Der Vorplatz

von Arran B. Stephens

An des Meisters Wohnraum grenzt ein Vorplatz, der als ‚Porch‘ bekannt ist, wo sich die Ergebenen allabendlich versammeln, um Seinen Darshan zu haben und Worte der Weisheit zu hören. Während er dort von seinem einfachen Korbstuhl aus spricht, verteilt der gütige Vater des öfteren Süßigkeiten und Puffreis als ‚Parshad‘ an die Schüler, die zu Seinen Füßen sitzen. Was auch immer der Meister berührt oder worauf Er Seinen Blick wirft, wird zu ‚Parshad‘ oder ist göttlich gesegnet. Es ist bekannt, dass ‚Parshad‘ als Vermittler der Gnade, eine beschleunigende Wirkung auf unseren Inneren Fortschritt hat, wenn es die direkte Spirituelle Ausstrahlung durch des Satgurus Berührung erhalten hat; daher sind alle sehr interessiert daran. Jedoch der Meister lehrt, dass wir teilhaben am Brot und Wasser des Lebens, welches das allgegenwärtige und Ewige ‚Parshad‘ ist, indem wir uns der verborgenen Türe im Innern zuwenden, die hinter und zwischen den beiden Augenbrauen liegt und die Pforte ins Jenseits ist.

Der Meister schenkt Seine liebevolle Zuneigung einem kleinen Sikh-Jungen namens Satnaam Singh, als zwanzig junge Studenten kamen und demütig um Führung und Segen für ihr bevorstehendes Examen baten. Der Meister sagte ihnen, dass harte Arbeit ein anderer Name für Genie sei. Er ging zu Seinem Stuhl, setzte Sich und begann, Puffreis-‚Parshad‘ zu verteilen. Auch ich kam schüchtern mit gefalteten Händen nach vorne, um etwas zu bekommen. Mit einem liebevollen Zwinkern in Seinen Augen sagte Er: Was, machst du auch das Examen?

Ich war des öfteren Zeuge, als der Meister Seine Brieftasche öffnete, um den Armen und Mittellosen zu geben, welche kamen, um nach Seiner Barmherzigkeit zu suchen; genau so, wie Er aus Seiner Spirituellen Brieftasche all jenen gibt, die als Bettler kommen und nach den Almosen der Spirituellen Gabe suchen.

Der Meister nimmt nie angebotene Speisen an; aber einmal begab es sich, dass eine sehr ergebene, arme, alte Frau dem Meister Süßigkeiten als eine Liebesgabe brachte. Überwältigt vom Gefühl der Unwürdigkeit konnte sie sich Ihm nicht nähern. Unter den Hunderten von Anwesenden sah der Meister die reine Flamme der Hingabe, die in ihrem Herzen glühte. Er stand auf, eilte in die Zuhörermenge und nahm das Päckchen mit den Süßigkeiten von ihr, indem Er fragte: Darf ich bitte etwas davon haben?, dann aß Er ein oder zwei Stücke.

Jede Geste, jede Handlung, jedes Wort, jeder Blick des Meisters ist getragen von Höchstem Spirituellem Bewusstsein, menschlichem Verständnis, Toleranz und gesundem Menschenverstand. Letztlich weiß Er, was im Herzen eines jeden Schülers vor sich geht, wo immer er auch sein mag; doch selten enthüllt Er, was Er weiß, und Er scheint Seine Zeit zuzubringen wie ein gewöhnlicher Mensch.

Einmal fragten einige besorgte Ergebene den Meister, warum Er Sich niemals schone, warum Er hier und dort hineile, Satsangs abhalte, Sich niemals ausruhe oder Sorge trage für Seine persönliche Gesundheit und Bequemlichkeit.

Der Meister erwiderte:

Ich führe einfach den Willen meines Meisters aus. Er hat mir gewisse Aufgaben übertragen, die zu erfüllen sind, und solange noch ein einziger Atemzug übrig bleibt, ist es meine Pflicht, sie zu vollenden.

Tags vorher erzählte mir Meisters Sohn Darshan Singh, dass er als junger Universitätsstudent an seiner Zimmerwand ein Bild des Meisters hatte, das zu der Zeit aufgenommen worden war, als der Meister im Regierungsdienst stand und das er mit der Überschrift versehen hatte: Mein Vater. Nun hat er ein neues Bild vom Meister, das er mit Universeller Vater betitelt hat.

Darshan erinnerte sich, dass er in seiner Jugend, wenn er von seinem Studium im Kolleg nach Hause kam, seinen Vater entweder bis spät in die Nacht an dem Manuskript vom ‚Gurmat Siddhant‘ schreibend oder mit gekreuzten Beinen sitzend, im tiefen Samadhi versunken, vorfand. Wenn Darshan um fünf Uhr morgens zur Meditation aufstand, war der Meister immer noch beim Schreiben oder Er saß in Meditation. Während des Tages arbeitete der Meister pflichterfüllt in einer verantwortungsvollen Regierungsstelle und nach der Arbeitszeit diente Er den Kranken und Armen. Erst vom Zeitpunkt Seiner Pensionierung an widmete Er Seine ganze Zeit Seiner Spirituellen Aufgabe.

Am selben Abend fragte ich den Großen Meister:

Wenn wir als Schüler versuchten, die ganze Nacht zu meditieren, würden wir dann während des Tages in unseren weltlichen Betätigungen Hilfe haben?

Der Satguru erklärte:

Dies ist das Brot des Lebens, versteht ihr?

Ich beharrte: Aber dies würde nur möglich sein mit Eurer Gnade. Der Meister erwiderte:

Die Gnade ist bereits da. Es kommt auf eure standhaften Bemühungen an. Ein starker Mensch schwelgt in seiner Stärke, ein schwacher Mensch fragt sich, wie jener sie bekommen hat. Diese Stärke kann nicht in einem Tag erlangt werden. Ihr habt dafür zu arbeiten, versteht ihr?

Die Frage der Stigmatisation wurde dem Meister vorgebracht. Einige Ergebene von Jesus Christus haben die schmerzvollen Wunden des Kreuzes an ihren Händen und Füßen bekommen, eine Tatsache, die die moderne Wissenschaft und Medizin verwirrt hat. Des Meisters Antwort war sehr erheiternd und aufschlussreich:

Wie du denkst, so wirst du.

Und Er fuhr fort:

Einmal ging ein Sucher zu einem Meister.

Der Meister fragte ihn:

Wen liebst du am meisten?

Er antwortete:

Ich liebe am meisten meinen Büffel.

Der Meister forderte ihn auf, in einen Raum zu gehen und nur an seinen Büffel zu denken. Zwei Tage später kehrte der Guru zu dem Sucher zurück und sagte:

Gut, komme jetzt aus dem Raum.

Dieser antwortete:

Ich kann nicht, meine Hörner sind zu breit für die Türe.

Aber seht ihr, dieses Ausmaß von Identifikation und Konzentration ist sehr selten. Die Frage wurde dem Meister gestellt:

Wie können wir von dem sich immer behauptenden Ego frei werden?

Er prüfte uns genau mit Seinen die Seele durchdringenden Augen und erwiderte:

Es geschieht nur, wenn ihr die drei Ebenen – die physische, astrale und kausale – übersteigt, indem ihr Eins werdet mit der Kontrollierenden Kraft des Universums.