Herberge des Wahns

I

Der Mensch verbringt sein ganzes Leben mit dem Erforschen der so genannten Wunder der Welt in den äußeren Dingen und an äußeren Orten, aber wenige denken je daran, die Inneren Tiefen dieses wundervollen Hauses, die physische Gestalt, in der wir leben, zu erforschen. In der ganzen Geschichte haben nur wenige das in Dunkel gehüllte Rätsel des Lebens gelöst.

Was sehen wir, wenn wir den Körper betrachten? Sehen wir nur eine 1,50 m bis 1,80 m hohe Figur aus Materie? Erkennen wir nicht, dass diese menschliche Form von einer Kraft erhalten wird, die in der Tat in sie eingeschlossen ist? Obwohl der Körper neun Öffnungen hat, kann der in ihm Gefangene durch keine von ihnen hinausgelangen. Warum nicht? Weil er überwacht wird. Die Atmung geht unaufhörlich weiter; ist der Atem außen, bleibt er nicht dort, eine Kraft zieht ihn in den Körper zurück. Manchmal wird auf einen Menschen vielleicht zehn- oder zwanzigmal geschossen, doch er stirbt nicht. Andererseits kann er beim Gehen ausgleiten und sich das Genick brechen; was für ein großes Rätsel! Wir wissen nichts über diese Innere Kraft; wir verwenden niemals einen Gedanken darauf oder auf die Quelle, von der sie ihr Leben bekommt und die sie erhält.

Die Meister haben gesagt, dass Menschen, die nicht an Gott glauben, selbst wenn sie immer heiligen Stätten nahe sind, als Atheisten gelten. Doch jene, die nicht wissen, wer sie wirklich sind, sind bei realistischer Betrachtung noch größere Atheisten. Erlaubt, aber sind wir, was Gott betrifft, nicht alle Atheisten? Denn keiner hat Ihn gesehen. Ein kleines Kind ist sich seines Wahren Selbst bewusster als ein Erwachsener, doch wenn es heranwächst, wird es mehr und mehr des Körpers gewahr. Danach gefragt, wer es sei, wird es Mund und Augen weit aufmachen in dem Bestreben, zu sagen, was es wirklich ist; aber sobald es erwachsen ist, wird es euch erklären: Ich bin Ram Das oder Ich bin Ram Singh, denn es kann zwischen dem Körper und seinem Wahren Selbst nicht unterscheiden.

Wenn ihr sagt: 'Dies ist mein Körper', habt ihr ihn je abgelegt, so wie euren Mantel oder eure Schuhe? Wir bemerken: 'Dies ist mein Körper', aber in Wirklichkeit sind wir der Körper geworden. Wir wissen nicht, wer das 'Ich' ist oder wer da sagt: 'Das gehört mir.' Es ist eine eher schädliche Unwissenheit, sein Wahres Selbst nicht zu kennen – das, welches letztlich das Überselbst erfahren muss. Das Selbst oder die Seele ist das bewusste Wesen, das den Körper belebt und für seine bloße Existenz von etwas noch Größerem abhängt. Solange es sich über sein Wahres Wesen nicht im Klaren ist, kann es nicht das Größere Wesen erfahren. Folglich gibt es im eigentlichen Sinne sehr wenige Theisten in der Welt; denn der ist ein Theist, wer sich selbst und auch den Herrn erkannt hat.

Verstandesmäßig kann die ganze Welt sagen:

Ich bin nicht das Gemüt, ich bin nicht die Sinne, ich bin nicht der Intellekt, ich bin nicht die Pranas usw.,

aber hat sich je einer von diesen Dingen getrennt? Wir können unseren Mantel und unseren Hut ablegen, doch können wir aus dem Körper gehen und sehen, wer der Bewohner ist?

Selbstverwirklichte Menschen sagen, dass das größte Buch des Wissens die physische Gestalt ist, durch die alle Schriften zustande kamen. Jene, die den Körper erforschten – die Rishis, Munis und Mahatmas – erkannten den Wahren Sinn des Geheimnisses und fanden die Kraft, die den Menschen überwacht, das heißt sein eigentliches Selbst. Dieses wiederum wird durch das Überselbst erhalten. Die Schriften gingen von solchen Menschen aus, die Innerlich im Einklang waren, die durch Selbstanalyse und Erheben über das Körperbewusstsein eine Höhere Verbindung erlangten und das Sprachrohr der Größeren Kraft wurden. Was sie auch sagten, kam direkt von dieser Kraft; sie sprachen nicht auf der Ebene des Gemüts oder der Sinne, und das ist der große Unterschied zwischen den Worten eines Verwirklichten Menschen und solchen, die vom Verstand kommen, denn der Verstandesmensch kann nur von dieser Ebene aus sprechen, wohingegen die Verwirklichte Seele so spricht, wie es Ihr von oben eingegeben wird.

Emerson sagte:

Gedanken, die sich ohne Nachdenken einstellen, sind immer fehlerlos.

Ein Moslem-Heiliger erklärt:

Du bist in der Tat der Ursprung aller Bücher.

Und ferner:

Wenn dein äußeres Selbst das Wirkliche Selbst findet, wirst du erkennen, dass etwas in dir ist und dass Gott in dir spricht.

Guru Nanak sagt:

Was immer von dem Geliebten kommt, das gebe ich kund.

Er äußert Seine eigenen Gedanken.

Christus erwähnte:

Denn ich habe nicht von mir selber geredet; sondern der Vater, Der mich gesandt hat, Der hat mir ein Gebot gegeben, was ich tun und reden soll.

Als Philippus verlangte, dass ihm der Vater gezeigt werde, erinnerte ihn Christus:

So lange bin ich bei euch, und du kennst mich nicht, Philippus? Wer mich sieht, der sieht den Vater; […] Glaubst du nicht, dass ich im Vater und der Vater in mir ist? Die Worte, die ich zu euch rede, die rede ich nicht von mir selbst. Der Vater aber, Der in mir wohnt, Der tut die Werke.

Wenn man zum Beispiel ein Radio hört, das genau eingestellt ist, vernimmt man den Ton. Woher kommt er? Von der Sendestation, auf die es eingestellt ist.

Ein Gottverwirklichter Mensch ist im Einklang mit dem Herrn, und der Herr spricht in Ihm:

Brahma spricht durch die physische Gestalt; wie könnte Brahma sprechen, wenn es diese nicht gäbe?

Das Göttliche Bindeglied ist in jedem Menschen; nicht in einem mehr und in dem anderen weniger, sondern in allen gleich. Doch nur jene, die zur Erkenntnis gelangten und das Sprachrohr Gottes wurden, können sehen:

Ich und der Vater sind Eins.

Der Grund dafür ist, dass Sie Sich über das Gemüt, die Sinne und das Netzwerk der Täuschung erhoben hatten und sahen, dass der Erhalter allen Lebens ein und derselbe Herr ist.