Gott und Mensch

III

Es ist ähnlich wie bei der Geschichte von der Schildkröte des Flusses, die in einen Weiher ging. Dort war eine andere Schildkröte. Die Fluss-Schildkröte sagte: Schau her, das Meer ist sehr groß und hat kein Ende. Die Schildkröte im Teich trat zurück und sagte: Ist es so groß? – Nein, sagte die andere, es ist noch größer. Dann trat sie wieder ein bisschen zurück und fragte: Ist es so groß? Und die andere antwortete: Nein, es ist noch größer. Dann ging sie um den ganzen Wasserteich herum und sagte: Ist es so groß? Die andere sagte: Nein, es ist noch größer.

Die Schildkröte des Teiches war ganz im Irrtum, wie ihr seht, weil ihre Erfahrung nur diesen Wasserteich umfasste, nicht mehr. Gleichermaßen haben die Meister immer gesagt, dass Göttliches Wissen grenzenlos ist und Sie nicht erwarten können, der Sache gerecht zu werden.

Der Herr ist Gott. Wenn ihr Ihn irgendwie benennt, wollt ihr Ihn nur in den begrenzten Bereich eures Verstandes bringen. Wenn diese Wirklichkeit unbegrenzt ist, wie können wir Sie dann in begrenzten Begriffen zum Ausdruck bringen?

Das ist es, was alle Meister gesagt haben.

Weiter sagt Guru Nanak:

Er kann nicht erfasst werden.

Die Upanishaden sagen:

Jene Wirklichkeit innerhalb der Grenzen eures Intellekts zu erfassen, ist genauso unmöglich, wie zu versuchen, euren Durst durch Trinken von Wein zu stillen.

An anderer Stelle ist gesagt:

[…] oder als ob man Öl aus Sand pressen könnte.

Beides ist unmöglich. Gleichermaßen ist es nicht möglich, Ihn in den Bereich eures Intellekts zu bringen und Ihn ganz zu verstehen.

Die Meister haben uns etwas zu verstehen gegeben, das nicht in Worten ausgedrückt werden konnte. Durch Ihre Gnade können wir uns lediglich eine Vorstellung von Ihm bilden. Sie bringen uns mit jener Wirklichkeit in Berührung, wenn wir in das Reich Gottes eintreten. Dann haben wir etwas Erfahrung von Ihm. Danach können wir sagen, dass da etwas ist.

Guru Nanak sagt:

Ich bin wie ein Fisch im Meer. Ich weiß nicht, welches das eine oder andere Ende ist.

Gleichermaßen können wir Ihn nicht mit unserem begrenzten Intellekt erfassen.

Noch kann Er durch Gewinnen der Welten erkannt werden, denn das Verlangen des Menschen wird niemals gestillt, selbst wenn ihm alle Welten mit Gold beladen, zufallen. Keine menschlichen Gedanken können den Menschen weit tragen. Die Bewegungen seines Gemüts, die tausend klugen Handlungen der Welt lassen ihn dunkel, nichts nützt. Hohl sind die Wege des Menschen. Wie Ihn zu finden? Der Mensch fühlt sich hilflos.

Seitdem die Welt begann, haben alle Meister das Gleiche gesagt. Wir haben so viele Schriften zu unserer Verfügung, so viele Seiten von Büchern über Gott, die geschrieben worden sind. Es wird noch viel mehr geben, da jeder Meister kommt und Seinen Kontakt mit Gott oder der Wirklichkeit beschreibt. Aus Ihrer Gott-Berauschung heraus quillt aus Ihnen hervor, was immer kommt, von hoher Inspiration, um uns das Wissen der Wirklichkeit zu geben, die Sie gesehen haben. Der Mensch hat versucht, dem zu folgen, aber er schlug fehl.

Wie können wir Ihn dann sehen? Seit die Welt begann, ist dieses das Los des Menschen gewesen. Solange wir Gott nicht sehen, bleibt die Frage, was Gott ist.

Kabir sagt, es gibt in allem eine Wirklichkeit, welche die ganze Schöpfung erhält, die in jeder Form immanent ist.

Warum sind wir uneinig, wenn das jeder Form immanent ist? Warum gibt es so viele Kriege, so viele Religionen überall?

Der Grund ist, dass wenn ein Meister kam, hatte Er einige Erfahrung von jener Wirklichkeit. Den Menschen, die Ihm begegneten, gab Er einfach eine Ersthand-Erfahrung jener Wirklichkeit. Wenn Er den Schauplatz verließ – irren ist menschlich, wie ihr seht – taten sich einige Menschen zusammen und sie hatten ihre eigene Art zu denken. So entstanden Änderungen.

Dann kam wieder ein Meister, Er fand, dass Unrat der Wirklichkeit, den Lehren des früheren Meisters, zugefügt worden war. Er räumte diesen Unrat aus und ließ die Leute wieder von der Wahrheit über die Wirklichkeit bis zu einem gewissen Ausmaß wissen. Wieder entstand eine weitere Religion.

Die Meister fingen niemals mit irgendeinem Glaubensbekenntnis an. Sie sagten nur zu den Leuten:

Es gibt einen Gott und ihr solltet Ihn lieben.

Wie könnt ihr jemanden lieben, solange ihr ihn nicht gesehen, etwas Gutes von ihm erhalten habt? Bloße Gefühle oder Empfindungen sind nur Schlussfolgerungen, erworben durch intellektuelles Ringen. Sie werden euch keine endgültige Befriedigung geben. Sie werden schwanken. Manchmal mögt ihr diese Schlussfolgerungen akzeptieren, aber sie unterliegen alle dem Irrtum. Erst wenn ihr die Wirklichkeit seht, aus erster Hand mit ihr in Verbindung kommt und ihre Glückseligkeit empfangt, unaussprechlich und direkt, euch der Beglückung im Inneren erfreut – nur dann werdet ihr Liebe für Ihn haben, nachdem ihr das Elixier dieser Wirklichkeit gekostet habt.