Gurubhakti: Eine Lektion in Liebe

IX

Heute feiern wir den Geburtstag von Hazur (Sawan Singh Ji Maharaj). Es wäre deshalb ein angebrachter Beitrag zu Seinem Gedächtnis, wenn ihr beschließen würdet, euer Leben zu einer nicht endenden Legende der Liebe und des Dienens zu machen – der Liebe zum Herrn und des Dienstes an Seiner Schöpfung. Da ihr Gott noch nicht von Angesicht zu Angesicht gesehen habt, versucht einstweilen, Liebe für Einen zu entwickeln, in Dem die Gotteskraft zum Wohl der Menschheit wirkt. Der erste Schritt in diese Richtung besteht darin, das zu tun, was Er euch zu tun heißt:

Es gibt keinen Unterschied zwischen dem Satguru und Seinen Worten.

Wir müssen lernen, Glauben und Vertrauen in das zu haben, was Er sagt. Da wir nun in der liebevollen Erinnerung an Hazur zusammensitzen, wird es ein großer Tag für uns sein, wenn wir den Entschluss fassen, in unserem Leben einen neuen Anfang zu machen. Zu diesem Zweck müssen wir ein Spirituelles Tagebuch führen. Dies wird uns befähigen, uns selbst zu prüfen. Gegenwärtig können wir die schwachen Seiten, die in den Tiefen unseres Gemüts verborgen liegen, nicht sehen. Aber wenn ihr versucht, das Unbewusste zu erforschen, werdet ihr allmählich in der Lage sein, sie an der Oberfläche zu sehen, zuerst wie Rinnsale und dann in Sturzbächen.

O Gemüt, lerne den Herrn zu lieben, und liebe Ihn noch mehr!

Dies hat Kabir gesagt. Entsprechende Worte haben wir von Jesus:

Du sollst lieben Gott, deinen Herrn, von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüte und mit all deiner Kraft.

Und weiter:

Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.

Als Er gefragt wurde, welches die christliche Haltung gegenüber Übeltätern sei, erklärte Er:

Liebet eure Feinde; segnet, die euch fluchen; tut wohl denen, die euch hassen; bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen, auf dass ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel.

Matthäus 5:44-45
Lukas 6:27,35

Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist.

Matthäus 5:48

Dies ist alsdann die Liebe in den Lehren aller Großen Weisen seit unvordenklichen Zeiten, und es soll in Ewigkeit so bleiben. Sie alle ermahnen uns, unser Leben nach diesen Richtlinien zu formen. Höflichkeit kostet euch nichts. Die ganze Zeit sind wir auf böswillige Weise mit dem beschäftigt, was andere sagen oder tun. Es stünde viel besser um die Welt, wenn wir aufhörten, uns mit dem Reden und Tun anderer zu befassen. Und weiterhin begrenzen wir unsere Fehler nicht auf uns selbst, sondern verbreiten unsere Torheiten eifrig unter unseren Nachbarn, mit dem Ergebnis, dass wir es von ihnen hundertfach zurückbezahlt bekommen. Nun, was bringt das Gutes ein?

An einem Tag wie diesem wiederhole ich mit allem mir zu Gebote stehenden Nachdruck, dass Hazur wahrhaftig ein Meer der Liebe war; und wenn wir Ihn lieben, sollten und müssen wir von Neuem unsere Lektion der Liebe lernen, indem wir Seinen Spuren folgen und gewissenhaft an den Spirituellen Übungen arbeiten, die Er für unsere Erhebung gegeben hat. Wenn Er auch von der physischen Ebene weggegangen ist, so hat Er uns doch nicht verlassen, denn Seine Göttliche Kraft besteht auf der Inneren Ebene in ihrer vollen Strahlung weiterhin fort, und Er erwartet uns sehnlicher denn je am Brennpunkt unseres Seins, um uns zu helfen und zu führen.

Gott sitzt nicht auf einem Thron im Himmel. Er wohnt im Herzen eines jeden von uns. Wir müssen deshalb lernen, unseren Nächsten zu lieben und ihm in Not und Leid beizustehen.

Gott Selbst hat erklärt:

Ich liebe den, der Meine Geschöpfe liebt.

Dies ist die große Lektion, die Hazur uns vor allem lehrte, und wenn wir sie in unserem täglichen Leben in die Praxis umsetzen, wird Seine Gnade mit Sicherheit herabkommen und unseren Spirituellen Fortschritt fördern.

Lasst uns sehen, was Kabir sagt:

Armer Kabir, aufgrund seiner lebenslangen Erfahrung kann er nicht anders, als immer wieder darüber nachzusinnen, dass das Auslöschen des Ich der einzige Weg ist, euch zu Gott und eurer Ewigen Heimat im Himmel zu führen.

Kabir sagt, dass der einzige Weg zur Erlösung in der Liebe liegt. Durch die Liebe erhebt ihr euch über das Ich und werdet selbstlos. Wenn wir nicht das Ich, das Ego, in uns überschreiten, dämmert das Licht Gottes nicht auf. Gesegnet mit der Liebe, der Liebe zu Gott im Menschen, geht ihr vom Zustand der Zweiheit in den der Einheit über. Wie können wir zur Quelle Göttlicher Liebe gelangen? Liebe kann aus dem mit Liebe geladenen Herzen einer von Gott inspirierten Seele aufgenommen werden.

In wenigen Worten hat uns Kabir mit dem Hauptschlüssel versehen, der die Tür des Himmels aufschließt: Sucht einen Gottmenschen, und lernt von Ihm das Geheimnis der Liebe. Sucht zu verstehen, was Er sagt, und setzt dann Seine Lehren gewissenhaft in die Praxis um. Er ordnet an, Keuschheit in Gedanken, Worten und Taten zu entwickeln und Liebe für alles zu haben, was durch die Liebe Gottes lebt. Da Gott nicht von Seiner Schöpfung getrennt ist, werdet ihr den Geist Gottes sehen, Der das ganze Universum belebt. Ihr werdet euch dann nicht als von der Welt abgesondert empfinden. Euer kleines Ich, bislang im menschlichen Gemüt eingeengt, wird sich weiten, allumfassend werden und die Ganzheit aller Wesen umfangen.

Dies ist das Geheimnis des Erfolgs auf dem Gottespfad. Es gibt keinen anderen, kürzeren Weg zu Ihm. Bemüht euch, wahr zu euch selbst zu sein, dann werdet ihr niemandem gegenüber unwahr sein. Übt ferner Bhajan und Simran – das liebevolle Gedenken des Herrn mit gespannter Aufmerksamkeit; macht es zur Regel, der Seele täglich Nahrung zu geben, wie ihr sie dem Körper gebt. Das ist die Liebe, die uns Kabir in wenigen Worten beschrieben hat. Bloßes Lippenbekenntnis und akrobatische Kunststücke reichen nicht aus.

Ich möchte mit Hilfe eines Gleichnisses von zwei Gärtnern erklären, was ich meine:

Ein König hatte einen schönen Obstgarten, der der Pflege zweier Gärtner anvertraut war. Einer von ihnen arbeitete hart und ging schweigend seiner Beschäftigung nach, die Bäume und Blumen mit der gebotenen Sorgfalt zu hegen und sie in Ordnung zu halten. Der andere war faul, hatte aber eine glatte Zunge und eine laute Stimme. Jedesmal wenn der König den Garten besuchte, pflückte der erstere nur ein paar Blumen ab und überreichte sie bescheiden seinem königlichen Herrn, während der andere, der nichts tat, herumsprang, vor dem Herrn tanzte und des Meisters Tugenden, seine Haltung und Kleider besang.

Nun, welchen mochte der König wohl? Ihr könnt euch die Antwort selbst geben. Sicherlich den, der fleißig und ehrlich seine Arbeit tat, ohne irgendein Aufhebens zu machen. Ebenso blickt der Allwissende Meister auf eure innersten Neigungen, die Aufrichtigkeit eurer Absichten und die Ehrlichkeit der Anstrengungen, die ihr macht, um Seinen Geboten nachzukommen, und verleiht euch die Gabe Seines Spirituellen Reichtums gemäß euren Verdiensten.

Kabir beschließt Seine Hymne mit folgenden denkwürdigen Worten:

Wer dem Guru den Vorrang vor allem anderen gibt und getreulich Seinen Lehren folgt, dieser, o Kabir, hat nichts zu fürchten in den drei Regionen.

Es gibt drei Bereiche des Gemüts oder mentale Regionen, in denen sich die verkörperte Seele in dem gewaltigen Rad des Lebens auf- und abbewegt, welches durch die zwingende karmische Kraft: der physischen, feinstofflichen und kausalen Ebene angetrieben wird, und es ist nicht leicht, ihm zu entkommen. Kabir nennt uns den Ausweg durch die gütige Gnade einer Meister-Seele, Die einen Jiva unversehrt durch diese Ebenen hindurch ins Jenseits, den rein Spirituellen Bereich – Sach Khand oder Muqam-i-Haq der Moslems, oder der Garten Eden, das Neue Jerusalem, der Christen – führen kann. Der Meister ist das größte Geschenk Gottes an die Menschheit.

Hazur pflegte uns zu sagen, dass wir in Gegenwart eines fünfjährigen Kindes von einer üblen Handlung ablassen. Aber so seltsam es auch scheinen mag, wir haben nicht einmal so viel Achtung für den König der Könige – den Allwissenden Meister, Der selbst das, was im Innersten unseres Gemüts verborgen liegt, kennt. Wir geben uns schamlos Dingen hin, die kein vernünftiger Mensch tun würde, weil wir fälschlicherweise glauben, dass uns niemand sieht. Wir müssen beständig daran denken, dass der Meister in Seiner feinstofflichen Form immer bei uns ist und all unser Tun beobachtet. Achtet darauf, dass ihr Missetaten und Übertretungen um jeden Preis vermeidet. Und nicht zuletzt sollten wir in keiner Weise die Grenzen überschreiten, die Er gesetzt hat, sondern uns an diesem gesegneten Tag ausdrücklich verpflichten, Seinen Anweisungen mit erneuter Hingabe und Eifer zu folgen. Bitte beachtet all diese Dinge sorgsam, damit ihr in Frieden leben könnt und wirklich gesegnet seid.