Innere Demut

Aus der vorangegangenen Erörterung wird deutlich, dass es nicht angemessen ist, auf weltliche Vergnügungen stolz zu sein.

Der Gedanke an die unzähligen Gaben des Herrn und unsere unzähligen Sünden und Fehler macht uns zu Bettlern vor Seiner Tür. Wir sollten daher darüber nachdenken, welche Seiner Gaben wir würdigen und was wir für sie tun. Solange wir glauben, dass, gleichgültig welches Gute oder Böse wir besitzen, nicht von uns, sondern von Ihm kommt, können wir auf nichts stolz sein. Was sind die Gaben, die wir nicht vom Herrn erhalten haben! Was haben wir getan, nachdem wir sie erhalten haben, um unsere Dankbarkeit zu zeigen, und in Bezug auf welche von ihnen? Wenn dieser Gedankengang zum Stolz führt, dann ist der Gedanke an unsere Fehler und Undankbarkeit ein sicheres Heilmittel. Wir sagen immer, dass wir nichts sind, wir bedeutungslos sind und andere besser sind. Aber wenn andere dasselbe über uns sagen, wären wir sehr betrübt, da wir denken, dass unser Zustand genau das Gegenteil ist.

Diejenigen, welche wirklich innerlich glauben, dass sie die Niedrigsten sind, sind wirklich Spirituell.

O Kabir, ich bin der Schlechteste, jeder andere ist gut. Derjenige, der so denkt, ist mein Freund.

Kabir, Salok, 1364-17

Wir versuchen eine Schau daraus zu machen, den Blicken der Welt auszuweichen und uns zu verstecken, aber in Wirklichkeit wünschen wir uns, dass sie uns nachläuft und uns ausfindig macht. Wir sitzen in den Versammlungen auf einer hinteren Bank oder auf einem niedrigen Sitzplatz, so dass wir nach vorne oder auf einen hohen Sitzplatz gesetzt werden könnten. Wahre Demut macht niemals eine Schau, noch frönt sie demütigen Worten. Ein wirklich demütiger Mensch will nicht nur sich selbst und seine Tugenden verbergen, sondern er versucht auch, sich selbst aus dem Blickfeld der Welt zu halten. Mit diesem Ziel vor Augen führt er manchmal Handlungen aus, die ihm einen schlechten Ruf einbringen, damit er sich unter deren Tarnung verbergen kann. Yogis und Sants haben sich auf diese Weise verhalten. Gopichand und Bharthari lebten im Haus eines Töpfers und hielten sich an Entbehrungen, aber um den Herrscher dieses Ortes und andere Leute fernzuhalten, führten sie eine Show von Streitigkeiten über Lebensmittel auf und ernteten Kritik. Guru Nanak zog das Gewand eines Jägers an und nahm einen Dolch und Hunde mit. Alle anderen traten zur Seite, aber Lehna Ji hielt an Ihm fest.

Kabir Sahib nahm Flaschen in Seine Hände und ging in Begleitung einer Schülerin und von Ravi Das, dem Schuster, Hymnen singend durch den Basar. In den Flaschen war Wasser, aber die Leute dachten, es sei Wein. Das Wasser wurde vor den Radscha gegossen. Ravi Das sagte, dies sei getan worden, um das Feuer im Tempel von Jagan Nath zu löschen. Der Radscha schickte seinen Mann nach Jagan Nath. Der Mann erkundigte sich und berichtete, dass der Tempel an diesem Tag tatsächlich Feuer gefangen und Kabir Sahib es gelöscht hatte.

Es geziemt sich daher nicht für uns, Worte von Scheindemut zu äußern. Wenn wir solche Worte äußern, sollten sie unsere wahren inneren Gefühle darstellen. Wir sollten unsere Augen nicht senken, es sei denn, unser Gemüt akzeptiert Demut und Armut. Solange wir nicht ein echtes Verlangen nach Demut und Armut empfinden, sollten wir es nicht ausdrücken. Natürlich sollten wir als wahrhaft zivilisierte und zivile Menschen andere mit Respekt und in Übereinstimmung mit guten Manieren ansprechen. Wir sollten uns demütig verhalten, dem Gast gegenüber Respekt zeigen und Worte in Demut sprechen. Dies steht uns als menschlichen Wesen an. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass wir unseren Gästen Worte sagen sollten, welche aus unserem Herzen kommen.

Ein wirklich demütiges Herz wünscht sich, dass, anstatt dass er es sagt, andere von ihm sagen, dass er der unwichtigste und unbedeutendste Mensch ist. Wenn jemand dies von ihm sagt, fühlt er sich nicht beleidigt, sondern freut sich zu fühlen, dass es wenigstens einen Menschen gibt, der von ihm denkt, wie er es selbst tut.

Manche Menschen geben unter dem Deckmantel der Demut die Inneren Gebete auf, weil sie unvollkommen sind. Sie halten sich nicht für geeignet für sie. Manche sagen, dass sie andere nicht beraten, da sie selbst nicht vollkommen fehlerfrei sind. Einige wollen ihre Talente nicht im Dienst des Herrn einsetzen, weil sie ihre Schwäche am besten kennen und Angst haben, dass sie, während sie Dienst tun, stolz sein könnten und, während sie anderen Licht zeigen, sich selbst im Feuer des Stolzes und der Eitelkeit ruinieren könnten. Diese Gedanken kommen nicht auf, wenn man wirklich demütig ist.

Das sind nur Versuche, die eigene Untätigkeit und Feigheit zu rechtfertigen. Einerseits zeigen sie große Gefühle für den Herrn und seine Verkörperung, den Meister, und andererseits wollen sie sich unter dem Deckmantel der Demut der großen Demut beraubt halten, welche Er in Seiner Barmherzigkeit über sie ausgießen möchte.

Der Herr und Meister wünschen, dass wir vollkommen sind wie Er und so Seine Gnade erlangen.

O Kabir, es nützt nichts, wenn man kalt oder heiß wie Wasser ist. Der Ergebene sollte wie der Herr sein.

Kabir, Salok, 1372-9

Der Mensch, welcher kein Vertrauen in sich selbst hat, bringt Argumente und Gründe dafür vor, warum er seine Pflicht nicht erfüllt, aber ein Mensch des Gebetes, obwohl er sich völlig inkompetent fühlt, indem er genau weiß, dass er dafür nicht geeignet ist und es nicht ausführen kann, übergibt mit vollem Glauben und voller Kraft alles dem Herrn und Seiner Verkörperung, dem Meister und widmet sich der Ausführung der Anweisungen zur Erfüllung der ihm vom Meister übertragenen Aufgabe.

Die Wahrheit ist, dass zu denken, dass wir wissen, was wir nicht wissen, reine Unwissenheit ist. Wenn wir etwas nicht wissen, ist es absurd, andere glauben zu machen, dass wir es wissen. Wir sollten unser Wissen, unsere Fertigkeit und unsere Sachkenntnis nicht zur Schau stellen. Es ist jedoch nicht angebracht, Unwissenheit vorzutäuschen. Natürlich sollten wir, wenn wir einem Menschen begegnen, der diese Sache wissen will, nichts vor ihm verbergen und ihm alles sagen, um ihn zu leiten.

Die Demut sollte unsere Tugenden und Vollkommenheiten bis zu dem Zeitpunkt verbergen, an dem die Notwendigkeit der Erlösung unserer eigenen Seele besteht. Dies ist keine moralische oder weltliche Eigenschaft, sondern eine Göttliche Tugend.

In Wahrer Demut brauchen wir uns nicht als Narren auszugeben oder uns als weise Männer darzustellen. So wie Hochmut das Gegenteil von Demut ist, so sind Betrug, Vortäuschung, Gerissenheit, Zurschaustellung, Heuchelei, List und weltliche Unehrlichkeit das Gegenteil von Gelassenheit und rechtem Verhalten. Wenn die weltlichen Weisen, um ihre Ziele zu erreichen, richtiges Verhalten als gemein und töricht bezeichnen, sollte der Wahrhaft Demütige die Verleumdung und Kritik fröhlich ertragen, denn die Ursache dieser Verleumdung liegt nicht in ihm, sondern in anderen.

Der Meister hat gesagt:

Wenn ihr auf euer Wohl bedacht seid, tut den gemeinen Menschen Gutes.

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Fußnote: