Kapitel II
Wahrheit
Die Meister in der Linie von Guru Nanak sprechen an vielen Stellen in Ihren Schriften von Wahrheit. Gewöhnliche Menschen glauben, dass damit gemeint ist, dass sie die Wahrheit sprechen sollten, was ein Element von Sato Gun (gute Eigenschaften) und wesentlich für den Spirituellen Fortschritt ist. Aber das Studium des Adi Granth zeigt, dass das Wort ,Wahrheitʽ darin verwendet wurde, um Sat Purush (Der Wahre Eine – der Wahre Gott) zu bezeichnen.
O Nanak, betrachte den Wahren Einen als die Wahrheit.
Sri Rag M1, 15-18
Wahr ist der Schöpfer, Wahr ist die Ursache, Wahr ist der Herr, Wahr ist die Unterstützung des Meisters. Sprich die Wahrheit aus, denn die Wahrheit bringt Erleuchtung.
Sri Rag M5, 52-8
So wie der Unsterbliche Herr jenseits der Grenzen der Zeit ist, so hat auch die ,Wahrheitʽ weder einen Anfang noch ein Ende. Es wird im Jap Ji ausdrücklich festgestellt, dass:
[…] Er war, als da nichts war; Er war vor dem Beginn aller Zeiten. Er ist jetzt, o Nanak, und Er wird in alle Ewigkeit sein.
Jap Ji – Prolog,
herausgegeben von Kirpal Singh, 1894 – 1974
Wahrheit ist also der Name des Wahren Herrn, des Schöpfers selbst. Die Eigenschaften, welche der Wahrheit zugeschrieben werden, sind die gleichen wie die, welche Gott zugeschrieben werden. Die Gurus in der Linie von Guru Nanak haben auch das Wort Naam oder Göttliche Melodie für Wahrheit verwendet.
Für denjenigen, welcher die Wahrheit liebt, sind wahr das Wort und die Melodie. Der Name Gottes wohnt in seinem Herzen. Er gibt Zorn und Egoismus auf.
Sri Rag M3, 33-17
In ihnen ist der Schatz des Namens. Durch Ihn werden sie erkannt. Sie verehren den Namen und kontemplieren über den Namen, welcher die Ewige Wahrheit ist.
Sri Rag M1, 17-7
Die Wahrheit existiert sowohl Innen als auch außen und ist ewig. Wahrheit erklingt durch die vier Zeitalter. Sie verkündet nichts außer Wahrheit.
Sri Rag M3, 35-9
Sie gehen in der Quelle auf, von welcher sie entspringen. Die Wahrheit durchdringt alles.
Sri Rag M1, 20-4
Die Wahrheit ist in meinen Kern eingedrungen. Und wird auch in allem Äußeren gesehen.
Ramkali Var M5, 966-8
Die Wahrheit ist frei von Kaste, Glaube oder Farbe. Sie kann weder geschrieben noch gesprochen werden.
Jenseits von Farbe, Zeichen und Wert bist Du. Erbarme Dich über Nanak, o Herr, und segne ihn mit dem Namen.
Sri Rag M5, 44-17
Die Wahrheit ist Wein ohne Zucker. Aber sie enthält den Wahren Namen.
Sri Rag M1, 15-19
Die Wahrheit ist jenseits der drei Welten.
Jenseits der drei Welten fand Nanak die Wahrheit, den süßen Nektar.
Maru M, 1042-15
Wahrheit, Hari (der Herr) und Satguru (der Wahre Meister) sind Eins.
Ich besitze niemanden außer Dir, mein Herr. Der Wahre Meister ist die Wahrheit, und der Herr ist der Reinste der Reinen. Er kann durch das Wort erlangt werden.
Sri Rag M3, 27-4
Diese Wahrheit ist alles-durchdringend und erhält alles aufrecht.
Die Eine Wahrheit durchdringt alles und erhält alles aufrecht.
Vadhans M3, 559-18
Alles ist Wahrheit. Die Wahrheit durchdringt alles. Aber dies wird nur von einem seltenen Ergebenen erkannt.
Suhi M3, 754-2
Die Wahrheit wird erlangt, wenn man einen Wahren Meister trifft und Seinen Anweisungen folgt. Sie kann nur durch die Gnade des Meisters in uns wohnen.
Ohne den Meister ist alles Dunkelheit; aber ohne das Wort erkennen wir es nicht. Das Wort des Meisters erhellt den Weg; und man geht in der Wahrheit auf.
Sri Rag M1, 55-15
Durch das Wort des Meisters ist aller Egoismus verbannt. Und die Wahrheit verweilt im Herzen.
Vadhans M3, 560-16
Der Herr ist barmherzig, Er Selbst lässt uns Ihn erkennen. Durch das Wort des Gurus wohnt Er in unseren Herzen, und wir werden auf die Wahrheit eingestimmt.
Sri Rag M3, 37-10
Diejenigen, die dem Wahren Herrn dienen, erlangen die Herrlichkeit der Wahrheit. Durch die Gnade des Meisters wohnt Er in unseren Herzen und befreit uns von allem Ego.
Sri Rag M3, 30-6
In welcher Art von Boden des Herzens1 wächst die Wahrheit? Im Adi Granth heißt es dazu:
Der weise und wahrhaft große Landwirt vergisst nicht, den Acker zu bestellen, bevor er den Samen des Namens sät.
Sri Rag M1, 19-1
Die Wahrheit wird erkannt, wenn man auf die Wahrheit eingestimmt ist. Ein solcher ist sowohl gutherzig als auch wohltätig gesonnen.
Asa Var M1, 468-11
Diese Wahrheit offenbart sich selbst nur in den Höheren Regionen, die frei von Maya sind. Die Wahrheit wird erkannt, wenn die Seele an der heiligen Stätte verweilt.
Asa Var M1, 468-12
Die Wahrheit kann nur erlangt werden, wenn man ein Wahrer Ergebener eines Meisters wird. Durch den Meister erlangt man Wahrheit, Selbstdisziplin, die Quintessenz des Wissens. Durch den Meister wird man auf die Wahrheit eingestimmt.
Vadhans M3, 559-19
Die Gurus sagen, dass diejenigen, welche die Wahrheit erkennen, wahr sind. Sie reflektieren und kontemplieren über die Wahrheit.
Diejenigen, welche die Wahrheit kennen, sind immer wahr. Sie kontemplieren täglich über die Wahrheit. O Nanak, in deren Herzen der Wahre Name wohnt, sie erleiden keine Trennungsschmerzen.
Suhi M3, 769-10
Diejenigen, die über die Wahrheit meditieren, sind allein wahr. Sie reflektieren über das Wort des Gurus. Sie beruhigen ihr Ego und reinigen ihr Herz.
Suhi Var M3, 788-5
Diejenigen, welche die Wahrheit erkennen, sind allein Wahr. Bar jeden Egos gehen sie im Namen auf.
Basant M1, 1174-15
Die Gurus haben zahlreiche Vorteile erwähnt, welche aus der Kontemplation über die Wahrheit erwachsen. Man wird glücklich und furchtlos.
Diejenigen, welche die Wahrheit erkennen, sind glücklich durch alle vier Zeitalter hindurch.
Sri Rag M3, 55-2
Erkenne die Wahrheit, und du verbannst die Furcht.
Sri Rag M1, 18-5
Durch die Praxis der Wahrheit verweilt der Herr im Herzen und Losgelöstheit wird erreicht.
Diejenigen, welche die Wahrheit verwirklichen, gehen vollständig in der Wahrheit auf. Durch das Wort des Meisters wird ihr Gemüt beruhigt, und sie begegnen dem Herrn von Angesicht zu Angesicht.
Sri Rag M3, 37-4
Wenn man über die Wahrheit meditiert, wird das eigene Gemüt erleuchtet. Dann bleibt man losgelöst inmitten von Maya.
Dhanasri M1, 661-12
Letztendlich überquert man mit Hilfe der Wahrheit den Ozean der weltlichen Existenz.
Wer die Wahrheit liebt, übersteigt sowohl Geburt als auch Tod. Er kann nicht von der Wahrheit getrennt sein, Welche alles durchdringt.
Sri Rag M5, 46-17
Diese Wahrheit kann nur verwirklicht werden, wenn der Herr es so will. Ein Wahrer Meister, Der Eins mit der Wahrheit ist, ist eine Voraussetzung, um die Wahrheit zu erlangen. Einem solchen Meister begegnet man aber nur durch gute Fügung. Wenn man die Wahrheit erkannt hat, ist man von Lust, Ärger, Verhaftung, Gier und Egoismus befreit und wird furchtlos. Man wird von den Schlingen der Negativen Kraft (Kal) befreit und überquert den Ozean der weltlichen Existenz und wird an der Tür des Herrn geehrt. Gesegnet sind diejenigen, welche den Herrn durch die Wahrheit verwirklicht haben, indem sie einem Wahren Meister begegnet sind.
Ich bin ein Opfer für den Meister, Welcher mich mit dem Wahren Namen gesegnet hat.
Sri Rag M5, 53-2
Diejenigen, welche die Wahrheit nicht mit sich trugen, wurden auf dem Weg verführt. Nanak, gesegnet sind die, welche einem Meister begegnen und den Herrn erkennen.
Gauri M5, 319-5
_______________
Fußnote:
1) Die Sants verwenden den Ausdruck ‚Herz‘ oft für den Sitz der Seele im Stirnbereich.
Dieses Herz muss, wie Erdreich, welches in Ackerboden umgewandelt wird, sorgsam vorbereitet werden, bevor die Saat der Wahrheit im Menschen gedeihen kann und die Seele für Naam empfänglich wird.
Im Zuge dessen geschieht parallel zu diesem Ablauf automatisch auch die Reinigung des Herzchakras oder Herzzentrums (kardialer Plexus – Anahata Chakra mit einem zwölfblättrigen Lotos), in welchem sich karmisch bedingt üblicherweise allerlei Unkraut und Unrat angesammelt haben.
Dies ist ein Teil des Prozesses der Menschwerdung.
Hierbei ist wichtig, zu verstehen, dass die Reinigung des Herzzentrums automatisch nach und nach erfolgt, wenn man Naam praktiziert und seine Empfänglichkeit für Naam verbessert.
Dieser gesamte Prozess hat nichts mit den landläufig bekannten Yogawegen, wie Hatha Yoga, Raja Yoga, Bhakti Yoga, Karma Yoga usw. zu tun, welche allesamt von Kal geschaffen wurden.
[…] Als Nanak einmal von Seinem Vater gefragt wurde, was wahrer Ackerbau sei, erwiderte Er:
Der Körper ist das Ackerfeld, das Gemüt die Pflugschar und Bescheidenheit das lebensspendende Wasser für das Feld.
Ich säe den Samen des Göttlichen Naam in das Feld des Körpers, das durch Zufriedenheit eingeebnet und mit Furchen versehen ist, und nachdem die verkrusteten Erdklumpen des Stolzes zu wahrer Demut zerstäubt wurden.
In einem derart vorbereiteten Erdboden wird die Saat der Liebe gedeihen, und in der Wohnstatt der Wahrheit sitzend erblicke ich die Herrlichkeit Gottes in der reichen Ernte vor mir.
O Vater!
Geld und Gut begleiten keinen Menschen. Die Welt ist getäuscht durch den Zauber der Reichtümer. Es sind nur wenige, die der Täuschung mit Hilfe der Unterscheidungskraft und der Weisheit entrinnen.
Das Leben von Guru Nanak –
Ein idealer Landwirt,
von Kirpal Singh, 1894 – 1974
Sawan Singh erläutert zu der Thematik Folgendes:
[…] Nun werden die Handlungen im physischen Körper vom Herzzentrum aus begangen. Solange das Gemüt hier gesammelt ist – bei gewöhnlichen Individuen ist das Herz das Zentrum der Gemütstätigkeit –, wird es durch die Gemütstätigkeiten beeinflusst werden. Die Empfindungen der Freude und des Leids werden wahrgenommen werden, da der Körper vom Gemüt von diesem Zentrum aus bewegt wird.
Wenn das Gemüt durch Konzentration zum Augenbrennpunkt erhoben worden ist, oder in anderen Worten, wenn das Gemüt seinen Sitz oder sein Zentrum vom Herz zu den Augen gewechselt hat, dann werden die durch äußere Einflüsse hervorgerufenen Gefühle, die auf den physischen Körper wirken, unmerklich wahrgenommen werden.
Die Freuden der Welt werden ihn nicht erheben und ihre Sorgen werden ihn nicht bedrücken. Die Schicksalshandlungen werden im achtfältigen Lotos in Anda über den Augen gelagert. Ihr Einfluss wird gewaltsam gespürt, solange dieses Zentrum nicht überschritten worden ist. Wenn dieses Zentrum überschritten wird und des Meisters astrale Form gesehen wird – denn diese Form wohnt dort – wird der Einfluss der Schicksalshandlungen dem Namen nach wahrgenommen werden. Das Gemüt ist dann stark geworden und es hat die Kraft, sie ohne Anstrengung zu ertragen. […]
Karma –
Ein Brief von Hazur Sawan Singh