Gott und Mensch

IV

Wenn die Meister kommen, was sagen Sie uns?

Der Heilige Johannes sagt:

Gott kann nicht mit deinen Augen gesehen werden.

Aber dann findet ihr, dass einige Meister sagten, dass Sie Gott gesehen haben.

Die Frage wurde an Guru Nanak gerichtet:

Siehst Du Gott?

Er antwortete:

Ich sehe Gott. Er ist überall.

Christus sagte auch:

Schauet den Herrn.

Er wies auf den Herrn hin, indem Er sagte:

Dort, schauet Ihn!

Keine Schlussfolgerungen.

Die gleiche Frage wurde auch von Swami Vivekananda gestellt. Er war anfangs ein Atheist und forderte jedermann heraus: Gibt es einen Gott? Gibt es irgendeinen Menschen, der Gott gesehen hat?

In jenen Tagen lebte ein Mann der Verwirklichung, Paramhansa Ramakrishna, und er wurde aufgefordert, zu Ihm zu gehen. Vivekananda ging zu Ihm und fragte: Meister, habt Ihr Gott gesehen? Der Weise antwortete: Ja, mein Kind, ich sehe Ihn, so wie ich dich sehe, sogar noch deutlicher. Und er wurde im Laufe der Zeit ein großer Theist. In den späteren Tagen seines Lebens bekannte Vivekananda: Durch diesen Gottmenschen wurde ich errettet.

Ihr werdet finden, dass jene, die erklären, Theisten zu sein, es in Wahrheit gesprochen nicht sind. Wir haben nur aus unseren Schriften gelernt, dass es Gott gibt. Wir haben dies viele Male gehört, aber wir haben Ihn nicht gesehen. Solange wir nicht etwas sehen, können wir nicht überzeugt sein.

Wenn Schwierigkeiten auftreten, wenn die Unbeständigkeiten des Lebens aufkommen und wir durch sie hindurch müssen, sind wir verwirrt und fragen: Gibt es einen Gott? Wir werden Skeptiker. Wenn ihr jedoch einmal gesehen habt, eine Erfahrung von der Wirklichkeit gehabt habt, könnt ihr keinen Zweifel haben.

Die Meister sagen:

Wir sehen Ihn.

Aber was sind das für Augen, mit welchen Er gesehen werden kann?

Shamas-i-Tabrez, ein Moslem-Heiliger, sagt uns, dass wir fähig sein sollten, Gott mit unseren eigenen Augen zu sehen und Seine Stimme in unseren eigenen Ohren zu hören.

Ihr findet in der Bibel:

Wir haben Augen und sehen nicht.

Was sind das für Augen? Guru Nanak wurde gefragt:

Ihr sagt, Ihr seht Gott überall?

Er antwortete:

Jene Augen, mit denen ihr Gott seht, sind anders.

Was sind das für Augen, mit denen man Gott sehen kann? Es sind nicht die äußeren Augen, sondern jenes Auge, welches in jedem von uns ist. Jenes Auge wird von Christus das Einzel-Auge genannt. Das Auge ist des Leibes Licht.

Wenn dein Auge einfältig ist, wird dein ganzer Leib Licht sein.

Die Hindu-Schriften und Aussagen von anderen Meistern berichten uns vom Dritten Auge oder dem verborgenen Auge. Dieses Auge ist in jedem von uns. Dieses Auge ist nicht aus Fleisch und Knochen, wie jene, die wir außen in unserem Gesicht haben.

Guru Nanak bezeichnet nicht den als blinden Menschen, der keine Augen in seinem Kopf hat, sondern den, dessen Inneres Auge nicht offen ist, um das Licht Gottes zu sehen.

Gott kann nicht ausgedrückt werden. Diesen absoluten Zustand kann man nur erlangen, wenn man sich in jene Wirklichkeit erhebt. Aber wenn diese Höchste Kraft die Ursache aller Schöpfung ist, immanent in allen Formen, sie versorgend und erhaltend, bringt Sie sich selbst auf zwei Arten zum Ausdruck – durch Licht und Ton –, und dieser Ausdruck der Gotteskraft ist eine wirkliche Erfahrung der Gottmenschen innen. Es heißt: Gott ist Licht. Die Mohammedaner sagen auch, dass Gott Noor, das heißt Licht, ist. Sie sagen, dass der, welcher über den physischen Körper hinausgeht und das Licht Gottes im Innern sieht, ein Wahrer Moslem ist. Der Christ kann auch auf die gleiche Weise bezeichnet werden; einer, der das Licht im Innern sieht, ist ein Wahrer Christ.

Der zehnte Guru der Sikhs sagt das Gleiche:

Jene, die das strahlende Licht Gottes innen sehen, sind Wahre Sikhs oder Wahre Fakire.

Sie sind rein. Ihr werdet finden, dass in allen Religionen, in all den Heiligen Schriften die gleichen Definitionen gegeben wurden:

Habt ihr jenes Licht in euch gesehen?

Wieder haben Sie gesagt:

Wenn du die Tore des Tempels des Körpers schließt, wirst du das Licht des Himmels sehen.

Es ist eine Möglichkeit.

Alle Schriften sprechen zu uns vom Licht Gottes im Innern. Auch die Stimme Gottes hallt in jedem von uns wider. Es gibt einen Weg, auf dem wir eine Erfahrung jener Wirklichkeit und ihrer Ausdrucksform haben können. Das ist der Weg zurück zu Gott. Wurde unser geschlossenes Inneres Auge geöffnet oder nicht? Das ist die Frage. Solange dieses Innere Auge nicht geöffnet wurde, können wir das Licht Gottes in uns nicht sehen. Es ist eine Frage der Einkehr und Umkehr.

Das Letzte Ziel aller Religionen ist Gott und dass wir fähig sein sollten, Gott zu sehen, indem wir alles Unwesentliche beiseite lassen. Was sagen sie uns? Sie sagen: Liebe deinen Gott. Dies wird in allen Religionen gesagt. Wenn ihr seht und mit Gott in Verbindung kommt, nur dann könnt ihr, offen gesagt, Gott lieben. Gegenwärtig ist eure Liebe zu Gott praktisch unmöglich. Lediglich auf der gefühlsmäßigen Seite sagt ihr manchmal bestimmte Dinge, aber ihr habt keine Verbindung mit jener Wirklichkeit und Wahre Liebe entsteht nicht und ist nicht von Dauer.

Als die Pharisäer und die Saduzäer zu Christus gingen, kehrten sie schweigend zurück, weil ein intellektueller Mensch, wenn er zu einem Menschen der Verwirklichung spricht, vor Diesem nicht bestehen kann. Während der Letztere bestimmte Dinge sieht und dann spricht, zitiert der Intellektuelle einfach Verse aus den Heiligen Schriften, die er gelesen hat, und dann kann er die Dinge nicht in Einklang bringen.

Als sie zu Christus kamen, wurden sie natürlich still. Dann versammelten sie sich und gingen zu Ihm.

Nun Meister, welches ist das größte Gebot im Gesetz?

Was sagte Er? Jesus sagte zu ihnen:

Du sollst lieben den Herrn, deinen Gott, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Macht. Dies ist das erste und größte aller Gebote. Und das andere ist dem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.

Die letztendliche Lehre aller Religionsgemeinschaften ist einfach, Gott zu lieben. Da Gott in jedem Herzen wohnt, liebt die ganze Menschheit, die ganze Schöpfung. Um der Liebe Gottes willen müsst ihr die ganze Menschheit lieben. Wenn wir Liebe für die ganze Menschheit haben, folgen alle anderen Gebote. Werdet ihr den töten, den ihr liebt? Werdet ihr ihm seinen Besitz rauben? Werdet ihr hingehen und falsches Zeugnis wider ihn sprechen? Nein, nicht im entferntesten.

So hängen an diesen zwei Geboten alle anderen Gebote. Die Bergpredigt, der Achtfache Pfad des Buddha, der Niyama Yama und Sadachar der Hindus, alle sprechen von der gleichen Sache, in ihrer eigenen Sprache und natürlich auf ihre eigene Weise.

Wenn wir nach dem leben, was die Schriften sagen, wird Friede auf Erden sein und das Reich Gottes wird bestimmt auf die Erde kommen. Dann wird es keine Gefahr irgendeines Krieges geben. Welch ein Jammer, diese Dinge sind in unseren Heiligen Schriften gegeben, aber wir folgen, wenn überhaupt, dem Buchstaben des Gesetzes auf Kosten des Geistes. Das ist die Ursache der Uneinigkeit.

Alle Meister kamen, um die Menschen zu vereinen, nicht, um Mensch von Mensch zu trennen. Sie waren die Gott-Liebenden und Sie lehrten die Menschen, wie sie die ganze Menschheit lieben sollten. Ihr werdet sehen, dies ist eine Seite der Sache, die wir vor uns haben. Wir müssen die ganze Menschheit lieben, weil Gott in jedem Herzen wohnt.