Herberge des Wahns

IV

Groß ist der Mensch. Haltet ihn nicht nur für eine bloße Form – eine 1,50 m oder 1,80 m große Puppe.

Wenn die Götter und Göttinnen nach der Erlösung verlangen, müssen auch sie diese menschliche Gestalt bekommen.

Die Upanishaden sagen:

Die Seele fährt im Wagen des Körpers; der Verstand ist der Kutscher, das Gemüt die Zügel, und die Sinne sind die Pferde, die es in den Bereich dieser Freuden hineinziehen.

Das heißt also, dass die einzige Barriere zwischen uns und dem Herrn das Gemüt ist. Könnten wir uns des Gemüts und der Sinne entledigen, würden wir uns wahrlich selbst und auch den Herrn erkennen. Wenn dieses Ziel, das allen Religionen zugrunde liegt, nicht erreicht wird, ist das Leben des Menschen vergeudet.

Als Zoroaster um Rat gefragt wurde, sagte er:

Schließt euch dem Heer Gottes an.

Als man von ihm wissen wollte, welche Eigenschaften dafür erforderlich seien, antwortete er:

Gute Gedanken, gute Worte, gute Taten.

Das bedeutet, in jeder Hinsicht ein rechtschaffenes Leben zu führen; dies wird von allen Meistern empfohlen.

Was ist das höchste allen Dharmas? Nehmt den Namen Gottes an, und lebt ehrenhaft.

In der Sikh-Religion heißt es:

Wiederhole Naam, und teile deine Nahrung mit anderen.

Alle Lehren sind die gleichen; wir wollen dem Heer Gottes angehören, aber wir vereinigen uns nur mit dem Heer der Religion. Die Folge davon ist, dass sich die Menschen untereinander bekämpfen.

Wir lassen Gott außer acht und erklären: 'Ich bin ein Sikh' oder 'Ich bin ein Moslem' und so weiter.

Kabir Sahib sagt:

Keiner ist Hindu oder Moslem; wir sollten denken, dass wir Eins sind.

Gott schuf den Menschen; und der Mensch ist älter als alle Philosophien und Religionen, die lange nach Erscheinen des Menschen für den edlen Zweck gegründet wurden, die Seele zu erkennen. Welchen Sinn hat es, wenn dieses Ziel nicht erreicht wird?

Ich kann nur sagen, dass die Welt Frieden hätte, wenn die Religionsoberhäupter die rechte Lehre verkündeten. Ist es nicht der Zweck aller Religionen, die Zeit des irdischen Lebens in Frieden zu verbringen, einander nützlich zu sein und Gott zu erfahren? Es ist gewiss das eigentliche Ziel aller, und wenn alle dem Einen Gott ergeben sind, warum dann der ganze Kampf und Streit? Es gibt Hunderte von Liebenden, aber einen Geliebten für alle. Die Bräuche und Religionen mögen unterschiedlich sein, aber die Absicht ist dieselbe. Doch wie die Dinge liegen, bekämpft ein Bruder den anderen, und beide behaupten, ihre Gemeinschaft sei die bessere. Ist es denn nicht klar, dass alle dasselbe sind?

Sagt nicht, dass die Bücher aus lauter Lügen bestehen; ein Lügner ist, wer nichts aufnimmt.

Die heiligen Schriften halten die Worte verwirklichter Menschen fest, die den Pfad der Spiritualität gegangen sind. Wie viele Schritte sie auch immer auf diesem Weg gingen, dementsprechend haben sie andere gelehrt. Wir achten alle.

Überlegt, wie die Meister das Leben sehen. Sie sind nicht durch die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gemeinschaft gebunden, und Ihnen werden nicht durch irgendeine Politik Vorschriften gemacht. Sie sind kosmische Wesen.

Friede sei auf der ganzen Welt, nach Deinem Willen, o Herr.

Auch Guru Nanak sagte:

O Nanak, Naam führt immer nach oben; durch Deinen Willen hat die ganze Welt Vorteil.

Das Herz der Meister ist so groß, dass jeder darin Platz haben kann. Wenn Sie kommen, kommen Sie zur Erhebung aller Völker: alle Gemeinschaften, alle Religionen, alle Länder sind die Ihren.

Als ich den Westen besuchte, wurde in einer Stadt eine Veranstaltung für den Osten und den Westen abgehalten, und ich wurde eingeladen, den Osten zu vertreten. Um den Westen zu repräsentieren, luden sie einen bestimmten Franzosen ein, aber im letzten Augenblick konnte er nicht an der Zusammenkunft teilnehmen. So sagten die Veranstalter zu mir:

Nun, wir werden Ihnen den Osten und den Westen überlassen.

Ich erwiderte:

Zweifellos heißt es: „Osten ist Osten und Westen ist Westen, und nie werden diese beiden zusammenkommen“, aber das hat ein Mensch gesagt – nicht Gott.

Die ganze Schöpfung ist das Haus des Herrn, und in ihr gibt es weder Osten noch Westen. Alle diese Länder sind nur viele Räume in dem einen Haus unseres Vaters.

Flugzeuge haben die großen Entfernungen zwischen den Ländern aufgehoben. Man kann heute in Indien und morgen in England sein – und tags darauf in Amerika. Aber der Mensch ist Mensch, gleich wo er sich befindet und ungeachtet der äußeren Kleidung oder seiner Sitten; alle verehren den Einen Herrn. Als ich in Amerika gefragt wurde, ob ich käme, um einen Ashram zu gründen, sagte ich ihnen, dass ich gekommen sei, die Ashrams, welche die Leute mit sich herumtragen, zu erheben (die physische Gestalt):

Die Menschen haben diese Dinge vergessen; ich kam her, sie wachzurufen. Es besteht keine Notwendigkeit, irgendetwas Neues einzuführen, denn es ist im Innern bereits da; aber ich bin gekommen, das neu zu beleben, was ihr vergessen habt.

Die Meister sehen die Dinge ganz weltoffen, aber jene, deren Standpunkt auf ihre eigene, begrenzte Gemeinschaft beschränkt ist, verkünden nicht die wahren Lehren.

Kurz vor der Teilung Indiens und Pakistans (1947) fanden zwischen Hindus und Moslems Kämpfe statt, und Hazur ging in viele dieser Krisengebiete.

Die Leute sagten Ihm wiederholt:

Wenn Ihr nur vorher gekommen wäret, hätte es hier keine Kämpfe gegeben.