Lehrer nahe zu sein. Wenn man beim Meister sitzt, Herz und Seele auf Ihn abgestimmt, zieht man bestimmt viel Nutzen aus Seiner Göttlichen Ausstrahlung, und dies wiederum fördert die Innere Empfänglichkeit oder das Vermögen, sich anzugleichen. Der leichteste, kürzeste und einfachste Weg, zu größerem Segen zu gelangen, besteht darin, sich völlig in die Heilige Gegenwart eines Sant Satgurus zu verlieren.

Soami Ji sagt:

O Seele, sei wenigstens am heutigen Tag völlig in den Satsang versunken.

Es erhebt sich die Frage, was vollständige oder gänzliche Versenkung ist. Es bedeutet, dass man in der Gegenwart eines Heiligen Ihm lauscht und nicht nur den Ort vergessen sollte, an dem man sich befindet, sondern selbst die Umgebung, in der man ist, und wahrlich sein ganzes Wesen auflöst und das Bewusstsein für alles andere verliert, ausgenommen für die Heilige Anwesenheit des Meisters. Dieses Leermachen von sich selbst wird Versenkung genannt. Je mehr sich einer von seiner weltlichen Gesinnung und seiner Kleinlichkeit freimacht, desto mehr erfüllt ihn die Göttliche Gnade, die von der Heiligen Gegenwart vor ihm ausströmt. Dies ist das Geheimnis eines erfolgreichen Satsang.

Lasst mich bitte sagen, dass man selten einen Satsang oder die Gemeinschaft eines Wahrhaft Vollendeten Meisters haben kann, denn solche hochentwickelten Seelen – Seelen, die Eins sind mit dem Herrn – findet man tatsächlich kaum. Man kann Ihnen nicht so leicht begegnen und Sie erkennen; und wenn wir durch ein gewaltiges Glück doch auf einen Gottmenschen stoßen, wissen wir nicht, wie wir den größten Vorteil aus Seiner Gemeinschaft oder dem Satsang ziehen können. Den besten Gebrauch und höchsten Gewinn aus einer so seltenen Gelegenheit macht man dadurch, dass man so früh wie möglich zum Satsang zu kommen versucht, um in andächtiger Stimmung still in der erhabenen Nähe des Meisters zu sein, frei von allen weltlichen Gedanken, und Seine Worte der Weisheit aufzunehmen. Wenn wir nahe am Feuer sitzen, spüren wir die Wärme, und ein Gletscher lässt uns vor Kälte erschauern; so gibt es keinen Grund, warum man nicht von der Göttlichen Aura eines Meister-Heiligen beeinflusst werden sollte, Dessen Ausstrahlung eine unvorstellbar große Reichweite hat.

Ergebenheit für den Meister und Liebe für Ihn sind sinnverwandte Begriffe, die das Gleiche besagen. Liebe ist allumfassend, und sie kennt nur Dienen und Opfern.

Guru Gobind Singh sagte hinsichtlich Seines Wiederkommens auf die Erde:

Nachdem ich mit dem Herrn vereint war, wollte ich nicht mehr in diese irdische Welt zurückkehren, aber ich wurde von Gott dazu veranlasst, es zum Spirituellen Wohl der Menschheit zu tun.

Wenn liebende Hingabe ihren Höhepunkt erreicht, bleibt nichts vom individuellen Selbst bestehen, denn es wird allumfassend und alles durchdringend.

Hafiz sagt:

Mein Herz ist so erfüllt von der Liebe zum Herrn, dass ich mich nicht getrennt von Ihm denken kann.

Wir müssen uns deshalb von unserem persönlichen Ich befreien, denn es steht zwischen uns und Gott.

Der Gurbani sagt:

Der Wahre Herr wird durch Gurubhakti erreicht.

Auf diese Weise kommt Er, in uns Wohnung zu nehmen, und das Gemüt vertieft sich in Ihn. Die Hauptsache bei allen Spirituellen Übungen und Disziplinen ist die Entfaltung von Gurubhakti oder der Hingabe an den Guru, die sich natürlich aus der Liebe entwickelt. Aus diesem Grunde haben alle Heiligen und Weisen großen Nachdruck auf diese Entfaltung der Liebe gelegt.

Guru Gobind Singh sagt:

Was hilft es, die Augen zu schließen und mit angelegten Flügeln dazusitzen wie ein Storch, und Bäder zu nehmen in den Meeren der Welt, was einem weder hier noch im Jenseits nützen kann; und während man sich in Sinnesfreuden ergeht, die Zeit mit sinnlosen Wortgefechten zu vergeuden? Wahrlich, ich sage euch, hört alle zu, wenn ihr könnt; allein sie gelangen zum Herrn, die zu lieben wissen.

Ebenso sagt Johannes in Seinem ersten Brief:

Wer nicht lieb hat, der kennt Gott nicht: denn Gott ist Liebe.

1. Johannes 4:8

Und im Koran haben wir wiederum:

Ein Liebender kann nicht ohne einen Geliebten sein.

Es ist in der Tat der Geliebte, Der den Liebenden die Kunst der Liebe lehrt und ihn befähigt, stetig auf dem Pfad der Liebe fortzuschreiten. Wie Gott Liebe ist, so ist auch der Mensch ein Funken der Göttlichen Liebe. Das Wesen der Liebe liegt der ganzen Schöpfung zugrunde und noch mehr im Menschen. Ein Mensch ist, wer liebendes Mitgefühl in sich hat. Was kennzeichnet einen Weisen oder Heiligen?

Er ist eine Schale, die von Gottesliebe überfließt, Seine Nähe erweckt in uns das Leben der Liebe.

Wie Licht von Licht kommt und Leben von Leben, so kommt die Liebe von der Liebe. Liebe wächst nicht auf den Feldern, noch ist sie im Geschäft zu haben, aber wir können sie wie eine Infektion von den liebegeladenen Augen eines Gottliebenden erhalten. Es gibt Menschen, die auf die Freuden dieser Welt ganz versessen sind und sich nicht um die nächste kümmern. Dann gibt es andere, die von Hoffnungen auf paradiesische Seligkeit mitgerissen werden. Aber solche, die den Herrn lieben, richten mehr als die Genannten ihr Augenmerk auf die Dinge, die wirklich von Bedeutung sind. Die Liebe entzündet in uns die Flamme des lebendigen Lichts oder des Lebenslichtes.

Die Art der Liebe ist:

Nachdem ich der Gottberauschten Seele begegnet war, fragte ich nach der Natur der Göttlichen Liebe und erhielt einzig zur Antwort, dass sie in ihrer Fülle nicht zu beschreiben sei. Die lodernde Liebe zum Herrn kann nicht unter einen Scheffel gestellt werden; auch wenn man seinen Mund nicht öffnete, würden doch Tränen in den Augen für sich sprechen und unwillkürlich fließen. Ein Herz ohne Liebe ist ein Leichenhaus, wie der Blasebalg eines Schmiedes, der atmet ohne den Lebensodem.

Kabir sagt:

Demut, Einfachheit, Ergebenheit und Höflichkeit sind große Tugenden, aber der allein ist groß, der allen gegenüber die rechte Sitte wahrt.

Anstand oder gutes Benehmen sind der Kern wahrer Lebensweise und zählen fast so hoch wie die Wahrheit selbst. Wir müssen alle lieben, alle achten und zu allen höflich sein, was wir selten tun. Gewöhnlich treiben wir wie Janus ein falsches Spiel und messen in all unserem Tun mit zweierlei Maß. Kopf und Herz sind nicht in Einklang, noch stimmen unsere Handlungen mit unseren Worten überein.

Guru Nanak sagt:

Demut, gewürzt mit Liebenswürdigkeit, ist der Kern aller Tugenden.

Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über, und solange wir nicht aus dem Innersten heraus liebenswürdig sind, können wir nicht liebevoll sprechen. Alle Weisen sagen, dass die Liebe der einzige Weg zur Erlösung ist.

Guru Nanak sagt uns treffend:

Schönheit, Abstammung, Tapferkeit, Wissen und Reichtum sind von keinem Nutzen; mit all dem ausgestattet, aber bar der Liebe zum Herrn, ist man so viel wie tot.

Wie können wir den Reichtum der Liebe erlangen? Sie kommt dem Erwählten des Herrn zu, und Er schüttet sie im Überfluss auf wen immer es Ihm gefällt. Die Weltklugen, die in Gemüt und Materie eingegraben sind, vermögen schwerlich danach zu streben und erhalten sie nicht.

Einst ging die Prinzessin Zaibul-Nisa zu Sarmad und bat ihn um die seltene Gabe der Gottesliebe.

Sarmad sagte:

O Sarmad, die brennende Leidenschaft zum Herrn wird nicht den Habsüchtigen gewährt, wie auch die Liebe der Motte zur Flamme nicht den Fliegen gegeben ist, die um den Schmutz kreisen. Zeitalter gehen dahin, bis die Offenbarung des Herrn ins Herz geht. O Sarmad, nicht jeder erhält diesen Schatz.