Kirpal Singh

Gott und Mensch

I
Wir veröffentlichen hier zum ersten Mal ‚Gott und Mensch‘, die erste von vier wunderbaren Ansprachen, die der Meister, Satguru Sant Kirpal Singh Ji, während Seiner ersten Weltreise in Philadelphia (USA) hielt. Die anderen drei Ansprachen mit den Themen ‚Die höheren Werte des Lebens‘, ‚Das Reich Gottes‘ und ‚Der natürlichste Weg, das Reich Gottes zu betreten‘ werden in den folgenden Ausgaben des Sat Sandesh veröffentlicht. Diese vier Ansprachen umfassen in einem einfachen, geraden und offenen Stil nahezu die gesamte Stufenleiter der Spiritualität, den wichtigsten Gegenstand, den es für den Menschen zu verstehen und zu praktizieren gibt.

Erlaubt mir, dass ich mich vorstelle. Ich bin zu euch gekommen als ein Mensch zum Menschen. Ich bin genauso, wie jeder von euch ist. Natürlich hat jeder Mensch die gleichen Vorrechte von Gott erhalten. Ich entwickelte mich auf eine Weise, die mich selbst betrifft. Was ich zu den Füßen meines Meisters über mein eigenes Selbst, das Wahre Selbst lernte, werde ich euch darlegen, sodass jene, die nach der Wahrheit suchen, Führung finden mögen.

Als Kind hatte ich dieses Bewusstsein in mir:

Was ist das Mysterium des Lebens?

Ich suchte, um die Lösung in Büchern zu finden. Ich kann sagen, dass ich Gelegenheit hatte, nahezu zwei Bibliotheken durchzugehen, und auch die Heiligen Schriften fast aller Religionen durchzugehen, oder die meisten von ihnen, möchte ich sagen. Es waren sehr gute Beschreibungen gegeben, aber die praktische Lösung meines Problems konnte ich nicht finden.

Was ich zu den Füßen meines Meisters lernte, werde ich euch im Verlauf von vier Ansprachen darlegen. Das Thema einer jeden Rede wird etwas anders sein.

Heute werden wir uns mit ‚Gott und der Mensch‘ befassen. Die nächsten drei Ansprachen werden sich mit ‚Die höheren Werte des Lebens‘, ‚Das Reich Gottes‘ und zuletzt ‚Der natürlichste Weg, das Reich Gottes zu betreten‘ befassen.

Nach einem sorgfältigen und vorurteilsfreien Studium der Heiligen Bücher der Welt finden wir, dass es eine Wirklichkeit gibt, die unser Ziel ist. Diese Wirklichkeit wird mit Gott und verschiedenen anderen Namen bezeichnet.

Gott schuf den Menschen und der Mensch schuf weltliche Religionen. Solche Religionen wurden zur Erhebung des Menschen geschaffen. Wir müssen den besten Gebrauch aus ihnen machen, sodass wir letztlich uns selbst erkennen und dann Gott erkennen können.

Religion hat zwei Aspekte: Einer ist die soziale Seite, oder die äußerliche Seite. Der andere Aspekt ist die Innere Religion, die Spirituelle Seite. Wir müssen mit den äußeren Formen der Religionen beginnen. Der Mensch ist sozial. Er muss in irgendeiner Gemeinschaft bleiben.

Jede Gemeinschaft hat ihre eigenen, verschiedenen Zeremonien und Rituale, ihre eigenen Schriften, ihre eigene Art, Gebete zu sprechen. Das ist die unwesentliche Seite. Wir müssen in irgendeiner Religionsgemeinschaft bleiben, weil der Mensch ein soziales Wesen ist – und in irgendeiner Religionsgemeinschaft zu verbleiben, ist ein Segen. Aber dies ist ein elementarer Schritt – unser Gang zu Kirchen oder zu anderen heiligen Orten der Verehrung, das Sprechen von Gebeten, das Lesen der Schriften, das Einhalten bestimmter Zeremonien und Rituale. All dieses bringt Liebe für Gott in uns hervor.

Wenn jedoch unser Ausführen von Ritualen, das Lesen von Schriften oder das Besuchen der Kirchen oder der anderen heiligen Orte der Verehrung nicht einmal Liebe für Gott in uns erzeugt und nur geistige Gymnastik darstellt, führt es uns nirgendwo hin. Das bedeutet nicht, dass ihr nicht in irgendeiner Religionsgemeinschaft leben sollt. Ihr solltet das tun. Wenn ihr gegen sie revoltiert, werdet ihr eine andere Gemeinschaft bilden müssen.

Nehmt an, es gibt zehntausend Leute mit euren Ansichten. Dann werdet ihr eine gesonderte Gemeinschaft zu bilden und euch bestimmte Regeln zu geben haben, um euch nach ihnen zu richten. Nach einiger Zeit findet ihr, dass sich eine bestimmte Regel als nachteilig erwiesen hat und berichtigt werden muss. So fahrt ihr fort, die Regeln zu verbessern.

Das alles hat mit eurem äußeren Selbst zu tun.

Der Sabbath wurde für den Menschen gemacht, nicht der Mensch für den Sabbath.

Gleichermaßen wurden die Religionsgemeinschaften für den Menschen geschaffen, aber nicht der Mensch für die Religionsgemeinschaften. Der Zweck, in irgendeiner Religionsgemeinschaft zu bleiben, ist lediglich, sich selbst zu erkennen und dann Gott zu erkennen. Das ist ein Aspekt der Religion. Der andere Aspekt ist das Ausführen von bestimmten Ritualen und Zeremonien. Diese variieren bei verschiedenen Religionen, aber ihr werdet finden, dass ihr Zweck fast der gleiche ist.

Zum Beispiel ist es in einigen Kirchen ein Zeichen der Achtung, barhäuptig zu sitzen. In Indien ist es ein Zeichen der Achtung, seinen Kopf zu bedecken. Dies ist ein Brauch dort. Anscheinend ist da ein Unterschied zwischen den beiden Bräuchen, aber der Zweck ist derselbe. Beide bedeuten, dass man, wenn immer man in der Gegenwart Gottes sitzt, um sich einfach Ihm zu erinnern, in einer respektvollen Haltung sitzen sollte.

Dies sind jedoch unwesentliche Dinge. Der Zweck ist ohne Zweifel derselbe. Anscheinend bestehen einige Unterschiede, aber jene Unterschiede berühren den Zweck der Kirche in keiner Weise.

Jene, die die Regel buchstabengetreu befolgen, vergessen einfach den Geist und kämpfen nur um die anscheinenden Unterschiede. In Arabien, wo Wassermangel herrscht, gibt es einen Brauch, dass man, bevor man Gebete spricht, zuerst Hände, Füße und Gesicht waschen und sich dann zum Gebet setzen sollte. In anderen Ländern, wo es Wasser in unbegrenzter Menge gibt, heißt es, dass es nicht recht sei, sich zum Gebet zu setzen, ohne vorher ein Bad genommen zu haben. Das ist nur ein scheinbarer Unterschied aufgrund der klimatischen und geografischen Bedingungen des Ortes.

Wir müssen in irgendeiner Religionsgemeinschaft leben. So ist es besser, dort zu bleiben, wo ihr seid. Wechselt nicht, wenn es unterlassen werden kann. Während ihr dabei seid, was solltet ihr dann tun? Lest einfach die Heiligen Schriften – die Reden der Meister –, die ihr habt und versucht zu verstehen, was sie sagen und lebt nach ihnen.

Ihr werdet finden, dass alle Meister, Die in der Vergangenheit kamen, Kinder des Lichtes waren und kamen, um der Welt Licht zu geben. Sie kamen nicht für eine besondere Religion oder für ein besonderes Land. Sie kamen für die ganze Menschheit.

Es ist nun Zeit, die existierenden, belanglosen Unterschiede – die unwesentlichen Dinge – beiseite zu schieben. Wir sollten nur auf den Zweck schauen, für welchen sie geschaffen wurden und unsere Augen für die Wirklichkeit öffnen, dass wir alle denselben Gott anbeten. Diese waren dazu gedacht, die existierende Wirklichkeit zu bezeichnen.

Ihr werdet jetzt vom Standpunkt aller Religionen finden, dass Gott, der Absolute, jenseits dessen ist, was bekannt und geoffenbart ist. Es ist etwas, das selbst jenseits von dem ist, das die ganze Schöpfung erhält und erschafft. Diese Wirklichkeit liegt allem zugrunde. Können wir Ihn erforschen oder Ihn finden? Nein, Er kann nicht erforscht werden, Er ist unerforschbar.

Kann man Gott durch Forschen finden? Kann man den Allmächtigen ausfindig machen?

Der Allmächtige ist unbeschreiblich und kann nicht in Worten zum Ausdruck gebracht werden.

Die Namen wurden einfach durch die Meister gegeben, um die Wirklichkeit zu bezeichnen, die in der Tat unbeschreiblich ist. Er ist der Unwandelbare Eine.

Ihr findet:

Für immer und ewig, o Herr, existierte Dein Wort im Himmel.

Für immer und ewig – das ist die andauernde Wirklichkeit und das ist der Unwandelbare Eine. Letztlich ist sie unbegrenzt und ungeteilt. Er ist der Namenlose Eine.

Alle Namen sind heilig. Wir haben für alle Namen Achtung, obwohl Gott der Namenlose Eine ist. Mit welchem Namen man Ihn auch immer mit Hingabe und Vertrauen anruft, Er wird in Erscheinung treten und ihr werdet in Verbindung mit Ihm kommen. Aber die Namen beziehen sich auf eine Wirklichkeit, die nicht in Worten ausgedrückt werden kann.

Alle Meister haben versucht, diese Wirklichkeit auszudrücken, jeder auf Seine eigene Art und Weise. Fast alle Definitionen von Gott lauten gleich. Sie alle sagen, dass Gott der Erste und der Letzte ist, von dem nichts weggenommen und dem nichts hinzugefügt werden kann. Gott ist allwissend, allgegenwärtig und die allererste Ursache – der grundlose Urgrund – der Sitz aller Dinge; das Sein in sich. Dieses kann nicht geschaffen werden. Es existiert bereits.

Im Koran sagt der Prophet Mohammed:

In Gott gibt es keine Veränderlichkeit, da Er ewig, unsterblich und unendlich ist.

Das ist die unwandelbare Dauer und die immerwährende Wirklichkeit. Diese Worte suchen lediglich, wie unvollkommen auch immer, die Große Wirklichkeit auszudrücken, die hinter allem liegt.

Seitdem die Meister erstmals kamen, haben Sie versucht, jene Wirklichkeit auszudrücken und Sie haben Lobpreisungen des Herrn gesungen – diese formten den Gegenstand unserer Heiligen Schriften. Dennoch sagen Sie, Er ist so unausgesprochen wie immer. Seit Tausenden von Jahren haben die Meister in Ihren eigenen Worten erklärt, was nur immer möglich war.

Wie kann der Unbeschreibliche in Worten beschrieben werden? Das ist eine Sache der Erfahrung, die ihr durch die Verbindung mit jener Wirklichkeit haben könnt. Wenn aber sogar unsere äußeren Empfindungen nicht in Worten beschrieben werden können, wie kann jene Wirklichkeit in Worten ausgedrückt werden? Das ist der Grund, weshalb immer gesagt wurde, dass Gott unbeschreiblich ist.

Die gleiche Wirklichkeit wirkt überall in der Schöpfung. Solange wir nicht eine Erfahrung von dieser Wirklichkeit haben, werden wir nicht wissen, was sie ist. Was wir jetzt wissen, ist nur das, was in den Büchern wiedergegeben ist; wir haben keine Ersthand-Erfahrung davon gehabt.

Alle Meister sagen:

Er ist der Anfang und das Ende.

In Jesaja steht geschrieben:

Ich bin der Erste, und ich bin der Letzte, und außer mir gibt es keinen Gott.

Wieder finden wir:

Ich bin das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende […] Der da ist und Der da war und Der da kommt, der Allmächtige.

Dies sind Definitionen, die gegeben wurden, um zu zeigen, dass die Wirklichkeit unwandelbare Dauer ist, welche keinen Anfang und kein Ende hat.

Gott hat weder Anfang noch Ende.

Aber solange wir keine Erfahrung der Wirklichkeit haben, können wir nicht überzeugt sein. Seitdem die Welt begann, sind Meister gekommen und haben nach Ihrem besten Vermögen den Menschen Erklärungen gegeben. Aber mit all dem sagten Sie immer, dass Er unausgesprochen ist, wie eh und je.

Guru Nanak hat es sehr treffend dargelegt:

Er ist Einer, Er ist der Erste. Er ist alles, was ist. Sein Name ist Wahrheit. Er ist der Schöpfer von allem, Der nichts fürchtet, Der die Furcht zunichte macht. Seine Form auf Land und Wasser ist Ewigkeit; der Eine aus Sich Selbst Seiende. Durch die Gnade Seines Wahren Dieners wiederhole ständig Seinen Namen. Er war am Anfang; Er ist durch alle Zeitalter hindurch, und Er wird der Eine sein, Der für immer lebt.

Ihr seht, dass Er das Gleiche sagt. Alle Meister hatten, wie Sie sagten, Erfahrung jener Wirklichkeit. Wenn Sie Ihre Beschreibungen gaben, so drückten Sie diese natürlich in Ihrer eigenen Sprache und auf Ihre eigene Weise aus. Aber ihr werdet finden, dass die hervorstehenden Grundzüge von allem, was Sie aussagten, die gleichen sind.

Guru Nanak sagt dann weiter:

Er ist jenseits des Gedankens. Kein Denken kann Ihn erfassen.

Die Frage ist nun: Können wir nach Ihm in den engen Grenzen unseres Intellekts suchen? Nein, Er ist jenseits des Gedankens, kein Denken kann Ihn erfassen; selbst nicht, wenn die Gemüter der Menschen durch Zeitalter und Zeitalter hindurch denken würden. Wie können wir dann Gott erkennen? Unsere Körper, die Gefühle und der Intellekt sollten zuerst beruhigt werden. Nur dann wird die Offenbarung aufdämmern. Ihr werdet dann wissen, wer ihr seid. Wenn ihr wisst, wer ihr seid, werdet ihr fähig sein, zu erkennen und zu sehen, was Gott ist.

Das ist der Grund, weshalb Guru Nanak sagte, dass Er nicht gesehen werden kann, wenn ihr Ihn innerhalb der Grenze eures begrenzten Intellekts erfassen wollt.

Es ist ähnlich wie bei der Geschichte von der Schildkröte des Flusses, die in einen Weiher ging. Dort war eine andere Schildkröte. Die Fluss-Schildkröte sagte: Schau her, das Meer ist sehr groß und hat kein Ende. Die Schildkröte im Teich trat zurück und sagte: Ist es so groß? – Nein, sagte die andere, es ist noch größer. Dann trat sie wieder ein bisschen zurück und fragte: Ist es so groß? Und die andere antwortete: Nein, es ist noch größer. Dann ging sie um den ganzen Wasserteich herum und sagte: Ist es so groß? Die andere sagte: Nein, es ist noch größer.

Die Schildkröte des Teiches war ganz im Irrtum, wie ihr seht, weil ihre Erfahrung nur diesen Wasserteich umfasste, nicht mehr. Gleichermaßen haben die Meister immer gesagt, dass Göttliches Wissen grenzenlos ist und Sie nicht erwarten können, der Sache gerecht zu werden.

Der Herr ist Gott. Wenn ihr Ihn irgendwie benennt, wollt ihr Ihn nur in den begrenzten Bereich eures Verstandes bringen. Wenn diese Wirklichkeit unbegrenzt ist, wie können wir Sie dann in begrenzten Begriffen zum Ausdruck bringen?

Das ist es, was alle Meister gesagt haben.

Weiter sagt Guru Nanak:

Er kann nicht erfasst werden.

Die Upanishaden sagen:

Jene Wirklichkeit innerhalb der Grenzen eures Intellekts zu erfassen, ist genauso unmöglich, wie zu versuchen, euren Durst durch Trinken von Wein zu stillen.

An anderer Stelle ist gesagt:

[…] oder als ob man Öl aus Sand pressen könnte.

Beides ist unmöglich. Gleichermaßen ist es nicht möglich, Ihn in den Bereich eures Intellekts zu bringen und Ihn ganz zu verstehen.

Die Meister haben uns etwas zu verstehen gegeben, das nicht in Worten ausgedrückt werden konnte. Durch Ihre Gnade können wir uns lediglich eine Vorstellung von Ihm bilden. Sie bringen uns mit jener Wirklichkeit in Berührung, wenn wir in das Reich Gottes eintreten. Dann haben wir etwas Erfahrung von Ihm. Danach können wir sagen, dass da etwas ist.

Guru Nanak sagt:

Ich bin wie ein Fisch im Meer. Ich weiß nicht, welches das eine oder andere Ende ist.

Gleichermaßen können wir Ihn nicht mit unserem begrenzten Intellekt erfassen.

Noch kann Er durch Gewinnen der Welten erkannt werden, denn das Verlangen des Menschen wird niemals gestillt, selbst wenn ihm alle Welten mit Gold beladen, zufallen. Keine menschlichen Gedanken können den Menschen weit tragen. Die Bewegungen seines Gemüts, die tausend klugen Handlungen der Welt lassen ihn dunkel, nichts nützt. Hohl sind die Wege des Menschen. Wie Ihn zu finden? Der Mensch fühlt sich hilflos.

Seitdem die Welt begann, haben alle Meister das Gleiche gesagt. Wir haben so viele Schriften zu unserer Verfügung, so viele Seiten von Büchern über Gott, die geschrieben worden sind. Es wird noch viel mehr geben, da jeder Meister kommt und Seinen Kontakt mit Gott oder der Wirklichkeit beschreibt. Aus Ihrer Gott-Berauschung heraus quillt aus Ihnen hervor, was immer kommt, von hoher Inspiration, um uns das Wissen der Wirklichkeit zu geben, die Sie gesehen haben. Der Mensch hat versucht, dem zu folgen, aber er schlug fehl.

Wie können wir Ihn dann sehen? Seit die Welt begann, ist dieses das Los des Menschen gewesen. Solange wir Gott nicht sehen, bleibt die Frage, was Gott ist.

Kabir sagt, es gibt in allem eine Wirklichkeit, welche die ganze Schöpfung erhält, die in jeder Form immanent ist.

Warum sind wir uneinig, wenn das jeder Form immanent ist? Warum gibt es so viele Kriege, so viele Religionen überall?

Der Grund ist, dass wenn ein Meister kam, hatte Er einige Erfahrung von jener Wirklichkeit. Den Menschen, die Ihm begegneten, gab Er einfach eine Ersthand-Erfahrung jener Wirklichkeit. Wenn Er den Schauplatz verließ – irren ist menschlich, wie ihr seht – taten sich einige Menschen zusammen und sie hatten ihre eigene Art zu denken. So entstanden Änderungen.

Dann kam wieder ein Meister, Er fand, dass Unrat der Wirklichkeit, den Lehren des früheren Meisters, zugefügt worden war. Er räumte diesen Unrat aus und ließ die Leute wieder von der Wahrheit über die Wirklichkeit bis zu einem gewissen Ausmaß wissen. Wieder entstand eine weitere Religion.

Die Meister fingen niemals mit irgendeinem Glaubensbekenntnis an. Sie sagten nur zu den Leuten:

Es gibt einen Gott und ihr solltet Ihn lieben.

Wie könnt ihr jemanden lieben, solange ihr ihn nicht gesehen, etwas Gutes von ihm erhalten habt? Bloße Gefühle oder Empfindungen sind nur Schlussfolgerungen, erworben durch intellektuelles Ringen. Sie werden euch keine endgültige Befriedigung geben. Sie werden schwanken. Manchmal mögt ihr diese Schlussfolgerungen akzeptieren, aber sie unterliegen alle dem Irrtum. Erst wenn ihr die Wirklichkeit seht, aus erster Hand mit ihr in Verbindung kommt und ihre Glückseligkeit empfangt, unaussprechlich und direkt, euch der Beglückung im Inneren erfreut – nur dann werdet ihr Liebe für Ihn haben, nachdem ihr das Elixier dieser Wirklichkeit gekostet habt.

Wenn die Meister kommen, was sagen Sie uns?

Der Heilige Johannes sagt:

Gott kann nicht mit deinen Augen gesehen werden.

Aber dann findet ihr, dass einige Meister sagten, dass Sie Gott gesehen haben.

Die Frage wurde an Guru Nanak gerichtet:

Siehst Du Gott?

Er antwortete:

Ich sehe Gott. Er ist überall.

Christus sagte auch:

Schauet den Herrn.

Er wies auf den Herrn hin, indem Er sagte:

Dort, schauet Ihn!

Keine Schlussfolgerungen.

Die gleiche Frage wurde auch von Swami Vivekananda gestellt. Er war anfangs ein Atheist und forderte jedermann heraus: Gibt es einen Gott? Gibt es irgendeinen Menschen, der Gott gesehen hat?

In jenen Tagen lebte ein Mann der Verwirklichung, Paramhansa Ramakrishna, und er wurde aufgefordert, zu Ihm zu gehen. Vivekananda ging zu Ihm und fragte: Meister, habt Ihr Gott gesehen? Der Weise antwortete: Ja, mein Kind, ich sehe Ihn, so wie ich dich sehe, sogar noch deutlicher. Und er wurde im Laufe der Zeit ein großer Theist. In den späteren Tagen seines Lebens bekannte Vivekananda: Durch diesen Gottmenschen wurde ich errettet.

Ihr werdet finden, dass jene, die erklären, Theisten zu sein, es in Wahrheit gesprochen nicht sind. Wir haben nur aus unseren Schriften gelernt, dass es Gott gibt. Wir haben dies viele Male gehört, aber wir haben Ihn nicht gesehen. Solange wir nicht etwas sehen, können wir nicht überzeugt sein.

Wenn Schwierigkeiten auftreten, wenn die Unbeständigkeiten des Lebens aufkommen und wir durch sie hindurch müssen, sind wir verwirrt und fragen: Gibt es einen Gott? Wir werden Skeptiker. Wenn ihr jedoch einmal gesehen habt, eine Erfahrung von der Wirklichkeit gehabt habt, könnt ihr keinen Zweifel haben.

Die Meister sagen:

Wir sehen Ihn.

Aber was sind das für Augen, mit welchen Er gesehen werden kann?

Shamas-i-Tabrez, ein Moslem-Heiliger, sagt uns, dass wir fähig sein sollten, Gott mit unseren eigenen Augen zu sehen und Seine Stimme in unseren eigenen Ohren zu hören.

Ihr findet in der Bibel:

Wir haben Augen und sehen nicht.

Was sind das für Augen? Guru Nanak wurde gefragt:

Ihr sagt, Ihr seht Gott überall?

Er antwortete:

Jene Augen, mit denen ihr Gott seht, sind anders.

Was sind das für Augen, mit denen man Gott sehen kann? Es sind nicht die äußeren Augen, sondern jenes Auge, welches in jedem von uns ist. Jenes Auge wird von Christus das Einzel-Auge genannt. Das Auge ist des Leibes Licht.

Wenn dein Auge einfältig ist, wird dein ganzer Leib Licht sein.

Die Hindu-Schriften und Aussagen von anderen Meistern berichten uns vom Dritten Auge oder dem verborgenen Auge. Dieses Auge ist in jedem von uns. Dieses Auge ist nicht aus Fleisch und Knochen, wie jene, die wir außen in unserem Gesicht haben.

Guru Nanak bezeichnet nicht den als blinden Menschen, der keine Augen in seinem Kopf hat, sondern den, dessen Inneres Auge nicht offen ist, um das Licht Gottes zu sehen.

Gott kann nicht ausgedrückt werden. Diesen absoluten Zustand kann man nur erlangen, wenn man sich in jene Wirklichkeit erhebt. Aber wenn diese Höchste Kraft die Ursache aller Schöpfung ist, immanent in allen Formen, sie versorgend und erhaltend, bringt Sie sich selbst auf zwei Arten zum Ausdruck – durch Licht und Ton –, und dieser Ausdruck der Gotteskraft ist eine wirkliche Erfahrung der Gottmenschen innen. Es heißt: Gott ist Licht. Die Mohammedaner sagen auch, dass Gott Noor, das heißt Licht, ist. Sie sagen, dass der, welcher über den physischen Körper hinausgeht und das Licht Gottes im Innern sieht, ein Wahrer Moslem ist. Der Christ kann auch auf die gleiche Weise bezeichnet werden; einer, der das Licht im Innern sieht, ist ein Wahrer Christ.

Der zehnte Guru der Sikhs sagt das Gleiche:

Jene, die das strahlende Licht Gottes innen sehen, sind Wahre Sikhs oder Wahre Fakire.

Sie sind rein. Ihr werdet finden, dass in allen Religionen, in all den Heiligen Schriften die gleichen Definitionen gegeben wurden:

Habt ihr jenes Licht in euch gesehen?

Wieder haben Sie gesagt:

Wenn du die Tore des Tempels des Körpers schließt, wirst du das Licht des Himmels sehen.

Es ist eine Möglichkeit.

Alle Schriften sprechen zu uns vom Licht Gottes im Innern. Auch die Stimme Gottes hallt in jedem von uns wider. Es gibt einen Weg, auf dem wir eine Erfahrung jener Wirklichkeit und ihrer Ausdrucksform haben können. Das ist der Weg zurück zu Gott. Wurde unser geschlossenes Inneres Auge geöffnet oder nicht? Das ist die Frage. Solange dieses Innere Auge nicht geöffnet wurde, können wir das Licht Gottes in uns nicht sehen. Es ist eine Frage der Einkehr und Umkehr.

Das Letzte Ziel aller Religionen ist Gott und dass wir fähig sein sollten, Gott zu sehen, indem wir alles Unwesentliche beiseite lassen. Was sagen sie uns? Sie sagen: Liebe deinen Gott. Dies wird in allen Religionen gesagt. Wenn ihr seht und mit Gott in Verbindung kommt, nur dann könnt ihr, offen gesagt, Gott lieben. Gegenwärtig ist eure Liebe zu Gott praktisch unmöglich. Lediglich auf der gefühlsmäßigen Seite sagt ihr manchmal bestimmte Dinge, aber ihr habt keine Verbindung mit jener Wirklichkeit und Wahre Liebe entsteht nicht und ist nicht von Dauer.

Als die Pharisäer und die Saduzäer zu Christus gingen, kehrten sie schweigend zurück, weil ein intellektueller Mensch, wenn er zu einem Menschen der Verwirklichung spricht, vor Diesem nicht bestehen kann. Während der Letztere bestimmte Dinge sieht und dann spricht, zitiert der Intellektuelle einfach Verse aus den Heiligen Schriften, die er gelesen hat, und dann kann er die Dinge nicht in Einklang bringen.

Als sie zu Christus kamen, wurden sie natürlich still. Dann versammelten sie sich und gingen zu Ihm.

Nun Meister, welches ist das größte Gebot im Gesetz?

Was sagte Er? Jesus sagte zu ihnen:

Du sollst lieben den Herrn, deinen Gott, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Macht. Dies ist das erste und größte aller Gebote. Und das andere ist dem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.

Die letztendliche Lehre aller Religionsgemeinschaften ist einfach, Gott zu lieben. Da Gott in jedem Herzen wohnt, liebt die ganze Menschheit, die ganze Schöpfung. Um der Liebe Gottes willen müsst ihr die ganze Menschheit lieben. Wenn wir Liebe für die ganze Menschheit haben, folgen alle anderen Gebote. Werdet ihr den töten, den ihr liebt? Werdet ihr ihm seinen Besitz rauben? Werdet ihr hingehen und falsches Zeugnis wider ihn sprechen? Nein, nicht im entferntesten.

So hängen an diesen zwei Geboten alle anderen Gebote. Die Bergpredigt, der Achtfache Pfad des Buddha, der Niyama Yama und Sadachar der Hindus, alle sprechen von der gleichen Sache, in ihrer eigenen Sprache und natürlich auf ihre eigene Weise.

Wenn wir nach dem leben, was die Schriften sagen, wird Friede auf Erden sein und das Reich Gottes wird bestimmt auf die Erde kommen. Dann wird es keine Gefahr irgendeines Krieges geben. Welch ein Jammer, diese Dinge sind in unseren Heiligen Schriften gegeben, aber wir folgen, wenn überhaupt, dem Buchstaben des Gesetzes auf Kosten des Geistes. Das ist die Ursache der Uneinigkeit.

Alle Meister kamen, um die Menschen zu vereinen, nicht, um Mensch von Mensch zu trennen. Sie waren die Gott-Liebenden und Sie lehrten die Menschen, wie sie die ganze Menschheit lieben sollten. Ihr werdet sehen, dies ist eine Seite der Sache, die wir vor uns haben. Wir müssen die ganze Menschheit lieben, weil Gott in jedem Herzen wohnt.

Die Heiligen Schriften sind mit all ihren Aussagen über die verschiedenen Aspekte Gottes nicht imstande gewesen, genau zu sagen, was Gott ist. Eine Seite, einen Teil davon brachten sie aus liebender Hingabe zum Ausdruck. Aber davon können wir nur eine Vorstellung von Gott ableiten.

Des Menschen höchster Gedanke von Gott hat nie und kann nie das Ewige ermessen, aber er stellt eine Selbst-Offenbarung dar. Euer höchster Gedanke von Gott umfasst nicht das Ausmaß Gottes, sondern das Maß eurer eigenen, bisher unbekannten Neigungen.

Jeder Meister hat das Gleiche gesagt:

Wenn ich versuche, vom Höchsten zu sprechen, kann ich es nicht. Ich werde wie ein Stummer.

Wie können wir es dann ausdrücken? Selbst aus der Liebe und Berauschung, die Sie von der Wirklichkeit haben, sprechen Sie etwas aus, doch bleibt sie so unausgesprochen wie immer.

Das ist es, was die Schriften darlegen. Ich sagte euch, dies ist der äußere Aspekt der Religion – der sozialen Religionen. Wenn ihr denkt, dass Gott in jedem Herzen wohnt, werdet ihr niemanden töten. Ihr werdet jeden Menschen achten, wenn ihr bestimmt wisst, dass Gott in jedem Herzen wohnt.

Wenn wir danach leben, was die Schriften sagen, sollten wir alle Gott lieben. Natürlich werden wir für alle anderen Achtung haben, für alle lebenden Dinge.