Herberge des Wahns

VIII

Wir sollten für alle heiligen Stätten Achtung haben; aber zu welchem Zweck wurden sie geschaffen? Sie sind für die Gesundung der Seele gedacht.

Wenn der physische Körper krank ist, raten die Leute:

Geh in die Berge und erhole dich.

Ein paar Monate sorgloser Entspannung in großer Höhe und frischer Luft sind sehr wohltuend und heilsam.

So dienten die heiligen Orte einem idealen Zweck: die Seele zu stärken, indem sie ihr erlaubten, sich von allen weltlichen Dingen zurückzuziehen, alle Kümmernisse hinter sich zu lassen und zu Füßen einer Verwirklichten Seele zu sitzen. Das war der eigentliche Sinn der heiligen Stätten, aber heutzutage haben wir sie zu Ferienorten gemacht und beginnen, auch dort unseren weltlichen Freuden nachzugehen.

Ich war oft in Hardwar (einem berühmten Pilgerort am Ganges). Einmal versammelte sich dort eine große Anzahl von Satsangis und bat darum, einen Satsang abzuhalten.

Als dieser begann, sagte ich:

Brüder, dieser Ort ist vortrefflich, weil ihn viele große Rishis, Munis und Mahatmas zu der einen oder anderen Zeit besucht haben. Guru Nanak kam hierher; auch Guru Amar Das suchte ihn im Verlaufe von siebzig Jahren hin und wieder auf. Es ist deswegen ein sehr günstiger Platz – doch was haben wir aus ihm gemacht? Wenn man vom Bahnhof in die Stadt geht, sieht man zwei Kinos.

Ein Mann stand auf und korrigierte mich:

Nein, Maharaj, es sind jetzt drei!

Nun sagt, ist das der Fehler des heiligen Ortes? Denkt darüber nach, warum diese Stätten erbaut wurden; war es, weil Tausende der Bevölkerung des Landes dahin strömten? Nein, sie wurden heilig, weil sich dort eine oder mehrere Verwirklichte Seelen aufhielten.

Millionen Menschen wurden in Jerusalem geboren, aber heute wird es wegen eines Menschen – Jesus Christus – von der ganzen Christenheit als heilig angesehen. Die Bedeutung jedes Pilgerortes kann mindestens einer Verwirklichten Seele zugeschrieben werden. Was ist nun von größerem Wert? Die Verwirklichte Seele oder der Ort, der durch Sie bekannt wurde?

Wir lieben die heiligen Bücher, wollen aber nicht das tun, was die Bücher empfehlen. Wir schmücken unsere Häuser mit Fotographien oder Bildern bestimmter Meister und stellen künstliche Blumen usw. um Sie herum, haben aber keine Achtung vor einem Lebenden Meister. Wenn die Meister auf die Welt kommen, nennen wir sie Atheisten oder Irre. Viele Meister wurden zu Ihrer Lebenszeit so behandelt, aber nachdem Sie die Welt verlassen hatten, begannen wir selbst den Boden zu verehren, auf den Sie ihre Füße setzten.

Der Meister hilft uns also sehr liebevoll, zu verstehen, dass der Körper nur ein paar Tage lang unser ist und wir ihn schließlich zurücklassen müssen. Gott ist Liebe. Die Seele ist vom selben Wesen wie Er und darum auch Liebe. Ein wirklicher Mensch ist, wer Liebe in sich hat und sie zum Ausdruck bringt. Wie kann ein Mensch wahrhaft Mensch sein, wenn er keine Liebe erkennen lässt? Er hätte in der Tat der Inbegriff der Liebe sein sollen, er sollte den Herrn und den Herrn in allen Wesen lieben, aber stattdessen wurde er gleich einer schwarzen Kobra. Wisst ihr, was geschieht, wenn die Kobra angreift? Die Stelle, in die sie beißt, beginnt zu brennen; sie ist sehr giftig. Eine Schwertwunde kann zum Beispiel in zehn oder fünfzehn Tagen heilen, aber die Wunde von einer menschlichen Zunge heilt nie.

Als ich den Westen besuchte, fragten einige Personen:

Wie können wir die Gefahr eines Atomkrieges verhindern?

Ich sagte ihnen:

Indem ihr nach dem lebt, was eure Schriften sagen.

Und was künden sie uns? Sie heißen uns, den Herrn zu lieben, und da der Herr in jedem Wesen ist, sollten wir alle lieben.