Zu des Meisters Lotosfüßen

von Kira Redeen

Sharleene Sherwin, die Mitbeauftragte für die Gruppe Long Island, äußerte unlängst während des ersten Satsangs an der Staats-Universität in Stony Brook dieses:

Ihr könnt den Meister nicht verstehen. Alles, was ihr über Ihn sagen könnt ist: Wunderbar, wunderbar ...

Werner Drexler, ein Initiierter aus Westdeutschland, sagte es in anderer Form: Ich sehe, ich höre, ich bin Augenzeuge, ich verstehe Euch nicht.

Mein Mann Bob fragte unseren geliebten Meister:

Wie sollen wir Euch verstehen? -

Erst einmal auf der Ebene des Menschen,

antwortete der Meister. Dann erhebt euch über das Körperbewusstsein, sagte Er, und ihr werdet den Meister auf verschiedenen Ebenen verstehen.

Er machte eine Pause und fügte dann hinzu:

Nur ein Heiliger kann einen Heiligen verstehen.

Wir können den Meister nicht verstehen, aber in Seiner Göttlichen Gegenwart können wir uns selbst viel besser verstehen.

Hier sind ein paar Entdeckungen über uns selbst, die uns der Meister in Seiner unendlichen Gnade machen lässt:

Der Meister braucht uns nicht, braucht nicht unsere Liebe, unsere Tagebücher, unsere Besuche in Indien. Wir brauchen sie, nicht Er. Er könnte die vierundzwanzig Stunden des Tages in andauernder Glückseligkeit in Sach Khand verbringen. Doch Er geht durch ein Leben ungezählter Mühseligkeit und Anstrengungen, die über alles Begreifen hinaus gehen.

Der Menschwerdungsprozess wird in des Meisters Gegenwart so intensiviert, dass man jeden Morgen den Eindruck hat, man sei beträchtlich kleiner als am Vortage.

Man beginnt dort zu meditieren, wo man aufhört und geht dann weiter. Die kostbaren, Göttlichen Segnungen fließen vom Meister zu jedem gleicherweise. Der Umfang am Inneren Parshad, den man erhält, steht im Verhältnis zu der Inneren Aufnahmefähigkeit des Betreffenden.

Eines Tages, nachdem wir meditiert hatten, fragte der Meister uns liebevoll:

Seid ihr jetzt überzeugt, dass der Weg richtig ist? Ja? Dann schreitet fort, schreitet fort. Tut es.

Die Art, wie Seine indischen Schüler Ihn ansehen, lehrt uns, was Wahre Ergebenheit und Liebe für den Meister wirklich sind. Man muss das sehen, um es zu glauben. Es ist klar, dass, ganz gleich wie groß die Ergebenheit und Liebe für den Meister ist, sie noch bei weitem nicht ausreicht.

Es gab einen Mann, einen Kaufmann, er war kein Schüler, der eines Morgens in seinem Laden saß. Durch des Meisters Gnade fiel sein Blick auf ein Blatt, welches den Manav Kendra behandelte und ein Bild des Meisters enthielt. In diesem Augenblick war er wie vom Donner gerührt. Er ließ alles liegen und stehen, rannte barfuß im strömenden Regen durch drei Dörfer und fiel dem Meister zu Füßen, zitternd, durchnässt, mit einem verstörten, abwesenden Blick in seinem ausdrucksvollen Gesicht.

Wir dachten, irgendetwas Tragisches müsste ihm oder seiner Familie zugestoßen sein. Doch was dieser Mann wollte, war des Meisters Darshan.

Dann war da noch ein anderer Mann, der uns erzählte, dass er seinen Arbeitsplatz verlassen hätte, um seinen Anteil selbstlosen Dienstes am Manav Kendra zu leisten.

Wie lange können Sie von Ihrer Arbeit wegbleiben?

erkundigten wir uns.

Solange der Meister mich braucht natürlich,

war seine demütige Antwort.

Als ein anderer Schüler von dem Projekt des Manav Kendra hörte, übergab er seinem Diener ein Kissen mit dem Auftrag, es zu des Meisters Füßen zu legen. Der Diener fuhr zwei Tage und Nächte mit dem Fahrrad durch den unglaublichen indischen Verkehr und tat, wie ihm gesagt worden war.

Unser geliebter Meister schnitt das Kissen auf und entdeckte darin eine Schenkung von Tausenden und Abertausenden Rupien.

All dies waren Anlässe für eine tiefe Selbstprüfung.

Eine andere Lektion, dieses Mal in punkto Einfachheit, wurde uns erteilt, als der Meister Sich uns an einem sonnigen Tag im Manav Kendra näherte und unser Inneres bis zum Rande mit Freude und Glück füllte.

Da stand Er, der König der Könige, gekleidet in Sein einfaches, weißes Gewand, die Ärmel Seines Hemdes zerrissen, die weißen Hosen mit Staub bedeckt, die Schuhe verschmutzt durch die nasse, braune Erde des Bodens vom Manav Kendra. Der Rücken der schwarzen Jacke des Meisters war durch weiße Farbe verdorben. Irgend jemand hatte sie darauf tropfen lassen, als er die Wände des Raumes strich.

Niemals hatte Er stahlender, wunderbarer, anbetungswürdiger und makelloser rein ausgesehen.

Der Meister zog Seine Schuhe aus, lehnte Seinen Stock an das Strohsofa und setzte Sich auf dieses. Liebevoll verweilten Seine Augen auf jedem von uns. Dann widmete Er Sich vollständig und mit ganzer Aufmerksamkeit dem ungeheuren Stapel unserer Tagebuchblätter, den Tagebuchblättern, die wir so oft mit wenig Aufmerksamkeit und Sorgfalt ausfüllen.

Wir verließen den Manav Kendra, als die Sonne zu sinken begann und fuhren, unseren geliebten Meister zurücklassend, nach Dehra Dun. Die liebe Khuku empfing uns mit den Worten, die uns eine andere Seite von uns eröffneten.

Unsere indischen Satsangis, sagte sie, sitzen stundenlang auf grobem Kies und Steinen, völlig von Gott berauscht, und heute beschwerte sich nun ein Westler, er könne nicht meditieren, da der Fußboden ein wenig schräg sei.

Diese Worte beschworen sofort ein anderes Bild in unserer Erinnerung. 1969 erschien der Meister, um uns Westlern Lebewohl zu sagen, die wir in den Ashram nach Delhi zurückkehrten, nachdem wir ungefähr zwei Wochen mit unserem Meister den Punjab bereist hatten.

Der Meister war ein strahlendes Bild von Gesundheit, Kraft, Freude und Liebe.

Wir aus dem Westen standen da – ein niederschmetternder Gegensatz zu Ihm. Fast alle waren krank; einige hatten Grippe, andere hatten Durchfall, die Füße waren mit Blasen bedeckt. Wir waren gezeichnet, erschöpft, unsere Mägen angefüllt mit Medizinen und Vitamintabletten, jeder einzelne in ungewaschener, zerknitterter Kleidung. So körperlich geschwächt und einfacher Lebensweise ungewohnt! Wir sahen aus wie Napoleons Armee bei dem Rückzug aus Russland.

Diese Erinnerung begleitete uns ein Jahr später, als wir zu unserem Gästehaus gingen, uns niederlegten und lauschten. Die Luft war angefüllt mit Naturlauten aller Art, Lauten, von denen wir vergessen hatten, dass sie existierten.

Durch des Meisters Gnade überkam uns plötzlich eine überwältigende Schau des Verbundenseins mit allem Leben, mit allen lebenden Wesen. Das Leben ist eine Einheit. So einfach ist das.

Hier seid ihr in die Natur eingetaucht, Eins mit allem Leben, Gott in Seiner physischen Form ist euer nächster Hausnachbar.

Wir beschlossen damals und dort, nach Indien zu ziehen, ein Haus in der Nähe des Meisters zu bauen und für immer in diesem glückseligen Paradies zu leben.

Vor dem Abend-Darshan wuschen wir unsere Hände. Das Wasser kam aus dem Hahn, zuerst mit einem Schwall auf unsere Hände, dann in den Ausguss und dann auf unsere Füße. Das Rohr unter dem Ausguss war nur einen Fuß lang.

Ein Gefühl der Freude überkommt einen jedes Mal, wenn man Zeuge der Fehler der mechanischen Geräte wird, die uns im Westen geschwächt, versklavt und uns von der Natur getrennt haben.

Später, beim Darshan, lehnte der Meister Sich ein wenig nach vorn und sagte sanft und liebevoll:

Ist irgend etwas?

Schweigen. Der Meister lehnte Sich zurück und lauschte. Dann sagte Er:

Einige Leute denken, sie sind Millionäre und wünschen Häuser zu bauen. Bleibt wo ihr seid. Meditiert. Erhebt euch über das Körperbewusstsein. Das ist alles.

Ein anderes Mal, früher schon, hatte Er uns gesagt:

Euer Leben hat keinen Wert.

Schließlich kam der Tag des Scheidens. Wir saßen das letzte Mal zu des Meisters Lotosfüßen. Meister, wir sind solcher Segnungen nicht wert, sagten wir. Der Meister lachte gütig und sagte liebevoll:

Wie wollt ihr das wissen?